War Dietmar Thieser bei Entscheidungen zur Klutert-Kampfbahn befangen? Und wer profitiert am Ende davon?
Eine plötzliche Kehrtwende trotz bereitstehender Finanzen, eine mögliche lukrative Umwandlung eines Sportplatzes in Bauland und dazu noch die berufliche Tätigkeit der Gattin des Vorsitzenden des Hagener Sportausschusses und Hasper Bezirksvorstehers – das sind die Zutaten einer weiteren Merkwürdigkeit im hiesigen Politikgeschehen.
Am Mittwoch vergangener Woche berichtete die WPWR unter dem Titel „SV Fortuna Hagen plant Saison mit Holzhütte in Haspe“ über den Umzug des Sportvereins von der Klutert-Kampfbahn zur Bezirkssportanlage Haspe:
Für den maroden Kabinentrakt am Klutert-Sportplatz war ein Invest in Höhe von 300.000 Euro politisch beschlossen. Allein der genaue Start der Sanierungsmaßnahmen stand noch nicht fest. Zwölf Monate später stellt sich die Situation wie folgt dar: Die Renovierungsmaßnahmen sind längst abgeblasen (…).
Nachdem es lange hieß, ein Verlassen der Klutert-Sportanlage sei wegen der großen wirtschaftlichen Bedeutung des dort stehenden Vereinsheims undenkbar, haben sich die Fortunen inzwischen mit dem Umzug in die Hasper Bezirkssportanlage abgefunden. Zwangsweise, weil alternativlos, wie Angelika Krause zugibt.
Angelika Krause ist die Vorsitzende des 1910 gegründeten Vereins Fortuna Hagen. Der hatte sich lange gegen einen erzwungenen Umzug auf die Hasper Bezirkssportanlage gewehrt.
Zu dem Pressebericht gab es dann Leserkommentare, die in diesem Zusammenhang Vorwürfe gegen den Sportausschussvorsitzenden und Hasper Bezirksvorsteher Dietmar Thieser (SPD) erhoben, er sei wegen der beruflichen Aktivitäten seiner Gattin befangen gewesen und hätte in den betreffenden Sitzungen nicht abstimmen dürfen. Thieser räumte ein, seine Frau habe als Architektin „mal für Fortuna einen Entwurf gemacht für die Bezirkssportanlage“. Aber gleichzeitig behauptete er, sie habe „noch nie für die Stadt gearbeitet und schon gar nicht im Zusammenhang mit dem Umbau eines Vereinshauses in Haspe“.
Worum soll es denn bei dem Entwurf gegangen sein, wenn nicht um das immer wieder in Rede stehende Vereinsheim? Und: Die Bezirkssportanlage ist ein städtisches Areal, Auftraggeber kann nur die Stadt selbst oder eine ihrer vielen Tochtergesellschaften gewesen sein, in diesem Fall vermutlich der Wirtschaftsbetrieb Hagen (WBH). Ein offener Widerspruch.
Und wohl, was schwerer wiegt, ein Verstoß gegen die nordrhein-westfälische Gemeindeordnung. Danach hat, „wer annehmen muss, (wegen Befangenheit) ausgeschlossen zu sein (…) den Sitzungsraum zu verlassen“. Thieser-Gattin Karla war nach eigenem Eingeständnis des Bezirksvorstehers aber in die Sache involviert. Die Diskussion beeinflussen oder gar mitbeschließen ist also nicht statthaft und wäre ein Verstoß gegen die Gemeindeordnung.
Dietmar Thieser ist aber in allen drei Gremien vertreten, die mit der Causa Klutert befasst waren: Sportausschuss, Bezirksvertretung (BV) Haspe und Stadtrat. Selbstverständlich hat er dort an den Beratungen teilgenommen und sein Votum abgegeben.
Der gesamte Komplex Klutert-Sportplatz/Umzug Fortuna leidet unter dubiosen Begleitumständen und wirft ein Schlaglicht auf die Art und Weise, wie in Hagen (Interessen-)Politik gemacht wird.
Lange wurde für den Sportplatz Klutert und den dort beheimateten Club Fortuna Hagen eine ganz andere Strategie verfolgt. Das marode Vereinsheim sollte mit einem Betrag von 300.000 Euro saniert werden. Das städtische Servicezentrum Sport erklärte noch am 7.3.2017: „Der Sportplatz Klutert, der vor einigen Jahren zur Diskussion stand, wird weiter intensiv durch den Verein SV Fortuna Hagen genutzt, das Funktionsgebäude soll im Jahr 2018 saniert werden.“
Thiesers BV Haspe konnte sogar alles gar nicht schnell genug gehen und sie beschloss am 9.3.2017 einstimmig: „Weiter bittet die Bezirksvertretung Haspe um einen Bericht, warum das Funktionsgebäude auf dem Sportplatz Klutert erst im Jahre 2018 saniert werden soll.“ Diese Haltung änderte sich nach der politischen Sommerpause schlagartig.
Am 7.9.2017 stellte Bezirksvorsteher Thieser folgenden Antrag zur Abstimmung:
Die Verwaltung wird aufgefordert folgendes zu prüfen:
- Eine Verlagerung der sportlichen Aktivitäten des Vereins SV Fortuna Hagen 1910 e. V. in die Bezirksportanlage Haspe
- Den Bau eines Vereinsheimes für den Verein SV Fortuna Hagen 1910 e. V.in der Bezirksportanlage Haspe und die damit verbundenen finanziellen Aufwendungen
- Möglichkeiten zur zukünftigen Nutzung der dann eventuell frei werden Fläche des Klutertsportplatzes für Wohnungsbau
Der Antrag wurde, wie in Haspe üblich, einstimmig beschlossen. Begründet wurde die 180-Grad-Wende von Thieser mit „erheblichen Verkehrs- und Parkproblemen rund um den Sportplatz“. Die gab es aber bereits seit langem und waren nicht plötzlich während der Sommerferien entstanden. Es muss also andere Gründe für diesen Sinneswandel gegeben haben, die – das wäre jedenfalls naheliegend – mit dem dritten Punkt des Prüfauftrags zu tun haben dürften: der Nutzung für Baumaßnahmen.
In einem Papier des Servicezentrums Sport vom 20.11.2017 für die BV Haspe ist dann allerdings schon von nicht näher spezifizierten „mehreren Gründen“ die Rede, „Fortuna Hagen (…) in die Bezirkssportanlage Haspe (BSA) umzusiedeln.“ Ausdrücklich erwähnt wird von den „mehreren Gründen“ aber nur die Möglichkeit, der Sportplatz könne „ggf. für Wohnbebauung vermarktet werden“, andere Begründungen fehlen. Vieles spricht also dafür, dass im Hintergrund bereits fleißig geackert wurde.
In der BV Haspe machte Thieser derweil weiter Druck. Das Protokoll der Sitzung vom 23.11.2017 vermerkt: „Herr Thieser wünscht sich eine schnelle Abarbeitung (…) und hofft, dass bereits zur Spielsaison 2018 / 2019 eine Lösung gefunden werden kann.“
Wie gut, dass Herrn Thieser in seiner häufig von politischer Demenz befallenen Bezirkstruppe auch gerne Mitglieder anderer Parteien zur Hand gehen. So zum Beispiel Heike Bremser. Die CDU-Frau fabulierte in der Januar-Sitzung des Vorort-Gremiums von einem „Beschluss“, der eine Umsiedlung des Fortuna-Vereins auf die Bezirkssportanlage zum Ziel haben solle. Allein – einen solchen Beschluss gibt es überhaupt nicht. Es existiert nur der bereits erwähnte „Prüfauftrag“ an die Verwaltung.
Interessierte Kreise müssen in der Zwischenzeit bereits kräftig hinter den Kulissen die Strippen gezogen haben. Anders ist es jedenfalls nicht zu erklären, dass auf einer so dünnen Grundlage (die „plötzlich“ entdeckte Verkehrsproblematik) die bereits beschlossene Sanierung Klutert ohne weitere Entscheidung der Gremien (BV Haspe und/oder Sportausschuss) letztendlich vom Rat abgeräumt wurde. Begründung: Die Maßnahme „Sportplatz-Klutert“ komme aufgrund des Umzugs des Vereins sowieso nicht zum Tragen. Wie der Umzug zustande kam, interessierte dabei nicht mehr.
Und so beschloss der Rat am 22.2.2018 (bei vier Gegenstimmen aus den Reihen der SPD): „Die Maßnahme “Sportplatz Klutert – Grundinstandsetzung (Heizung, Lüftung, Fenster)“ wird gestrichen und der so freiwerdende Betrag in Höhe von 300.000 € auf andere Maßnahmen durch die Verwaltung aufgeteilt.
Der scheinheilige Höhepunkt laut Protokoll: „Herr Thieser stellt klar, dass es sich nicht um einen originären Wunsch der Bezirksvertretung Haspe gehandelt habe.“ Ausgerechnet der, der genau diesen Fahnenwechsel mit seinem Antrag vom 7.9.2017 in der BV Haspe eingeleitet hatte und dem das Gremium lemminghaft gefolgt war, wusch jetzt seine Hände in Unschuld.
Der zweite Teil des von der BV Haspe im September 2017 angeforderten Prüfauftrags, die planungsrechtliche und städtebauliche Beurteilung der Sportanlage Klutert, trudelte dagegen erst nach der Ratsentscheidung ein und wurde in der BV-Sitzung am 3.5.2018 thematisiert. Zu einem Zeitpunkt, als die ganze Sache bereits gelaufen war. Auch da hatte wieder jemand für ein optimales Timing gesorgt.
Dietmar Thieser war jedenfalls zufrieden und sagte laut Protokoll „dass eine mögliche Bebauung jetzt nachdrücklich (…) geprüft werde.“ Am Ende dürfte auch für die eine oder andere Architektin etwas abfallen.
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