Theater: Sven Söhnchen kritisiert OB und Verwaltung
Die Auseinandersetzung um die Zukunft des Hagener Theaters nimmt weiter an Fahrt auf. Zu Anwürfen aus den Reihen der Verwaltungsspitze und auf die jüngste Berichterstattung in der Presse reagierte jetzt der Aufsichtsratsvorsitzende der Theater GmbH, Sven Söhnchen, mit einem Schreiben.
Söhnchen, der auch Vorsitzender des Kulturausschusses ist, kritisiert, dass Oberbürgermeister und Kämmerer sich nicht der Diskussion mit dem Aufsichtsrat stellen wollten und sogar mehrere Gesprächsangebote abgesagt wurden. Dem Oberbürgermeister wirft er eine „Gesprächsarmut“ vor, die von den legitimierten Gremien des Theaters mit „größtem Befremden“ wahrgenommen werde.
Die Verwaltung hatte dem Theater einen Fragenkatalog vorgelegt, der von der Theaterleitung fristgerecht beantwortet wurde. Den Oberbürgermeister Erik O. Schulz hatten die Antworten allerdings „nur wenig überzeugt“.
Dazu Sven Söhnchen: „Wenn nunmehr Antworten gegeben wurden, die nicht der Meinung vom Oberbürgermeister und dem Kämmerer entsprechen (…), so mag dieses auch an der Fragestellung liegen.“
Abschließend kündigte Söhnchen an, dass sich der Aufsichtsrat in Zukunft „zunehmend juristisch begleiten lassen“ werde. Der Drohung des OBs, dass er „auf Kosten des Theaters“ externe Beratung einkaufen werde, wie die „verbliebene“ (Söhnchen) Tageszeitung in Hagen am Freitag berichtete, sieht er dagegen gelassen entgegen: „Wer die Musik bestellt, bezahlt sie auch.“
Das Schreiben im Wortlaut:
Sehr geehrte Damen und Herren,
es war die Überzeugung des Aufsichtsrates, dass man eine verantwortliche Diskussion um das Hagener Theater nur im konstruktiven Miteinander führen kann. Aus diesem Grund hat sich der Aufsichtsrat bisher aus der derzeit geführten öffentlichen Debatte herausgehalten.
Da diese Vorgehensweise allerdings nicht von allen Partnern mitgetragen wird, scheint es nun geboten, dass zu einzelnen Punkten der öffentlichen Diskussion Stellung genommen wird. Hierbei geht es jedoch nicht um Inhalte aus Fragenkatalogen (bei denen man sich nur fragen muss, warum die Klärung nicht herbeigeführt wurde, als das Theater noch ein Teil der Stadtverwaltung war), sondern erstmal nur um die Art und Weise des Miteinanders.
Wenn die verbliebene Tageszeitung in Hagen heute berichtet, dass die Theaterleitung und der Aufsichtsratsvorsitzende für den 06.11.2015 ins Rathaus geladen werden, ist dabei nicht zu erkennen, dass der Oberbürgermeister und der Kämmerer bereits mehrfach Terminvorschläge von Theaterseite abgelehnt haben.
Der Aufsichtsrat bat schon vor mehreren Wochen um ein gemeinsames Gespräch, welches als Tagesordnungspunkt in der Sitzung am 02.11.2015 stattfinden sollte. In der vergangenen Woche wurde die Teilnahme von den Herren der Stadtverwaltung abgesagt – stattdessen auf den neuen Termin verwiesen – wobei Herr Schulz und Herr Gerbersmann sich nicht der Diskussion mit dem Aufsichtsrat stellen wollen.
Zeitgleich gab es den Versuch des Aufsichtsratsvorsitzenden für den 20.10.2015 ein Gespräch zur Absprache der weiteren Vorgehensweise, nach dem Erhalt der Antworten aus dem umfangreichen Fragenkatalog, mit dem Geschäftsführer, dem Oberbürgermeister und dem Kämmerer zu führen. Auch dieser Termin wurde aus dem Rathaus abgesagt, da man die Antworten erstmal beurteilen müsse. Zeitgleich besuchte zumindest der Oberbürgermeister Fraktionssitzungen von Partnern seiner Vernunftskoalition, um dort über die Theatersituation zu sprechen.
Hier ist der gleichschreitende Kommunikationsweg nicht zu erkennen. Diese Gesprächsarmut des Oberbürgermeisters gegenüber den legitimierten Gremien des Theaters wird mit größtem Befremden wahrgenommen.
In der veröffentlichten Darstellung könnte man den Eindruck gewinnen, dass sich in den Theatergremien nur Träumer und Selbstverwalter befinden. Dieser Darstellung ist absolut zu widersprechen.
Man sollte in Hagen vielmehr zur Kenntnis nehmen, dass die Fachleute im Theater derzeit nicht nur eine neue, politisch gewollte, Gesellschaft aufbauen müssen (und dabei nur bedingt von den ehemaligen Kollegen der Verwaltung Unterstützung erhalten – die Kämmerei hat bisher oftmals mit differierenden Zahlen gearbeitet), sondern auch mehrfach auf die Möglichkeit hingewiesen haben, dass man auch mit weniger Finanzaufwand Theater betreiben könnte – jedoch nicht unter den gewachsenen Vertragssituationen in Hagen.
Auch wenn sich eine Verwaltungsspitze über Anschreiben von übergeordneten Verbänden und Institutionen, die auch aus eigenem Antrieb und eigener Zuständigkeit die Situation in Hagen mit Sorge betrachten, ärgern mag, so ist der allgemeine Hinweis auf die Verträge von unterschiedlichen Theaterberufen durchaus zur Kenntnis zu nehmen.
Unter diesem Gesichtspunkt ist darauf hinzuweisen, dass die Geschäftsführung im Abgleich mit dem Aufsichtsrat arbeitet. In dem hochbesetzten Gremium, dem auch ein Vertreter des Oberbürgermeisters angehört, wurden die Zahlen und Antworten besprochen und einstimmig zur Kenntnis genommen. Im Aufsichtsrat monierte übrigens auch kein Mitglied eine schlechte Darstellung der eingereichten Unterlagen.
Wenn die Darstellung einer Antwort wirklich eine Grundlage für die Entscheidungsfindung ist, wird die Hagener Kommunalpolitik zukünftig viele Vorlagen, wegen Unleserlichkeit, zurückgeben müssen (in Teilen der Verwaltung bekommt man bei offiziellen Anfragen sogar überhaupt keine Antworten – zumindest nicht auf gestellte Fragen). Dieses sollte aber nicht Bestandteil der öffentlichen Diskussion sein.
Im Aufsichtsrat sind durchaus hochrangige Mitglieder von Parteien (und teilweise auch von ihren Fraktionen) vertreten. Auch wenn die Aufgabenstellung eines Aufsichtsrates sich zuallererst am Wohl des Theaters auszurichten hat, so sind diese Vertreter sich ihrer Doppelfunktion durchaus bewusst und können der bisherigen Tätigkeit der Geschäftsführung nur zustimmen.
Die Theaterleitung hat in den vergangenen Wochen den umfassenden Fragenkatalog aus Reihen der Stadtverwaltung abgearbeitet. Wenn nunmehr Antworten gegeben wurden, die nicht der Meinung vom Oberbürgermeister und dem Kämmerer entsprechen (jenem Kämmerer, der in seiner Zeit als Kulturdezernent die Finanzsituation noch völlig anders bewertete), so mag dieses auch an der Fragestellung liegen.
Der Aufsichtsrat hat bereits in der jüngeren Vergangenheit darauf hingewiesen, dass eventuell, von der Kommune gewollte, Änderungen allerdings nur vom Gesellschafter vorgenommen werden können.
Derzeit wird zur öffentlichen Diskussion wieder ein neues Gutachten des Gemeindeprüfungamtes angeführt. Hier empfehle ich dringendst, die Diskussion der vergangenen Jahre im Fachausschuss für Kultur und Weiterbildung zu verfolgen. Auch bei wiederholter Aufzählung wird es inhaltlich nicht richtig, wenn man Äpfel (Kommunen mit eigenem Theater) mit Birnen (Kommunen ohne Theater) vergleicht. Eine weitere Befassung mit dem GPA-Vergleich lehne ich auch zukünftig ab.
Ein Leserbriefschreiber brachte es in den vergangenen Wochen auf den Punkt: die derzeitige, unsägliche, Diskussion um das ausgezeichnete Haus ist kein Gespräch ums Theater, sondern um die schwierige städtische Finanzlage…und diese wird auf dem Rücken der Belegschaft ausgeführt. Dieses muss, in der Verantwortung um die Mitarbeiterschaft, ein rasches Ende finden.
Wenn der Oberbürgermeister nun fordert, dass ggfl. ein neuerliches Gutachten beauftragt werden soll, kann das Theater (auch nach den Erfahrungen mit der einhellig positiv bewerteten Actori-Gutachten) diesem sehr entspannt entgegensehen. Allerdings gilt auch hier der immerwährende Grundsatz: wer die Musik bestellt, bezahlt sie auch.
Weiterhin bin ich der festen Überzeugung, dass der Theateraufsichtsrat und die Stadtspitze inhaltlich nicht weit voneinander entfernt sind – man sollte nun endlich, auf Augenhöhe und im Wissen um die juristischen Möglichkeiten, MITEINANDER sprechen. Zu diesem Zweck kann der 06.11.2015 ein später Auftakt sein, dem dann ein gemeinsames Gespräch mit dem Aufsichtsrat folgt.
Das Theater Hagen und vor allem die 280 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben die derzeitige Gesprächsführung nicht verdient.
Für die weitere Diskussion wird der Aufsichtsrat sich nunmehr zunehmend juristisch begleiten lassen. Dieses gilt vor allem zum Schutz aller handelnden Personen – vom Aufsichtsrat, über die Geschäftsführung bis zur Chorsängerin oder dem ebenso engagierten Mitarbeiter der Werkstätten.
Die weitere inhaltliche Diskussion wird der Aufsichtsrat sehr gerne mit der Stadtspitze und den zuständigen Gremien führen – um einen Gewinn für Hagen zu erzielen.
Glück auf,
Sven Söhnchen
Drucken, Mailen, Facebook, Twitter:
Gefällt mir:
Gefällt mir Wird geladen …