Städte und Gemeinden fordern im Kampf gegen verwahrloste Immobilien eine praktikable Lösung
Im letzten Jahr ließ die Hagener Stadtverwaltung einen Gebäudekomplex an der Wehringhauser Str. abreißen, weil größere Bauteile auf die Straße zu stürzen drohten. Auf den Abbruchkosten blieb die Kommune – also letztendlich die Bürger – sitzen und bis heute ziert eine Trümmerhalde das Grundstück, weil die Stadt für die Beseitigung keine Gelder bereitstellen darf. Die Arnsberger Kommunalaufsicht bewertet solche Maßnahmen als „freiwillige Leistung“, die der Pleitestadt Hagen untersagt sind. Im Zuge der geplanten Änderung des Baugesetzbuches könnte sich vielleicht auch an solchen Absurditäten etwas ändern.
In Zukunft sollen Städte und Gemeinden nämlich wirksamer gegen ungenutzte und verwahrloste Immobilien vorgehen können. Das könnte ein Kompromissvorschlag ermöglichen, der gestern im Zuge der Anhörung zur Novellierung des Baugesetzbuches im zuständigen Bundestagsausschuss erörtert wurde. Der Deutsche Städtetag und der Deutsche Städte- und Gemeindebund fordern eine praktikable Lösung, die auch durch diesen Kompromiss erreicht werden könnte.
Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages, Dr. Stephan Articus, sowie der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, Dr. Gerd Landsberg, sagten dazu in Berlin: „Verwahrloste Gebäude, die leer stehen und nicht mehr saniert und gerettet werden können, werden zunehmend zu einem städtebaulichen Problem für ganze Stadtviertel. Nach dem heute diskutierten Vorschlag sollen ähnlich wie in dem Gesetzentwurf des Bundesrates Eigentümer stärker mit in die Verantwortung genommen werden. Das ist notwendig, um gegen solche verwahrlosten Immobilien vorgehen zu können. Die heute diskutierte Lösung kann dabei helfen, Sanierungserfolge in Stadtvierteln zu sichern und negative Entwicklungen abzuwenden.“
Die Kompromisslösung sieht Folgendes vor: Der Eigentümer einer bis zum Zustand der Verwahrlosung vernachlässigten Immobilie, die nicht mehr sanierungsfähig ist und abgerissen werden muss, soll zukünftig teilweise die Abbruchkosten tragen – und zwar in Höhe der Wertsteigerung seines Grundstücks durch den Abbruch. Die in Vorleistung getretene Stadt oder Gemeinde erhalte somit zukünftig einen Teil ihrer Auslagen zurück.
Auch in der Stadtentwicklung wird – entlehnt aus der Finanzwelt – für heruntergekommene, nicht mehr sanierungsfähige städtebauliche „Schandflecken“ der Begriff der „Schrottimmobilie“ verwendet. Bezeichnet werden damit Gebäude, die – zumeist in innerstädtischen Lagen – nicht mehr genutzt werden, stark verfallen sind und deren Eigentümer aus unterschiedlichen Gründen die erforderliche Instandsetzung lange Zeit verweigert haben. Problematisch sind derartige Immobilien insbesondere deshalb, weil sie das Umfeld ganzer Stadtviertel negativ beeinflussen, erzielte Sanierungserfolge in Quartieren zu konterkarieren drohen und damit eine qualitätsvolle Innenentwicklung der Städte und Gemeinden behindern. Ein Abriss ist oftmals die einzige Möglichkeit, die negative Entwicklung aufzuhalten. Die Vorschriften zum Erhalt und Schutz denkmalgeschützter Bausubstanz bleiben davon unberührt.
Der Deutsche Städtetag und der Deutsche Städte- und Gemeindebund fordern bereits seit langem, die laufende Novellierung des Baugesetzbuches (BauGB) auch dazu zu nutzen, so genannten „Schrottimmobilien“ in den Städten und Gemeinden besser entgegentreten zu können. Dazu müsse in § 179 BauGB beim städtebaulichen Rückbau auch eine Kostenbeteiligung der Eigentümer eingeführt werden. Bisher hat der Eigentümer den Rückbau ohne eigenes Zutun lediglich zu dulden. Der Bundesrat hatte hierzu bereits einen eigenen Gesetzesvorschlag erarbeitet, der von der Bundesregierung aber abgelehnt wurde.
Die beiden Kommunalverbände begrüßten, dass mit der jetzt von den Regierungsfraktionen vorgeschlagenen Kompromisslösung auch Ideen aus dem Vorschlag des Bundesrates Rechnung getragen werde. Positiv zu bewerten sei zudem, dass eventuelle Kostenerstattungsansprüche der Städte und Gemeinden als öffentliche Last auf dem Grundstück ruhen sollen und somit auch bei einer Weiterveräußerung des Grundstücks nicht untergehen.
Ob das im Hagener Fall der Wehringhauser Str. etwas genützt hätte, ist indes fraglich. Der Eigentümer befindet sich in Insolvenz und einem nackten Mann kann man bekanntlich nicht in die Tasche fassen.