von Christoph Rösner
Vorab: Das Theater ist nicht der Verursacher der desolaten Finanzen unserer Stadt. Punkt.
Wer so etwas behauptet, könnte ja gleich behaupten, Artikel, die z. B. zum KWA (Kultur-und Weiterbildungsausschuss) am 17.9. im Rathaus in der Westfalenpost erscheinen, werden von Autoren geschrieben, die dabei waren.
Diesen Artikel: „OB schreibt blauen Brief an Theaterleitung“ vom 18.9 in der WP/WR zeichnen die Autoren Mike Fiebig und Martin Weiske.
Aber wo war nur Herr Weiske? Jedenfalls nicht im KWA. Nur wo war er dann? Hatte er Wichtigeres zu tun, z. B. den Brandbrief seines Oberbürgermeisters lesen, der einige Stunden zuvor an die Herren Hilchenbach, Ludwig und Fuchs vorab per Fax versendet worden war?
Der OB schließt seinen von Forderungen, Anwürfen und falschen Unterstellungen überquellenden Brief mit dem Verweis auf die Weiterleitung einer Kopie an die Mitglieder des KWA sowie die Fraktionen und die Gruppe des Rates.
Die Weiterleitung an die Presse ist dort nicht vermerkt.
Und merkwürdig schon, dass während des KWA am Donnerstag ein süffisantes Lächeln durch die (Presse)-Reihen ging, als Ausschussvorsitzender Sven Söhnchen zu fragen wagte, ob der Brief allen vorliege.
Hier ist nicht der Platz, den Brief, der dem Verfasser vorliegt, im Wortlaut wiederzugeben. Des erbosten OBs Résumé soll hier aber nicht verschwiegen werden, zeigt es doch, auf welchem Niveau die Kommunikation in dieser Stadt inzwischen angekommen ist.
„Die von Ihnen in bedauerlicher Art und Weise und in übergroßer Deutlichkeit zum Ausdruck gebrachte ablehnende Haltung zu den notwendigen strukturellen Veränderungen des Theaters führt das von Ihnen geleitete Haus keinesfalls in eine sichere Zukunft. Sie gefährdet vielmehr offenkundig die breite und grundsätzliche Solidarität der Stadtgesellschaft mit den für die Stadt so wichtigen Institutionen Theater und Philharmonisches Orchester Hagen in einer nicht nachvollziehbaren Art und Weise.“
Ihr ungezogenen, renitenten Theatermacher! Ihr gefährdet also selbst die grundsätzliche Solidarität der Stadtgesellschaft mit Eurem Theater und dem Orchester und damit Eurer eigenes Weiterbestehen?! Ihr weist die helfende Hand von Euch, die Euch füttert? Tja dann, Lernziel verfehlt! Versetzung gefährdet! Setzen Sechs!
Welch ein Ton in diesen Tagen! Von Dialog keine Spur mehr. Abmahnungen, Zurechtweisungen, Drohungen (ein weiteres von der Stadt beauftragtes Gutachten als Drohwerkzeug) dominieren die Kommunikation.
Und der Verfasser wundert sich, wie es der Theaterleitung noch immer gelingt, nicht wie Rumpelstilzchen, blutdruckschonend und in Sachen Psychohygiene ihren unverschämten Zuchtmeistern an die Gurgel zu gehen.
Nein, Ihr antwortet, ebenfalls schriftlich – auch dieser Brief liegt dem Verfasser vor – in einem moderaten, ja beinahe freundlichen Ton, der erstaunt.
Zitat: “Am Rande dieses Dialogs werden wir sicherlich die Möglichkeit haben, klarzustellen, dass – wie es auch im KWA vom 17.9. deutlich wurde, nicht wir es sind, die die Zukunft und die bürgerschaftliche Solidarität mit unserer Bühne gefährden. Dafür verantwortlich zu machen sind viel mehr die in die Öffentlichkeit gebrachten, unzutreffenden Äußerungen über die bereits erbrachten, aktuellen und zukünftigen Einsparungen am Theater sowie über die nach wie vor nicht ablehnende Haltung der Theaterleitung strukturellen Veränderungen gegenüber. Ein „blauer Brief“, (wie die Westfalenpost Ihr Schreiben nennt), an die Theaterleitung entbehrt jeglicher Grundlage und Berechtigung, da die verschiedenen im Aufsichtsrat diskutierten Einsparungsvarianten sich alle an den vorgegebenen Fragestellungen und Rahmenbedingungen orientieren.“
Nochmal, für alle, die die Fakten weiter ignorieren wollen: das Theater hat die Finanzen der Stadt nicht in den Ruin getrieben! Es waren Fehlplanung, Derivate-Zockerei und Unfähigkeit der Verantwortlichen der vergangenen Jahre und Jahrzehnte!
Und jetzt so zu tun, als könne man mit 1,5 Millionen Einsparsumme den Hagener Haushalt sanieren ist pure Augenwischerei. Denn niemals zuvor wurde durch die Zerschlagung kultureller Substanz irgendein Kommunalhaushalt saniert!
Dahinter steckt einzig die unterwürfige Kriecherei vor der Kommunalaufsicht in Arnsberg.
Entgegen allen Beteuerungen der Theaterleitung, den Betrieb so nicht mehr aufrechterhalten zu können, soll er nun schrittweise und quälend geopfert werden, um den unbedingten Sparwillen einer devoten, auf Zuwendung und Unterstützung angewiesenen Kommune zu dokumentieren.
Die Verwaltungsspitze Hagens, allen voran, OB Erik O. Schulz, exekutieren lieber als willige Vasallen der Kommunalaufsicht die längst angedachte Abwicklung des einzigen, erwähnenswerten Identifikationssymbols Hagens, als sich gemeinsam und solidarisch in die „Stadtgesellschaft“ einzureihen und sich solchen erpresserischen Forderungen entgegenzustemmen.
„Viel zu gering ist der Anteil der Kulturförderung am Gesamthaushalt. Es bliebe die unwiederbringliche Zerstörung kultureller Substanz mit der Folge eines erheblichen Attraktivitätsverlustes für die Stadt Hagen“, schrieb im Jahr 2010 in einem Offenen Brief die Deutsche Orchestervereinigung (DOV) an den Rat der Stadt Hagen.
Eigentlich wäre dem nichts hinzuzufügen, gäbe es da nicht die kalten Verfechter der reinen Betriebswirtschaftslehre, denen es ganz offensichtlich egal ist, dass Hagen weiter abgewickelt wird, statt es in gemeinsamer Anstrengung aller relevanten Kräfte aus dem Folterkeller des Spardiktats zurück ans Licht zu befördern.
Also: Faselt bitte nicht mehr von den „für die Stadt so wichtigen Institutionen Theater und Philharmonisches Orchester“, sondern fördert und befeuert die „bürgerschaftliche Solidarität mit unserer Bühne!“ Dann seid Ihr glaubwürdig, dann verdient Ihr es, als gewählte Vertreter der Stadtinteressen in unserem Namen Eure Arbeit machen zu dürfen.
Und zum Schluss kann ich Euch eines nicht ersparen: Beendet diese unheilige Allianz zwischen Euch und der Hagener Lokalpresse, die die Hagener gerade dazu aufruft, ihr mitzuteilen, was Hagen dringend braucht. Stellvertretend hierzu nur der Kommentar von 123Lustig123 am 18.9.2015 in der Online-Ausgabe DerWesten: „Was Hagen braucht??? Eine gute Zeitung mit einer guten Redaktion. Fair und politisch neutral!!! Das bräuchte Hagen wirklich.“
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