Archive for the ‘22 Medien’ Category

WPWR in Hagen: Nur noch 16.000 Exemplare

29. April 2024

Studie benennt die Problemzonen der Lokalblätter

Auch im ersten Quartal 2024 war der Verkauf des heimischen Einheitsblatts aus ehemals Westfalenpost und Westfälischer Rundschau weiter rückläufig. Der seit Jahren anhaltende Trend setzt sich damit ungebrochen fort: Immer weniger Hagener wollen das zwangsfusionierte Blatt lesen.

Wie die Informationsgemeinschaft zur Feststellung der Verbreitung von Werbeträgern e. V. (IVW) mitteilt, ging der Absatz der WPWR-Ausgaben im Verbreitungsgebiet Hagen/Herdecke/Wetter im 1. Quartal 2024 im Vergleich zum entsprechenden Zeitraum des Vorjahres um etwa 7 Prozent zurück.

Der Verkauf insgesamt verminderte sich um 6,93 Prozent, die Abonnements um 7,36 Prozent. Der inzwischen völlig bedeutungslose Einzelverkauf ging sogar um 11,87 Prozent zurück.

In Hagen (ohne Herdecke/Wetter) hat die verkaufte Auflage inzwischen einen historischen Tiefstand erreicht: Nur noch 16.059 Zeitungen wurden täglich abgesetzt – bei einer Einwohnerzahl von etwa 197.000.

Der Rückgang hat sicherlich mit verändertem Informations- und Leseverhalten zu tun, aber daneben spielen auch Qualitätskriterien eine Rolle. Die Wochenzeitung Die Zeit berichtete:

Bloß nicht kritisieren

Glaubwürdig, aber ängstlich. Einer Studie zufolge berichten viele Lokalzeitungen zu unkritisch und scheuen sich vor Kommentierungen.

Die Qualitätsdebatte über den Lokaljournalismus gibt es schon seit den Sechziger- und Siebzigerjahren. Die Kritik damals lautete: Die Lokalpresse sei unausgewogen, schreibe langweilig, berichte nur über Vereine und Unfälle, kritisiere und kontrolliere zu wenig. Stimmt das jetzt noch, da Lokaljournalismus auch im Netz stattfindet und eine Social-Media-Gegenöffentlichkeit die einstigen Monopole vieler Lokal- und Regionalblätter infrage stellen kann? (…)

Quelle: zeit.de

Sinkt die Qualität der Tagespresse? Sinkt sie vor allem dort, wo es drauf ankommt – im Lokalen, wo es wenig Konkurrenz gibt oder gar keine? Hannah Schädlich ist für ihre Masterarbeit nach Solingen gefahren, hat sich dort das Solinger Tageblatt angeschaut und mit Journalisten gesprochen sowie mit denen, die mit der Berichterstattung klar kommen müssen. Der Befund: durchwachsen. Unabhängiger Beobachter ist die Zeitung jedenfalls nicht.

„Nützen wollen wir gern – und unterhalten.“
Eine Untersuchung der Qualität im Lokaljournalismus anhand des Solinger Tageblattes

Auszüge:

Boulevardisierung

Das Solinger Tageblatt folgt dem der Medienbranche häufig vorgeworfenen Trend der Boulevardisierung. (…)

Auch wenn alle Positionen zu einem Thema benannt werden, so ist die Gewichtung der Sprecher unausgeglichen und die Interessen der Akteure an einer bestimmten Entscheidung werden nicht transparent genug dargestellt. In manchen Fällen fehlt außerdem die Offenlegung der Quellen bestimmter Informationen, sodass hier eher der Eindruck von Vermutungen entsteht. Sowohl die Vielfalt als auch die Transparenz der Berichterstattung leiden unter der Boulevardisierung. (…)

Emotionalisierung und Dramatisierung

Nicht nur durch die Verteilung der Sprechanteile, sondern vor allem durch Wortwahl und rhetorische Stilmittel kommt es in der Berichterstattung des Solinger Tageblattes zu einer Emotionalisierung und Dramatisierung (…).

Implizite Wertungen

Obwohl das Solinger Tageblatt nach eigenen Angaben durch eine unabhängige, faire und objektive Berichterstattung dem Allgemeinwohl dienen will und auch die aktuellen Redakteure diese Werte in ihrem journalistischen Selbstverständnis hochhalten, finden sich in der aktuellen Berichterstattung implizite Wertungen. Durch Wortwahl, sprachliche Formulierungen und rhetorische Stilmittel werden den Akteuren Rollen zugeschrieben und Handlungen bewertet. (…)

Dadurch, dass nicht nur in als solchen gekennzeichneten Kommentaren direkt bewertet wird, sondern auch in vermeintlich neutralen und „objektiven“ Artikeln implizite Wertungen enthalten sind, leiden die Qualitätskriterien Unabhängigkeit und Objektivität. (…)

Die Parallelen zu Hagen sind unübersehbar.

Eklat: Ausschuss beschlussunfähig

13. April 2024

Nachdem sich am Mittwochnachmittag die Mitglieder des Hagener Sport- und Freizeitausschusses eingefunden hatten, war die Sitzung auch gleich wieder zu Ende. Der Grund: Die Einladungen waren nicht fristgerecht verschickt worden.

Die naheliegende Frage ist die nach der Verantwortung dieser Panne. Die WPWR beschreibt den Vorgang so:

Weil Mitglieder des Ausschusses erst einen Tag nach Fristende zur Sitzung eingeladen wurden, hat die Mehrheit der Fraktionsvertreter kurzerhand für eine Absage des Treffens votiert.

Karsten-Thilo Raab, Leiter des städtischen Servicezentrums Sport, ist mit seiner Behörde verantwortlich für den Versand der Einladungen. Wie Raab auf Nachfrage am Donnerstag berichtet, waren die Einladungen krankheitsbedingt verspätet verschickt worden: „Wir müssen jetzt aber prüfen, ob die Absage rechtens war“, sagt Raab. (…)

Der Ausschussvorsitzende Dietmar Thieser (SPD) verweist auf die Geschäftsordnung, die eine Absage in solchen Fällen möglich mache: „Ich bin jetzt seit Jahrzehnten politisch aktiv und habe so etwas noch nicht erlebt“, sagt der Ausschussvorsitzende, der auf Antrag die entsprechende Abstimmung durchführen ließ – und nach dem positiven Votum die Sitzung auflösen musste.

Quelle: wp.de (Bezahlschranke)

Diese Darstellung ist schon bemerkenswert, sind doch die Regularien ziemlich genau in der Geschäftsordnung (GeschO) des Rates festgelegt. So bleiben zwei Möglichkeiten: Entweder kennen die Ausschussmitglieder die Geschäftsordnung nicht (was vor allem beim Vorsitzenden Thieser, der in der WPWR einmal als „versiertes Schlitzohr“ gebauchpinselt wurde, nicht anzunehmen ist). Oder, die wahrscheinlichere Variante, der Artikel wurde zusammengeschlampert.

1. Über eine Absage der Sitzung wird nicht abgestimmt. Gem. § 12 der GeschO hat die/der Vorsitzende bei festgestellter nicht ordnungsgemäßer Einberufung sowie bei festgestellter Beschlussunfähigkeit die Sitzung sofort aufzuheben.

2. Die Absage ist also nicht „möglich“, wie Thieser indirekt (und möglicherweise falsch) zitiert wird, sondern zwingend. So muss auch nicht „auf Antrag die entsprechende Abstimmung“ durchgeführt werden.

3. Verantwortlich ist gem. § 1 der GeschO der Oberbürgermeister bzw. in diesem Fall der Ausschussvorsitzende, da gem. § 25 der GeschO die Anwendung der für den Rat geltenden Bestimmungen sinngemäß auch auf die Ausschüsse zutrifft.

Demnach sind Zeit und Ort der Sitzung sowie die Tagesordnung von den Vorsitzenden festzusetzen und bekannt zu machen. Der Verwaltungsmitarbeiter Raab ist also bestenfalls Hilfsorgan im Dienste des laut Geschäftsordnung Verantwortlichen.

„Gesprächsebene gefunden“

23. März 2024

WPWR: Ein neuer Tiefpunkt der lokalen Hagener Presse

Schele-Propaganda WPWR FiebigAls „Porträt“ ist ein Traktat markiert, in dem WPWR-Schreiber Mike Fiebig dem „Querdenker“ Michael Schele eine ganze Seite freigeräumt hat (Foto: DW). Der durfte dort, unter der reißerischen Überschrift „Sie werden mich umlegen“ – ein Schele-Zitat -, in epischer Breite seine kruden Thesen zum Besten geben (online hier).

Die eingestreuten Positionen aus der Wissenschaft machen die Sache keinen Deut besser, sondern dienen in ihrer allgemeinen Aussage nur der Relativierung der verquasten Äußerungen des Verschwörungsideologen, den Fiebig ausgiebig zu Wort kommen lässt ohne sich dem klar entgegenzustellen.

Im Gegenteil: Fiebig scheint eine gewisse Sympathie für den Schwadronierer zu entwickeln. Besonders deutlich wird das in dem dazugehörigen Kommentar des WPWR-Mannes (der nicht online vefügbar ist): „Michael Schele hat mich respektvoll behandelt bei unserer Begegnung und ich bilde mir ein, dass wir für eine kurze Zeit eine Gesprächsebene gefunden haben, bei der sich beide nicht veralbert vorgekommen sind.“

Und Fiebig kommt auf sich selbst bezogen dem „Querdenker“ weiter entgegen: „Zugegeben: Die Welt wird immer komplexer und wer nicht recherchiert und sich selbst eine gute, fundierte Informationslage schafft, verliert schnell den inhaltlichen Anschluss.“

Qualitätsvoller Journalismus geht eben anders. Dessen war sich der Schreiber aus den Niederungen des Funke-Imperiums bisher offenbar nicht bewußt, überkommt ihn doch am Ende seines Kommentars noch die plötzliche Erleuchtung: „Seriöse Recherche wird immer wichtiger. Auch journalistisch eine wertvolle Erkenntnis.“ Die Fiebig offensichtlich erst jetzt gewonnen hat.

Auch ohne ist er im November 2023 zu allem Überfluss noch in den Adelsstand eines Mitgliedes der Hagener Redaktionsleitung erhoben worden. Der weitere Niedergang der lokalen Presse dürfte damit – angebliche „Erkenntnis“ hin oder her – vorprogrammiert sein.

Eine Tatarenmeldung

8. März 2024

Man kann es ja mal versuchen. „Trümmerteile der ISS können am Freitag auf Hagen niedergehen“ dichtet WPWR-Schreiber Mike Fiebig in der Onlineausgabe des Blattes. „Am 21. März 2021 wurde ein 2,6 Tonnen schweres Batteriepaket von der ISS gelöst. Nun erreicht es die Erde. Und Teile davon auch Hagen.“

Der Rest des Beitrags ist für alle, die kein Abo haben, nicht zu lesen. Dass Fiebig seine Informationen anscheinend gerne aus Schmuddelgazetten bezieht („Die Bild-Zeitung hatte das öffentlich gemacht“), soll hier nur am Rande erwähnt werden. Schlimmer ist es, dass wieder einmal mit der Angst der Menschen gespielt wird.

Erst im für Nichtabonnenten unsichtbaren Teil erwähnt der Dichter das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe, das „eine Gefährdung für Deutschland (…) derzeit jedoch als statistisch unwahrscheinlich“ ansieht.

Bei dem Fiebig-Werk handelt es sich also um eine klassische Tatarenmeldung, ein Begriff aus dem Pressewesen für eine bewusst gestellte oder erfundene Meldung. Natürlich hat die WPWR den einleitenden Unfug auch über ihre Fakebook-Seite verbreitet. Kommentar eines Lesers: „Absturzort bestimmt Schürmannstr. 4“ – die Adresse des Hagener Pressehauses.

Die Stimmungskanonen schlagen wieder zu

21. Februar 2024

WPWR und Migranten: Erneut reißerische Schlagzeilen

Migranten – für das heimische Blättchen immer wieder ein Thema, mit dem sich die Redakteure offenbar eine Stabilisierung der kontinuierlich absteigenden Auflage erhoffen. Ihr Problem: Die skandalisierenden Behauptungen in den donnernden Überschriften werden in den Artikeln meist nicht belegt (Fotos: DW).

WPWR 19.02.2024 Hagen MigrantenSo aktuell in der Ausgabe vom gestrigen Dienstag (20.02.2024). „Stimmung in Hagen droht zu kippen“ behauptete die Lokalredaktion auf der Titelseite des Hagener Teils. Liest man den ganzen Beitrag, stellt sich schnell heraus, dass es letzten Endes um die vorübergehende Belegung von zwei Turnhallen mit Flüchtlingen geht. 2 von 53 wohlgemerkt!

Die WPWR kommt dann schnell auf ihre „Lieblingsklientel“ zu sprechen: Zuwanderer aus Rumänien und Bulgarien. Gut 7.200 Staatsangehörige dieser beiden Länder leben aktuell in Hagen. „Das ist eine erkleckliche Zahl, wenn man das mal auf die Größe der Stadt herunterrechnet“, ordnet Oberbürgermeister Schulz nach Angabe der Zeitung diese Daten ein. „Dennoch weigere ich mich, diese 7225 Menschen per se als 7225 Probleme zu betrachten.“

Die eher am Rande erwähnten Missstände mit mangelnder Infrastruktur, maroden Schulen und fehlenden Kita-Plätzen sind nicht erst mit der Arbeitnehmer-Freizügigkeit für südosteuropäische Staaten oder der Flüchtlingswelle seit 2015 entstanden, sondern waren bereits vorher virulent. Ursache dafür ist die seit Jahrzehnten bestehende mangelnde Finanzausstattung der Kommunen durch Bund und Land.

Hier sei ein „Versagen der lokalen Landtags- und Bundestagsabgeordneten sämtlicher Couleur festzuhalten, denen es offenkundig nicht gelingt, mit konstruktiver Lobbyarbeit für ihre Stadt auf ihrem jeweiligen Parkett durchzudringen und für entsprechende Sensibilität zu sorgen“, kritisiert Kommentator Martin Weiske richtigerweise – was ihn aber nicht davon abhält, ansonsten die Stimmungskanone zu geben.

WPWR 19.02.2024 Hohenlimburg AngstIm Osten der Stadt ist diese „Stimmung“ angeblich schon weiter fortgeschritten: „Angst vor dem Containerdorf“ bellt die Hohenlimburger Seite des Lokalblatts. Dort mache sich „die Sorge um die eigene Sicherheit breit“.

„Aber wie berechtigt ist die?“, fragt die Gazette scheinheilig, die immerhin einen (!) Anwohner gefunden hat, „der den Wertverlust seiner Immobilie fürchtet“. Wie auch in Boelerheide und Vorhalle, wo sich die beiden belegten Turnhallen befinden.

„Ja, hier gab es einmal den Hinweis, dass man sich auch darum fürchte, dass die Häuser an Wert verlieren könnten“, gibt Nord-Bezirksbürgermeister Heinz-Dieter Kohaupt nach Angaben der WPWR das Echo der örtlichen Bevölkerung wider. Ansonsten: nichts. „Keine Beschwerden, keine Auffälligkeiten“, sagt Kohaupt. Das füge sich einfach ordentlich ein. „Genauso in Vorhalle. Da hören wir nichts. Es sind ja auch immer Sicherheitsdienste dabei.“

Abgerundet wird die Berichterstattung in derselben Ausgabe noch durch eine 3/4-Seite im Mantelteil, in der Hagens AfD-Anführer Michael Eiche ausführlich zu Wort kommt. Die zitierten Gegenpositionen muten dabei fast als Alibi an, um nicht den Eindruck eines Werbeartikels für die AfD zu erwecken.

WPWR 19.02.2024 Region Eiche AfD

AfD-nahes Hetzblatt ausgelistet

10. Februar 2024

Compact verschwindet aus der Bahnhofsbuchhandlung

Das als rechtsextremistisch eingeordnete Schundblatt Compact verschwindet aus den Regalen der Kette Press & Book, zu der auch die Buchhandlung im Hagener Hauptbahnhof gehört.

In einer Pressemitteilung erklärte das Unternehmen, dass „die Pressefreiheit an oberster Stelle“ stehe: „Wir wollen aber denjenigen, die die freiheitlich-demokratische Grundordnung Deutschlands – und damit auch die Presse- und Meinungsfreiheit – verächtlich machen und darauf abzielen, sie zu überwinden, keine Plattform bieten“.

„Krieg gegen rechts“ kommentiert die Postille die Auslistung – stilecht in Frakturschrift. Die Bahnhofsbuchhändler hätten Compact „auf Druck des Regimes“ aus dem Sortiment genommen. Nach der „Potsdam-Lügengeschichte“ (gemeint ist das Remigrationstreffen) werde mächtig Druck auf ein AfD-Verbot und auf Grundrechteentzug für Björn Höcke gemacht.

Letzterem hilft Compact gerne. In seinem Online-Shop bietet das Blatt einen „Höcke-Taler“ an. Der ehre „den bedeutenden Patrioten“ und „wenn der Euro kollabiert, könnte er zur Währung eines echten Freistaates werden… “. Preis: 69,95 Euro.

Leser-Wut – Schicksal der Eiche am See bewegt

30. Januar 2024

Dass am Hengsteysee auf der Süduferseite eine 110 Jahre alte Roteiche zugunsten des Radwegeausbaus gefällt werden soll, erzürnt viele unserer Leser. Die Redaktion zeigt an dieser Stelle ausgewählte Briefe und Meinungen. (…)

Quelle: wp.de (Bezahlschranke)

Anmerkung: Die Not der Funke-Blätter angesichts ständig sinkender Auflagen muss groß sein. Jetzt werden schon Leserbriefe, also null Leistung der Redaktion, hinter der Bezahlschranke versteckt. Der Schmuck mit fremden Federn wird zusätzlich noch durch die reißerische Überschrift angeheizt. „Leser-Wut“? Wut ist in keinem der Leserbriefe zu erkennen, Kritik allerdings durchgehend.

WPWR: Ungebremst bergab

24. Januar 2024

Auch im 4. Quartal 2023 gab es für die Auflage der WPWR nur eine Richtung: weiter nach unten. Die Zahl der verkauften Exemplare der Ausgaben Hagen/Hohenlimburg/Wetter/Herdecke verringerte sich gegenüber dem entsprechenden Vorjahreszeitraum um durchschnittlich 6,88 Prozent, die Abonnements gingen um 7,86 Prozent zurück.

Damit setzt sich der seit Jahren anhaltende Schwund ungebremst fort. Nach Angaben der Informationsgemeinschaft zur Feststellung der Verbreitung von Werbeträgern (ivw) stieg die Anzahl der ePaper leicht an, konnte aber den Verlust der Printausgabe bei weitem nicht ausgleichen.

Eine Posse – getarnt als Glosse

15. Januar 2024

„Absurde Idee. Eine Frau an der Spitze der Stadt Hagen“

Wer aus dem Imperium der Funkemedien hat eigentlich Jens Stubbe zum Leiter der Hagener Lokalredaktion der WPWR gemacht?

Das jüngste Produkt des verantwortlichen Schriftleiters ist ein Text mit der Überschrift „Absurde Idee. Eine Frau an der Spitze der Stadt Hagen“. In der Online-Ausgabe firmiert das Machwerk unter der Gattungsbezeichnung „Glosse“.

Darunter versteht man einen pointierten Meinungsbeitrag mit polemischen, satirischen oder feuilletonistischen Charakter. Ein bekanntes Beispiel dieser journalistischen Form ist das „Streiflicht“ auf der Titelseite der Süddeutschen Zeitung.

Alle genannten Eigenschaften fehlen dem Stubbe-Text: Er ist weder polemisch noch satirisch, sondern einfach nur peinlich. Entweder ist dem Autor der Charakter einer Glosse fremd oder er kann es schlicht und ergreifend nicht.

Es ist nicht das erste Mal, dass Stubbe auffällig wurde: Mal verwechselte er einen Bericht mit einem Interview (auch diesen Unterschied sollte ein Journalist kennen), mal präsentierte er in einer liebevollen Homestory (die allerdings im Wald stattfand) den AfD-Funktionär Andreas Geitz.

Inzwischen hat Stubbe die Headline geändert, aber die ursprüngliche Formulierung ist, wenn man den Artikel aufruft, noch in der Adresszeile des Browsers zu lesen.

Greatest Hits 2023

1. Januar 2024

Die Top 20 der beliebtesten DW-Beiträge im Jahr 2023

  1. Westfalia insolvent – 250 Mitarbeiter betroffen
  2. Johannes-Hospital wird geschlossen
    2022 schon einmal auf der Liste
  3. Heilige Kuh FESH in Finanznot
    Privatschule fordert: Vorhaller Schule an Investor verkaufen
  4. Vielleicht war’s ja der Bruder
    War AfD-Geitz doch beim Reichstagssturm dabei? Ein Foto legt es nahe
  5. Ein Fehler bleibt selten allein
    Für die Eventhalle am Ischeland sollen mehr als 60 Bäume abgeholzt werden
  6. Schirmherren-Debakel mit Statisten
    Ebbe unter dem politischen Sonnenschutz
  7. Knapp vorbei am Hurenkind
    Neues vom horizontalen Journalismus
  8. FernUni zensiert Glasfenster
    US-Unsitten erreichen die westfälische Provinz
  9. HEB-Chef soll bei vollen Bezügen zu Hause bleiben
  10. Roller-Wahn im Rathaus
    Verwaltung will bis zu 825 Spaßvehikel in die Stadt holen
  11. Schüler – ab in die Container!
    Rat beschließt heimlich Verkauf der Vorhaller Schule
  12. Einfach irre
    Knüppel („Die Partei“) fordert Ausgangssperre für Männer
  13. Lohn nach Ost-Tarif
    Vorwürfe gegen Ev. Stiftung Volmarstein
  14. WPWR rauscht weiter in den Keller
  15. „Nazis töten.“
    Eine Binsenwahrheit – aber nicht für eine Hagener Akademikerin
  16. Papierfabrik: 130 Mitarbeiter müssen gehen
  17. Futter für die Beratungsindustrie
    Stadt Hagen zahlt Millionen für Gutachten
  18. Was mit Tieren
    Horizontales: Jetzt greift der Chef persönlich zu seinem Stift
  19. Hagener Architektur-Kleinod im Angebot
    Milly-Steger-Haus steht für 1,2 Millionen Euro zum Verkauf
  20. „Nur wenig neue Erkenntnisse“
    Unternehmer Rat Hagen kritisiert Vorgehensweise zum neuen Einzelhandels- und Zentrenkonzept

Die Hilfstruppe der AfD

19. Dezember 2023

Wenn es um Migranten geht, fällt die Hagener Lokalredaktion der WPWR immer wieder auf

In der Montagsausgabe der heimatlichen Gazette titelte das Blatt, die Polizeipräsidentin zeige sich „besorgt über die Gruppe der jungen Migranten“ und verband es mit dem Zitat: „Da gibt es einen Zusammenhang“.

Für den Leiter der Hagener Lokalredaktion, Jens Stubbe, war schon in der textlichen Anmoderation des nachfolgenden Interviews „die steigende Zahl an jungen Migranten, die in der Stadt straffällig werden“ klar.

Nun setzt der Begriff „straffällig“ voraus, dass ein Delinquent rechtskräftig verurteilt wurde, weshalb Polizeipräsidentin Ursula Tomahogh auch von „Tatverdächtigen“ spricht. Solche Unterscheidungen müssen einen Stubbe nicht interessieren.

Ohne seine Behauptung zu belegen, setzt der Schreiber damit die Linie des Blattes fort, Angst zu schüren. Wie in der Überschrift vom Montag.

Was den „Zusammenhang“ betrifft, hatte die Polizeipräsidentin „zunächst mal eine schlichte statistische Feststellung“ getroffen. Während nämlich „der Anteil der Unter-21-Jährigen seit 2019 in Hagen um 4,6 Prozent gestiegen“ sei, gäbe es „720 Deutsche weniger in dieser Altersklasse“. „Wir haben in Hagen den höchsten Migrantenanteil im Land“, ergänzte Tomahogh. Man müsse konstatieren, „dass es mit Blick auf die Kriminalität da einen Zusammenhang gibt“.

Der Zusammenhang besteht also in einer demografischen Verschiebung, was Stubbe aber nicht daran hindert, die nächste WPWR-Plotte aufzutischen: „Kinder- und Jugendbanden machen der Polizei immer zu schaffen“.

Deren angebliche Existenz in Hagen hatte schon NRW-Innenminister Herbert Reul in Abrede gestellt, als „Mister Law-and-Order“ möglicher Weichkeks-Anwandlungen unverdächtig. Auch die Polizeipräsidentin wies diese Unterstellung deutlich zurück: „Aktuell haben wir keine Kinder- und Jugendbanden“ in Hagen.

Und dann ging es im Interview auch noch um die Diskrepanz zwischen objektiver und subjektiver Bedrohungslage. Letztere wird seit Jahren durch die Sensationsberichterstattung der lokale Presse erheblich angeheizt.

Tatsächlich hat sich nach Angaben der Polizeipräsidentin die „Straßenkriminalität rund um den Bahnhof um acht Prozent im Vergleich zum Vorjahr“ vermindert – in Altenhagen und Wehringhausen sogar um 20 Prozent.

Geärgert hat Polizeipräsidentin Tomahogh etwas anderes:

„Ich war in der Vergangenheit noch nie so intensiv wie in Hagen damit konfrontiert, dass es in den sozialen Netzwerken in Bezug auf polizeiliche Einsätze so viele falsche Darstellungen gibt. Insbesondere sind mir da Ereignisse wie an Halloween und Silvester in Erinnerung. Dinge, die sich für uns objektiv nicht als hochgradig problematisch dargestellt haben, wurden zum Beispiel über zusammengeschnittene Kurzvideos deutlich aufgebauscht.“

Daran waren nicht nur die die asozialen Medien beteiligt, sondern maßgeblich auch die Lokalredaktion der WPWR. Da der Interviewer der Leiter dieser Gazettenabteilung ist, hielt es die Polizeipräsidentin wohl für angebracht, diese Mitwirkung anstandshalber nicht zu erwähnen.

Ob nun bewusst oder nur naiv – diese Art der Berichterstattung, wie sie fortwährend die WPWR praktiziert, nützt niemandem, sondern ist nur Wasser auf die Mühlen rechtsextremer Hetzer.

Dieses Blatt macht sich zur Hilfstruppe der AfD.

Update:

Der Re(d)aktionsleiter hat inzwischen die Headline seines Beitrags ausgetauscht – inhaltlich geändert hat sich wenig. Aber schon wieder lässt Pisa grüßen:

Screenshot 2023-12-19 at 14-53-18 Polizei Anzahl Tatverdächtigen Migranten in Hagen steigt

Screenshot/Quelle: wp.de

WPWR rauscht weiter in den Keller

29. Oktober 2023

Die tägliche Berichterstattung über neue oder vermeintliche Mieter in Einkaufszentren sowie andere Shopping-Berichte scheinen immer weniger Leser zu interessieren. Ähnliches gilt für die teilweise tendenziöse und reißerische Berichterstatttung und Kommentierung im Mantelteil. Diesen Schluss legen zumindest die neuesten Zahlen der Informationsgemeinschaft zur Verbreitung von Werbeträgern (ivw) nahe.

Danach haben die Ausgaben Hagen/Wetter der Funke-Blätter im 3. Quartal 2023 gegenüber dem entsprechenden Vorjahreszeitraum im Verkauf einen Verlust von 7,3 Prozent zu verzeichnen. Die Abozahlen gingen mit einem Minus von 8,3 Prozent sogar noch stärker zurück.

Damit setzt sich ein langjähriger Trend fort. Allein seit Anfang 2017 ist der Verkauf um 30,4 Prozent gesunken. Rückläufige Zahlen haben auch andere Zeitungen zu vermelden, aber längst nicht so massiv wie das Hagener Einheitsblatt, das den Eindruck erweckt, es handele sich um zwei Zeitungen: Westfalenpost und Westfälische Rundschau.

Im selben Zeiraum verringerte sich beispielsweise der Verkauf der renommierten Regionalblätter Neue Westfälische (Bielefeld) und Neue Osnabrücker Zeitung nur um 16,1 bzw. um 13,2 Prozent.

Radio Hagen in der Krise

18. September 2023

Funke-Lokalsender befürchtet Eindampfung

Die Konjunktion „dass“ wird bei Radio Hagen immer noch „daß“ (mit der Ligatur ß) geschrieben. Offenbar eine Reminiszenz an die guten alten Zeiten, in denen Radio noch etwas mit Information zu tun hatte – und nicht mit Gedudel.

So ist es jedenfalls in einer – ja, wie soll man sie nennen: Streit- oder Verteidigungsschrift? – von der Chefredakteurin Cordula Aßmann (auch mit ß) unterzeichneten Ausarbeitung des Lokalsenders zu lesen, die heute in der Fraktionssitzung der Hagener SPD auf den Tisch kommt.

Danach drohen Radio Hagen wahlweise Personalabbau, Abgabe von Sendezeiten, Zusammenlegung mit anderen Lokalsendern oder die Standortverlagerung aus Hagen weg. Oder alles zusammen.

Die privaten Lokalsender gehören mehrheitlich den Zeitungsverlagen. Und die erwarten eine exorbitante Rendite von 10 Prozent, ein Gewinn, der in Hagen noch nie erwirtschaftet wurde. „Geben wir Programmzeiten ab, entlassen wir Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter, ziehen wir in ein Funkhaus, gibt es in Hagen kein lokales Radio mehr“, befürchtet die Chefredakteurin.

Und drückt sogleich auf die Tränendrüse: „Im Katastrophenfall sind wir zur Stelle und senden notfalls auch 24 Stunden am Stück. Wir haben eine Vereinbarung mit der Stadt Hagen getroffen, nach der wir bei einem Blackout aus einem Havariestudio in der Feuerwache senden und über den Richtfunk der Feuerwehr verbreitet werden.

Die Kosten dafür trage die Feuerwehr. Natürlich sei es notwendig, „daß wir dafür vor Ort sind“. Da die Feuerwehr eh die Technik zur Verfügung stellt, könnte natürlich auch die städtische Pressestelle übernehmen – aber egal.

„Wir finden, daß in einer Zeit, in der Pseudo-Medien aus einer immer brutaler werdenden digitalen Welt, die unsere Demokratie gefährden, immer mehr Macht bekommen, eine Stadt von knapp 200.000 Einwohnern Platz für wenigstens zwei unabhängige Medien haben muß. Wir sind eins davon“, lobt sich Aßmann.

Sie vergisst dabei, dass (mir Doppel-s) die Pseudo-Medien auch von immer tiefer sinkenden klassischen Medien befeuert werden. Und dass (wieder mit Doppel-s) neben der Westfalenpost und der im Lokalen inhaltsgleichen Westfälischen Rundschau (auch so ein Pseudo-Medium) sowie dem Reklameblatt Stadtanzeiger auch Radio Hagen zum Reich der Funke-Mediengruppe gehört.

Wäre es also so tragisch, wenn von vier Funke-Medien eines von der Bildfläche verschwände? Wünschenswert wäre doch eher ein lokales Medium, dass (nochmal mit Doppel-s) unabhängig von dem Essener Konzern wäre und kritischen Journalismus anstatt Gedudel und Schleichwerbung bieten würde.

Beschleunigter Weg nach unten

23. Juli 2023

WPWR verliert wie nie zuvor

Die Verkaufszahlen der Hagener Ausgabe der WPWR (incl. Wetter) sind im Vergleich zum Vorjahr noch nie so stark zurückgegangen wie im 2. Quartal 2023. Gegenüber dem entsprechenden Zeitraum im Jahr 2022 wurden 7,64 Prozent weniger Zeitungen abgesetzt. Damit wurde der schon kräftige Rückgang im 1. Vierteljahr nochmals übertroffen. In der Vergangenheit bewegte sich das Minus in der Regel um die 4 oder 5 Prozent.

Die Abonnements waren mit 8,5 Prozent noch stärker rückläufig, der sowieso marginale Einzelverkauf gar um 13,43 Prozent, wie es aus der Erhebung der Informationsgemeinschaft zur Feststellung der Verbreitung von Werbeträgern (ivw) hervorgeht.

Allein in den letzten sechs Jahren ist die Druckauflage um weit mehr als ein Drittel eingebrochen; auch ein paar zugewonnene e-Papers konnten diesen Verlust nicht wettmachen.

Die Strategie, die Leser mit als redaktionell getarnten PR-Beiträgen aus der Gastro- und Händlerszene sowie reißerisch aufgemachten Blaulichtartikeln (vor allem online) bei der Stange zu halten, hat sich erkennbar als Schuss in den Ofen erwiesen. Selbst die überproportionale Sportberichterstattung (die überwiegend aus Jubelartikeln besteht) hat offenbar als Lockstoff zunehmend ausgedient.

Die Probleme sind nicht neu. Bereits 2019 antwortete Lars Holtkamp, Professor für Politik und Verwaltung an der Fernuniversität Hagen, auf die Frage nach der Berichterstattung in Lokalzeitungen über Kommunalpolitik: „Kritische Berichterstattung ist in solchen Fällen eher Zufall. Meistens will man sich nicht mit den lokalen Eliten, Bürgermeistern etc. anlegen, denn sie sind die wichtigsten Informationsquellen. Deswegen wird oft unkritisch berichtet.“

Was die Bedeutung des Lokaljournalismus angeht, sind sich alle einig, sagt Wiebke Möhring, Journalistik-Professorin an der TU Dortmund: „Die Bürgerinnen und Bürger wünschen sich, dass die Lokalzeitung mit den Großkopferten und den Mächtigen in ihrer Stadt offen ins Gericht geht und ihnen kritische Fragen stellt. Zugleich soll die Zeitung auch so etwas wie ein Anwalt der Region sein, also sich für die Belange der Region und ihrer Menschen einsetzen.“

Michael Konken lehrt Journalismus, Politik und Öffentlichkeit an der Universität Vechta und beschäftigt sich wissenschaftlich mit der Stadt- und Regionalkommunikation. Er beklagt „immer mehr Einheitsbrei in der Berichterstattung, also Vielfaltsverlust“.

Konken prognostiziert, dass spätestens Ende der 20er Jahre auf lokaler, etwas später auf regionaler Ebene, die letzten gedruckten Zeitungen erscheinen werden. Die aktuellen Quartalszahlen beweisen den rasanten Niedergang.

Durchlässige „Brandmauern“

19. Juli 2023

Vor 85 Jahren erschien eine Hagener Zeitung zum letzten Mal. Sie war und ist ein Beispiel für die fließenden Übergänge zwischen konservativen und rechtsextremen Positionen

Bergisch-märkische Zeitung. 1924-1938 31 (31.1.1933)Schlagzeile des Westfälischen Tageblatts am 31. Januar 1933

Schweden, Finnland, Italien, Österreich – alles Länder in Europa, in denen konservative und rechtsextreme Parteien gemeinsame Sache machten oder machen. Wie lange der Unvereinbarkeitsbeschluss der CDU gegenüber der AfD noch hält, bleibt vor dem Hintergrund der neuen konservativen Doppelspitze Merz/Linnemann erst einmal abzuwarten.

Historische Beispiele geben allerdings Anlass zur Sorge. So wurden den Menschen im Nachkriegsdeutschland jahrzehntelang mit dem Begriff der „Machtergreifung“ der Eindruck vermittelt, Hitler sei durch ein Art Putsch ans Ruder gekommen. In Wahrheit war seine NSDAP gewählt worden.

Da es aber nicht zur absoluten Mehrheit reichte, musste Hitler eine Koalition eingehen, Partner war die konservative Deutschnationale Volkspartei (DNVP) mit dem Medienunternehmer Alfred Hugenberg an der Spitze. Die ebenfalls konservative Zentrumspartei verhalf dem sogenannten Ermächtigungsgesetz im Reichstag zur notwendigen Zweidrittel-Mehrheit. Ohne Mitwirkung der Konservativen wären die Nazis also nicht an die Macht gekommen.

Bergisch-märkische Zeitung. 1924-1938 83 (24.3.1933)Für das Westfälische Tageblatt war es „Ein großer Tag“, ermöglicht mit den Stimmen des konservativen Zentrums. Schlagzeilen der Hagener Gazette zum Ermächtigungsgesetz am 24. März 1933

Neben den fließenden Übergängen zwischen konservativen und wirtschaftsliberalen Parteien einerseits und nationalistischen und faschistischen andererseits war und ist deshalb die Rolle der entsprechenden Medien nicht zu vernachlässigen. Historisch betrachtet exemplarisch die der Blätter Hugenbergs, der 1933 in Konsequenz – Mission erfüllt – seine Zeitungen an die NSDAP verkaufte.

Zwar kein Verkauf, aber eine ähnliche Intention bewog fünf Jahre später die in Hagen erscheinende Bergisch-Märkische Zeitung / Westfälisches Tageblatt, ihr Erscheinen einzustellen. Nach Angaben des Forschungszentrums Gotha an der Universität Erfurt hielt Hugenbergs Konzern auch hier eine Beteiligung.

Die Zeitung habe, so das Blatt in seiner letzten Ausgabe, in den „schweren Jahren des Kampfes gegen die Systemzeit nach besten Kräften ihren Mann gestanden. Es war nicht ihre Schuld, sondern das Ergebnis der naturgemäßen Entwicklung, wenn mit dem gewaltigen Umbruch des Jahres 1933 diese ihre Mission im wesentlichen als vollendet angesehen werden mußte.“

„Nun ist auch diese Aufgabe erfüllt“, resümierte das Blatt zufrieden. „In Hagen stellt das Westfälische Tageblatt im 75. Jahrgang sein Erscheinen ein.“ Zuvor ließ die Zeitung ihren Werdegang Revue passieren, von den konservativen Anfängen bis zum rechtsextremen Ende.

Die Geschichte begann mit der Übernahme des Hagener Kreisblatts, dem der amtliche Charakter entzogen und dieser – wie auch der Titel – auf eine neue Zeitung übertragen wurde, die im Sinne der Regierungspolitik „aufklären“ sollte.

Im bis dahin oppositionellen Kreisblatt hätten „die Demokraten jener Zeit den Kampf gegen die Bismarcksche Politik“ geführt. Die Zeitung hätte noch „aus der Zeit der 48er Bewegung heraus ihre Aufgabe vielfach in einer verkannten Betonung der „Volksfreiheit“ gegenüber den Plänen der Regierung“ gesehen.

Während der Kriege 1864, 1866 und 1870/71 wurde das Blatt in Märkische Zeitung umbenannt, 1874 in Hagener Volkszeitung. Politisch vertrat es die Richtung der nationalliberalen Partei, die Bismarck unterstützte und den „Freisinn“ des liberalen Hagener Abgeordneten Eugen Richter bekämpfte, obwohl der ein Vertreter des „Manchestertums“ war und neben Bismarck als zweiten Hauptgegner die sich entwickelnde sozialistische Arbeiterbewegung und die junge Sozialdemokratische Partei ausmachte.

1880 wurde die Zeitung wieder verkauft und unter ihrem neuen Eigentümer in Westfälische Post umbenannt. Weil durch die entstehenden Großstadtblätter die Leser größere Ansprüche an die Qualität der heimischen Gazetten stellten und das Provinzblatt so unter finanziellen Druck geriet, taten sich Hagener Industrielle aus dem Dunstkreis der nationalliberalen Partei zusammen und gründeten 1894 eine GmbH, um ihr Organ zu sichern.

Deren neuer Name war Westfälisches Tageblatt. Sitz von Verlag und Druckerei wurde die Goldbergstraße 17/19. Dort wo heute die Geschäftsstelle der Hagener Grünen und ein Alten- und Pflegeheim zu finden sind.

Ein neues Kampffeld entdeckte die Zeitung in den sich zuspitzenden Auseinandersetzungen nach dem Ersten Weltkrieg, in dessen Verlauf sie sich bemüht hatte, ihre Leser „über die ungeheure Bedeutung des Völkerringens und dessen Ausganges für Deutschland aufzuklären und (…) zum Durchhalten aufzufordern“.

Nachdem das bekanntlich nicht geklappt hatte, wusste das Westfälische Tageblatt sogleich, wo es sich einzusortieren hatte: „Je wilder jedoch in der Novemberrevolte der Terror des „Arbeiter- und Soldatenrates“ in Hagen sich austobte, umso dringlicher wurde der Ruf nach einem entschlossenen Kampforgan gegen diese Volksverhetzung.“

„So schlossen sich in den Jahren 1919 und 1920“, führt die Zeitung in ihrer Abschiedsausgabe aus, „nationalgesinnte Männer zusammen und kauften unter Leitung des langjährigen Chefredakteurs Josef Thiebes das Westfälische Tageblatt, um es als führendes nationales Kampforgan in Hagen zu erhalten“.

Dieses begrüßte am 31. Januar 1933 denn auch begeistert die neue Regierung: „Zu neuen Ufern! Mit der Ernennung des unter Führung Adolf Hitlers stehenden Kabinetts (…) findet der sehnlichste Wunsch ungezählter Millionen nationaler Deutscher seine Erfüllung. (…) Die Bergisch-Märkische Zeitung hat unentwegt dieser Entwicklung gedient.“

Auch die Vernichtung nicht nazikonformer Literatur ab Mai 1933 fand selbstredend die Zustimmung der Gazette: Diese Bücher „werden zusammengetragen und verfallen verdientermaßen der öffentlichen Verbrennung.“

Vor 85 Jahren war dann Schluss mit dem medialen Popanz, der von Anti-48er-beseelter Bismarck-Treue über den Versuch einer 1918er Gegenrevolution bis hin zum selbsternannten Kampforgan des NS-Regimes reichte. Ein schleichender Übergang von konservativer Reaktion hin zum offenen Faschismus.

Sowohl die historische Betrachtung als auch der Blick auf die aktuellen Entwicklungen in Deutschland und Europa zeigen deutlich: Die vermeintliche Brandmauer zwischen konservativen und rechtsextremen Positionen in Parteien und Medien steht nicht stabil, sondern ist im opportunen Bedarfsfall äußerst durchlässig.

Pleite? Frau Yvonne hilft

14. Juli 2023

Bericht über China-Restaurant verschweigt Insolvenz – Journalismus oder PR?

Hagen,_ParkhausDas ehemalige Parkhaus im Stadtgarten. Früher Veranstaltungslokal in kommunalem Eigentum, dann Verkauf für kleines Geld an einen dubiosen „Investor“, der mit bunten Bildern den naiven Stadträten dort ein Hotel versprach, aber (vermutlich mit reichlich Gewinn) an einen China-Restaurant-Betreiber weiter verkaufte. Foto: Klaus Bärwinkel.

Früher, also in der „guten alten Zeit“, schalteten Betriebe, die für sich und ihre Produkte Werbung machen wollten, zum Beispiel Anzeigen in der Presse ihres Einzugsbereichs. Die damit verbundenen Kosten lassen sich heutzutage vermeiden, denn Medien präsentieren das, was einst als Inserat bezahlt werden musste, inzwischen als redaktionellen Beitrag auf ihren Seiten.

Yvonne Hinz ist bekanntlich in der sogenannten Stadtredaktion, also dort, wo der Hagener Lokalteil der Funke-Medien unter gleich zwei Namen – Westfalenpost und Westfälische Rundschau – zusammengeschraubt wird (obwohl er inhaltlich identisch ist), für die Welt der heimischen Boutiquen und Brätereien zuständig.

Kürzlich tauchte die Redakteuse in die süßsaure Welt der China-Restaurants ein und wusste (hinter der Bezahlschranke) über eine Maschine zu berichten, die den Gästen Bestellungen serviert: „Gastro-Roboter zaubert Kindern Lachen ins Gesicht.“ Ein interessanter Besuch sei es gewesen, „die Katzenaugen zwinkern und es ertönt locker-leichte Musik“.

„Ich habe die Roboter von meinem Vorgänger übernommen“, sagt Junwei Huang, der nach Angaben von Hinz seit gut drei Monaten das Restaurant am Stadtgarten betreibt. Und spätestens hier stellt sich – wieder einmal – die Frage, ob es um Berichterstattung oder Gefälligkeits-PR geht.

Denn – und das erzählt Frau Yvonne ihren Lesern nicht – Juanwei ist beileibe nicht neu im Geschäft, sondern war bereits seit November 2015 gemeinsam mit seinem Partner Meng Pin Jin Gesellschafter des bisherigen Betreibers des Restaurants, der im Handelsregister des Amtsgerichts Hagen unter HRB 10274 eingetragenen JIN HUANG GmbH, Stadtgartenallee 1, 58089 Hagen.

Und vor allem: Über das Vermögen dieses Betriebs, eines „China-Restaurants mit mongolischem Barbecue“, ist wegen Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung das Insolvenzverfahren eröffnet worden. Was unsere Spezial-Berichterstatterin ihren Lesern ebenfalls vorenthält.

Die Eröffnung des Verfahrens erfolgte aufgrund des am 29.03.2022 bei Gericht eingegangenen Antrags einer Gläubigerin. Und es sind offenbar weitere Verfahren anhängig, so das Insolvenzgericht: „Zugleich werden die weiteren Verfahren 109 IN 22/22 und 109 IN 32/23 und 109 IN 17/23 unter Führung des zuerst genannten miteinander verbunden.“

Nun bedeutet GmbH sinnigerweise Gesellschaft mit „beschränkter“ Haftung. Rechte und Pflichten sind losgelöst von den Gesellschaftern. Wenn diese zuvor genügend Geld aus dem Objekt herausgeholt haben, können sie die Firma ohne persönliche Einbußen über den Jordan gehen lassen.

Im Falle des China-Restaurants wurde flugs eine neue GmbH gegründet, schon lange bevor am 11.05.2023 das Insolvenzverfahren eröffnet wurde. Bereits gut einen Monat nach dem Insolvenzantrag durch die Gläubigerin wurde bei einem Wuppertaler Notar die Gründung einer neuen Firma verhandelt: der „Restaurant Kaisergarten GmbH“.

Dort erschien Frau Weifen Bai, „nach eigener Angabe ledig“, wie der Notar notierte (laut Hinz aber die Gattin von Junwei Huang, mit dem sie zwei erwachsene Kinder haben soll). Nach Überzeugung des Notars ist Frau Bai der deutschen Sprache „nicht hinreichend“ kundig: „Frau Bai spricht chinesisch.“

Was macht der Notar? Er zog Junwei Huang als Dolmetscher hinzu, obwohl dieser angab, nicht als solcher vereidigt zu sein. „Alle Erschienenen verzichteten darauf, dass der Notar den Dolmetscher vereidigt“, heißt es in dem Dokument. „Der Notar wies Frau Bai darauf hin, dass sie eine schriftliche Übersetzung verlangen kann. Frau Bai verzichtete jedoch auf eine schriftliche Übersetzung.“

Warum auch? Bai und Huang sind schließlich schon lange gemeinsam im Geschäft. Bereits 2011 wurde Bai als Geschäftsführerin der JIN HUANG GmbH bestellt, die damals noch in Essen beheimatet war. Ein Jahr später wurde der Sitz der Firma nach Hemer verlegt, 2016 dann nach Hagen.

Bai wurde durch einen anderen Geschäftsführer abgelöst, der aber auch schon nach wenigen Wochen seinen Hut nehmen musste. Nach dem aktuellen Insolvenzantrag betrat dann Bai wieder die Bühne. Aber nicht für lange.

Wenige Tage bevor das Insolvenzverfahren offiziell eröffnet wurde, war die Tätigkeit von Weifen Bai bereits wieder Geschichte. Am 26.04.2023 wurde Junwei Huang, der unvereidigte Dolmetscher und Gesellschafter der Pleite-GmbH, laut Handelsregister zum Geschäftsführer der „Restaurant Kaisergarten GmbH“ bestellt.

Von diesen Hintergründen erfahren die Leser des Hinz-Textes nichts. Ein journalistischer Beitrag würde das gesamte Bild wiedergeben, nimmt die Medienbranche doch den Anspruch einer „vierten Gewalt“ für sich in Anspruch. Ein PR-Artikel (oder soll man ihn „Schleichwerbung“ nennen?) blendet naturgemäß mögliche negative Aspekte aus und stellt das Positive ins Schaufenster.

Bei der WPWR-Schreiberin trieft es emotional. Da zwinkern die Katzenaugen bei locker-leichter Musik, der Gastro-Roboter serviert – die Insolvenz wird derweil unter den Teppich gekehrt. Na denn: Wohl bekomm’s! Sowohl kulinarisch als auch journalistisch.

CDU- und AfD-Fans: Journalismus ist „grün“

4. Juli 2023

Die journalistische Berichterstattung wird von Bürgerinnen und Bürgern als fern der eigenen Parteineigung verortet. So haben vor allem Anhänger der CDU und der AfD das Bild eines „grünen Journalismus“, während Menschen, die der SPD und den Grünen nahe stehen, es genau umgekehrt empfinden.

Das ist das Ergebnis einer repräsentativen Befragung des Instituts für Journalistik der Technischen Universität Dortmund in Kooperation mit dem Meinungsforschungsinstitut forsa.

Fast die Hälfte der AfD-Anhänger (47 Prozent) sieht eine Nähe des Journalismus zu den Grünen, bei den CDU-nahen Befragten sind es 25 Prozent. 39 Prozent der Befragten vermuten keine Nähe der Journalisten zu einer bestimmten Partei.

In Bezug auf die Mediennutzung zeigen sich deutliche Unterschiede: Menschen, die der SPD, der CDU und den Grünen nahestehen, nutzen zu einem hohen Anteil öffentlich-rechtliche Medien; unter AfD-Anhängern ist der Anteil der Befragten besonders hoch, die alternative Nachrichtenseiten und Messenger-Dienste nutzen.

AfD-Nahestehende unterscheiden sich auch diametral von allen anderen in der Einschätzung der Glaubwürdigkeit des Journalismus. Nur sieben Prozent der AfD-Anhänger halten den Journalismus in Deutschland ganz generell für glaubwürdig, unter den Anhängern der Grünen sind es 80 Prozent.

Infos: http://www.journalismusstudie.de

Täter-Opfer-Umkehr

9. Mai 2023

Ein merkwürdiger Beitrag zum 8. Mai 1945 in der WPWR

Am 8. Mai 1945 endete der Zweite Weltkrieg in Europa. Als die Waffen endlich schwiegen, waren mehr als 60 Millionen Opfer zu beklagen. Nach zwölf Jahren nationalsozialstischer Herrschaft bedeutete dieser Tag den politischen, militärischen und moralischen Untergang des verbrecherischen Regimes in Deutschland, das die Welt in den Abgrund gestürzt hatte.

Die WPWR nimmt dieses Datum zum Anlass, die Gewichte zu verschieben. Nicht der mörderische faschistische Expansionsdrang steht im Mittelpunkt der Berichterstattung, sondern ein allierter Bombenangriff, der gar nicht stattgefunden hat. Das erscheint dem Lokalblatt wichtiger. Über die direkte oder indirekte Mitwirkung Hagener Unternehmer und späterer Funktionäre staatstragender Parteien an den Nazi-Verbrechen wird hingegen der Mantel des Schweigens ausgebreitet.

Beispielhaft ist der Brauereibesitzer Carl-Horst Andreas, der – selbst SS-Mann – nach dem 2. Weltkrieg in seinem Betrieb gleich eine ganze Truppe von SS-Verbrechern in leitenden Positionen unterbrachte, darunter Oskar Pahnke, der ebenfalls zum Führungsstab der Andreas-Brauerei gehörte und zu einer wichtigen Figur in der Hagener CDU aufstieg *.

Pahnke wird aktuell in einer Ausstellung in den Niederlanden als einer der Protagonisten des Nazi-Terrors präsentiert. Für die hiesige Lokalpresse ist das kein Thema.

Der Redaktionsleiter der Hagener Lokalredaktion, Jens Stubbe, ein exilierter Breckerfelder, setzt andere Schwerpunkte. Während jemand wie Pahnke in seinem ehemaligen Wirkungskreis in den Niederlanden nach wie vor präsent ist, lenkt Stubbe auf allierte Angriffe ab, die nie stattgefunden haben.

Stubbe sollte sich die Rede des früheren Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker vergegenwärtigen, der 1985 zum 40jährigen Jahrestag des faschistischen Zusammenbruchs in seiner Rede im Bundestag sagte:

Der 8. Mai war ein Tag der Befreiung. Er hat uns alle befreit von dem menschenverachtenden System der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft.

Niemand wird um dieser Befreiung willen vergessen, welche schweren Leiden für viele Menschen mit dem 8. Mai erst begannen und danach folgten. Aber wir dürfen nicht im Ende des Krieges die Ursache für Flucht, Vertreibung und Unfreiheit sehen. Sie liegt vielmehr in seinem Anfang und im Beginn jener Gewaltherrschaft, die zum Krieg führte.

Wir dürfen den 8. Mai 1945 nicht vom 30. Januar 1933 trennen.

Eine Botschaft, die in der Provinz, namentlich bei Redaktionsleitern, bis heute nicht angekommen ist.

* Die SS wurde im Nürnberger Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher 1946 als „verbrecherische Organisation“ eingestuft. Diese Bewertung betraf die gesamte SS, einschließlich der Waffen-SS.

Medienpolitik der Funke Mediengruppe

2. Mai 2023

Vom Kahlschläger in der Presselandschaft über die „Faktenchecker“ zum „gemeinnützigen Journalismus“

Aus Angst vor sich ausdehnenden „Zeitungswüsten“ wegen der hohen Preise und Kosten, forderten kürzlich die Medienminister aus Nordrhein-Westfalen und Sachsen, Nathanael Liminski und Oliver Schenk, die Bundesregierung auf, eine direkte Staatsförderung für die flächendeckende Zustellung periodischer Presseerzeugnisse einzuführen.

Nach Ansicht des neu gegründeten „Forums Gemeinnütziger Journalismus“ ist die Forderung der Minister zwar verständlich, denn die Zeitungszustellung werde durch hohe Preise für Papier und Energie in weiten Teilen des Landes unwirtschaftlich, doch dürfe die Debatte um Gegenmaßnahmen nicht auf Subventionen für Printerzeugnisse reduziert werden. Für das Forum sind weitere Maßnahmen erforderlich, vor allem würde im Journalismus neben dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk und dem klassischen Journalismus eine dritte Säule, die strikt auf das Gemeinwohl ausgerichtet ist, gebraucht. (…)

Der Etikettenschwindel mit den Rechercheverbünden und dem sogenannten investigativen Journalismus öffnet weiter die Schere zwischen der öffentlichen und veröffentlichten Meinung, verschärft die massive Glaubwürdigkeitskrise der Leitmedien, die vielfach statt umfassender Information nur Desinformation liefern und Unliebsames unterdrücken. Nun wird mit dem „Gemeinnützigen Journalismus“ wieder ein neues Fass aufgemacht. (…)

Quelle: Gewerkschaftsforum.de

WPWR: Soviel Schwund war nie

23. April 2023

Noch nie sind die Verkaufszahlen der WPWR so stark zurückgegangen wie im 1. Quartal 2023 im Vergleich zum entsprechenden Zeitraum vor einem Jahr.

Trotz eines geringfügigen Zuwachses beim ePaper war der durchschnittliche Verkauf insgesamt pro Tag um 7,08 Prozent niedriger als im 1. Vierteljahr 2022. Die Zahl der Abonnements sank sogar um 8,31 Prozent auf lediglich noch 20.669 für alle Ausgaben Hagen/Hohenlimburg/Herdecke/Wetter zusammen.

Laut der Erhebung der Informationsgemeinschaft zur Verbreitung von Werbeträgern ging der Einzelverkauf bei sowieso niedrigstem Niveau sogar noch weiter zurück: Um 9,78 Prozent auf durchschnittlich nur 775 Exemplare pro Erscheinungstag.

Nach den schon schlechten Zahlen im 4. Quartal 2022 – damals verlor der Verkauf im Vergleich zum Vorjahreszeitraum 5,8 Prozent, bei den Abonnements betrug der Rückgang 7,2 Prozent – legte der Schwund damit nochmal kräftig zu.

Reul: Keine Jugendbanden in Hagen

17. April 2023

Innenminister widerspricht Presseberichterstattung

Die Enttäuschung muss groß sein in der Redaktionsstube der Hagener Lokalausgabe der Funke-Medien. Hatten die Artikelverfasser der WPWR doch wiederholt insinuiert, in der Stadt terrorisierten „Jugendbanden“ die braven Bürger.

Um mit Unterstützung von allerhöchster Stelle die eigenen „Analysen“ zu unterfüttern, hatte das Blatt sogar den Innenminister des Landes Nordrhein-Westfalen, Herbert Reul (CDU), eingeladen, um sich selbst ein Bild zu machen. Und jetzt das!

In der Antwort auf eine Anfrage der Hagener Landtagsabgeordneten Wolfgang Jörg und Ina Blumenthal (beide SPD) teilte Reul mit: „Der Kreispolizeibehörde Hagen sind indes derzeit keine verfestigten Gruppen junger Täterinnen und Täter bekannt.“

Reul weiter: „Mein Besuch beim PP Hagen (Anm.: PP = Polizeipräsidium) erfolgte vorrangig in Zusammenhang mit den Silvesterereignissen in Altenhagen und der damit verbundenen medialen Berichterstattung sowie der öffentlichen Diskussion darüber.“

Der Innenminister sieht die öffentliche Diskussion demnach als Folge der medialen Berichterstattung an (Beispiel: „Kinder-Banden machen den Bürgern in Altenhagen das Leben zur Hölle„) und dürfte damit nicht ganz falsch liegen. Selbst der Bericht über die Stellungnahme des Innenministers wurde in der Printausgabe der WPWR mit der Headline „Ärger um kriminelle Banden“ überschrieben, obwohl Reul genau deren Existenz als nicht zutreffend bezeichnet hatte. Die Einladung des Presseorgans an ihn erwähnte er konsequenterweise erst gar nicht.

Das muss das Blatt aber nicht jucken. So hatte die örtliche Ausgabe der WPWR schon in der Vergangnheit mehrfach Behauptungen verbreitet, die von kompetenterer Seite deutlich in Abrede gestellt wurden.

Nachdem das Blatt 2021 von Steinwürfen gegen fahrende Linienbusse berichtete hatte, dementierte die Hagener Straßenbahn umgehend. Aber ein Großteil Hagener Politiker ist offenbar in blindem Glauben der hiesigen Presse verbunden, wie die Reaktionen aus dem Rathaus-Umfeld zeigten.

Ähnlich verhielt es sich mit dem Verhalten einiger weniger Durchgeknallter an dem aus den USA importierten „Halloween“ 2022. „Mehr als 200 Jugendliche und zum Teil sogar Kinder haben nach Angaben der Polizei im Bereich Körnerstraße/Badstraße Einkaufswagen umgekippt und offenbar Feuer gelegt“, behauptete die WPWR frechweg.

Die Polizei hatte so etwas allerdings überhaupt nicht gemeldet, es war dem Erfindungsreichtum der Propagandamaschine der Lokalredaktion entsprungen – gedichtet von Redaktionsleiter Stubbe persönlich. Die Polizei hatte lediglich „mehrere Personen“ erwähnt, zu denen sich „Schaulustige“ hinzugesellt hätten.

Stubbe & Co gefallen sich darin, einzelne irregeleitete Mitmenschen als Bedrohung für die Stadtgesellschaft aufzublasen – gerne Personen mit vermutetem oder tatsächlichen Migrationshintergrund. Kapitalverbrechen werden dagegen eher auf kleiner Flamme gekocht.

Ein versuchtes Tötungsdelikt wurde (nur zum Beispiel) lediglich mit einer Meldung bedacht, obwohl sogar ein Messer im Spiel war. Klar: Es waren offenbar keine Roma involviert und der Angriff fand auch nicht in den von der WPWR observierten Stadtteilen Altenhagen und Wehringhausen statt.

Tatort war das noble Fleyerviertel, da will die heimische Postille dann doch besser nichts lostreten. Vorzugsweise hält sie am Mythos der „Jugendbanden“ fest – am liebsten mit „südosteuropäischem“ Hintergrund.

Aus, aus, aus – aus! – Das Spiel ist aus!

16. April 2023

Atomstrom in Deutschland beendet – nicht für die Westfalenpost

Atomkraft Schluss

Als der Radio-Reporter Herbert Zimmermann 1954 die legendären Worte enthusiastisch in sein Mikrofon brüllte, ging es nur um ein Fußballspiel. Ein anderes Spiel nahm da erst Fahrt auf: Der Einstieg der Bundesrepublik in die Atomwirtschaft.

Fast sieben Jahrzehnte später ist diese Ära seit 0 Uhr beendet – die letzten Atomkraftwerke sind endlich vom Netz gegangen.

Auf den letzten Drücker ließen es sich einige Fossilien – darunter Parteiführer aus Bayern und dem Sauerland – nicht nehmen, doch noch einen Versuch zu wagen, den Lauf der Dinge aufzuhalten. Wohl weniger, weil sie ernsthaft glaubten, den Ausstieg verhindern zu können, sondern mehr in der Annahme, fern jeder Logik mit Populismus punkten zu können.

Wenig überraschend spielte dabei auch die Westfalenpost mit, die noch am Ausstiegstag, also am gestrigen Samstag, ihre Leser mit der Schlagzeile zu verängstigen versuchte „Droht jetzt der Strompreis-Hammer?“.

Dabei war der Atomstrom nie wirklich preiswert, sondern wurde mit vielen Subventionen in Deutschland sei den 1950er Jahren mit über 1 Billion Euro unterstützt. Die Technik war nie wirtschaftlich, zeigte 2020 eine Studie, auf die sich u.a. die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages in einer Dokumentation bezogen. Davon war in der heimischen Gazette allerdings nichts zu lesen.

Dafür durfte sich direkt auf der gegenüberliegenden Seite Christian Dürr ausbreiten. Der Vorsitzende der Bundestagsfraktion der (natürlich) FDP plädierte für eine Option, die „Kernkaft weiter zu nutzen“ und warnte vor „spontanen Blackouts“. Die Nutzung der „Kerntechnologie“ (Dürr vermeidet durchgehend den Begriff „Atom“) müsse „auch in Deutschland eine Zukunft haben“.

Wohl um den Mann salonfähig zu machen, versäumte es die Westfalenpost nicht, darauf hinzuweisen, dass Dürr „Fördermitglied des SV Werder Bremen“ ist. Das hat mit dem Thema zwar nichts zu tun, könnte aber für den einen oder anderen Sympathiepunkt sorgen – der Ausruf des Reporters Herbert Zimmermann hätte sich im Sinne der Zeitung als eher kontraproduktiv erwiesen.

Ukraine-Berichte verengen politischen Diskurs

4. März 2023

Deutschland liefert immer mehr Waffen in die Ukraine – befeuert durch eine Berichterstattung, die das als zielführender für eine Beendigung des Krieges darstellt als Verhandlungen. In der Bevölkerung dagegen wächst die Sorge, Panzer würden weniger zur Friedenssicherung als zur Eskalation des Konflikts beitragen und im Lande die soziale Spaltung verschärfen. (…)

Mitte Dezember 2022 veröffentlichten die Medienforscher Marcus Maurer, Jörg Haßler und Pablo Jost die erste empirische Studie zur Ukraineberichterstattung in deutschen Medien. Mittels einer quantitativen Inhaltsanalyse hatten sie rund 4.300 Beiträge untersucht, die von Kriegsbeginn am 24. Februar bis Ende Mai in acht deutschen Leitmedien erschienen.

Mit Ausnahme des „Spiegel“ präsentierten alle – „FAZ“, „Süddeutsche Zeitung“, „Bild“, „Zeit“, ARD-Tagesschau, ZDF-Heute und RTL Aktuell – die militärische Unterstützung der Ukraine, insbesondere durch die Lieferung schwerer Waffen als „deutlich überwiegend sinnvoll und auch als sinnvoller als diplomatische Maßnahmen“. Als Kanzler Scholz mit der Waffenlieferung abwartete, wurde er „als Zauderer kritisiert“.

Diese mediale Diskursverengung setzte sich im Laufe des Jahres fort. (…)

Quelle: Menschen machen Medien (ver.di)

Funke Mediengruppe entlässt Redakteure

28. Februar 2023

Es rumort derzeit wieder bei der Funke Mediengruppe: Sämtliche Wochenblätter in NRW sollen künftig zentral produziert werden und ohne eigene Inhalte – mit etwa der Hälfte an Redakteur*innen. (…)

Funke hat Erfahrung in der Schaffung von „Zombie-Zeitungen“, die zentral in Essen produziert werden und kaum Kosten und Personal verursachen. So haben die Essener bereits vor zehn Jahren die Redaktionen der „Westfälischen Rundschau“ dichtgemacht. Ohne eigene Redaktion erscheint das Blatt bis heute und soll noch ordentlich Erträge abwerfen. (…)

Quelle: Menschen machen Medien (ver.di)

Anmerkung: In Hagen gehört der Stadtanzeiger in diese Kategorie. Die Entscheidung des Funke-Konzern ist bedauerlich für die betroffenen festen und freien Mitarbeiter, aber das redaktionelle Niveau dieses Blattes kann darunter nicht leiden – das tendiert sowieso gegen Null.

Wie sich die Headlines gleichen

31. Januar 2023

Kriegsbegeisterung reicht bis in die Provinz

Nicht nur überregionale Medien rufen nach immer mehr Waffen, auch in den provinziellen Niederungen der Presselandschaft greift der Bellizismus immer mehr um sich. So funktionierte es auch schon im Ersten Weltkrieg.

Die Beispiele aus den Hagener Blättern Westdeutsche Volkszeitung (1914/15) und Westfalenpost (2023) bedürfen  – inklusive der Toni-Sailer-haften Skilehrer-Präsentation eines Söldners – keiner Kommentierung (Screenshots: DW):

Westdeutsche Volkszeitung. Hagen 269 (19.11.1914)

WP 27.01.2023

Westdeutsche Volkszeitung. Hagen 18 (23.1.1915)

WP 28.01.2023

Zur Rolle der Medien siehe auch den Beitrag von Christoph Habermann, von 1999 bis 2004 stellvertretender Chef des Bundespräsidialamts bei Bundespräsident Johannes Rau:

Die Berichterstattung in Deutschland über den Krieg in der Ukraine gerät in eine immer stärkere Schieflage. Man bekommt den Eindruck, dass eine wachsende Zahl von Journalisten und Journalistinnen sich nicht mehr als Berichterstatterinnen und Kommentatoren verstehen sondern als Influencer.

Es geht nicht mehr um das pro und contra zu jedem einzelnen Vorschlag zur Unterstützung der Ukraine und zur Frage, wie das Sterben so schnell wie möglich beendet werden kann. Es geht um Bekenntnisse. Die möglichst laute Forderung nach Panzern – und absehbar auch nach den von der Ukraine geforderten Kampfflugzeugen und Kriegsschiffen bis hin zu einer Flugverbotszone -, ersetzt die nüchterne Auseinandersetzung mit der Frage, was verantwortungsvolles Handeln ein Jahr nach dem russischen Überfall auf die Ukraine bedeutet. Panzer-Politik und Panzer-Journalismus beherrschen die Schlagzeilen der Zeitungen, die Fernseh-Nachrichten und die talk-shows.

Wer nach dem Sinn von Panzer-Lieferungen fragt, wer nach den Zielen fragt, die damit erreicht werden sollen, wer auf Risiken und Gefahren hinweist, die mit der Lieferung von Panzern verbunden sind, der wird in die Ecke gestellt und muss sich vom hohen moralischen Ross herab belehren lassen. Das geht nicht selten bis hin zu persönlichen Angriffen, die beleidigend, ja verleumderisch sind.

Ein besonders übles Beispiel dafür ist, wie der frühere ukrainische Botschafter in Deutschland Andrij Melnyk, heute Vize-Aussenminister der Ukraine, am vergangenen Wochenende Rolf Mützenich, den Fraktionsvorsitzenden der SPD im Bundestag angegriffen hat.

Begründungspflichtig ist nicht mehr die Lieferung von immer mehr Waffen. Wer verantwortlich abwägt, dem werden mangelnde Solidarität mit der Ukraine vorgeworfen.

Quelle: Blog der Republik

Polizei sieht in Silvester-Ereignissen keine Dramatik

30. Januar 2023

Obwohl Polizei und Ordnungsbehörden vier Wochen nach den erschreckenden Silvester-Bildern aus Altenhagen die dortigen Ereignisse als „bei weitem nicht so dramatisch wie dargestellt“, so Polizeisprecher Tino Schäfer, einordnen, regt die Politik in Hagen an, die Sozialarbeit in den Brennpunktquartieren weiter zu intensivieren. (…)

Polizei-Sprecher Schäfer wiederholte, wie auch schon nach den Halloween-Ereignissen in der Badstraße, dass es ureigenste Aufgabe der Polizei sei, bei der Nachbetrachtung der Silvesternacht zu objektivieren, nicht zu verharmlosen. Auch er habe sich beim Blick auf die ersten Videos zunächst „erschrocken“.

Doch nach ausführlicher Sichtung der Bilder aus den Bodycams der Beamten habe sich das Bild relativiert: „Damit wollen wir das Thema nicht kleinreden, auch wir bekommen die Emotionen mit. Wir müssen aber nicht nur auf das gucken, was auf der Straße passiert: Wütender Mob ist vor allem in den sozialen Netzwerken unterwegs“, verwies Schäfer auf die dort „kaum zu ertragende unsachliche Kritik“.

Hier würde die Wahrheit komplett verschoben, warnte er vor einer gefährlichen Entwicklung, die das Vertrauen in die Polizei zerstöre.

Thomas Lichtenberg, Chef des Stadtordnungsdienstes bestätigte die Perspektive der Polizei: „Diese Silvesternacht war nicht außergewöhnlich“, vermutete er auch einige Krawall-Touristen in Altenhagen. Zugleich betonte er, dass die Feuerwehr in der Nacht keinen einzigen Übergriff gemeldet habe und auch die Busse unbehelligt geblieben seien. (…)

Quelle: wp.de (Bezahlschranke)

Siehe dazu auch:

„Schulterzuckender Duldungsliberalismus“
Silvester-Randale: Hagener CDU sieht Verantwortung in Berlin

Rocker gut – Migranten böse
Wie die WPWR als selbsternannte „Stimme der Heimat“ Stimmung macht

Was mit Tieren

28. Januar 2023

Horizontales: Jetzt greift der Chef persönlich zu seinem Stift

Ein Eichhörchen verirrte sich ins Bordell – ob dienstlich oder wie auch immer, konnte der Geselle mit dem buschigen Schwanz nicht erklären. Leider hatte das Tier Pech und fiel in einen Schacht.

Gemessen an der bisherigen Berichterstattung aus der Düppenbeckerstraße wäre dieses Ereignis eigentlich in den Zuständigkeitsbereich des WPWR-Reporters Mike Fiebig gefallen. Aber dieses Mal packte Redaktionsleiter Jens Stubbe selbst seinen Stift aus bzw. griff in die Tastatur.

Mit viel Liebe (sogar zu den baulichen Details des Puffs) wusste Stubbe zu berichten:

„Und doch ist es vielleicht dieser besondere Ort, an dem Damen leben, die ein großes Herz für Tiere haben, dem es dieses Eichhörnchen zu verdanken hat, dass es noch lebt. (…) Und nur weil die Frauen, die dort ihre Liebesdienste anbieten, sich über Tage liebevoll gekümmert haben und schließlich den Tierschutzverein eingeschaltet hatten, konnte der Nager gerettet werden.“

Auch Birgit Ganskow, Vorsitzende des Tierschutzvereins, zeigte sich angetan:

„Im zweiten Geschoss befinden sich die Zimmer, in die sich Frauen und Freier zurückziehen“, so Ganskow. „Die Fenster liegen in rund vier Metern Höhe. Von hier aus haben die Damen das Eichhörnchen mit Trauben und mit Nüssen versorgt.“

„Sie sind sehr tierlieb“, sagt Ganskow, „einige haben selbst kleine Hunde“.

Prostituierte Isabella sowie die Tierschützerinnen Birgit Ganskow und Karin Schwarz machten auf dem Foto zum Bericht nach getaner Arbeit jedenfalls einen erlösten Eindruck.

Na bitte, was mit Tieren geht immer – selbst im Puff.

WPWR: Forcierter Schwund

25. Januar 2023

7,2 Prozent weniger Abos als vor einem Jahr

Die Hagener Ausgabe der WPWR setzt den Niedergang ihrer Auflagenzahlen mit zunehmendem Tempo fort. Im 4. Quartal 2022 verlor der Verkauf nach Angaben der Informationsgemeinschaft zur Verbreitung von Werbeträgern im Vergleich zum Vorjahreszeitraum 5,8 Prozent, bei den Abonnements betrug der Rückgang sogar rekordverdächtige 7,2 Prozent.

Dass sowohl andere Ausgaben der Funke-Gruppe als auch Zeitungen anderer Verlage ebenfalls unter beständigem Schwund leiden, macht die Sache nicht besser. Warum sollte Hagen nicht mal ausnahmsweise mit positivem Beispiel – zum Beispiel mit einer gut gemachten Lokalgazette – vorangehen?

Die gesamte täglich verkaufte Auflage betrug im Mittel nur noch 23.290 Exemplare, wobei die Ausgabe Herdecke/Wetter schon mitgezählt wurde. Die Einzelangabe der Auflagezahlen nur für Hagen wurde bereits 2017 von der Funke-Mediengruppe eingestellt.

In der Volmestadt dürften bei realistischer Einschätzung durchschnittlich nur noch 17 – 18.000 Funke-Zeitungen pro Tag an die Leser gebracht werden. Bei 166.000 Einwohnern, die 15 Jahre und älter sind (Stand: 2021) entfällt damit etwa ein Exemplar auf 10 Hagener. Der weitaus überwiegende Teil der Bevölkerung bekommt also von dem, was das Blatt schreibt, überhaupt nichts mit.

Die Funke-Gruppe behauptet in ihren Medienunterlagen, dass ein Exemplar ihrer Zeitungen von fast 4 Personen gelesen wird. Solche Darstellungen, die in ähnlicher Form auch von anderen Printmedien verbreitet werden – dort ist etwas zurückhaltender von 2,7 Personen die Rede -, halten Medienwissenschaftler für fragwürdig.

Auch etwas anderes spricht dagegen: Der Anteil von Ein-Personen-Haushalten beträgt in Hagen mehr als ein Drittel aller Haushalte, und die Zahl der Friseursalons, Arztpraxen und Cafés, in denen die WPWR ausliegt, dürfte sich in Grenzen halten und statistisch nicht relevant sein.

Das Blatt nimmt in seiner manchmal maßlosen Selbstüberschätzung für sich in Anspruch, das Sprachrohr der Bürger oder alternativ der Stadtgesellschaft zu sein. Dumm nur, dass die Stadtgesellschaft mit Kündigungen abstimmt und sich in immer stärkerem Maße davon verabschiedet, sich von wenigen selbsternannten Meinungsmachern die Denkrichtung vorgeben zu lassen.

Knapp vorbei am Hurenkind

23. Januar 2023

Neues vom horizontalen Journalismus

„Gestern war ich auf dem Weg ins Bordell.
Dienstlich.
Wie auch immer.“
Mike Fiebig

Die Texter im Hagener Pressehaus, eigentlich nur noch Etagen in einem schnöden Bürogebäude, haben so ihre eigenen Vorlieben. Das ist erst einmal nicht zu bekritteln. Leider kommt dabei aber die Aufgabe des Journalismus, der sich selbst gerne als „Vierte Gewalt“ neben Legislative, Exekutive und Jurisdiktion versteht, zunehmend zu kurz.

Kritische Berichterstattung wird immer mehr durch gefällige Beiträge ersetzt, die an Verlautbarungen aus den PR-Abteilungen von Unternehmen erinnern. In der Geschäftsverteilung der „Stadtredaktion“ (früher gab es noch die zwei Redaktionen der Westfälischen Rundschau und der Westfalenpost) lassen sich die Rollen einzelner Schreiber grob zuordnen.

Da gibt es zum Beispiel Hubertus Heuel, den Verfasser liebevoller Geschichten über Rockerbanden, den Freund von Kirche, Privatschulen und (ehemals humanistischen) Gymnasien. Oder Yvonne Hinz, die Protagonistin von Kleiderständern und Fritteusen, die offenbar wesentliche Teile ihres Arbeitsalltags mit Schlendern durch die innerstädtische Fußgängerzone verbringt.

Und dann ist da noch Mike Fiebig. Der hatte sich zwischendurch schon mal als Kulturredakteur versucht, obwohl er von der Materie nach eigenem Eingeständnis keine Ahnung hat („Ich habe keinen Kunstverstand“) und sich selbst als „Einfaltspinsel“ outete.

Auch dieser Knaller war nicht von schlechten Eltern: Im März 2020 suchte Fiebig „jemanden, der nicht schreiben und lesen kann“ oder „jemanden, der sein Kind geschlagen hat“ oder „eine Frau, die sich nicht rasiert“ oder „jemanden mit Blasenschwäche“ oder „einen Mörder/Totschläger“ oder „jemanden, der unter Zwangsstörungen leidet“. Damit sollte das alljährliche Sommerloch gefüllt werden und es fanden sich sogar Teilnehmer, die in dieses mediale Dschungelcamp einziehen wollten.

Aber der Mann hat daneben noch andere Qualitäten. Und die liegen in einer eher horizontalen Berichterstattung. Wenn es dem einschlägigen Gewerbe jemals an Öffentlichkeitsarbeit gemangelt haben sollte – kein Problem: Fiebig liefert.

Erst gerade wieder. Am Samstag mit einer Schilderung der aktuellen Immobilienaktivitäten in der Düppenbeckerstraße. Der Autor setzt damit einen Erzählstrang fort, dem er seit Jahren folgt.

Kleiner Auszug aus seinem bisherigen Œuvre:

Hinter den Kulissen der sündigsten Straße Hagens (22.11.2014)

Tag der offenen Tür im Hagener Bordell lockt viele Frauen (27.08.2018)

Tantra-Lounge in Hagen-Helfe: Die Kunst der Berührung (06.03.2020)

Später fiel dann allerdings ein Schatten auf Fiebigs Massagekünstlerin:

Eklat um Russland-Ukraine-Reise: AfD-Frau aus Hagen dabei (21.09.2022)

Aber ein Meister der roten Laterne wirft seine Flinte nicht so schnell ins Korn:

Rotlichtviertel in Hagen: Im Schlender-Strom der Freier (17.07.2022)

Und aktuell eben die Immobilien-Berichterstattung – dienstlich oder wie auch immer:

Bordell: Umbau und Haus-Verkäufe auf Hagens Rotlichtmeile (20.01.2023)

Kleines Schmankerl am Rande:

Früher wurden Zeitungstexte technisch noch von Schriftsetzern zusammengebaut, und die hatten ihre eigene Sprache. Da gab es beispielsweise das „Hurenkind“. So wurde die letzte Zeile eines Absatzes bezeichnet, wenn sie zugleich die erste einer neuen Seite oder Spalte ist. „Hurenkinder“ galten im Schriftsatz als schwere handwerkliche Fehler. Diese Zeiten sind schon lange vorbei, heute wird noch nicht einmal Korrektur gelesen.

Solch ein „Hurenkind“ taucht ironischerweise (fast) in der Printversion von Fiebigs jüngstem Puffartikel auf (s. Abb.). Genaugenommen sind es eine Zeile und ein Wort, die aber auch nicht optimal umbrochen sind und die Sache somit nicht viel besser machen.

Immerhin, wenigstens beim Druckerzeugnis kann man mit ganz viel Wohlwollen sagen: Es ging noch einmal so gerade knapp vorbei am „Hurenkind“.

Bordell

Rückblende: Besuch aus der Ostzone

22. Januar 2023

Vor 50 Jahren startete die Fernsehserie „Ein Herz und eine Seele“

„Ein Herz und eine Seele“ war eine deutsche Fernsehserie nach einer Idee von Wolfgang Menge, die von 1973 bis 1976 in zwei Staffeln vom WDR produziert wurde. Die erste Folge wurde am 15. Januar 1973 ausgestrahlt.

Im Mittelpunkt steht das Leben der kleinbürgerlichen westdeutschen Familie Tetzlaff, deren ebenso cholerisches wie reaktionäres Oberhaupt „Ekel“ Alfred vom Schauspieler Heinz Schubert verkörpert wurde. 1951 holte ihn Bertolt Brecht an sein Berliner Ensemble, bei dem Schubert bis zum Bau der Berliner Mauer 1961 blieb.

Alfred Tetzlaff stellt die Hauptfigur dar und ist ein reaktionärer Spießer. Sein chauvinistisches Auftreten, seine abfälligen Äußerungen über die SPD-Regierung, seinen Schwiegersohn, Ausländer, Gastarbeiter, Juden und vieles mehr zielen dabei auf die zeitgenössischen kleinbürgerlichen Stammtischpolitiker.

Die Serie erreichte hohe Popularität, einzelne Folgen werden bis heute regelmäßig wiederholt. Während die Zuschauer vor 50 Jahren die dargestellten Charaktere noch problemlos verstanden, darf das heute anscheinend nicht mehr so ohne Weiteres vorausgesetzt werden. Um identitätspolitisch orientierte Sensibelchen (m/w/d) nicht unvorbereitet zu schockieren, wurde dem Youtube-Video eine Triggerwarnung vorgeschaltet.

Ex-Kulturredakteur Hubertus Heiser verstorben

20. Januar 2023

Als Redakteur der WESTFALENPOST im Kultur-Ressort prägt er über Jahrzehnte die Berichterstattung: Jetzt ist Hubertus Heiser verstorben. (…)

Über 27 Jahre lang bewegte er sich zwischen Stadttheater, Museen, Bibliotheken, Kulturzentren, Stadthalle sowie Kunst-Galerien und genoss aufgrund seiner hohen Fachlichkeit allerorten Anerkennung. Seiner Initiative ist es im Wesentlichen zu verdanken, dass die Kreativen der Stadt unter dem Dach der Hagener Künstlergilde zueinanderfanden, die Heiser sowohl als Vorsitzender und später als Ehrenvorsitzender repräsentierte. (…)

Quelle: wp.de

Anmerkung: Über Tote soll man ja bekanntlich nichts Schlechtes sagen. Dieser Nachruf trägt allerdings reichlich dick auf. War es nicht vielmehr so, dass mit dem Wirken Heisers der Niedergang der Kulturberichterstattung der Westfalenpost seinen Anfang nahm? Nicht „die Kreativen der Stadt“ fanden auf Initiative Heisers zusammen – der Hagenring wurde bereits 1924 gegründet -, mit der Künstergilde schuf sich der Redakteur ein eigenes Universum, in dem er hobbymalende Hausfrauen um sich scharte. Heiser war auch wesentlich daran beteiligt, im Kulturzentrum Hasper Hammer einen vorbestraften Hochstapler und Betrüger zu instalieren.

Fernsehtipp: Unter Nazis

17. Januar 2023

„Bonn. Alte Freunde, neue Feinde“ in der ARD

Ab heute Di., 17.01.23, 20:15 Uhr, Das Erste

Bundesrepublik 1954: Die sechsteilige ARD-Serie „Bonn. Alte Freunde, neue Feinde“ ist zwar eine Schmonzette, erzählt aber in exzellenter Besetzung auch von einem abgedrängten Stück Nachkriegsgeschichte. (…)

Regisseurin Claudia Garde, die (mit Martin Rehbock und Peter Furrer) auch das Drehbuch schrieb, konzentriert sich auf das Jahr 1954, mit guten Gründen. Der Hauptkonflikt spielt sich zwischen Otto John, dem Chef des nagelneuen Verfassungsschutzes, und Reinhard Gehlen ab, dem Chef der „Organisation Gehlen“, des späteren Bundesnachrichtendienstes. Eine exemplarische Konfrontation: der linksintellektuelle John, nach seiner Beteiligung an der Vorbereitung des Attentats vom 20. Juli 1944 ins englische Exil entkommen, setzt als Heimkehrer auf Entnazifizierung, Aufklärung, Demokratisierung. Zum Behördenleiter wird er nicht zuletzt, weil die Auswahl an unverdächtigen Deutschen klein ist. (…)

Sein Widersacher ist das Paradebeispiel des ans rettende Ufer gelangten strammen Nationalsozialisten, Gehlen ist der Leiter der Abteilung „Fremde Heere Ost“ gewesen und weiterhin bestens vernetzt und in Geheimhaltungs- sowie Spionageangelegenheiten ein Profi. Martin Wuttke spielt ihn – mit der offenbar typischen Sonnenbrille – als genießerischen Schurken und maximalen Geheimniskrämer. (…)

Quelle: Frankfurter Rundschau

Vor zehn Jahren starb die „Rundschau“

17. Januar 2023

Beängstigend rasende Zeit: Zehn Jahre soll das schon wieder her sein, dass am 15. Januar 2013 die damalige WAZ-Gruppe (heute Funke-Mediengruppe) das faktische „Aus“ für die Westfälische Rundschau (WR) verkündet hat? (…)

Bis dahin hatte die Rundschau auch mit den anderen Zeitungen der WAZ-Gruppe (Westfalenpost, Westdeutsche Allgemeine Zeitung) einigermaßen heftig im Wettbewerb gestanden. Seit der WR-Schließung war jedoch häufig dieser Effekt zu beobachten: Fehlt ernsthafte Konkurrenz, so verloddern mitunter die journalistischen Sitten. Man hat’s ja nicht mehr nötig. (…)

Quelle: RevierPassagen

Rocker gut – Migranten böse

8. Januar 2023

Wie die WPWR als selbsternannte „Stimme der Heimat“ Stimmung macht

Supporters_LOSC_vs_PSV_EindhovenSeit Jahrzehnten zählt Hooligan-Randale zur „Fußball-Kultur“. Symbolbild: Liondartois, CC BY-SA 3.0.

An Spieltagen des milliardenschweren Fußball-Business mit der Bahn zu fahren, ist nicht unbedingt ein freudiges Ereignis. Um die Banden sogenannter „Fans“ wenigstens halbwegs in Schach zu halten, wird ein immenser Aufwand betrieben. Nicht nur in den Zügen und der Nähe der Arenen, sondern auch weiter entfernt.

Regelmäßig sind auch am Hagener Hauptbahnhof vor und nach Bundesligaspielen Polizeitruppen in voller Kampfmontur zu beobachten, um im Bedarfsfall der Szene Einhalt zu gebieten. Und um das Milliardengeschäft Fußball zu sichern – auf Kosten der Steuerzahler.

Hat die WPWR diese Zustände jemals problematisiert? Eher nicht.

Eine Rockerbande marschiert offenbar unangemeldet mit 200 Mann durch Wehringhausen, um ihren Gebietsanspruch zu verdeutlichen. „Das ist ein Zeichen an alle, dass Hagen unsere Hauptstadt ist“, so der Anführer gegenüber der WPWR.

Kritik von Seiten des Blattes angesichts dieser Machtdemonstration? Keine.

Im Gegenteil. So erstarrte Redakteur Hubertus Heuel in einem sehr ausführlichen Bericht geradezu vor Ehrfurcht: „Die Freeway Riders sind die Hagener Rocker. Männer wie Bäume, mit breitem Kreuz, ausladendem Brustkorb und muskelbepackten Armen. Männer wie Schränke.“

Später gab es dann Schießereien auf offener Straße im Rockermilieu, in dichtbebauten Wohngebieten. Die wurden von der WPWR als simple Strafsachen abgehandelt, ohne großartig auf die Gefahrenlage für die Hagener Bevölkerung hinzuweisen.

Wochenende für Wochenende müssen die Anwohner im Umfeld des Elbers-Geländes die Exzesse von Besuchern der dort ansässigen Disko ertragen. Ein Kriminalitätsschwerpunkt mit Schlägereien, Messerattacken und lautstarkem Gegröle.

Was macht das Blatt? Liefert am laufenden Band PR-artige Artikel zu Gunsten des (inzwischen ehemaligen) Betreibers dieses Etablissements.

Grundsätzlich anders erscheint die Gemütslage der Redaktionsstube (das ehemalige Pressehaus ist zum Großteil fremdvermietet), sobald es nur einen Anhaltspunkt gibt, Migranten in Haftung zu nehmen. Dass hier Rassismus im Spiel sein könnte, ist nur schwerlich von der Hand zu weisen.

Jüngstes Beispiel ist die Berichterstattung (soll man diese Elaborate wirklich so nennen?) zu den Altenhagener Exzessen in der Neujahrsnacht. Dort hatten, so die übereinstimmenden Meldungen von Polizei und Medien, etwa 20 Jugendliche mit Feuerwerk teilweise gezielt auf Polizeibeamte und andere Menschen geschossen und Mülltonnen und Sperrmüll in Brand gesetzt.

Für die WPWR ein willkommener Anlass, ihre ins Stocken geratene Kampagne gegen Migranten und EU-Zuwanderer neu zu befeuern. Immer im Versuch, mit Sensationsmeldungen die dem Abgrund entgegen strebenden Auflagenzahlen irgendwie zu stabilisieren.

Die andauernde pauschale Diskreditierung von Zuwanderern aus Rumänien und Bulgarien trägt bereits Früchte, wie in einem Leserbrief an die WPWR zu erkennen ist. Dort wusste ein Klaus Weimer, dass es sich bei den Tätern um „Jugendliche, oft osteuropäischer Herkunft“ handelt.

Die Hagener Polizei erklärte dagegen auf Anfrage der WPWR, dass es sich bei den Silvester in Altenhagen in Gewahrsam genommenen Personen um „Deutsche mit Migrationshintergrund (deutsch-türkisch bzw. deutsch-tunesisch)“ handele. Die mediale Propaganda war also auf fruchtbaren Boden gefallen.

Gegen solches Geschreibsel hilft nur faktenbasierte Aufklärung. Mehr als 74 Prozent der 6.105 Bürger im statistischen Bezirk  Eckesey-Süd, dazu gehört überraschenderweise auch die Alleestraße in Altenhagen, haben einen Migrationshintergrund oder sind Ausländer. Das sind 4.536 Personen (Quelle: Hagener Bevölkerungsatlas, Stand: 31.12.2021). Davon sind bei den Silvesterkrawallen gerade einmal 20 in Erscheinung getreten. Kein Grund also, pauschal das große Geschütz gegen „jugendliche Migranten“ aufzufahren.

Selbst die Zuordnung „jugendlich“ trifft nicht in ihrer Absolutheit zu, wie folgendes Bild zeigt:

Screenshot 2023-01-07 at 22-26-36 Lokalzeit aus Dortmund 02.01.2023 ARD MediathekAugenscheinlich kein Jugendlicher mit Waffe in der Alleestraße. Screenshot: WDR

Ob sich der bewaffnete Mann inzwischen im Fokus der Polizei befindet, ist nicht bekannt.

Der Hagener Oberbürgermeister Schulz hat sich bisher sachlich zu den Vorgängen in der Silversternacht geäußert. Der WPWR sagte er: „Mir ist aktuell nicht bekannt, welche Herkunft jene offensichtlich rund 20 Personen haben, die für die Ausschreitungen in der Alleestraße verantwortlich sein sollen.“

Wohl um sich bei der heimischen Presse nicht weiter unbeliebt zu machen, fügte er hinzu; „Aber unabhängig von diesen verabscheuungswürdigen Ereignissen in unserer Stadt bleibt nach den bundesweiten Medienberichten der letzten Tage festzuhalten, dass ein nicht geringer Teil der Täter augenscheinlich über einen Migrationshintergrund verfügt.“

Ein Kriterium, das im Vergleich mit anderen kriminellen Erscheinungen in dieser Stadt nicht inbedingt an erster Stelle stehen dürfte.

(Anm.: In einer früheren Version dieses Beitrags war die Allestraße dem statistischen Bezirk Altenhagen-Süd zugewiesen worden. Tatsächlich wird diese Straße in Altenhagen von den städtischen Statistikern aber Eckesey zugeschlagen. Für die Bewertung der Presseberichterstattung ist diese Zuordnung allerdings irrelevant.)

Greatest Hits 2022

1. Januar 2023

Die Top 20 der beliebtesten DW-Beiträge im Jahr 2022

  1. Johannes-Hospital wird geschlossen
  2. Was Bürger nicht wissen dürfen
    Bilanz der Wirtschaftförderung wird unter Verschluss gehalten
  3. „Ein Tsunami des Schreckens“
    WPWR-Redakteur Martin Weiske kritisiert (indirekt) die eigene Redaktion
  4. René Röspel: Die Waffen müssen schweigen!
    Nachfolger Schisanowski, Seeheimer und politischer Ziehsohn Dietmar Thiesers, ist derweil auf Sommerfesten unterwegs
  5. Dankeschön-Prämie für den Schwimmverein
    20.000 Euro extra für Unterstützung von OB und Ratsmehrheit?
  6. Obrigkeit verordnet Maulkorb
    Schülerin kritisiert laschen Umgang mit Corona an Schulen –
    Das geht ja gar nicht!
  7. Ein Häuschen weiter
    HEB-Geschäftsführer wechselt nach Paderborn
  8. Wärmestube Wirtschaftsförderung
    Millionen fließen rein – so gut wie nichts kommt raus
  9. Dauerwerbesendung „Mike Henning“
    Trotz Disko mit Randale-Umfeld und Corona-Testzentren ohne Kontrolle – WPWR bietet Henning fern jeder Kritik eine permanente Plattform. Jetzt betritt das Strandhaus Hengstey die Bühne
  10. Neue Baugrundstücke in Emst und Eppenhausen
    (War auch schon 2020 und 2021 auf der Liste)
  11. Die Nullnummer
    Keine CO2-Ersparnis durch Tretroller – System soll trotzdem ausgeweitet werden
  12. Zeitungsenten und Amnesiepolitiker
    Hohenhof: Rekonstruktion der historischen Gartenanlagen wird zum Skandalon verklärt
  13. „Karriereorientierter Jungpolitiker“
    Schisanowski-Interview: Allianz des Grauens schlägt zurück
  14. Neue Bahnlinie fährt an Hagen vorbei
    Stadtrat: RE 34 soll auch in Hohenlimburg halten
  15. Tunnel durch die Stadt wird geprüft
  16. Maulkorbaffäre erreicht neuen Höhepunkt
    Schulleiter des Albrecht-Dürer-Gymnasiums schwärzt Kollegin bei der Polizei an
  17. Steinchen vor die Fenster
    WPWR macht gegen Kinder mobil – dabei geht es auch anders
  18. I frrrroi mi!
    von Christoph Rösner
  19. SPD: Die Stadt verkommt
    Oberbürgermeister bleibt auf Tauchstation
  20. Ausflug ins Phantasialand
    Wirtschaftsförderung träumt vom „Hagen Valley“

Hinter der Schranke

30. November 2022

WPWR: Jetzt soll auch schon für Pressemitteilungen bezahlt werden

Die Medien der Funke-Gruppe müssen arg mit dem Rücken an der Wand stehen. Anders ist es nicht zu verstehen, dass neuerdings auch schon Pressemitteilungen, die z.B. vom Hagener Einheitsblatt WPWR wiedergegeben werden, hinter einer Bezahlschranke verborgen werden.

So bei einem Bericht zur Strom- und Gaspreiserhöhung des heimischen Energieversorgers Mark-E. Der Text ist fast ausschließlich einer Mitteilung der Mark-E entnommen, ein eigenständiger Beitrag oder kritische Anmerkungen der Redaktion fehlen (Screenshot: DW).

Screenshot 2022-11-29 at 03-33-51 Hagen Es wird teurer – Mark-E erhöht Strom- und Gaspreise

Pressemitteilungen sind natürlich dazu gedacht, ihren Weg in die Öffentlichkeit zu finden. Dass die WPWR allerdings den Eindruck erweckt, der Artikel sei auf ihrem eigenen Mist gewachsen, indem sie ihn hinter der Bezahlschranke versteckt, ist schon dreist.

Das Funke-Blatt will sich auf diese Weise für eine Leistung bezahlen lassen, die es selbst bzw. seine Schreibstube, gar nicht erbracht hat. Und es handelt sich nicht um einen Einzelfall, Leser hinter die Bezahlschranke zu locken.

Einen anderen Trick, diesmal aus Meschede, beschreibt zoom – das sauerland und mehr („Westfalenpost: Große Klappe, nichts dahinter„). Demnach verspricht das Funke-Blatt hinter einer aufgebauschten Überschrift: „Das sind die Gründe:“

„Die Gründe“ werden allerdings nicht geliefert. Die Formulierung entpuppt sich nur als Lockstoff, mit dem Leser in den Bezahlbereich gelockt werden sollen.

„Ein Tsunami des Schreckens“

12. November 2022

WPWR-Redakteur Martin Weiske kritisiert (indirekt) die eigene Redaktion

„Nachdem die Szenen an Halloween in der Hagener City in den Sozialen Netzwerken sich wie ein Tsunami des Schreckens verbreitet haben, fühlte sich sogar der Rat bemüßigt, einen Blick auf die Ereignisse zu werfen“, schreibt der stellvertretende Leiter der Hagener Lokalredaktion der WPWR in der heutigen Samstagsausgabe des Blattes und geht nebenbei indirekt auch mit der Berichterstattung seiner Kollegen ins Gericht.

Vordergründig spielt Weiske auf die sogenannten „sozialen“ Medien an, auf denen sich in der Realität massenhaft Asoziale austoben. Aber es ist nicht zu übersehen, dass er auch seine Kollegen ins Visier genommen hat. Der „Tsunami des Schreckens“ ist auch ein Machwerk des hiesigen Pressehauses.

So stellt Weiske infrage, ob „die verwackelten Handy-Filmchen tatsächlich eine Realität“ widerspiegeln. Solch ein Filmchen (auf dem fast nichts zu sehen ist) hatte auch das Heimatblatt online veröffentlicht. In der Ratssitzung am Donnerstag hat die Polizei das Video als „irreführend“ bezeichnet.

Dass es sich nach Angaben der Polizei um „vermutlich“ fünf Straftäter handelt, wie Weiske jetzt schreibt, war ebenfalls nicht der Tenor der „Berichterstattung“ des Heimatblattes. Redaktionsleiter Jens Stubbe titelte großmäulig: „Ausschreitungen in der Innenstadt“ und behauptete wahrheitswidrig: „Mehr als 200 Jugendliche und zum Teil sogar Kinder haben nach Angaben der Polizei im Bereich Körnerstraße/Badstraße Einkaufswagen umgekippt und offenbar Feuer gelegt.“

Das mediale Feuer war damit jedenfalls auch von der WPWR gelegt und wurde weiter angefacht. Schreiber Mike Fiebig, der sich in anderen Zusammenhängen schon mehrfach selbst für ahnungslos erklärt hat, wusste sogleich: „Gewalt in Hagen erreicht nächste Eskalationsstufe. Und immer mehr schockierende Details kommen ans Licht.“

Und seine Kollegin Laura Handke versuchte noch mit einem „Tumult“ zu toppen und die Zahlen zu erhöhen: „Rund 250 Jugendliche hatten sich in der Innenstadt versammelt und dort besonders mit einigen Aktionen für Fassungslosigkeit in der Stadtgesellschaft gesorgt.“

Der stellvertretende Redaktionsleiter Weiske hält sich dagegen lieber an die Angaben der Polizei, die, so Weiske, versuche, „zu objektivieren, nicht zu relativieren: Es gab keine hohe kriminelle Energie, aber die üblichen Beleidigungen und Respektlosigkeiten. Nach 45 Minuten war der Spuk vorbei und der Platz geräumt. Die Statistik beweise nicht, dass es in Hagen immer schlimmer werde.“

Handy-Videos (wie von der WPWR veröffentlicht) zeigten lediglich Schlaglichter, aber keine umfassende Realität, kritisiert Weiske: „Es gab weder marodierende Banden noch Straßenbarrikaden, wie im Netz kolportiert.“ Dass sein eigenes Blatt von solchen Kolportagen zumindes nicht weit entfernt war, erwähnt Weiske natürlich nicht. Wer will sich schon selbst ans eigene Bein pinkeln?

„Ohne die unendlichen Weiten der Online-Kanäle wäre der Abend des 31. Oktobers vermutlich niemals zum Stadtgespräch geworden“, resümiert Weiske. Was er nicht explizit erwähnt, aber offenbar mitdachte: Sein eigenes Blatt ist dort ebenfalls fleißig unterwegs gewesen. Die WPWR hat also kräftig mitgeholfen und dem „Tsunami des Schreckens“ Vorschub geleistet.

WPWR-Verkauf weiter auf Talfahrt

24. Oktober 2022

Wie soll es mit dem Lokaljournalismus noch weitergehen?

Die Informationsgemeinschaft zur Verbreitung von Werbeträgern (ivw) ermittelt seit Jahrzehnten die Auflagen von Zeitungen und Zeitschriften. Unser Hagener Heimatblatt kennt seit langem nur eine Richtung: abwärts.

Auch im abgelaufenen Quartal hat die WPWR laut ivw gegenüber dem entsprechenden Vorjahreszeitraum wieder 4,5 Prozent eingebüßt, bezogen auf den durchschnittlichen Verkauf. Die Abonnements waren sogar um 5,6 Prozent rückläufig.

Die Druckauflage beträgt nur noch 21.952 Exemplare pro Erscheinungstag, und da sind Herdecke und Wetter schon miteingerechnet. Eine separate Ausweisung nur für Hagen gibt es schon seit 2017 nicht mehr, wahrscheinlich weil die Zahlen dann noch schlechter aussähen.

Bei einer Einwohnerzahl von etwa 240.000 Personen in allen drei Städten zusammen wird also nur noch eine kleine Minderheit überhaupt erreicht. Das hat natürlich Folgen: Viele Menschen wissen nicht mehr, was in ihrer Stadt an jenen Schaltstellen passiert, die gerne auf ihre demokratische Legitimation verweisen.

Es darf also nicht verwundern, dass die Beteiligung an den Kommunalwahlen seit Jahren rückläufig ist und 2020 in Hagen nur noch 42 Prozent der Wahlberechtigten ihre Stimme abgaben. Mit einer „demokratischen Legitimation“ der Gewählten – Oberbürgermeister, Ratsmitglieder und Bezirksvertreter – ist es also nicht mehr allzuweit her.

Das lässt sich zwar nicht pauschal der Berichterstattung des heimischen Monopolblatts in die Schuhe schieben, aber sie hat ihren Anteil daran.

Um die Auflage zu stabilisieren, versucht es die WPWR mit vermehrtem Einsatz von Boulevardthemen: Berichte über den aktuellen Zustand von Shopping-Gelegenheiten, Kneipenwirten, Blaulichtmeldungen und – als lebten wir noch in Zeiten der Monarchie – regelmäßigen Ansagen über die Befindlichkeiten des Hohenlimburger „Fürstenhauses“.

Die Redaktion glaubt offenbar, auf diese Weise mithalten zu können. Erkennbar ein Irrtum, die Auflage sinkt trotzdem. Krawallinteresierte beispielsweise brauchen nur ein Smartphone – aber keine Lokalzeitung.

Wo liegen also die Probleme, die ja nicht nur Hagen betreffen?

Dazu Ralf Heimann auf dem MDR-Blog „Altpapier“:

Der Publizist Henryk Balkow hat mit Torben Heine für Meedia über die Krise im Lokalen gesprochen. Eine zentrale Aussage steht in der Überschrift: „Es ist nicht allein das böse Internet.“ (…)

„Wo sollen die Leute eigentlich herkommen, die Lokaljournalismus machen? Die wirklich guten Leute, die sogenannten ‚High Potentials‘, gehen alle in die Großstädte, wo sie studieren, dort gute Jobs kriegen und dann bleibt auf dem Land der traurige Rest übrig.“ (…)

Wäre es nicht vielleicht ratsam, etwas Kontraintuitives zu machen und die Qualität zu steigern?

Das würde allerdings voraussetzen, dass Lokalmedien sich entscheiden, unter dem Strich tatsächlich weniger zu produzieren. Blättert man Lokalausgaben durch, erscheint dieser Schritt in vielen Fällen naheliegend. Für viele Zeitungen wäre es schon eine Qualitätsoffensive, wenn sie ein paar Seiten einfach weglassen würden. (…)

Für Magazine wie den „Spiegel“ oder „Zeit“ kann es zu einem wirtschaftlichen Risiko werden, ein gewisses Maß an Aufwand nicht zu betreiben, also ein bestimmtes Qualitätsniveau zu unterschreiten. Würde der „Spiegel“ einfach eine Pressemitteilung abdrucken, um eine Seite zu füllen, könnte das viele Abos kosten.

Die Lokalzeitung kann sich das erlauben, die Erwartungen schweben in Knöchelhöhe. (…)

Man könnte auch die Frage stellen, ob das alles mit einem etwas verrutschten Selbstverständnis im Lokaljournalismus zu tun hat. Wer in der Kantine arbeitet und die Unzufriedenheit mit sich herumschleppt, mittelmäßiges Essen am Fließband herstellen zu müssen, der kann natürlich darauf warten, dass die Bedingungen sich ändern. Besser wäre es vermutlich, die eigene Rolle zu überdenken. (…)

Quelle: Altpapier (MDR)

Dauerwerbesendung „Mike Henning“

21. September 2022

Trotz Disko mit Randale-Umfeld und Corona-Testzentren ohne Kontrolle – WPWR bietet Henning fern jeder Kritik eine permanente Plattform. Jetzt betritt das Strandhaus Hengstey die Bühne

„Sein Name ist immerhin in dieser Zeitung schon hundertfach erwähnt worden“, schreibt WPWR-Autor Mike Fiebig in entwaffnender Offenheit in seiner Kolumne „Guten Morgen Hagen“ am vergangenen Montag. Der Name des Herrn ist in diesem Fall Mike Henning, und der ist in der Tat in einer Art Dauerwerbesendung in der heimischen Gazette präsent. Am Montag gleich zweimal.

Im vergangenen März habe Henning die Großraumdiskothek „Capitol“ verkauft, berichtet Fiebig. Jenes Etablissement, das neben redaktionell kaschierter Werbung seit Jahren vor allem seinen Niederschlag in zahlreichen Polizeimeldungen findet, die von diverser Randale in seinem Umfeld zu berichten wissen.

Anerkennend lobt der WPWR-Schreiber, Henning habe in der Pandemie zu den Ersten gehört, die für breite Schichten an Leuten Bürgertests anbieten konnten, „weil er nach einem halben Jahr versucht hat, seine Disko-Kunden getestet in den Betrieb zu bringen“.

Dass diese Versuche auch schon mal an der geltenden Rechtslage vorbei jongliert wurden – geschenkt! Sie waren ja von ganz oben gedeckt. Eine „Testparty“ mit 200 Teilnehmern hatte das Hagener Ordnungsamt genehmigt, obwohl die Corona-Schutzverordnung zum damaligen Zeitpunkt selbst Ausnahmen untersagt hatte.

Der Veranstalter schien sehr genau gewusst zu haben, wohin er seine Genugtuung über diesen Coup addressieren musste: „Ein Dank an unseren Oberbürgermeister Erik O Schulz und sein Team für die Unterstützung bei der Umsetzung!“, ließ er seine Fakebook-Freunde wissen.

Mit Testzentren in unterschiedlichen Städten habe sich der Geschäftsmann einen finanziellen Handlungsspielraum erarbeitet, berichtet Fiebig weiter. Den haben sich wohl so einige „Geschäftsmänner“ (und „-frauen“) „erarbeitet“, nachdem Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) den Boden für ein neues Geschäftsfeld bereitet hatte. Testzentren mussten noch nicht mal nachweisen, dass sie überhaupt Antigentests eingekauft hatten.

Auf Nachfragen aus der Hagener Politik wartete man wie gewohnt vergebens. Es läuft ja alles wie geschmiert. Auch zur Verpachtung des Hensteyer Strandhauses an Henning sind keine Einzelheiten bekannt. Gab es vielleicht auch andere Interessenten? Wenn ja, nach welchen Kriterien wurde die Vergabe entschieden?

Einen kleinen Hinweis dazu gibt (wohl unbeabsichtigt) der WPWR-Kolumnist, der den „Macher“ Henning fragte: Warum Hagen? Die vielsagende Antwort: „Weil ich gemerkt habe, dass ich hier Möglichkeiten habe und weil man hier sofort netzwerken kann.“

Darunter kann man sich jetzt einiges vorstellen.

Beobachtung in der Parallelwelt Bodelschwinghplatz

28. August 2022

Es ist eine persönliche Beobachtung. Und ich möchte betonen, dass meine Achtung und mein Respekt vor den vielen rumänischen Familien, die sich im unteren Wehringhausen niedergelassen haben, groß ist. Seine Heimat zu verlassen und in einer fremden Kultur, einem fremden Wertesystem anzukommen und weiterzuleben, ist etwas, was ich bislang nicht erleben musste. (…)

Der für über 1,2 Millionen Euro sanierte Platz, das Häuserensemble drumherum und die ganze mittlerweile vom Verkehr abgeklemmte Wehringhauser Straße ist für mich Sinnbild fehlender Steuerungspolitik auf dem Hagener Wohnungsmarkt und dazu jahrelanger Blindheit der Verwaltungsoberen. Was man hier leider beobachten kann, ist Ghettoisierung im Sinne ihrer Definition. Eine ganz bestimmte Bevölkerungsgruppe lebt abgesondert und isoliert vom Rest der Stadtgesellschaft in einem kleinen Bereich, in dem Mieten schwindelig niedrig und die Augen der Vermieter Hunderte Kilometer weit weg sind. (…)

„Als Rumäne kriegst du nirgends eine Wohnung. Auch nicht bei den großen Wohnungsvereinen.“ Ja, das ist die Kehrseite. Ignorante Abzock-Vermieter einerseits, aber auch ein heimischer Wohnungsmarkt, der Zutritt für diese Personengruppen nicht will. (…)

An die wirkliche strukturelle Arbeit müssen Politik, Verwaltung und Streetworker. Die Sommertour des OB müsste hier halten, nicht auf dem Wilhelmsplatz. (…)

Quelle: wp.de (Bezahlschranke)

Anmerkung: Ganz neue Töne aus dem Pressehaus.