Aktionsbündnis „Raus aus den Schulden“ unterstützt Forderungen zur Übernahme der Eingliederungshilfe für Behinderte durch den Bund – das reicht aber nicht
Angesichts von Steuereinnahmen auf Rekordhöhe bei Bund und Ländern fordert das Aktionsbündnis „Raus aus den Schulden/Für die Würde unserer Städte“, dem auch die Stadt Hagen angehört, für die strukturschwachen Kommunen einen stärkeren Beitrag von Berlin und Düsseldorf zur Finanzierung der trotz guter Konjunktur immer weiter steigenden Soziallasten.
Die finanziellen Landeshilfen durch den „Stärkungspakt Stadtfinanzen“, die vielen Städten einen Zeitgewinn zur Haushaltssanierung ermöglicht, und die Übernahme der Kosten für Grundsicherung durch den Bund entlasten die Haushalte nur teilweise. Die vollständige Übernahme der Grundsicherung im Alter hat die kommunalen Sozialetats in Nordrhein-Westfalen zwar um rund sieben Prozent entlastet. Mehr als 93 Prozent der Sozial- und Jugendhilfekosten sind aber weiterhin zu finanzieren. Damit vergrößert sich die Schere zwischen reichen und armen Kommunen zusehends.
Deshalb meldet sich das parteiübergreifende Aktionsbündnis, dem 20 Städte insbesondere aus dem Ruhrgebiet und dem Bergischen Land angehören, im Vorfeld der nahenden Bundestagswahl wieder zu Wort. Angeführt wird es von der Mülheimer Oberbürgermeisterin Dagmar Mühlenfeld (SPD) und ihrem Kämmerer Uwe Bonan sowie dem Wuppertaler Oberbürgermeister Peter Jung (CDU) mit seinem Kämmerer Dr. Johannes Slawig.
Hagens Oberbürgermeister Jörg Dehm und Kämmerer Christoph Gerbersmann, die sich selbst als „engagierte Mitstreiter“ sehen, formulieren nach eigener Einschätzung „Klartext“: „Die Soziallasten, im Kern eine staatliche und keine städtische Aufgabe, belasten auch unsere Stadt,“ und ergänzen als heroische „Sparer“: „Was Hagen nicht mehr schafft, schafft in dieser Situation keine andere strukturschwache Kommune!“
Deshalb unterstützen OB Dehm und Kämmerer Gerbersmann das angekündigte Reformvorhaben des Bundes und der Länder in der neuen Legislaturperiode des Deutschen Bundestages für ein neues Bundesleistungsgesetz. Damit werde einerseits die Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderungen an die veränderten Bedingungen angepasst und darüber hinaus könne die den Kommunen bereits zugesagte finanzielle Entlastung zügig realisiert werden. Der Appell des Aktionsbündnisses an die Kandidaten zur Bundestagswahl: „Versprechen Sie uns, sich nach Ihrer Wahl sofort dieser Initiative anzuschließen.“
Allein zur Finanzierung der Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderungen müssen die zum Aktionsbündnis zählenden Städte und Kreise mittlerweile pro Jahr mehr als 1,1 Milliarden Euro aufbringen. Die Finanzhilfen des Bundes in diesem Bereich bedeuten eine Reduzierung der von den Kommunen aufzubringenden Umlagen an die Landschaftsverbände.
Für Hagen sind das in diesem Jahr rund 1,7 Millionen Euro. Weil auch dieses Geld nicht zur Verfügung steht, muss diese Summe – wie bei sämtlichen Mitgliedern des Aktionsbündnisses ebenfalls – per Kassenkredit, also auf Pump, finanziert werden. Dazu OB Dehm: „Sozialausgaben auf Pump, das ist ein haltloser Zustand. Er steht völlig im Widerspruch zu den aktuellen Meldungen über die so üppig fließenden Steuergelder an Bund und Länder“.
Was das Aktionsbündnis durch parteiübergreifendes Handeln und Zusammenstehen erreichen könne, sei in den vergangenen Jahren „für viele Beobachter erstaunlich“ gewesen. Es habe den Landtag NRW durch öffentlichen Druck zur bundesweit ersten und bisher einzigen Sondersitzung eines Länderparlamentes zur Kommunalen Finanznot und die Landesregierung zum „Stärkungspakt Stadtfinanzen“ gezwungen. Für die strukturschwachen NRW-Kommunen sei das ein Hoffnungsschimmer.
Mehr als ein Schimmer ist das allerdings nicht. Da der Stärkungspakt bis 2021 schrittweise auf Null zurückgefahren wird, muss Hagen die dadurch entstehende Deckungslücke in Höhe von gut 37 Millionen Euro pro Jahr anders finanzieren. Aber wie? Schon nach den Sommerferien wird sich der Rat mit einem weiteren Loch von 13 Millionen Euro beschäftigen müssen. Ein Ende der Misere ist nicht abzusehen – was da noch auf die Hagener zukommt, dürfte ebenfalls „für viele Beobachter erstaunlich“ werden.