Für Beteiligungen eine „Richtlinie“, aber nur ein „Leitfaden“ zur Korruption
Hagener Mandatsträger können sich auch weiterhin bedenkenlos bestechen lassen – wenn sie denn wollen. Es sei denn, sie üben in einer Doppelfunktion gleichzeitig auch ein Amt aus, beispielweise als Bezirksbürgermeister. Das ist dem Entwurf des „Leitfadens der Stadt Hagen zur Korruptionsprävention für Mandatsträger“ zu entnehmen, der jetzt zur Beratung in die Gremien geht.
Der Hintergrund ist ganz einfach: Abgeordnetenbestechung ist in Deutschland legal. Deshalb auch nur ein „Leitfaden“ zur „Prävention“ und „Orientierung“, während es sich bei dem Papier, das sich mit dem Beteiligungsmanagement der Stadt Hagen befasst, um eine – verbindliche – „Richtlinie“ handelt.
Ausgelöst unter anderem durch eine breit geführte öffentliche Debatte über Dienstwagenregelungen sowie die Wahl und Verabschiedung von Geschäftsführern städtischer Gesellschaften, haben in den zurückliegenden Monaten Vertreterinnen und Vertreter der Fraktionen und der Ratsgruppe gemeinsam mit der Verwaltung den umfangreichen Entwurf einer neuen „Richtlinie für das Beteiligungsmanagement der Stadt Hagen“ erarbeitet. Parallel dazu entstand – ebenfalls als Entwurf – ein „Leitfaden der Stadt Hagen zur Korruptionsprävention für Mandatsträger“. Die Vorlage zu beiden Themenkomplexen geht jetzt in die politische Beschlussfassung.
Oberbürgermeister Jörg Dehm: „Ich bin froh, dass unter intensiver politischer Begleitung viele der anstehenden Fragen im Konsens geklärt werden konnten. Mit der neuen Beteiligungsrichtlinie werden wir künftig klare Spielregeln dafür haben, was in den Gesellschaften geht und was nicht. Daneben bietet der Leitfaden allen Mandatsträgern eine sehr gute und rechtssichere Orientierung im Bereich der Korruptionsprävention.“
Neben klaren Regelungen unter anderem zur Steuerung der städtischen Unternehmen, zu Kontrollmechanismen, Jahresabschlüssen, der Stellung und Aufgabe von Geschäftsführung, Gesellschafterversammlung, Aufsichtsrat und Beiräten, enthält der Entwurf für die neue Beteiligungsrichtlinie auch dezidierte Handlungsanweisungen zur Bestellung und Wiederbestellung von Geschäftsführern und Vorständen sowie zur Ausgestaltung von deren Verträgen.
Ferner werden Regelungen zur Anschaffung und Nutzung von Dienstwagen getroffen, zur Ausgestaltung von Jubiläen und Abschiedsfeiern, Sponsoring- und Spendenleistungen oder Beraterverträgen für ausscheidende oder ausgeschiedene Geschäftsführer und Vorstände. Soll beispielsweise ein solcher Vertrag innerhalb eines Zeitraums von zwei Jahren nach Ausscheiden aus der Gesellschaft abgeschlossen werden, ist hierfür die Zustimmung des Gesellschafters nach Vorbefassung des Aufsichtsrates notwendig.
Sofern Jubiläen oder Abschiedsfeiern durchgeführt werden, müssen die Kosten für die Feierlichkeiten von Aufsichtsratsmitgliedern, Geschäftsführern oder leitenden Angestellten jeweils selbst getragen werden. Ausgeschlossen sind lediglich Kosten, die zum Beispiel für die Nutzung von gesellschaftsinternen Räumlichkeiten entstehen – soweit diese verhältnismäßig sind. Die Entscheidung über die Inanspruchnahme dieser Leistungen liegt vorab beim Aufsichtsrat.
Die Anschaffung von Dienstwagen etwa für Geschäftsführer und Vorstände obliegt weiterhin den Gesellschaften, allerdings mit der Entscheidungskompetenz beim Aufsichtsrat. Dabei ist in Bezug auf die Stellung des jeweiligen Unternehmens die Verhältnismäßigkeit bezüglich des Preises, der Ausstattung und des Modells zu wahren. Zudem soll – so der Entwurf – für die gewählte Fahrzeugklasse auf den geringstmöglichen Schadstoffausstoß und niedrige Verbrauchswerte geachtet werden. Über die Möglichkeiten einer privaten Nutzung von Dienstwagen muss vorab der Aufsichtsrat entscheiden.
Die Höhe von Sponsoring- und Spendenleistungen schließlich soll sich nach der wirtschaftlichen Lage und Leistungsfähigkeit des jeweiligen Unternehmens richten. Die Bereitstellung von Freikarten für Veranstaltungen in Einrichtungen der Unternehmen unter anderem für Werbezwecke sowie soziale Zwecke ist im begrenzten Umfang zulässig.
Der ebenfalls zur Abstimmung stehende Leitfaden zur Korruptionsprävention richtet sich an alle Ratsmitglieder, Bezirksvertreter, sachkundige Bürger sowie den Oberbürgermeister als Vorsitzenden des Rates der Stadt Hagen und soll Rechtssicherheit und Orientierung bei einer Vielzahl von Fragestellungen bieten. Hier einige Beispiele:
- Mehrtägige Dienstreisen von Gremien oder einzelnen Mandatsträgern müssen durch den Haupt- und Finanzausschuss genehmigt werden.
- Die Annahme von Geld oder Sachgeschenken ist nicht zulässig, wenn auch nur ansatzweise ein Bezug zur Mandatsträgereigenschaft hergestellt werden kann.
- Gastgeschenke oder Geldspenden, die im Rahmen einer repräsentativen Tätigkeit für die Stadt empfangen werden, müssen innerhalb von vier Wochen dem Oberbürgermeister zugeleitet werden.
- Bei der Annahme von Einladungen ist stets zu prüfen, ob sich daraus Abhängigkeiten ergeben können.
- Bei der Teilnahme an Essen, repräsentativen Empfängen etc. kommt es entscheidend auf die Verhältnismäßigkeit an. Eine absolute Wertgrenze von 75,- € darf nicht überschritten werden.
- Freikarten, deren Wert pro Karte einen Betrag von 50,- Euro überschreiten, sind dem Oberbürgermeister anzuzeigen.
In Zweifelsfällen kann sich ein Mandatsträger durch Rückfragen beim Oberbürgermeister, dem Ältestenrat oder dem Antikorruptionsbeauftragten der Stadt Hagen über die Einhaltung des Leitfadens vergewissern.
Erhält der Oberbürgermeister Kenntnis über den Vorwurf eines Verstoßes, muss er diesen Sachverhalt aufklären. Im Einvernehmen mit dem Ältestenrat muss er das Ergebnis seiner Überprüfung dann dem Rat der Stadt in öffentlicher Sitzung mitteilen.
Beraten werden sollen die neue Beteiligungsrichtlinie sowie der Leitfaden für die Mandatsträger zunächst im Haupt- und Finanzausschuss am kommenden Donnerstag, 6. Februar; eine Beschlussfassung soll dann im Rat der Stadt Hagen am 20. Februar erfolgen.
Entwurf: Richtlinie für das Beteiligungsmanagement der Stadt Hagen
Entwurf: Leitfaden der Stadt Hagen zur Korruptionsprävention für Mandatsträger