Wie sich die Headlines gleichen

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Kriegsbegeisterung reicht bis in die Provinz

Nicht nur überregionale Medien rufen nach immer mehr Waffen, auch in den provinziellen Niederungen der Presselandschaft greift der Bellizismus immer mehr um sich. So funktionierte es auch schon im Ersten Weltkrieg.

Die Beispiele aus den Hagener Blättern Westdeutsche Volkszeitung (1914/15) und Westfalenpost (2023) bedürfen  – inklusive der Toni-Sailer-haften Skilehrer-Präsentation eines Söldners – keiner Kommentierung (Screenshots: DW):

Westdeutsche Volkszeitung. Hagen 269 (19.11.1914)

WP 27.01.2023

Westdeutsche Volkszeitung. Hagen 18 (23.1.1915)

WP 28.01.2023

Zur Rolle der Medien siehe auch den Beitrag von Christoph Habermann, von 1999 bis 2004 stellvertretender Chef des Bundespräsidialamts bei Bundespräsident Johannes Rau:

Die Berichterstattung in Deutschland über den Krieg in der Ukraine gerät in eine immer stärkere Schieflage. Man bekommt den Eindruck, dass eine wachsende Zahl von Journalisten und Journalistinnen sich nicht mehr als Berichterstatterinnen und Kommentatoren verstehen sondern als Influencer.

Es geht nicht mehr um das pro und contra zu jedem einzelnen Vorschlag zur Unterstützung der Ukraine und zur Frage, wie das Sterben so schnell wie möglich beendet werden kann. Es geht um Bekenntnisse. Die möglichst laute Forderung nach Panzern – und absehbar auch nach den von der Ukraine geforderten Kampfflugzeugen und Kriegsschiffen bis hin zu einer Flugverbotszone -, ersetzt die nüchterne Auseinandersetzung mit der Frage, was verantwortungsvolles Handeln ein Jahr nach dem russischen Überfall auf die Ukraine bedeutet. Panzer-Politik und Panzer-Journalismus beherrschen die Schlagzeilen der Zeitungen, die Fernseh-Nachrichten und die talk-shows.

Wer nach dem Sinn von Panzer-Lieferungen fragt, wer nach den Zielen fragt, die damit erreicht werden sollen, wer auf Risiken und Gefahren hinweist, die mit der Lieferung von Panzern verbunden sind, der wird in die Ecke gestellt und muss sich vom hohen moralischen Ross herab belehren lassen. Das geht nicht selten bis hin zu persönlichen Angriffen, die beleidigend, ja verleumderisch sind.

Ein besonders übles Beispiel dafür ist, wie der frühere ukrainische Botschafter in Deutschland Andrij Melnyk, heute Vize-Aussenminister der Ukraine, am vergangenen Wochenende Rolf Mützenich, den Fraktionsvorsitzenden der SPD im Bundestag angegriffen hat.

Begründungspflichtig ist nicht mehr die Lieferung von immer mehr Waffen. Wer verantwortlich abwägt, dem werden mangelnde Solidarität mit der Ukraine vorgeworfen.

Quelle: Blog der Republik

2 Antworten to “Wie sich die Headlines gleichen”

  1. Dfoc Says:

    Das Kujat-Interview, das im Habermann-Artikel erwähnt wird, ist u.a. hier zu finden:
    https://overton-magazin.de/top-story/je-laenger-der-krieg-dauert-desto-groesser-wird-das-risiko-einer-ausweitung-oder-eskalation/

    VG und Dank für Ihre Arbeit
    D.Foc.

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