Stadt will für Millionen Flächen anmieten – Alternative wird nicht in Betracht gezogen
Steht zum Verkauf: Ehemalige Bank und späteres Verwaltungsgebäude der FernUni an der Konkordiastaße. Foto: Frank Vincentz (CC BY-SA 3.0).
Der Einkaufs-Tempel „Volme-Galerie“ hat seit Jahren mit Leerständen zu kämpfen, nicht erst aufgrund von Corona-Pandemie und Hochwasserschäden. Spätestens mit der Eröffnung einer zweiten Mall direkt nebenan war klar, das eine von beiden zuviel war.
Die Fensterhöhlen der nicht vermieteten Ladenlokale werden schon lange mit Fototapeten beklebt, aber die meisten der Besucher wissen trotzdem: Hier herrscht tote Hose. Wie praktisch, dass die Kombination aus Stadtverwaltung und -rat im selben Gebäudekomplex untergebracht und auch die bekannte Galerien-Expertin aus der schreibenden Zunft mit ihrem Schreibtisch direkt am anderen Ufer der Volme angesiedelt ist.
Denn wenn die Not am größten, sind die Helferlein am nächsten. Und so begab es sich zu der Zeit, dass die Stadtverwaltung einen größeren Raumbedarf für ihre Zwecke entdeckte, obwohl doch angeblich schon für einfachere Aufgaben nicht mehr genügend Personal zur Verfügung stehen soll.
Oberbürgermeister Schulz sprach dagegen von einer „Vollauslastung“ der Verwaltungsgebäude. Immer neue bzw. erweiterte Aufgabenfelder erforderten und erfordern zusätzliches Personal, um die Aufgabenfülle bewältigen zu können. Damit müssten auch zusätzliche Arbeitsplätze geschaffen werden.
Daher solle im Erdgeschoss der Volmegalerie ein bürgerfreundliches Zentrum eingerichtet werden. Hier sollen das Zentrale Bürgeramt, ein Kinder- und Jugendbüro, sowie Abstandsflächen, Notausgänge, Toilettenräume, Sozialräume und Abstellflächen für E-Bikes untergebracht werden.
Im Obergeschoss sollen die Verkehrsabteilung, die Gewerbeabteilung, das Fundbüro, und wesentliche Teile des Geodaten-Zentrums, sowie Sozialräume, Lager- und Schließräume untergebracht werden. Im Gegenzug zur Anmietung der Galerieflächen sollen andere Gebäude abgemietet werden, so Schulz.
Inzwischen ist auch von Räumlichkeiten für die Volkshochschule die Rede. Die VHS ist im städtischen Gebäude Villa Post untergebracht und verfügt über angemietete Büroräume auf zwei Etagen im ehemaligen Verwaltungsgebäude der früheren Stahlwerke Südwestfalen an der Schwanenstraße in Wehringhausen.
Jetzt sollen also 2.900 Quadratmeter in der Volmegalerie angemietet werden. Damit rückt die Stadt langsam wieder in Richtung auf jene Flächen vor, die einst niederprivatisiert wurden. Dorthin, wo bis zum Verkauf an die Galerie-Investoren mit Ratssaal und Bürgerhalle das politische Herz der Stadt schlug (auch das Trauzimmer soll hier nicht vergessen werden).
Die aktuelle Planung erweist sich als wahrer Rettungsanker für den dürftig ausgelasteten Konsumtempel, denn die Stadt garantiert Einnahmen für 25 Jahre. Die Miete soll nach Presseangaben 450.000 Euro pro Jahr betragen, Einzelheiten zu dem gesamten Vorhaben werden, wie in Hagen üblich, als geheime Verschlusssache behandelt – obwohl es sich um das Geld der Bürger handelt.
450.000 Euro jährlich – das macht über 25 Jahre 11,25 Millionen. Eine erstaunliche Geldausgabe für eine notleidende Stadt, die sich ihre Ausgaben nach wie vor von der Kommunalaufsicht bei der Bezirksregierung Arnsberg genehmigen lassen muss.
Dabei gäbe es durchaus eine bedenkenswerte Alternative. Der Bau- und Liegenschaftsbetrieb des Landes NRW bietet über ein Immobilienportal ein urprünglich als Bank genutztes Gebäude in der Konkordiastraße zum Kauf an. Bis 2013 diente es der Fernuniversität Hagen als Verwaltungsgebäude.
Der unter Denkmalschutz stehende Bau mit einer Bürofläche von ca. 2.300 Quadratmetern wird für 460.000 Euro zum Kauf angeboten. Also praktisch der Preis, den die Stadt zukünftig jährlich an Miete an die Galerie-Eigner zahlen will.
Selbst wenn noch eine Million in die Aufbereitung der ehemaligen Fernuni-Verwaltung investiert werden müsste, läge beim Erwerb dieses Gebäudes der Vorteil für die Stadtkasse und damit für die Bürger auf der Hand. Auch Insolvenzrisiken wären ausgeschlossen und sogar die Bilanz der Stadt würde mit einem Kauf aufgebessert. Aber die Rettung des dahinsiechenden Einkaufspalastes genießt offenbar Vorrang.
Es waren die politische Gremien, die unbedingt noch eine zweite Galerie im Stadtzentrum etablieren wollten. Die Folgen waren schon damals absehbar: Ausblutung der Fußgängerzone und anschließende gegenseitige Filettierung der neuen Konsumpaläste.
Die Fehlentscheidungen sollen jetzt durch eine Art Notopfer ausgebügelt werden, das mit öffentlichen Mitteln in Form von Mietzahlungen bereitgestellt wird.
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