Gastbeitrag von Holger Liebrucks*
Demokratie ist harte Arbeit. Soviel ist klar. Was aber das Demokratieverständnis der Stadt Hagen betrifft, ist da noch viel Luft nach oben.
Es mag ja richtig sein, dass nicht jeder Normalbürger „hier“ ruft und schon für die nächste Kommunalwahl aufgestellt ist. Deshalb ist es vielleicht auch ganz ok, dass Parteien, die sich neu für die Wahlen aufstellen lassen wollen, Unterstützungsunterschriften für ihre Kandidaten sammeln müssen. Erst dann hat man sich legitimiert.
Auch mag es von der Hagener Stadtverwaltung noch nett gemeint gewesen sein, die Anzahl der Unterschriften auf 60% zu verringern, um der Corona geschuldeten Überforderung der eigenen Mitarbeitenden Rechnung zu tragen, wollen doch alle „UUs“ gewissenhaft geprüft sein.
Was aber dann kam, lässt schon fast Vorsatz vermuten, es sei denn, man hätte die wohlweislich nur bis zur Wahl befristet eingestellte Sachbearbeiterin versehentlich aus der örtlichen Demenzgruppe rekrutiert.
Zunächst mal hat man sich bei der Stadt unendlich viel Zeit gelassen, die Modalitäten für die Sammlung der UUs bekannt zu geben. So blieben der urplötzlich aus der Bedeutungslosigkeit raketenhaft aufsteigenden Partei Die PARTEI kaum drei Wochen Zeit, um die benötigten Unterschriften zu beschaffen. Dass diese Tage auch noch in die Hauptreisezeit der Hagener Bürger fielen, mag ein gewisses Kalkül der Verwaltung gewesen sein, hoffte man doch sicher, den neuen Unruhestiftern in der altverfilzten Hagener Politik auf diese Weise gleich den Wind aus den Segeln zu nehmen.
Nun hatte man aber nicht mit dem grenzenlosen Engagement der meist jungen, dynamischen PARTEI-Mitglieder gerechnet, deren Anzahl angesichts der hauptsächlich in sozialen Medien präsenten Aktivitäten plötzlich sprunghaft anstieg. Und so schafften es die jungen Menschen um die schillernde und charismatische Oberbürgermeisterkandidatin Laura Knüppel tatsächlich, den Kraftakt zu bewältigen und hunderte mehr UUs zu sammeln, als eigentlich erforderlich waren.
Trotzdem schaffte es besagte Sachbearbeiterin immer wieder, Unterschriftenformulare als ungültig zurückzusenden, sei es, weil ein Kreuzchen nicht gesetzt war oder ein I-Tüpfelchen fehlte. Muss ja alles seine Richtigkeit haben.
Am Ende erhielt man die letzten Rückläufer erst einen Tag nach Ablauf der Abgabefrist, Nachbesserung nicht mehr erlaubt. Der Amtsschimmel hatte gewiehert.
Die fabelhafte Leistung der Knüppelcrew sollte nun gekrönt werden, indem der Hagener Wahlausschuss unter der Leitung von Henning Keune in der Wahlausschusssitzung die Ergebnisse der Unterschriftensammlungen und damit die rechtmäßig demokratische Aufstellung der PARTEI-Kandidaten und Listen für die Hagener Stadtratswahlen beschließen sollte.
Gut, das Prozedere wurde auch durchgeführt, allerdings vergaß das Wahlamt unter der Verantwortung von Wahlamtsvorsteher Jochen Klapheck doch tatsächlich, die beiden von der Partei Die PARTEI benannten Vertrauensleute einzuladen. Allerdings wären nur diese beiden berechtigt gewesen, die Beschlüsse des Ausschusses anzufechten und zu monieren, da die letzten, angeblich ungültigen Rückläufer viel zu spät wieder auf dem Schreibtisch von Frau Knüppel gelandet waren.
Nun gut. Der Amtsschimmel hatte wieder gewiehert, keine Vertrauensperson, kein Einspruch. Punkt.
So gaben sich also die PARTEI-GenossX damit zufrieden, in immerhin 24 von 26 Hagener Wahlbezirken zur Wahl zugelassen zu sein und feierten sich für ihren Erfolg erstmal ausgiebig. Schnell wurde dann auch daran gearbeitet, die Kandidierenden zur Vorstellung für die Wählerschaft vorzubereiten sowie Themen und Plakate für den Wahlkampf zu entwerfen. Doch die Posse war noch lange nicht beendet.
Kaum hatte man sich also wieder den wichtigen, politischen Themen zugewandt, stellte Frau Knüppel in ihrer grenzenlosen Gewissenhaftigkeit fest, dass, wenn man die inzwischen im Hagener Amtsblatt veröffentlichten Kandidierenden ihrer Partei mit den eingereichten Wahlvorschlägen vergleicht, einer fehlt. Und zwar der Kandidat für den Bezirk Hagen Mitte, einer der wichtigsten Wahlbezirke im Kampf um die Stimmanteile.
Schnell die Sachbearbeiterin des Wahlamtes kontaktiert, musste diese kleinlaut zugeben, dass man den Beschluss über diesen Kandidaten im Wahlausschuss schlicht und ergreifend vergessen hatte. Da souveräne Amtsmitarbeitende aber immer den richtigen Tipp auf Lager haben, empfahl sie der Beschwerdeführerin in sachlich-souverän-professioneller Art, den kleinen Fauxpas doch einfach “zähneknirschend hinzunehmen.”
Problem gelöst, der Amtsschimmel hat wieder gewiehert. Dieses Mal aber nicht laut genug.
Wahlamtsvorsteher Jochen Klapheck war fassungslos, als Frau Knüppel sich bei ihm über die Schlamperei in seiner Amtsstube beschwerte. Immerhin zeigte er sich peinlich berührt, konnte aber auch für keine weitere Abhilfe sorgen, außer der Empfehlung, sich noch am selben Tag schriftlich beim Landeswahlleiter in Düsseldorf zu beschweren.
Zusätzlich müssten die beiden Vertrauenspersonen dann noch am Folgetag persönlich in der öffentlichen Sitzung des Landeswahlleiters – in Düsseldorf, wohlgemerkt – vorstellig werden.
Jetzt stelle man sich diese Herausforderung für hart arbeitende Menschen vor, die sich ehrenamtlich und ohne jede Aufwandsentschädigung neben ihrem Privatleben in der Lokalpolitik engagieren wollen. Klingt fast unmöglich, aber auch diese Hürde wird von Frau Knüppel und ihren GenossX genommen werden, während sich die Amtsschimmel nun erstmal wieder zurücklehnen, entspannt durchschnaufen und sich am Monatsende wieder freuen können, für ihre Gehaltszahlungen so richtig was geleistet zu haben.
Nun ist die Partei Die PARTEI nicht gerade dafür bekannt, Anhänger von Verschwörungstheorien zu sein. Den Hagener Filz allerdings, der offensichtlich keine Theorie, sondern sehr real ist, hat die junge, unerfahrene Partei nun deutlich zu spüren bekommen. Auf jeden Fall wird die Partei Die PARTEI die Rückseiten der Wahllokale am 13.9.2020 genau im Auge behalten, um belarussisches Fensterln konsequent zu verhindern!
Am Ende bleibt dann abzuwarten, wer wem die Knüppel zwischen die Beine wirft. Der Filz der Partei oder die Knüppel dem Filz? Wir werden sehen!
* Der Autor ist Kandidat der PARTEI im Wahlbezirk 16 (Hohenlimburg Nord) und belegt Platz 12 der Reserveliste für den Stadtrat
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