Politker sorgen sich lieber um Parkplätze
Fußgänger haben in Hagen keine Lobby. Seit vor gut fünf Jahrzehnte ein neues Verkehrsschild eingeführt wurde, das „aufgeschultertes“ Parken auf Gehwegen erlaubt, ist die bis dahin gültige Grenze zwischen motorisiertem und fußläufigem Verkehr – die Bordsteinkante – immer mehr aufgehoben worden.
Obwohl das Parken auf Bürgersteigen nach wie vor illegal ist, es sei denn, es ist mit besagtem Zeichen ausdrücklich erlaubt, werden solche Verstöße in der Regel nicht geahndet. Die Polizei fühlt sich nicht zuständig und verweist auf das Ordnungsamt.
Diese städtische Behörde beschäftigt sich, wenn es um den „ruhenden Verkehr“ geht, schwerpunktmäßig damit, im Innenstadtbereich Parkuhren zu kontrollieren. Gehwegparker und auch Blockierer von Bushaltestellen verfügen de facto über einen Freibrief. Sie haben gelernt, dass sie praktisch keinerlei Sanktionen fürchten müssen.
Wenn ausnahmsweise doch einmal, berufen sie sich auf ein angebliches „Gewohnheitsrecht“, das allerdings nur in ihrer Phantasie existiert. Wie ein „Herr S.“ aus Wehringhausen, der sich an den Beschwerdeausschuss wandte, um sein vermeintliches Recht einzufordern mit der Begründung, dass „die Struktur des aufgeschultertern Parken (sic!) über Jahrzehnte entstanden“ sei.
In den politischen Gremien der Stadt ist diese fortgesetzte rechtswidrige Okkupation von Bewegungsräumen für Fußgänger kein Thema. Dort sorgt man sich engagiert darum, wie noch mehr Platz für die vierrädrigen Lieblinge geschaffen werden kann.
Wie jüngst in der Bezirksvertretung Hohenlimburg. Dort fragte der CDU-Vertreter Michael Glod, unterstützt von Frank Schmidt (Bürger für Hohenlimburg), ob die Stadt Hagen nicht Anteile an den Anliegergrundstücken in der Piepenstockstraße in Oege erwerben könne, um so Platz für die Einrichtung von Parkplätzen zu gewinnen.
Ein Ansinnen, das Kämmerer Christoph Gerbersmann (CDU) umgehend zurückwies. Seiner Meinung nach könnten die Vermieter auf ihren Grundstücken selbst Parkplätze schaffen – vor und hinter den Häusern, wie die WPWR berichtete: „Ich sehe nicht ein, dass die Stadt Hagen das auch noch bezahlen soll.“
Die Stadt hatte zuvor in der Straße ein Halteverbot verhängt, weil, so die Verwaltung, dort „aufgrund geparkter Fahrzeuge kein Durchkommen ist“. In der Vergangenheit waren oftmals Anlieferungen nicht möglich, Anwohner beschwerten sich, dass sie Ihre Zufahrten aufgrund gegenüber geparkter Fahrzeuge nicht verlassen konnten. Laut einer Stellungnahme der Feuerwehr waren selbst die Rettungswege gefährdet.
Die Fraktion BfHo – und hier kommen wieder die Fußgänger ins Spiel – schlug zugunsten der Schaffung von Abstellflächen sogar die „Wegnahme des ohnehin kaum nutzbaren Mini-Bürgersteigs“ vor. Laut Verwaltung handelt es sich hierbei tatsächlich nicht um einen Gehweg, sondern um ein sogenanntes „Schrammbord“, wie auch auf diesem Foto gut erkennbar ist: Die blechernen Lieblinge sollen sich an der angrenzenden Stützmauer keine Kratzer holen.
Eine Fläche für Fußgänger ist in der Piepenstockstraße demnach überhaupt nicht vorhanden, was die Bezirksvertreter aber nicht interessiert. Es geht nur um Parkplätze. Verkehrswende in Hagen? Weiterhin in ferner Zukunft – wenn überhaupt.