Teures Kuddelmuddel bei der Stadtbeleuchtung
Während der Neoliberalismus inzwischen selbst von seinen Leitmedien gehörig angezweifelt wird, feiert diese Ideologie in Kreisen der Hagener Politik nach wie vor fröhliche Urständ. Ein aktuelles Beispiel findet sich in der Stadtbeleuchtung.
Die Illumination von Straßen, Wegen und Plätzen war eigentlich immer der Aufgabenbereich der Stadtwerke. Die hielt man eines Tages für überflüssig und verschmolz sie mit der Elektromark zum neuen „innovativen“ Konzern Mark-E, aus dem nach diversen Umbenennungen die inzwischen marode Enervie hervorging.
Das reichte nicht aus, schließlich sollte ein „Konzern Stadt“ her. Zu einem richtigen „Konzern“ gehören – so die Mehrheitsmeinung der Ratsvertreter – ganz, ganz viele Tochterunternehmen. Und so splitterten unsere Großökonomen die Verwaltung in viele Gesellschaften auf, fusionierten wieder, teilten erneut und schlossen wiederum zusammen. Wie immer deutlicher wird: ohne Sinn und Verstand.
Nachteile der ehemals städtischen Ämter wurden damit nicht beseitigt, die vorhandenen bürokratischen Strukturen wurden nur durch neue ersetzt. Wurden ehemals Amtsleiter und ähnliche Positionen (es waren sogar mal Hausmeister) mit verdienten Parteibuchinhabern besetzt, so sind es heute die Vorstände und Aufsichtsgremien der in verschiedenen Rechtsformen gestalteten Ausgliederungen.
So spielt seit einigen Jahren auch die Stadtbeleuchtung, eigentlich eine originäre Form der Daseinsvorsorge, fröhlich „Unternehmen“. Sie liefert jährlich eine Bilanz und eine Gewinn- und Verlustrechnung sowie einen Lagebericht ab.
Der aktuelle Beteiligungsbericht 2014 der Stadt vermerkt dazu: „Die Gewinn- und Verlustrechnung 2014 weist einen Jahresüberschuss von 17.620 € aus. Im Vergleich zum Vorjahr hat sich das Ergebnis somit um 469 € verbessert.“ Das hört sich gewaltig „unternehmerisch“ an – die Wirklichkeit ist dagegen trivial:
„Für die Ertragslage sind die Leistungsverträge zwischen der Stadt Hagen, der Stadtbeleuchtung Hagen GmbH und der Alliander Stadtlicht Rhein-Ruhr GmbH von wesentlicher Bedeutung.“ Im Klartext: Die Einnahmen der Stadtbeleuchtung sind nicht irgendwo erwirtschaftet worden, sondern kommen aus dem städtischen Haushalt. Wie sollte es auch anders sein?
Die Gelder werden nur von einer Tasche in die andere geschoben, Einsparungen sind nicht erkennbar. Der „Überschuss“ der Stadtbeleuchtung besteht aus zuviel gezahlten Mitteln aus dem Haushalt der Stadt.
Der Popanz, der hier erzeugt wird, lässt sich auch an dem angeblichen „Privatunternehmen“, wie Redakteur Jens Stubbe fälschlich in der Westfalenpost schreibt, festmachen. Ein Irrtum, dem auch die Stadtoberen allzu gerne aufgesessen sind, weil es ihnen ideologisch in den Kram passte.
Die 49-Prozent-Minderbeteiligung an der Stadtbeleuchtung wurde zu keinem Zeitpunkt von Privaten gehalten. Zunächst war es eine deutsche Tochter des niederländischen Energieerzeugers Nuon, der sich damals im Besitz holländischer Kommunen befand. Die deutsche Nuon wurde Anfang 2010 von Enervie übernommen und firmierte anschließend unter dem Namen „lekker Energie“. Das von Beginn an defizitäre Unternehmen wurde 2013 weiterverkauft (siehe auch: Echt lekker).
Der heutige Anteilseigner Alliander entstammt derselben Quelle wie ursprünglich Nuon/lekker. Die holländische Mutterfirma Nuon wurde „aus Wettbewerbsgründen“ aufgespalten in eine Erzeuger- und eine Netzbetreiberfirma. Letztere führt die in Deutschland tätigen ehemaligen Nuon-Beleuchtungsableger unter der neuen Bezeichnung Alliander. Ein nur scheinbarer „Wettbewerb“: Wie einst bei Nuon sind auch heute bei Alliander niederländische Kommunen die Anteilseigner.
Alliander hat wiederum zwei deutsche Tochtergesellschaften, Alliander AG und Alliander Stadtlicht GmbH, die gleich beide (!) an der Alliander Stadtlicht Rhein-Ruhr GmbH und darüber an der Stadtbeleuchtung Hagen GmbH beteiligt sind.
Ein Kuddelmuddel von Firmenkonstrukten, dessen Sinn für die Allgemeinheit nicht erkennbar ist. Dafür aber die Folgen: Das Unternehmens-Monopoly dürfen die Bürger bezahlen, mit Mehrkosten von mindestens 320.000 Euro pro Jahr, wie der Bericht der Gemeindeprüfungsanstalt vermeldet.
Eine Kontrolle durch demokratisch legitimierte Gremien ist augenscheinlich nicht mehr gewährleistet. Und wie es aussieht – gar nicht gewollt.
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