von Christoph Rösner
Ja, es ist ganz wunderbar, dass der 3-Türme-Weg seine offizielle Wanderzulassung – sprich: Wandersiegel des Deutschen Wanderinstituts e.V. – erhalten hat.
Wunderbar ist ganz sicher, dass der 3-Türme-Weg der einzige Premium-Wanderweg in NRW ist und auch bleibt.
Noch besser wäre es gewesen, hätte man die Pflege und Erhaltung ausschließlich jenen überlassen, die sich seit Jahr und Tag damit auskennen: dem Sauerländischen Gebirgsverein – SGV – nämlich.
Aber nein, die HagenAgentur muss da jetzt auch noch drin rumfrickeln, weil sonst ja nicht viel „premium“ ist in Hagen und diese überflüssigste aller städtischen Firmen in der Regel mit „premium“ auch nicht wirklich in Verbindung gebracht werden darf.
Wer schon in seiner Jugend an der Hand seiner Eltern an den drei Türmen vorbei gezerrt wurde – damals noch OHNE! Tim Turmi – wird, so er dieser traumatischen Erfahrung konfrontationstherapeutisch etwas entgegen setzen will, diesen Weg heute erneut bezwingen und sich wundern, wie wenig sich verändert hat.
Heute heißt es eben ´Premiumwandern´ und nicht einfach im Wald spazieren gehen. Die Wildschweine von damals sind tot oder zu Gulasch verarbeitet, und geschnitzte „Kunst“ gab es damals auch noch nicht – wir sollten uns dringend mal über Kunst unterhalten, aber das später – und sonst? Wir hatten immer ein Messer dabei und haben dort geschnitzt, wo wir glaubten, uns verewigen zu müssen. Heute ein Schnitzmesser an der Kette – wenn das kein Symbol für unsere kaputte Zeit ist! –
Dass Kirsten Fischer – Prokuristin und Projektmanagerin der HagenAgentur ganz, ganz stolz ist, glauben wir ihr gerne, hat sie doch bis heute noch nicht wirklich was Ordentliches auf die Reihe bekommen. Doch so ein Premium-Wanderweg ist halt ein Marketing-Kracher, und Frau Fischer aus Lüdenscheid bringt jetzt Hagen marketingmäßig ganz weit nach vorne.
Gut, niemand weiß genau, woher die Kohle eigentlich kommt, mit der sie, ihre Mitstreiter und all die tollen Dinge wie Parkscheiben, Ferngläser und Wanderstempel bezahlt werden.
Die Sponsorenliste auf der nagelneuen Website https://3tuermeweg.de liest sich wie das Who is Who der heimischen Wirtschaft, und wir wollen doch nicht annehmen, dass die Firmen knauserig waren.
Eine Zwischenfrage zum Deutschen Wanderinstitut e.V.: ist dieser Verein eigentlich bestechend dämlich oder einfach nur bestechlich…? Man wird ja wohl noch fragen dürfen …
Immerhin, ein Original-Fallhammer vom Anfang des 19. Jahrhunderts als Leihgabe des Freilichtmuseums schenkt den „Kulturinteressierten nun Zeit für ein paar coole Fotos dieses Zeitzeugen eisengewerblicher Tätigkeit in der Region.“
Na, wenn das nichts ist? Aber es kommt noch besser. Lassen wir den einzigartigen Marketing-Poeten ihren freien Lauf und erfreuen uns an dieser Form der Premium-Vermarktung mit Fallbeilcharakter.
Ein Fallhammer schenkt uns also Zeit … und weiter: „Das gibt es nur im Ruhrgebiet. Mitten im wunderschönen Wald stoßen die Wanderer auf eine einzigartige Aussichtsplattform, die einer Industriebatterie nachempfunden wurde. Diese coole Inszenierung gewährt einen grandiosen Ausblick auf das Firmengebäude des alteingesessenen Hagener Unternehmens Hawker. Die Wanderer genießen den Ausblick durch das installierte Guckloch und nehmen sich Zeit, ihren Akku wieder voll aufzuladen. Und dann geht das muntere Wandern auf dem 3 Türme-WEG auch schon weiter.“
Das gibt es tatsächlich nur in Hagen. Einen grandiosen Blick aus einer Industriebatterie auf eine Batteriefirma. Klasse!
Akku aufladen ging bei uns damals irgendwie anders.
Heute ist aber auch alles so cool hier im Hagener Wald!
Coole Inszenierung, coole Fotos, coole Batterien, cooler Fallhammer – klassisch coole Ingredienzien für einen ganz coolen Waldspaziergang eben – sollte uns da etwas entgangen sein? Ist das wirklich alles ganz cool in Hagen, nur wir uncoolen Nörgler merken mal wieder nix und nässen uns ein, wenn da ein „Erlebnisort Kiosk Bismarckturm“ beinahe minnetauglich besungen wird, der „ gerne auf vorherige Anfrage für Besuchergruppen wie Schüler, Touristen und alle anderen Interessierten zu Sonderzeiten geöffnet“ wird?
„Ey, wir müssen noch beim Kiosk anrufen, bevor wir jetzt loswandern …“
Und von der dem „Mataré-Brunnen nachempfundenen Sitzecke“ – HÄ?! – mit Blick auf das mit mannshohen Gittern rundherum verrammelte Baudenkmal Bismarckturm ganz zu schweigen. Gut, man sagt, die Gitter sollen bald entfernt werden. Aber warum dann auf der offiziellen Seite dieses Bild mit Gitterzäunen veröffentlichen?
Als einziges, wirkliches Highlight kann unterwegs getrost die altehrwürdige Volkssternwarte Hagen besucht und bewundert werden. Immerhin lässt sich von hier ohne großen Aufwand weit, weit über die Grenzen dieses Premium-Elends hinwegschauen in die unendlichen Weiten des Universums auf der Suche nach intelligentem Leben, dem man beim Abwandern des 3-Türme-Premiumwanderweges wohl weiterhin nicht begegnen wird.
Intelligent statt lächerlich absurd wäre es, den Verlauf des Weges in seiner Natürlichkeit zu erhalten, ohne dämliche Batterieaussichtsnachbauplattformen, ohne Schnitzschweine, Kettenmesser und lächerlichste Marketing-Lyrik.
Gnade uns Gott, sollten Kirsten Fischer und ihre HagenAgentur eines guten Tages auf der Suche nach Beschäftigung auf die Idee kommen, sich Hagens sterbender Stadtteile anzunehmen, dann werden wir ihnen aber die geballte Hagener Stadtteillyrik entgegen schleudern und gemeinsam mit Tom Todi und den Alten vom SGV zum Marsch auf die Teppichetagen dieser Stadt blasen. Und dann wird´s richtig poetisch.
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