Archive for the ‘05 Geschichte Hagen’ Category

Neue Stolpersteine in Wehringhausen verlegt

25. Juni 2021

verlegung stolpersteine demnig

Künstler Gunter Demnig bei der Arbeit. Fotos: Rahel-Varnhagen-Kolleg.

Am 21. Juni wurden zwei neue Stolpersteine in Hagen-Wehringhausen verlegt. Die Aktion wurde vom Hagener Geschichtsverein und vom Projektkurs Geschichte des Rahel-Varnhagen-Kolleg (Leitung: Herr Arias und Herr Steffens) organisiert.

Die Stolpersteine sind ein Projekt des Künstlers Gunter Demnig, das im Jahr 1992 begann. Mit im Boden verlegten kleinen Gedenktafeln, sogenannten Stolpersteinen, soll an das Schicksal der Menschen erinnert werden, die in der NS-Zeit verfolgt, ermordet, deportiert, vertrieben oder in den Suizid getrieben wurden.

juliusweiß stolperstein

Ca. 30 Personen trafen sich um 09:00 Uhr an der Augustastraße 77, um an Julius Weiss zu erinnern. Der Wehringhauser verliebte sich 1939 in seine Nachbarin Anna Bache. Das Standesamt verweigerte die Heiratserlaubnis, weil Julius Weiss, Sinto, als „rassenfremd“ galt.

Das Paar kämpfte vergeblich um die Genehmigung und zog 1940 zusammen. Anna erwartete inzwischen ein Kind. Wenig später wurde Julius verhaftet. Er verbrachtet den Rest des Krieges in den Konzentrationslagern Dachau und Sachsenhausen. In Gegensatz zu den meisten Sinti überlebte er die NS-Zeit, kehrte 1945 nach Hagen zurück und heiratete seine Frau. Er sah seine ca. 5-jährige Tochter wahrscheinlich erst dann zum ersten Mal.

Während der Verlegung hielt René Röspel, MdB, eine kurze Rede. Viertklässler der Janusz-Korczak-Grundschule präsentierten ein Theaterstück über Julius Weiss, das sie mit ihrer Lehrerin Frau Verbeeck geübt hatten. Als Grundlage benutzten sie u.a eine Präsentation zum Thema, die der Projektkurs des Rahel-Varnhagen-Kolleg vorbereitet hatte.

ilsemitze stolperstein

Der zweite Stolperstein wurde nur 500 Meter entfernt, in der Augustastraße 11, verlegt. Dort wohnte und arbeitete das Dienstmädchen Ilse Mitze. Nach einem verheerenden Luftangriff im Jahr 1944 half sie die ganze Nacht, den Hausrat aus dem brennenden Haus zu retten. Dabei entwendete sie einige Kleidungsstücke. Sie wurde vom Sondergericht Dortmund in einem Prozess, der jedem rechtsstaatlichen Prinzip widersprach, zum Tode verurteilt und mit knapp 19 Jahren enthauptet. Pastor Schwertfeger erinnerte in einer bewegenden Rede an die Ermordete.

Der Projektkurs des Rahel-Varnhagen-Kolleg und der Hagener Geschichtsverein organisieren seit 2018 gemeinsam die Stolpersteinverlegungen in Hagen. Die neuen Stolpersteine wurden von der Bezirksvertretung Mitte und der Ev. Paulusgemeinde finanziert. Im September erscheint in der nächsten Ausgabe des Magazins „089 Wehringhausen“ eine Biographie zu Ilse Mitze. Autor ist Fazdi Askova, Teilnehmer des Projektkurses am Kolleg.

Treffpunkt Hauptbahnhof

23. Juni 2021

Integrationsrat will eine Gedenktafel für Gastarbeiter

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Ankunft eines Sonderzugs für Gastarbeiter im Bahnhof Hohenlimburg am 7. Dez. 1966. Foto: Stadt Hagen.

Der Integrationsrat schlägt dem Rat der Stadt Hagen vor, ein Andenken an die 1. Generation von Gastarbeitern in Form einer mehrsprachigen Gedenktafel im Bahnhofsviertel zu errichten.

Die Bundesrepublik Deutschland unterzeichnete schon 1955 das erste Anwerbeabkommen mit Italien. 1960 folgten Spanien und Griechenland, 1961 die Türkei, 1963 Marokko und Südkorea, 1964 Portugal, 1965 Tunesien und 1968 Jugoslawien. Nach Ansicht des Integrationsrats soll die Gedenktafel in allen entsprechenden Sprachen verfasst werden.

Die 1. Generation der Gastarbeiter kam am Hagener Hauptbahnhof an, zudem diente dieser häufig als Treffpunkt und war ein bekanntes Viertel, um sich mit Freunden und Bekannten zu treffen.

Diese Generation der Gastarbeiter hat einen großen Beitrag zum Wiederaufbau der Industrie in Hagen geleistet und sollte daher nicht in die Vergessenheit geraten. Viele der Großbetriebe, bei denen sie beschäftigt waren, sind verscherbelt worden (wie Varta und Dolomitwerke) oder mit öffentlichen Geldern in andere Gebiete gelockt worden (wie Zwieback-Brandt).

Insbesondere die emotionalen Aspekte, unter denen diese Generation zu leiden hatte, ist den meisten Hagenern heute nicht mehr bewusst. So litten die Gastarbeiter sehr stark unter Heimweh; sie versuchten so viel Geld wie möglich anzusparen, um so schnell wie möglich wieder in die Heimatländer zurückzukehren.

Viele Nachkommen dieser 1. Generation sind inzwischen deutsche Staatsangehörige und kennen die Geschichte ihrer Vorfahren kaum. Die schwierigen Lebens- und Arbeitsbedingungen der 1. Generation sind nur Wenigen bekannt.

Daher sollte Hagen ein Zeichen setzten und somit die Leistung zum Wiederaufbau Hagens durch die Unterstützung der Gastarbeiter wieder in Erinnerung rufen.

Fließband BrandtAm Fließband bei Zwieback-Brandt, 1972. Zum Ende der Spätschicht setzte die Hagener Straßenbahn Extrazüge ein, um die Arbeiterinnen nach Hause zu befördern. Foto: Bundesarchiv/Ulrich Wienke (CC-BY-SA 3.0).

Hagen, Firma Carl Brandt Zwieback und Bisquit Carl Brandt, Zwieback und Bisquit GmbH. Hagen/Westf. Gastarbeiter-Unterkünfte, 1972. Foto: Bundesarchiv/Ulrich Wienke (CC-BY-SA 3.0).

Gastarbeiterinnen-UnterkunftKüche in einer Hagener Gastarbeiterinnen-Unterkunft, 1972 Foto: Bundesarchiv/Ulrich Wienke (CC-BY-SA 3.0).

FernUni-Thema „Kolonialismus und Hagen“

4. Juni 2021

Online-Buchvorstellung: „Fernes Hagen. Kolonialismus und wir“

Hagen postkolonialHintersinniges Titelbild der Publikation: „Lüderitzbucht von der Haifisch-Insel gesehen“. Im Vordergrund der Montage die Behausungen der „Haifische“ – Rathaus, die gleichnamige Einkaufs-Galeere und SIHK. Foto: FernUniversität / Klaus Bärwinkel / Klaus Ehlers.

Exotisches liegt nicht nur in der Ferne, es ist häufig ganz nah. Kolonialismus und Stadthistorie sind immer noch eng miteinander verschränkt: über materielle Zeugnisse, Geschichten und Geschichte.

Sie wirken immer noch nach in Unternehmensportraits, über Sammelobjekte wie großformatige Wandbilder der deutschen „Schutzgebiete“ aus einer Hasper Schule. Am Nachlass eines Hagener Missionars wird die Beziehung zwischen Ostafrika und Nordrhein-Westfalen greifbar.

Barbara Schneider und Dr. Fabian Fechner aus dem Lehrgebiet Geschichte Europas in der Welt an der FernUniversität in Hagen forschen zu dem Thema Kolonialismus und Hagen. Sie haben ein Buch darüber herausgegeben, das am 10. Juni von 16 bis 17.30 Uhr online über die Plattform Zoom vorgestellt wird.

Anlass für die Publikation ist eine geplante Ausstellung im Rahmen des 275-jährigen Hagener Stadtjubiläums, die im Herbst in der Bibliothek der FernUniversität zu sehen sein wird.

Für die Onlineveranstaltung ist eine Anmeldung vorab notwendig, um die Zugangsdaten zu bekommen: veranstaltungen.ub@fernuni-hagen.de

Hagens Denkmallandschaft wird erkundet

20. Mai 2021

Experte nimmt Arbeiten an Überblicksband auf

Erstmals wird das baukulturelle Erbe Hagens von den Anfängen bis zur Moderne komplett erfasst und dokumentiert. Gemeinsam gaben der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) und die Stadt Hagen den Start der Arbeiten an einem neuen Band in der Reihe „Denkmäler in Westfalen“ bekannt. Die Denkmaltopographie für die Stadt Hagen wird einen Katalog aller bekannten Baudenkmäler im Stadtgebiet und übergreifende Beiträge zur Hagener Denkmallandschaft umfassen.

„Wir freuen uns sehr, dass die Stadt Hagen sich als vierte Stadt in Westfalen-Lippe in die bundesweite Reihe der Denkmaltopographien einbringt,“ erklärt der Leiter des LWL-Denkmalpflege, Dr. Holger Mertens. „An der Grenze zwischen Sauerland und Ruhrgebiet gelegen, zeichnet sich Hagen durch eine außergewöhnlich vielfältige Denkmallandschaft und eine besondere Stadtentwicklung aus, die es nun zu erfassen und zu erkunden gilt.“

Die geplante Denkmaltopographie soll grundlegende Informationen, etwa zu Funktion, Baugattung, Stil, Datierung und Baugeschichte aller Hagener Denkmäler bieten. Zusätzlich geben Texte zur Stadtgeschichte, Geografie, zum Natur- beziehungsweise Landschaftsraum, der Kulturlandschaft und Archäologie einen umfassenden Überblick über das Gebiet. Einen Schwerpunkt bilden die Bau- und Kunstgeschichte sowie die Faktoren, die zur Entstehung der heutigen Hagener Denkmallandschaft beigetragen haben.

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#everynamecounts: Erinnern vor Ort

9. Mai 2021

Eine Chance, die Erinnerung an NS-Lager in Hagen wachzuhalten

Das Hagener Stadtarchiv präsentiert auf einer eigenen Seite Informationen zu Lagern, Haftstätten und Dienststellen des NS-Regimes. Die Arolsen Archives bieten jetzt eine weitere Möglichkeit an, lokale Schauplätze des Naziterrors sichtbar zu machen.

#everynamecounts – jeder Name zählt und das überall. Unter diesem Motto starten die Arolsen Archives am 8. Mai, dem Tag der Befreiung, eine Aktion zum Schwerpunkt „Erinnern vor Ort“. Mit dieser Initiative möchten die Arolsen Archives kleine Erinnerungsorte und -initiativen sichtbar machen und ihnen eine Stimme für ihre wertvolle und wichtige Arbeit leihen.

Die systematische Verfolgung von Millionen von Menschen fand nicht im Geheimen, sondern an vielen Orten statt: Die Stätten von Verfolgung, Terror und Ausbeutung befanden sich in direkter Nachbarschaft. Im Fokus der medialen Wahrnehmung und Berichterstattung stehen bei Gedenktagen jährlich die großen Gedenkstätten auf den ehemaligen Lagergeländen. Dadurch festigt sich in der Öffentlichkeit das falsche Bild, dass sich die Verbrechen der Nationalsozialisten an wenigen und zentralen Orten abgespielt haben.

Die große Mehrheit der zahllosen KZ-Außenlager, Zwangsarbeiterlager, Kriegsgefangenenlager und anderen Stätten von Verfolgung, Terror und Ausbeutung fallen in der medialen Darstellung zurück oder bleiben gänzlich unbeachtet. Während der Aktionswochen rund um den 8. Mai haben kleinere Gedenkstätten und -initiativen die Möglichkeit, sich einem größeren Publikum über die verschiedenen Kanäle der Arolsen Archives zu präsentieren.

Die Arolsen Archives sind ein internationales Zentrum über NS-Verfolgung mit dem weltweit umfassendsten Archiv zu den Opfern und Überlebenden des Nationalsozialismus. Die Sammlung mit Hinweisen zu rund 17,5 Millionen Menschen gehört zum UNESCO-Weltdokumentenerbe. Sie beinhaltet Dokumente zu den verschiedenen Opfergruppen des NS-Regimes und ist eine wichtige Wissensquelle für die heutige Gesellschaft.

„Ich wollte nichts Dekoratives schaffen“

2. Mai 2021

Zum 125. Geburtstag des Hagener Bildhauers Karel Niestrath

In diesen Tagen wäre er 125 Jahre alt geworden: Karel Niestrath (* 1896 in Salzuflen; † 1971 in Hagen) war der Hagener Bildhauer, der Relief und Skulpturen am Dortmunder Mahnmal Bittermark (Foto: mbdortmund) zum Gedenken an die Zwangsarbeiter und Widerstandskämpfer schuf, die an den Tagen vor dem Einmarsch der amerikanischen Truppen in Dortmund ermordet wurden.

Niestrath begann seine künstlerische Laufbahn mit einer Bildhauerlehre. Verletzt 1917 aus dem Ersten Weltkrieg zurückgekehrt, studierte er an der Werkkunstschule Bielefeld. Später setzte er sein Studium an der Dresdner Kunstakademie fort. Niestraths Werk war geprägt von der Erfahrung des Ersten Weltkriegs, die er in Plastiken und Aquarellen darstellte.

Karl Niestrath, der seit 1924 bis zu seinem Tode vor 50 Jahren in Hagen lebte, war Gründungsmitglied des Künstlerbundes Hagenring. Er gehörte als junger Bildhauer Anfang der 20er Jahre zu den großen Talenten der aufbrechenden Moderne. Erste Preise im Studium an der Dresdner Akademie, Förderung durch Museumsdirektoren in Bielefeld, Dresden und Hagen, zahlreiche Zeitungsberichte und Aufträge geben davon noch heute ein beredtes Zeugnis.

Thematisch und formal weisen seine frühen Arbeiten Bezüge zu Käthe Kollwitz, der er freundschaftlich verbunden war, auf. Gemeinsamkeiten zeigen sich in dieser Phase auch mit Ernst Barlach.

Die meisten seiner Arbeiten, die auch heute noch in Hagen zu sehen sind, entstanden in den zwanziger und frühen dreißiger Jahren des 20. Jahrhunderts. So finden sich zahlreiche Skulpturen und Kleinplastiken in den damals entstandenen Siedlungen des städtischen und genossenschaftlichen Wohnungsbaus oder Einrichtungen der öffentlichen Versorgung wie am ehemaligen Wehringhauser Straßenbahndepot (nach dem Abriss im Depot Oberhagen wieder angebracht).

Für die Cunosiedlung schuf Niestrath in den Jahren 1927/28 beispielsweise neben Portalfiguren und Hauszeichen auch eine Gruppe von Musikern: einen Dudelsack-Spieler, einen Schalmeien-Bläser, einen Ziehharmoniker-Spieler und einen Trommler (Foto: Rainer Halama, CC BY-SA 3.0).

1933 wurde sein Werk Kriegskrüppel in der NS-Ausstellung Entartete Kunst als Foto gezeigt, seine Werke wurden in der Folgezeit aus Museen und der Öffentlichkeit verbannt. Das Westfälische Landesmuseum in Münster zeigte 2008 unter 44 Exponaten, welche während der NS-Diktatur als „entartete Kunst“ entfernt worden waren, Niestraths Skulptur Die Hungrige.

Erstaunlich ist, dass trotz der Restriktionen vom Landesmuseum noch Werke verfemter Künstler angekauft werden konnten: Provinzialkonservator Wilhelm Rave, der kommissarisch das Museum leitete, entschied sich 1943 für den Ankauf von zwei Büsten Karel Niestraths, die den verfemten Maler Christian Rohlfs und den als Mitverschwörer des Attentats vom 20. Juli 1944 hingerichteten Ferdinand von Lüninck, ehemals Oberpräsident der Provinz Westfalen, darstellten.

Nach dem Zweiten Weltkrieg war Niestrath zunächst Lehrer an der von Hans Tombrock 1947 in Dortmund gegründeten Malerschule, später Dozent an der Werkkunstschule Dortmund.

In der Eingangshalle des Hagener DGB-Hauses steht neben dem Treppenaufgang auf einem 50 cm hohen Sockel eine Bronzefigur von Karel Niestrath. Das Werk – eines seiner ersten nach dem 2. Weltkrieg – ist im Auftrag des Gewerkschaftbundes hergestellt worden.

Die Figur ist lebens­groß und zeigt einen Metallarbeiter in der emphatischer Haltung eines Wortführers, der den Kampf gewerkschaftlich organisierter Arbeiter gegen Unterdrückung und Ausbeutung symbolisieren soll. Bei der Aufstellung der Plastik im Septenber 1951 sagte der Künstler: „Ich wollte nichts Dekoratives schaffen, sondern durch die Figur des Sprechers dem gewerkschaftlichen Gedanken sichtbaren Ausdruck geben.“

1960 gestaltete er die großflächigen Skulpturen und Reliefs für das Dortmunder Mahnmal in der Bittermark. Niestrath verwendet verschiedene Stile und Formen, um das Leid der brutal ermordeten Zwangsarbeiter und Widerstandskämpfer darzustellen. Fast kubistische, eckige Formen charakterisieren die NS-Mörder, vielfältige Skulpturen und Reliefs zeigen die Foltern der fast 300 ermordeten Opfer. Christliche Motive, der gekreuzigte Christus, stehen den heidnisch als Sonnenverehrer gezeichneten NS-Tätern gegenüber.

„Dabei bediente er sich gewagter, nicht einmal alltäglicher künstlerischer Mittel: die ausgemergelten, geschundenen Gestalten, die Opfer, sind mit realistischen Zügen versehen, in ausdrucksvolle organische Formen gemeißelt – die Mörder erscheinen im wahrsten Sinne des Wortes gesichts- und herzlos, als wesenlose Roboter in geometrisch-abstrahiertem Gewand.“ (Günther Ott: Der Bildhauer Karel Niestrath. S. 15)

Karel Niestrath war verheiratet mit der Bildhauerin Eva Niestrath-Berger (* 1914 in Wallerfangen, † 1993 in Hagen), mit der er die Bildhauerklasse der Werkkunstschule Dortmund gemeinsam geleitet hat. Die Grabstätte des Künstlerpaares befindet sich auf dem Friedhof Hagen-Delstern im Bereich der Ehrengrabstätten.

Windmühle im Freilichtmuseum zieht um

16. April 2021

Die Windmühle vor der Sanierung an ihrem alten Platz. Foto: LWL.

Ein ungewöhnliches Projekt beschäftigt das Freilichtmuseum des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) in Hagen schon seit längerem: Die Translozierung, also die Umsetzung, der Windmühle an einen besseren Platz. Die Windmühle, eine Galerie-Holländer Windmühle, im Kreis Minden-Lübbecke ca. 1850 errichtet, war das erste Bauwerk, das nach der Museumsgründung 1965 als neue Landmarke für das Freilichtmuseum in Hagen errichtet wurde.

Die Windmühle stand bisher nicht innerhalb des Freilichtmuseums, sondern auf einem Hügel vor dem Museumseingang. Was beim Aufbau der Windmühle als bautechnisch geeignet zum Erhalt der Mühle galt, hat sich inzwischen als problematisch herausgestellt. Vor einigen Jahren zeigte sich, dass umfangreiche Sanierungsmaßnahmen am Sockel und an der Holzkonstruktion der Windmühle nötig sein würden.

In der Nähe vom Haus Letmathe, dem ehemaligen Restaurant, wird die Mühle von einem niederländischen Mühlenbaubetrieb restauriert und wiederaufgebaut. Das geschieht im Laufe des Sommers. Das Richtfest ist für August geplant.

Für ein technikhistorisches Museum wie das LWL-Freilichtmuseum Hagen hat eine Windmühle noch größere Bedeutung als für andere Freilichtmuseen. Sie ist ein Beleg für vorindustrielle, ingenieurwissenschaftliche Technik und ein wichtiges Beispiel für regenerative Energien in der Technik-Geschichte.

Die Windmühle steht als einziges Exponat des Freilichtmuseums für diese historisch wichtige Form der vorindustriellen Energiegewinnung durch Windkraft. Sie ergänzt die anderen im LWL-Freilichtmuseum Hagen präsentierten Energiequellen wie Wasser- und Dampfkraft.

Beseitigung statt Schutz

3. April 2021

Westfälischer Heimatbund (WHB) fürchtet um die Denkmallandschaft in NRW

Interview mit Dr. Silke Eilers, Geschäftsführerin des WHB

Die Landesregierung plant eine Neufassung des Denkmalschutzgesetzes NRW. Der nach einer Verbändeanhörung bereits überarbeitete Entwurf wurde Anfang März der Öffentlichkeit vorgestellt. Die Geschäftsführerin des Westfälischen Heimatbundes, Dr. Silke Eilers, sieht weiterhin Gefahren für das baukulturelle Erbe im Land (Foto: WHB).

Gibt es aus Sicht des WHB die Notwendigkeit, das Denkmalschutzgesetz NRW zu ändern?

Eilers: Wir sind der Ansicht, dass sich das Denkmalschutzgesetz des Landes Nordrhein-Westfalen in seiner bestehenden Fassung grundsätzlich bewährt hat. Dies betrifft auch das arbeitsteilige Zusammenspiel der beteiligten Ebenen. Einzelne Modifizierungsbedarfe könnten ohne größere Änderungen des Gesetzes vorgenommen werden.

Das Denkmalschutzgesetz NRW ist seit seinem Inkrafttreten bereits mehrfach evaluiert worden. Auch die verschiedenen Bestandsaufnahmen sahen es überwiegend als geeignetes Instrument zur Bewahrung des baukulturellen Erbes des Landes an und empfahlen allenfalls geringfügige Änderungen von Einzelaspekten.

Was sind die Hauptkritikpunkte des WHB?

Nach der letzten Verbändeanhörung hat es von verschiedenen Seiten deutliche Kritik an dem vorgelegten Gesetzesentwurf gegeben. In diesem Kontext hat sich auch unter Beteiligung des WHB ein Denkmal-Schutzbündnis landes- sowie bundesweiter Verbände und Initiativen, die sich seit Jahren erfolgreich für Denkmalpflege und Denkmalschutz stark machen, formiert.

Denkmäler sind zu schützen – so hieß es bisher klar zu Beginn des Gesetzes. Diese eindeutige Aussage soll durch eine neu formulierte Passage ersetzt werden. Dies ist symptomatisch. Der nun vorgelegten Fassung des Gesetzes fehlt es aus unserer Sicht an dem Charakter eines Schutzgesetzes. Anstelle der Erhaltung und Bewahrung von Denkmälern wird die (wirtschaftliche) Nutzung und Umnutzung in den Fokus gestellt.

Wie wir bereits bei unserer letzten Stellungnahme verdeutlicht haben, weicht man mit der Neufassung des Denkmalschutzgesetzes NRW die bisherigen Standards zum Denkmalschutz zugunsten sachfremder Aspekte wie etwa in Bezug auf Wirtschaft und Klima auf. Das bedeutet eine deutliche Verschlechterung für die Zukunft des baukulturellen Erbes. Dabei ist es doch so, dass gerade der Bereich der Denkmalpflege als vorbildlich im Umgang mit natürlichen Ressourcen anzusehen ist und Nachhaltigkeit lebt. Hier wird graue Energie erhalten, natürliche Baustoffe und Handwerker aus der Region werden eingesetzt.

Unsere Kritik betrifft auch den Wegfall der sogenannten Benehmensherstellung und den Ersatz durch eine freiwillige Anhörung der Fachleute bei den Landschaftsverbänden. Die Denkmalämter der Landschaftsverbände haben aufgrund ihrer anerkannten Expertise und ihrer fachlichen Weisungsungebundenheit in der Vergangenheit die Funktion eines Anwaltes und Fürsprechers der Denkmäler übernommen.

Wenn künftig diese Kenntnisse nicht mehr in der bewährten Form abgerufen werden, wird ein von der Baupraxis geprägtes Verwaltungsverfahren im Zentrum stehen, das überdies auch von Kommune zu Kommune unterschiedlich gehandhabt wird. Denkmalpflege ist jedoch mehr als ein Verwaltungsakt. Keine Seite wird von diesem Vorgehen profitieren – am wenigsten jedoch die Baudenkmäler.

Was begrüßen Sie an dem Entwurf?

Wir begrüßen die bessere Förderung von Denkmälern wie auch die Einrichtung eines Landesdenkmalrates, den wir als partizipatives Element bereits seit längerem eingefordert haben, um verstärkt gesellschaftlichen Gruppen eine Stimme zu geben. Doch damit ist es nicht getan. Unser Ziel als Dachverband ist es, Kompetenzen in der Bürgerschaft zu entwickeln und zu fördern. Wir engagieren uns nachdrücklich für eine systematische Stärkung des Ehrenamtes als Träger von Civil Science. Dies bezieht sich auch auf die Rolle der ehrenamtlich Tätigen in der Denkmalpflege. So plädieren wir auch weiterhin dafür, die ehrenamtlichen Beauftragten für Denkmalpflege nicht als „Kann“, sondern als „Soll“ vorzusehen.

Erfreulich an dem Entwurf des Gesetzes ist auf den ersten Blick eine geplante Stärkung der Bodendenkmalpflege, wobei man sich auch hier noch einmal sehr genau die Details anschauen muss.

Die positiven Aspekte können jedoch die negativen Auswirkungen für unsere Baukultur nicht aufwiegen.

Dr. Silke Eilers, *1975, ist Geschäftsführerin des Westfälischen Heimatbundes e.V.. Nach dem Studium Neuere und Neueste Geschichte, Volkskunde/Europäische Ethnologie, Mittelalterliche Geschichte und Historische Hilfswissenschaften an der WWU Münster arbeitete sie als Freie Wissenschaftliche Mitarbeiterin in der stadt- und regionalgeschichtlichen Abteilung des Gustav-Lübcke-Museums Hamm. Es folgten weitere Stationen als wissenschaftliche Volontärin und wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland, Bonn, als Stadthistorikerin in der Kulturabteilung der Stadt Ahlen, u.a. zuständig für das Heimatmuseum, und als Wissenschaftliche Referentin im LWL-Museumsamt für Westfalen, Beratungsgebiet Ostwestfalen-Lippe.

Funde aus drei Epochen entdeckt

30. März 2021

Archäologen graben in Hagen-Haßley

Bei der Überprüfung eines Neubauareals am Südrand von Hagen-Haßley legten Archäologen des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) in Kooperation mit der Hagener Stadtarchäologie im vergangenen November bei Probegrabungen erste Siedlungsspuren und ein Brandgrab frei. Jetzt wurden weitere Brandgräber, Überreste einer Metallproduktionsstätte sowie Reste einer neuzeitlichen Straße entdeckt.

Mirjam Kötter ist Stadtarchäologin in Hagen: „Die jüngsten Ausgrabungen bei Haßley bestätigen erneut, dass Hagen eine reichhaltige und spannende archäologische Fundlandschaft ist. Hier siedelten vor über 2.000 Jahren Menschen, errichteten eine Hofstelle und bestatteten ihre Toten.“

Die von der Hagener Entwicklungsgesellschaft (HEG) beauftragte archäologische Fachfirma fand während der Ausgrabung mehrere verfüllte Gruben und Pfostenlöcher eines Gebäudes. Der LWL-Archäologe und Leiter der Außenstelle Olpe, Prof. Michael Baales: „Diese Verfärbungen entstanden durch die Eingrabung von Holzpfosten in zwei Reihen, die das Grundgerüst des Hauses bildeten. Diese lassen sich unter anderem zu einem der ältesten Hausgrundrisse in Hagen rekonstruieren.“

Im Nordosten des Untersuchungsareals konnten wesentlich jüngere Befunde entdeckt werden: Einige Gruben aus dem späten Mittelalter. Aus diesen wurden zahlreiche Abfallprodukte (sog. Schlacken) der Metallproduktion geborgen. Der LWL-Archäologe Dr. Manuel Zeiler konnte typische Überreste des Schmiedeprozesses identifizieren. Da weitere mittelalterliche Strukturen fehlen, befand sich hier möglicherweise die Schmiede eines mittelalterlichen Hofes. Die Fachleute nehmen an, dass dieser Bereich am äußeren Rand der eigentlichen Hofstelle lag und sich daher für die gefährlichen Aktivitäten einer Schmiede besonders eignete.

Im südlichen Bereich der Fläche entdeckten die Archäolog:innen die Überreste einer Straße. Sie zeigte sich als eine mit Steinen aufgefüllte Senke, welche beidseitig von Drainagen begleitet wurde. Die Existenz der Straße ist seit der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts bekannt, da sie in der Zeit zum ersten Mal kartiert worden war. Somit stellt sie den jüngsten Befund der Ausgrabung dar.

„Die Untersuchungen bei Hagen-Haßley zeigen, wie wichtig es ist, auch auf bisher fundfreien Flächen in potentiell günstigen Siedlungsarealen vor einer Bebauung die archäologische Denkmalpflege frühzeitig hinzuzuziehen. So können bisher unbekannte Bodendenkmale vor ihrer Zerstörung zumindest dokumentiert werden“, betont Baales.

Die Wiege der Moderne liegt in Hagen

28. März 2021

Karl Ernst Osthaus und die Lücke

Karl Ernst Osthaus (1874-1921) gehörte zu den wichtigsten Kunstsammlern und Mäzenen des 20. Jahrhunderts. Nach seinem Willen sollte seine Heimatstadt Hagen zu einem kulturellen Zentrum werden. Der Plan scheiterte an Osthaus‘ frühem Tod am 27. März vor einhundert Jahren.

Quelle: WDR 3 Kulturfeature, 54:02 Min. (Verfügbar bis 20.03.2022)

Zu Osthaus siehe auch:

Hagen und Emst
Westdeutsche Volkszeitung, Hagen, 04.01.1914 und 08.01.1914

Ein zweiteiliger Beitrag von Osthaus zu den politischen Auseinandersetzungen um den Bau einer Gartenstadt auf dem Emsterfeld.

Ist denn Hagen wirklich immer dazu ausersehen, in Kulturfragen in letzter Linie zu marschieren?

Emst hat hier der öffentlichen Initiative etwas vorgegriffen. Das mag, wer will, eine Ungehörigkeit gegen alle nennen, die sich zur Initiative in solchen Dingen allein berufen fühlen. Aber die Errungenschaften sind darum nicht weniger erfreulich.

Zum ersten Male ist hier der Versuch durchgeführt worden, ein großes Stadtviertel so auszuschließen, daß es keine Strafe ist, darin zu wohnen.

Zum Hintergrund der Planung Gartenstadt Emst siehe auch:

Herta Hesse-Frielinghaus (Hrsg.): Karl Ernst Osthaus – Leben und Werk, Recklinghausen 1971, S. 376 ff.

Anna-Christa Funk-Jones und Johann Heinrich Müller (Hrsg.): Der westdeutsche Impuls – Kunst und Umweltgestaltung im Industriegebiet, Band: Die Folkwang-Idee des Karl Ernst Osthaus, Hagen 1984, S. 211 ff.

Der junge Mann und die kleine schmutzige Stadt
(Fast) ein modernes Märchen

Die, die in der Stadt geblieben waren, reagierten trotzig und verteidigten ihre Heimat gegenüber denen, die etwas verändern wollten oder von außen kamen. Sie beharrten darauf, Recht zu haben, und nahmen nur Menschen in ihre Gemeinschaft auf, die ihnen recht gaben oder nach dem Munde redeten.

So kamen viele Menschen in die Stadt, die anderswo gescheitert waren, und auch deshalb wuchs ihr Ruf, eine Stadt der Verlierer zu sein.

100. Todestag: Erinnerung an Karl Ernst Osthaus

26. März 2021

1_Gerhardi_K425_Osthaus_RS_max„In Meran verschied nach schwerem Leiden am Ostersonntag der Gründer und Leiter des Museums Folkwang Dr. Ing. h.c. et phil. Karl Ernst Osthaus“, lautete der Text der Todesanzeige in der lokalen und überregionale Presse im März 1921, gefolgt von einer Würdigung seines Schaffens: „Seine ungewöhnliche Hingabe an alle Fragen des kulturellen und künstlerischen Lebens, seine aufopfernde Tatkraft und sein verantwortungsfreudiger Idealismus sichern ihm über die Grenzen der Jetztzeit und Deutschland hinaus als leuchtendes Vorbild ein bleibendes Andenken.“

Karl Ernst Osthaus, geboren 1874, starb am Ostersonntag, 27. März 1921 in Meran, Südtirol (Abb.: Portrait Karl Ernst Osthaus, 1903, von Ida Gerhardi, 1862-1927).

„Ich freue mich sehr, dass so viele Institutionen in Hagen und über die Stadtgrenzen hinaus an den 100. Todestag von Karl Ernst Osthaus erinnern, einem besonderen Anlass im Jahr unseres Stadtjubiläums“, so Erik O Schulz, Oberbürgermeister der Stadt Hagen. Sobald die Museen in Hagen wieder öffnen können, wird das Osthaus Museum Hagen das Andenken an seinen Namensgeber mit der Ausstellung „Folkwang-Reflexe“ in der historischen Brunnenhalle würdigen.

Die Folkwang-Sammlung wurde nach dem Tod von Osthaus von seiner Familie an die Stadt Essen verkauft. Dennoch lassen sich einige Werke aus der ursprünglichen Hagener Folkwang-Sammlung in den Beständen des Osthaus Museums Hagen finden und mit den Objekten im Katalog des Folkwang aus dem Jahr 1912 identifizieren.

Dazu gehören beispielsweise das große Wandbild aus dem ehemaligen Folkwang-Musiksaal von Emil Rudolf Weiss wie auch Gemälde und Grafiken von Christian Rohlfs oder Radierungen von Käthe Kollwitz. Zwei berühmte Werke des Jugendstils, der elegante „Schwanenteppich“ von Otto Eckmann und der „Kuss“ von Peter Behrens sind ebenso zu sehen wie die grazile Skulptur „Jephtas Tochter“ von Milly Steger. Außerdem wird ein steinerner Buddhakopf aus dem Privatbesitz von Osthaus gezeigt, der auf sein Konzept der Entwicklung eines Weltkundemuseums verweist.

Eine zeitgenössische Reflex der historischen Hagener Folkwang-Sammlung bietet die Arbeit „Salon de Fleurus: Moderne Kunst aus dem Museum Folkwang“. Sie besteht aus über 20 kleinformatigen Gemälden, die Ansichten des historischen Folkwang-Bildersaales sowie die darin präsentierten Hauptwerke zeigen.

Das Junge Museum im Osthaus Museum erinnert im Rahmen der Ausstellung monatlich mit einem Exponat an die verschiedenen Abteilungen des „Deutschen Museums für Kunst in Handel und Gewerbe“, des 1909 von Osthaus gemeinsam mit dem Deutschen Werkbund gegründeten Wandermuseums. Den Auftakt bildet ein Holzhocker, der nach dem Entwurf von J.L.M. Lauweriks, ehemaliger Leiter des Staatlichen Handfertigkeitsseminars in Hagen, entstanden ist.

Öffentliche Führungen zum Hagener Impuls

Die öffentlichen Führungen zum Hagener Impuls nehmen in diesem Jahr schwerpunktmäßig das 100. Todesjahr in den Fokus. Eine kostenlose Broschüre liefert Erläuterungen zu den Orten des Hagener Impulses und informiert über die angebotenen Führungen.

Skulpturen und Reliefs: Broschüre zum Grabmal

Außerdem veröffentlicht das Osthaus Museum zu diesem besonderen Anlass eine Broschüre über das Grabmal von Osthaus. Die bebilderte Publikation beschreibt die Entstehungsgeschichte und erläutert die dargestellten Skulpturen und Reliefs. Die Broschüre „Die Osthaus-Kapelle am Hohenhof. Das Grabmal für Karl Ernst Osthaus von Johannes Ilimari Auerbach“ von Dr. Birgit Schulte ist gegen eine Gebühr von 4,50 Euro im Osthaus Museum erhältlich.

Museum Folkwang in Essen

Auch das Museum Folkwang in Essen nutzt den 100. Todestag Osthaus‘, um an dessen Schaffen zu erinnern.

„Ohne die Mitwirkung der Kunst sind die wichtigsten Fragen des Lebens unlösbar.“ Diese Überzeugung war die Motivation für Karl Ernst Osthaus (1874-1921), sich Zeit seines Lebens für Kunst, Kultur und den Dialog der Kulturen zu engagieren. Sein Credo gilt bis heute.

Der Kunstsammler legte mit dem Erwerb des impressionistischen Meisterwerks „Lise mit dem Sonnenschirm“ von Auguste Renoir den Grundstein für die Sammlung des Museum Folkwang. – Ein Auftakt für eine beispielhafte Sammlung moderner Kunst, dem schnell Erwerbungen von Vincent van Gogh, Paul Cézanne und Paul Gauguin folgten und den Ruf des Museum Folkwang als wegweisendes Museum für zeitgenössische Kunst begründeten. Das Museum Folkwang ist heute eines der renommiertesten deutschen Kunstmuseen mit herausragenden Sammlungen der Malerei und Skulptur des 19. Jahrhunderts, der klassischen Moderne, der Kunst nach 1945 und der Fotografie, die seit 1979 als eigene Abteilung existiert.

„Mit dem Grundstein, den Karl Ernst Osthaus für das heutige Museum Folkwang gelegt hat, hat er nicht nur dem Haus, sondern Essen zu internationaler Strahlkraft verholfen“, so Essens Oberbürgermeister Thomas Kufen. „Im Jahr 2020 als Museum des Jahres ausgezeichnet, bewahrt das Museum Folkwang die Tradition Osthaus‘ als Stätte des Sammelns und Vermittelns neuer und neuester Kunst. Im Jahr 2022 feiern wir den 100. Geburtstag des Museums. Darauf freue ich mich schon heute.“

Der Folkwang-Gedanke hat auch 100 Jahre nach dem Tod von Karl Ernst Osthaus noch Gültigkeit: Der Einheit von Kunst und Leben fühlt sich das Museum Folkwang bis heute verpflichtet.

Hintergründe zu Osthaus Grabmal

Bis zu seinem Tod weilte Osthaus auf Anraten seiner Ärzte zur Linderung seiner fortgeschrittenen Kehlkopftuberkulose in Meran. Auf dem Evangelischen Friedhof zu Meran wurde er schließlich beigesetzt. Der junge Bildhauer Johannes Ilimari Auerbach schuf ihm im Auftrag von Gertrud Osthaus ein monumentales Grabmal. Die Skulpturen und Reliefs thematisieren das Leben und Sterben von Osthaus.

Anlässlich des 50. Todestages von Karl Ernst Osthaus ließ die Stadt Hagen im Jahr 1971 das Grabmal in den Garten des Hohenhofs umsetzen, wo es in der Blickachse des Arbeitszimmers von Osthaus aufgestellt wurde. Am 27. März 1971 fand im Beisein von Familienmitgliedern die Kranzniederlegung durch den Oberbürgermeister der Stadt Hagen am Grabmal statt. Auf Einladung des Karl Ernst Osthaus-Bund folgte im Anschluss eine Gedenkstunde im Osthaus Museum.

Hagener Fundstücke: Beilklinge aus der Jungsteinzeit

21. März 2021

Aus dem Buch „Hagener Fundstücke – 111 archäologische Funde aus Hagen und dem Museum Wasserschloss Werdringen“ präsentiert der Fachdienst Wissenschaft, Museen und Archive der Stadt Hagen eine Beilklinge aus Eklogit, die aus der Jungsteinzeit um 4.000 bis 3.500 v. Chr. stammt und in der Donnerkuhle bei Hagen-Eppenhausen gefunden wurde (Foto: Hermann Menne/LWL-Archäologie für Westfalen, Außenstelle Olpe).

In Südwestfalen werden immer wieder steinerne Äxte und Beile aus der Jungsteinzeit entdeckt. Darunter befinden sich einige auffallende Fundstücke, die hochwertig gearbeitet und aus einem grünlich bis schwarzen, sehr harten und nicht in der Region vorkommenden Rohmaterial bestehen.

Dabei handelt es sich meist um Jadeit (mineralisch-kristalline Gesteine) und Eklogit (metamorphe Gesteine). Metamorphes Gestein ist eine Gesteinsart, die aus älteren Gesteinen durch die Umwandlung ihres Mineralbestandes entsteht. Jadeit und Eklogit wurden unter anderem im westalpinen Raum abgebaut.

Aus Eklogit bestehen auch die kleinen bis mittelgroßen Beilklingen, die in Westfalen häufig gefunden wurden. Sie haben einen ovalen, gelegentlich auch rechteckigen Querschnitt sowie einen spitzen bis abgerundeten Nacken. Auch die Beilklinge aus der Donnerkuhle weist einen spitzen Nacken auf und zählt mit einer Länge von etwa 11 Zentimetern sowie einer Breite von rund 5 Zentimetern zu den kleineren Klingen.

Die Verbreitung von Beilklingen aus den Lagerstätten in den Cottischen Alpen erstreckt sich über den west-, mittel- und südosteuropäischen Kontinent nach Norden bis auf die britische Insel und in den skandinavischen Raum. So gelangten die Fundstücke auch nach Nordrhein-Westfalen. Im Hagener Raum liegen mehrere Beilklingen aus Jadeit und Eklogit der italienischen Westalpen vor, zum Beispiel aus den Stadtteilen Elsey, Haspe, Herbeck und Eppenhausen und aus Volmarstein.

Das Hagener Fundstück ist im Museum Wasserschloss Werdringen ausgestellt.

Hagener Objekte: Münzwaage aus dem Handelshaus Post

11. März 2021

Aus dem Buch „Hagener Stücke – 111 Objekte aus dem Stadtmuseum“ präsentiert der Fachdienst Wissenschaft, Museen und Archive der Stadt Hagen eine Münzwaage aus dem Handelshaus von Johann Dietrich Post (Foto: Heike Wippermann).

Münzwaagen gehörten im Spätmittelalter und in der Frühen Neuzeit zur notwendigen Ausstattung von Kaufleuten auf der Reise und im Kontor, einer Handelsniederlassung im Ausland. Mit ihnen wurden die unterschiedlichen Goldmünzen der Staaten des „Alten Reiches“ geprüft. Aufgrund der geeichten Gewichte ließen sich die Echtheit der Münzprägung sowie ihr Gegenwert feststellen.

Die vermutlich 1774 vom Schwelmer Eichmeister Abraham Kruse hergestellte Münzwaage gehörte zum Nachlass des Handelshauses auf der Enneperstraße in Wehringhausen, das im ausgehenden 17. Jahrhundert von Conrad Post gegründet wurde. Nach dem Tod von Johann Caspar I. im Jahr 1765 führte sein Sohn Johann Dietrich Post den Kommissionshandel weiter. Sein Bruder Johann Caspar II. erhielt die Hammerwerke und Schmieden an der Volme in Eilpe, das Unternehmen Johann Caspar Post & Söhne.

Im Kasten der Münzwaage ist in roter Farbe der Nominalwert der Münzgewichte angegeben. Die Gewichte, die zum Teil nicht in ihrer ursprünglichen Anordnung überliefert wurden, entsprechen verschiedenen Goldmünzen wie Pistole, Dukat, Carlin und Franc. Die Münzwaage wird ab 2022 im Stadtmuseum Hagen zu sehen sein. Dort sind weitere Münzwaagen vorhanden, darunter auch eine Waage aus dem Handelshaus Johann Caspar Harkort.

Hagener Objekte: Medaille „Notopfer der Stadt Hagen“

8. März 2021

Hagener Medaillen brachten kaum Gewinn

Aus dem Buch „Hagener Stücke – 111 Objekte aus dem Stadtmuseum“ präsentiert der Fachdienst Wissenschaft, Museen und Archive der Stadt Hagen eine vergoldete Medaille zum „Notopfer der Stadt Hagen“ aus dem Jahr 1949, die auf den Lüdenscheider „Notpfennig“ zurückgeht.

Die Anregung und der Entwurf zur Hagener Medaille stammen von dem in Hagen geborenen Willi Gauchel. Nach seiner Ausbildung als Bautechniker sowie Bühnenbildner am Theater Hagen lebte er als freier Grafiker und Maler in Lüdenscheid. Dort hatte er bereits 1947 den „Notpfennig“ der Stadt Lüdenscheid, das Vorbild für die Hagener Medaille, entworfen. Mit dem Erlös der Münze sollten in der frühen Nachkriegszeit die Not und das Elend in der Stadt gelindert werden. Der erzielte Gewinn war beachtlich: Der Verkauf des „Notpfennigs“ brachte im Jahr 1947 67.000 Reichsmark und 1948 25.000 Deutsche Mark (DM) ein.

Die Medaille zum „Notopfer der Stadt Hagen“ wurde 1949 von der Metallwarenfabrik Steinhauer & Lück GmbH in Lüdenscheid hergestellt und im Auftrag der Arbeitsgemeinschaft der freien Wohlfahrtspflege in Hagen herausgegeben. Die Vorderseite zeigt neben der Umschrift „Notopfer der Stadt Hagen 1949“ die Ruinen des Rathauses und der Johanniskirche. In der Mitte ist vermutlich Lazarus von Bethanien mit seiner Schwester Maria zu sehen. Auf der Rückseite präsentiert sich das Hagener Eichbaumwappen.

Die Fabrik stellte von der Hagener Medaille verschieden große Ausführungen in den Farbtönen Gold, Silber und Bronze zu unterschiedlichen Verkaufspreisen her. Die vergoldete Ausführung mit 70 Millimeter Durchmesser kostete beispielsweise 100 DM. Bronzierte Medaillen waren günstiger: Eine 50 Millimeter große Ausgabe war zum Beispiel für 10 DM erhältlich.

Trotz Werbung und Preisausschreiben konnte von den insgesamt 4.500 gefertigten Medaillen bis 1955 nur die Hälfte mit einem Erlös von 20.547 DM verkauft werden – eine schlechte Bilanz im Vergleich zum Erlös des Lüdenscheider „Notpfennigs“. Die zahlreichen, noch vorrätigen „Notopfer“ verschwanden 1955 aus dem offiziellen Angebot der Hagener Stadtverwaltung. Erst 1971 wurde eine größere Anzahl von Medaillen im Lager des ehemaligen städtischen Leihhauses entdeckt, die als Sammlerstücke in den Münz- und Medaillenhandel gelangten.

Die Medaille zum „Notopfer der Stadt Hagen“ wird ab 2022 im Stadtmuseum Hagen zu sehen sein.

Gelder für Haus-Harkorten-Sanierung

4. März 2021

Das „Neue Haus“ auf Haus Harkorten soll erhalten bleiben: Für die denkmalgerechte Restaurierung des repräsentativen Herrenhauses stellt die NRW-Stiftung dem Verein zur Förderung des Erhalts und der Entwicklung von Haus Harkorten einen Zuschuss in Höhe von bis zu 60.000 Euro zur Verfügung. Das beschloss jetzt der Stiftungsvorstand unter dem Vorsitz von Eckhard Uhlenberg.

Haus Harkorten am Fuße des Hasper Quambuschs ist eine baulich fast vollständig erhaltene Gutsanlage aus dem 18. Jahrhundert und der ehemalige Wohnsitz der Kaufmanns- und Industriellenfamilie Harkort. (…)

Quelle: wp.de

Hagener Objekte: Erinnerungsglas zur ersten westfälischen Kochkunstausstellung

27. Februar 2021

Aus dem Buch „Hagener Stücke – 111 Objekte aus dem Stadtmuseum“ präsentiert der Fachdienst Wissenschaft, Museen und Archive der Stadt Hagen ein Erinnerungsglas zur ersten westfälischen Kochkunst- und Fachgewerbeausstellung in Hagen im Jahr 1905 (Foto: Heike Wippermann).

Um 1900 hatte sich Hagen zu einem florierenden Zentrum von Handel und Gewerbe im Rheinland und in Westfalen entwickelt. So wurden im ausgehenden 19. Jahrhundert sowie im frühen 20. Jahrhundert mehrere Gewerbe- und Fachausstellungen auf der als Versammlungsplatz genutzten Hagener Springe veranstaltet. Für Ausstellungen diente dort außerdem eine seit den 1850er Jahren bestehende hölzerne Halle, die um 1880 durch einen Neubau ersetzt wurde. Die Gewerbe- und Fachausstellungen sollten an die großen und überregionalen Ausstellungen beispielsweise in Berlin anknüpfen.

Im Jahr 1905 war es dann soweit: Vom 6. bis 17. Mai 1905 fand die erste überregionale Kochkunst- und Fachgewerbeausstellung in Hagen statt. Zahlreiche Betriebe und Köche aus der Provinz Westfalen präsentierten sich in der Veranstaltungshalle sowie in weiteren Gebäuden auf der Springe. Organisiert wurde die Ausstellung von der „Westfälischen Zone“ des Deutschen Gastwirte-Verbandes.

Zur Erinnerung an dieses überregionale Ereignis wurde neben einer Silbermedaille auch eine Postkarte mit einer Abbildung des Ausstellungsgebäudes herausgegeben. Die Postkarte war besonders beliebt; das Motiv diente vermutlich auch als Vorbild für das Erinnerungsglas, das dem Stadtmuseum 1994 gestiftet wurde.

Das Erinnerungsglas wird ab 2022 im Stadtmuseum Hagen zu sehen sein.

Hagener Objekte: Frisier- und Schminktisch aus der Villa Laufenberg

18. Februar 2021

Aus dem Buch „Hagener Stücke – 111 Objekte aus dem Stadtmuseum“ präsentiert der Fachdienst Wissenschaft, Museen und Archive der Stadt Hagen eine Poudreuse aus der Einrichtung der Villa Laufenberg (Foto: Heike Wippermann). Dabei handelt es sich einen aufwendig konstruierten Frisier- und Schminktisch aus der französischen Wohnkultur des 18. Jahrhunderts.

Im 18. Jahrhundert stellten Kunsttischler, sogenannte Ebenisten, Möbel für die königlichen Höfe von Ludwig XV. und Ludwig XVI. sowie für die adelige und großbürgerliche Gesellschaft her. Ihre Möbel zeichneten sich durch hohe handwerkliche Qualität und Ausstattung aus, was sie zu hochpreisigen Kunstwerken machte. Dazu zählt auch der Frisier- und Schminktisch aus der Villa Laufenberg, der in den französischen Möbelstil „Louis-seize“ um 1770 bis 1790 datiert werden kann und unter anderem aus verschiedenem Holz besteht sowie Applikationen aus Bronze und Messing trägt. Die genaue Werkstatt lässt sich nicht feststellen.

Die Familie von Laufenberg-Wittmann war Eigentümer der Gussstahlwerke Wittmann AG in Hagen-Haspe und bewohnte die um 1890 errichtete Villa Laufenberg. Nach dem Tod der letzten Erbfolgerin Adele von Laufenberg-Wittmann im März 1960 erwarb die Stadt Hagen die Villa mitsamt ihrer Einrichtung und dem Grundstück. So gelangte auch der Frisier- und Schminktisch, der sich im Schlafzimmer des Gebäudes befand, in den Besitz der Stadt.

Heute dient die Villa Laufenberg als Kindertagesstätte. Neben der Poudreuse werden ab 2022 weitere aus der Villa Laufenberg erhaltene Gegenstände wie Gemälde und Porzellan im Stadtmuseum Hagen zu sehen sein.

Als Hagen zur Großstadt wurde

11. Februar 2021

Ein Rückblick im Stadtjubiläumsjahr

Die 100.000ste Einwohnerin Hagens Therese Katharina Floren mit dem Sparbuch über 250 Reichsmark. Foto: Stadtarchiv Hagen.


In diesem Jahr steht ein Jubiläum an: Vor 275 Jahren erhielt Hagen die Stadtrechte. Und fast auf den Tag genau vor 93 Jahren wurde Hagens 100.000ste Einwohnerin Therese Katharina Floren geboren – und Hagen wurde Großstadt.

1928 fieberte die ganze Stadt der Geburt der 100.000sten Einwohnerin oder des 100.000sten Einwohners entgegen. Am 13. Februar 1928 war es dann endlich soweit: Therese Katharina Floren kam als erstes Kind des Eisenbahn-Zugführers Joseph Floren und seiner Frau Gertrud (geb. Schnapp) im elterlichen Haus an der damaligen Heidbrache zur Welt.

Als zwei Tage später, am 15. Februar 1928, die Geburtsurkunde ausgestellt wurde, war es amtlich: mit der Geburt der neuen Erdenbürgerin erreichte die Volmestadt die Einwohnerzahl von 100.000 und wurde so zur stolzen Großstadt. Dieser Augenblick wurde natürlich in ganz Hagen gebührend gefeiert – die Schülerinnen und Schüler bekamen schulfrei und sogar in den amerikanischen Medien wurde über dieses städtische Ereignis berichtet.

Die Stadtverwaltung gab zu Ehren der „100.000sten“ eine Gedenkmedaille des in Hagen tätigen Bildhauers und Medailleurs Hans Dorn heraus und der Rat der Stadt Hagen beschloss, die alte Heidbrache, in der das Geburtshaus stand, in Theresenstraße umzubenennen. Kurz nach der Geburt von Therese Floren besuchte der damalige Oberbürgermeister Alfred Finke die neue Hagener Bürgerin sogar persönlich und übergab der Familie ein Sparbuch mit 250 Reichsmark.

Außerdem übernahm er die Patenschaft für das Mädchen – eine Tradition, die in ähnlicher Form auch heute noch gepflegt wird: Auf Antrag der Eltern übernimmt der Bundespräsident die Ehrenpatenschaft für das siebte Kind einer Familie und stellt nach Prüfung der Voraussetzungen eine Urkunde über die Annahme der Ehrenpatenschaft aus. Die Ehrenpatenschaft lässt er zusammen mit einem Patengeschenk (derzeit 500 Euro) den Eltern von einem Repräsentanten der Stadt oder Gemeinde überreichen. In Hagen ist es üblich, das Geschenk des Bundespräsidenten um weitere 500 Euro zu ergänzen, sodass ein Sparbuch mit insgesamt 1.000 Euro angelegt und den Eltern des Neubürgers übergeben wird.

Nachdem Hagen den Rang einer Großstadt erreicht hatte, stieg die Einwohnerzahl durch eine Neugliederung des Gebiets schnell nach oben. Die bis dahin dem Landkreis Hagen angehörigen Gemeinden Boele, Fley, Halden, Herbeck, Holthausen und Vorhalle sowie die Stadt Haspe wurden im August 1929 in die Großstadt Hagen eingemeindet. Damit löste sich auch der Landkreis Hagen auf.

Die Stadtverwaltungen in Hagen und Haspe führten schon zehn Jahre zuvor, im Jahr 1919, Verhandlungen über eine Eingemeindung nach Hagen, die aber Mitte 1920 ergebnislos abgeschlossen wurden. So konnte sich die Volmestadt durch die Eingemeindungen zum Jahresende 1929 über 147.770 Einwohner freuen.

Hagens 100.000ste Einwohnerin Therese Katharina Genz, geborene Floren, zog 1962 mit ihrem Ehemann Dr. Bernhard Genz nach Dortmund, wo sie heute noch lebt.

Hagener Fundstücke: Zwei Goldmünzen aus der römischen Kaiserzeit

11. Februar 2021

Die oben dargestellte römische Goldmünze zeigt Kaiser Flavius Arcadius, die untere Münze stellt Kaiser Theodosius I. dar. Foto: Hermann Menne/LWL-Archäologie für Westfalen, Außenstelle Olpe.


Aus dem Buch „Hagener Fundstücke – 111 archäologische Funde aus Hagen und dem Museum Wasserschloss Werdringen“ präsentiert der Fachdienst Wissenschaft, Museen und Archive der Stadt Hagen zwei römische Goldmünzen, die in Hagen-Hohenlimburg sowie in Hagen-Vorhalle gefunden wurden.

Im Raum Hagen werden immer wieder römische Münzen entdeckt. Unter den Funden fallen zwei Goldmünzen auf, sogenannte Solidi. Der in Gold geprägte Solidus wurde 309 n. Chr. von Kaiser Konstantin eingeführt und blieb vom spätrömisch-byzantinischen Reich über das Frühmittelalter bis zum Beginn des 12. Jahrhunderts eine Art Leitwährung für die europäischen Reiche.

Der erste Solidus wurde im Dezember 1933 am Osthang des Schlossbergs in Hagen-Hohenlimburg entdeckt und zeigt den oströmischen Kaiser Flavius Arcadius, der von 395 bis 408 n. Chr. regierte. Die Vorderseite der Münze stellt den Kaiser im für römische Münzprägungen klassischen, nach rechts blickenden Profil dar. Auf der Rückseite ist Flavius Arcadius mit einem besiegten Gegner am Boden abgebildet. Der Kaiser wurde als schwach charakterisiert; seine Regierungszeit war von Krisen, die infolge der Hunnen- und Goteneinfälle in das Reich entstanden, geprägt.

Die zweite Goldmünze wurde 1952 bei Erdarbeiten im Garten der damaligen Dienstvilla des Direktors der Stahlwerke Brünninghaus am südöstlichen Fuß des Kaisbergs in Hagen-Vorhalle zutage gefördert. Diese zeigt das Profil des von 379 bis 395 n. Chr. regierenden oströmischen Kaisers Theodosius I., Vater von Kaiser Flavius Arcardius. Ihm gelang durch sein militärisch und administrativ erfolgreiches Auftreten die Stabilisierung des Reiches.

Die beiden Fundstücke sind im Museum Wasserschloss Werdringen ausgestellt.

Hagener Objekte: Mosaik von Eugen Richter

4. Februar 2021

Aus dem Buch „Hagener Stücke – 111 Objekte aus dem Stadtmuseum“ präsentiert der Fachdienst Wissenschaft, Museen und Archive der Stadt Hagen ein Mosaik des Politikers Eugen Richter aus dem Jahr 1882 (Foto: Heike Wippermann).

Der Jurist Eugen Richter war einer der ersten Berufspolitiker. Von 1874 bis 1906 vertrat der Abgeordnete der Deutschen Fortschrittspartei den Wahlkreis Hagen-Schwelm im Reichstag. Zu den politischen Gegnern Richters zählte unter anderem der Reichskanzler Otto von Bismarck. In seinem Wahlkreis war Eugen Richter sehr beliebt; zu seinen Ehren wurde 1911 oberhalb des Stadtteils Wehringhausen ein Gedenkturm errichtet. Zusammen mit dem Bismarckturm und dem Kaiser-Friedrich-Turm prägt der Eugen-Richter-Turm den Drei Türme Weg. In Wehringhausen ist zudem eine Straße nach dem Politiker benannt.

Das 1882 angefertigte Mosaik besteht aus Fayence, einer farbig oder weiß glasierten, bemalten Tonware, sowie aus Holz und Gips. Der Durchmesser beträgt 50 Zentimeter. Das Mosaik wurde 1906, in Richters Todesjahr, unter anderem von dem Berliner Schlossermeister und Fabrikanten Julius Stahl gestiftet und gelangte vermutlich in den Besitz des Denkmal-Komitees zur Errichtung des Gedenkturms in Hagen. Von 1911 bis in die 1950er-Jahre befand es sich im Eingang des Turms. Seit 1955 hat die Volkssternwarte Hagen ihre Heimat neben dem Gedenkturm. Das Eugen-Richter-Mosaik wird ab 2022 im Stadtmuseum Hagen zu sehen sein.

Hagener Fundstücke: Schädelteil und Eckzahn

28. Januar 2021

Aus dem neu erschienenen Buch „Hagener Fundstücke – 111 archäologische Funde aus Hagen und dem Museum Wasserschloss Werdringen“ präsentiert der Fachdienst Wissenschaft, Museen und Archive der Stadt Hagen ein Schädelteil und einen Eckzahn eines Höhlenbären, die etwa 50.000 Jahre alt sind (Foto: Hermann Menne/LWL-Archäologie für Westfalen, Außenstelle Olpe).

Die meisten zugänglichen Höhlen im Bergischen Land und im Sauerland wurden im 19. und im 20. Jahrhundert systematisch ausgeräumt. Dabei wurden in den durch Ablagerung entstandenen Gesteinen der Höhlen Skelettreste eiszeitlicher Großsäuger, teilweise zusammen mit steinzeitlichen Artefakten, gefunden.

Unter den in vielen westfälischen Museen überlieferten Altfunden sind Knochen, Schädel und Zähne des Höhlenbären besonders zahlreich vertreten. Die bis zu 3,50 Meter langen, an der Schulter bis zu 1,70 Meter hohen und zwischen 600 und 1.200 Kilogramm schweren Höhlenbären starben vor Ende der letzten Eiszeit in Europa aus. Sie überwinterten in den Höhlen und starben häufig in ihren Quartieren, was an manchen Orten die zahlreichen Knochenfunde erklärt.

Solche Skelettreste fanden sich auch in Hagen: Im Jahr 1792 wurden im Lennetal bei Limburg, vermutlich rund um den Weißenstein, unter einem gesprengten Felsbrocken einige Knochen und vier Zähne entdeckt. Der Elseyer Stiftsprediger Johann Friedrich Möller hatte 1794 die von ihm sichergestellten Fundstücke dem Erbgrafen Moritz Casimir zu Bentheim-Tecklenburg auf dessen Verlangen hin überlassen.

Knapp 140 Jahre später übergab das Fürstenhaus Bentheim-Tecklenburg 1937 dem „Heimatmuseum“ in Hohenlimburg mehrere archäologische Funde, Mineralien und Fossilien aus seiner Sammlung. Darunter befand sich auch ein rund zehn Zentimeter langer und drei Zentimeter breiter Eckzahn aus dem Kieferknochen eines Höhlenbären. Ob es einer der vier 1792 bei Limburg entdeckten Zähne ist, bleibt aufgrund fehlender Informationen am Objekt offen. Der Oberschädel wurde 1931 bei einer Grabung von Josef Spiegel in der Oeger Höhle bei Hagen-Hohenlimburg gefunden.

Die beiden Fundstücke sind im Museum Wasserschloss Werdringen ausgestellt.

Die Gegenburg

24. Januar 2021

LWL-Altertumskommission hat die Geschichte der mittelalterlichen Raffenburg in Hohenlimburg aufgearbeitet

Die Raffenburg ist ein bekanntes Ausflugziel für viele Hagener und Hohenlimburgerinnen. Der letzte Regent der Grafschaft Limburg hatte die Burg zu Beginn des 19. Jahrhunderts sogar zu seinem liebsten Aufenthaltsort erklärt.

Doch welche Geschichte haben die bemoosten Steine der Ruine zu erzählen? Wer waren ihre Herren und was haben sie erlebt? Antworten auf diese und viele weitere Fragen gibt der Burgenführer „Die Raffenburg in Hohenlimburg“, den die Altertumskommission für Westfalen des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) jetzt herausgegeben hat.

Die Geschichte der Burg ist eng verwoben mit den Spannungen zwischen dem Territorium des Erzbischofs von Köln und den südwestfälischen Adelshäusern. „Vermutlich um 1250 als Folge der ‚Isenberger Erbfehde‘ erbaut, sollte die Raffenburg die Grenze der kölnischen Herrschaft Volmarstein zur damals neu entstandenen Grafschaft Limburg sichern“, erklärt die Autorin, die LWL-Archäologin Eva Cichy.

„Die geradezu provozierende Nähe zur 1242 erstmalig erwähnten Limburg verlieh der Raffenburg den Charakter einer Gegenburg. Im Jahr 1288 wurde sie vom Grafen von der Mark belagert und erobert. Zwar wurde sie noch etwa ein Jahrhundert lang genutzt, verlor jedoch an Bedeutung. In Vergessenheit geriet sie aber nie“, ergänzt der Historiker Ralf Blank.

Blank und Cichy versuchen der Burgruine ihre Geheimnisse zu entlocken. Zum einen haben sie dafür zahlreiche verstreute Schriftquellen, wie etwa mittelalterliche Urkunden, Gerichts- und Ortsakten oder Aufzeichnungen in Chroniken, zusammengetragen und ausgewertet. Zum anderen wurden seit Beginn des 20. Jahrhunderts mehrere archäologische Grabungen vorgenommen, die vielfältige Funde und reichlich neue Erkenntnisse erbrachten. Die jüngste Ausgrabung haben LWL-Archäologen im Jahr 2018 durchgeführt. Im gleichen Jahr veranlasste die LWL-Altertumskommission eine Neuvermessung der Anlage.

Die Ergebnisse der neuesten geschichtlichen und archäologischen Forschung haben Cichy und Blank nun zusammengefügt und in kompakter Form als Band 44 der Reihe ‚Frühe Burgen in Westfalen‘ herausgegeben. Die Broschüre ist als archäologischer Führer konzipiert, so dass Interessierte die Raffenburg sowohl bei einer Wanderung als auch von zuhause aus über die Texte, Bilder und Pläne erkunden können.

Eva Cichy und Ralf Blank
Die Raffenburg in Hohenlimburg, kreisfreie Stadt Hagen

Frühe Burgen in Westfalen 44
Münster 2020
44 Seiten, 28 Abbildungen, 1 Klapptafel

Erhältlich für 3,50 Euro bei der Altertumskommission für Westfalen, An den Speichern 7 in 48157 Münster, Tel.: 0251 591-8990, Mail: altertumskommission@lwl.org

Hagener Objekte: Historische Tasse mit Panorama der Stadt Hagen

21. Januar 2021

Die Porzellantasse zeigt eine Stadtansicht von Hagen um 1850. Foto: Heike Wippermann.

Aus dem Buch „Hagener Stücke – 111 Objekte aus dem Stadtmuseum“ präsentiert der Fachdienst Wissenschaft, Museen und Archive der Stadt Hagen eine Porzellantasse mit einer Vedute, einer wirklichkeitsgetreuen Darstellung von beispielsweise Städten oder Landschaften, welche die Stadt Hagen um 1850 zeigt.

Die Hälfte der Tassenfläche zeigt ein farbig ausgemaltes Panorama der Stadt Hagen. Das Motiv erstreckt sich von den Doppeltürmen der 1829 eingeweihten katholischen Kirche St. Marien bis zur Türkischrot-Garnfärberei und Stoffdruckerei Elbers. Auf der Vedute sind auf dem Fabrikgelände rechts am Rand zwei Großkamine, jedoch nicht der erst 1861 errichtete Schornstein zu sehen. Links von der Marienkirche präsentiert sich das im Jahr 1831/1832 erbaute, als Rathaus und Kreisverwaltung genutzte Gebäude.

Die Stadtansicht entspricht weitgehend dem um 1850 auf einer Lithografie von Eduard Schulte festgehaltenem Zustand. Für diese zeitliche Einordnung sprechen auch die Form und Ausführung der Tasse. Die Henkeltasse ist mit goldenen Rocaillemustern, also muschelähnlichen Ornamentformen, sowie Bändermustern verziert. Der vergoldete Absatz von der Tasse zum Bodenring trägt die Inschrift „Kreisstadt Hagen“.

Am Boden findet sich keine Marke, sondern nur ein eingeprägter Kreis. Daher ist es kaum möglich, die Tasse einer bestimmten Manufaktur zuzuweisen. Eine zugehörige Untertasse ist nicht überliefert. Das Objekt gelangte 2020 aus einem Hagener Familienbesitz in den Bestand des Stadtmuseums Hagen und ist ab 2022 im wiedereröffneten Stadtmuseum zu sehen.

Porzellan und insbesondere Tassen mit Veduten von Landschaften, Städten, Burgen und Sehenswürdigkeiten kamen verstärkt gegen Ende des 18. Jahrhunderts und zu Beginn des 19. Jahrhunderts auf. Sie wurden auf Bestellung als Einzelstücke angefertigt oder von Porzellanmanufakturen in Serie hergestellt. Die bis heute anhaltende Beliebtheit erklärt sich aus der gestiegenen Reisetätigkeit und dem Bedarf an Souvenirs.

Hagener Fundstücke: Kreuzanhänger aus dem 13. Jahrhundert

14. Januar 2021

Der Kreuzanhänger aus dem 13. Jahrhundert wurde bei Grabungen am Gebäudekeller der Rücklenburg gefunden und zeigt auf der Vorderseite Spuren von nicht mehr vorhandenen Applikationen. Foto: Hermann Menne/LWL-Archäologie für Westfalen, Außenstelle Olpe.


Aus dem neu erschienenen Buch „Hagener Fundstücke – 111 archäologische Funde aus Hagen und dem Museum Wasserschloss Werdringen“ präsentiert der Fachdienst Wissenschaft, Museen und Archive der Stadt Hagen einen Kreuzanhänger aus dem 13. Jahrhundert, gefunden in den Gebäuderesten der Rücklenburg in Hagen-Hohenlimburg.

Auf dem Bergrücken der Hünenpforte, nördlich der Raffenburg und oberhalb der Flur „Alte Stadt“, wurde 1982 ein altes Wall- und Grabensystem mit einem gemauerten Gebäudekeller entdeckt. Der quadratische, in den anstehenden Fels eingelassene Gebäuderest lässt auf den Mauersockel eines turmartigen Gebäudes schließen. Es wird vermutet, dass es sich bei der Rücklenburg um einen Vorposten der Raffenburg handelt.

Bereits vor der Entdeckung des Bodendenkmals hatten Raubgräber das Mauerwerk beschädigt und eine Grube ausgehoben. Eine Notgrabung im Gebäudekeller förderte unter anderem zahlreiche Keramikscherben und Objekte aus Bronze zutage. Die geborgenen Funde, besonders die Keramik, lassen sich in die zweite Hälfte des 13. Jahrhunderts einordnen.

Unter den zahlreichen Objekten befindet sich ein außergewöhnliches Fundstück: Ein kleiner, aus dem Schuttkegel am Gebäudekeller geborgener Kreuzanhänger aus Buntmetall. Dieser weist Brand- und Hitzespuren auf. Die leicht gewölbte Vorderseite zeigt zudem Spuren von ursprünglich aufgelegten, nicht mehr vorhandenen Applikationen. Die mitgegossene Anhängervorrichtung ist wie ein einfacher, quer zur flachen Rückseite gebogener Haken geformt.

Sowohl archäologische Funde als auch historische Bildquellen deuten an, dass derartige Kreuzanhänger vor allem zum Besitz von sozial höher gestellten Personen gehörten. Mittelalterliche Abbildungen zeigen sie oft an Stirnriemen von Pferdezaumzeug. Das Fundstück ist im Museum Wasserschloss Werdringen ausgestellt.

Ein „Hagener Stück“: Firmenschild der ehemaligen Harkort’schen Fabrik in Haspe

7. Januar 2021

Das gusseiserne Firmenschild der „Fabrik für Eisenbahn-Bedarf Johann Caspar Harkort“ stammt aus dem Jahr 1859 und diente bis 2001 als familiäres Erinnerungsstück in der Diele des Hauses Harkorten. Foto: Heike Wippermann.

Aus dem Buch „Hagener Stücke – 111 Objekte aus dem Stadtmuseum“ präsentiert der Fachdienst Wissenschaft, Museen und Archive der Stadt Hagen einige spannende Objekte. Den Anfang macht das Firmenschild der Fabrik für Eisenbahnbedarf Johann Caspar Harkort aus dem Jahr 1859.

Nach 1800 gründete Johann Caspar IV. Harkort in Blickweite des Familienguts Harkorten eine Produktionsstätte für Eisen- und Metallwaren. Nach seinem Tod 1818 baute der älteste Sohn Johann Caspar V. den Betrieb nach industriellen Maßstäben aus. Die Produktion umfasste neben Werkzeugen und Küchengeräten auch Rüstungsgüter wie Helme und Waffen. Ab 1823 erfolgte eine umfassende Erweiterung des Betriebs um eine Eisengießerei und Maschinenfabrik.

In den 1830er- und 1840er-Jahren arbeitete die Fabrik vor allem für den Eisenbahnbedarf. Neben Schienen, Schienennägeln und Befestigungsmaterial sowie Schaufeln und Hacken für die Streckenarbeiter wurden ab 1840 auch Achsen und Räder für Schienenfahrzeuge hergestellt. Drei Jahre später gingen bereits zwölf Kohlenwagen an die Düsseldorfer-Elberfelder Eisenbahngesellschaft.

Johann Caspar VI. Harkort übernahm 1850 das Unternehmen und die Fabrik. Er spezialisierte sich auf den Bau von Brücken und Stahlkonstruktionen, die sich seit Mitte der 1840er-Jahre als wichtiger Produktionszweig herausgebildet hatten. Die Johann Caspar Harkort oHG stellte nach dem Zweiten Weltkrieg die Produktion ein.

Von der Harkort’schen Firma in Hagen-Haspe ist heute nur noch die unter Denkmalschutz stehende Maschinenhalle erhalten. Es handelt sich um das wohl älteste Industriegebäude einer Fabrik in Westfalen. Das nachträglich lackierte, gusseiserne Firmenschild war vermutlich an Eisenbahnwagen angebracht. Das Markenzeichen diente bis 2001 als familiäres Erinnerungsstück, das gut sichtbar in der Diele des Hauses Harkorten befestigt war. Das Schild wird ab 2022 im Stadtmuseum Hagen zu sehen sein.

Schüler begeben sich auf die Spur von Deserteuren

6. Januar 2021

Es ist eine Reise in die Vergangenheit, auf die sich die Schüler des Rahel-Varnhagen-Kollegs gemeinsam mit ihrem Lehrer Pablo Arias begeben haben. (…)

Mitten auf dieser Reise haben die Schüler eine Annonce in dieser Zeitung geschaltet. Zum Volkstrauertag, einem Tag, an dem der gefallenen Soldaten der Kriege gedacht wird, an dem aber jene, die sich geweigert haben, bewaffnet in den Krieg zu ziehen, vergessen werden. (…)

Quelle: wp.de

Siehe dazu auch:

Hagener Opfer der Wehrmachtsjustiz
Neues Projekt des Rahel-Varnhagen-Kollegs

„Aufspüren, Suchen und Sammeln“

23. Dezember 2020

75 Jahre Osthaus Museum Hagen

Ehemaliger Haupteingang an der Hochstraße. Das Mittelportal schmückt ein von Milly Steger 1912 erschaffener Schlußstein, der einen Frauenkopf darstellt. Foto: Klaus Bärwinkel (CC BY 3.0).

„Das Aufspüren, Suchen und Sammeln dessen, was zu den wirklich bleibenden Werten der menschlichen Kultur gehört.“ Mit diesen Worten beschreibt die erste Museumsdirektorin Herta Hesse-Frielinghaus im Jahr 1955 die Aufgaben des damals noch Karl Ernst Osthaus Museum genannten Städtischen Kunstmuseums zehn Jahre nach seiner Gründung. Jetzt feiert das Osthaus Museum Hagen sein 75-jähriges Bestehen.

Am 22. Dezember 1945 wurde das neu gegründete Museum nach dem Zweiten Weltkrieg wiedereröffnet. Die Wurzeln des Museums gehen auf den Hagener Kunstmäzen und Kunstsammler Karl Ernst Osthaus zurück, in dessen Sinne auch nach dem Krieg wieder begonnen wurde, Kunst zu sammeln.

Die erste und bis heute einzige weibliche Direktorin Herta Hesse-Frielinghaus stand dabei vor großen Aufgaben: Zum einen den Hagenerinnen und Hagenern nach den Schrecken des Nationalsozialismus und des Zweiten Weltkrieges wieder Kunst und Kultur nahezubringen und zu vermitteln. Zum anderen aus dem stark dezimierten Kunstbestand einen Grundstein zu legen.

„Nachdem sie sich einen Überblick über die durch Kriegsschäden und die Beschlagnahmungsaktionen der Nationalsozialisten erheblich dezimierte städtische Kunstsammlung verschafft hatte, richtete Herta Hesse-Frielinghaus Anfang 1946 eine Ausstellung ein, die einen Überblick über die verbliebenen städtischen Kunstwerke geben sollte“, erklärt Dr. Birgit Schulte, stellvertretende Leiterin des Osthaus Museums und Fachdienstleiterin Wissenschaft, Museen und Archive.

Im selben Jahr erhielt das Museum eine der wichtigsten und richtungsweisenden Nachlässe: Das Ehepaar Ewald und Marie Becker hatte seit Karl Ernst Osthaus‘ Tod und dem Verkauf der Folkwang-Sammlung an die Stadt Essen ihre Kunstsammlung in dessen Sinne aufgebaut. So sammelte Ewald Becker dieselben Künstler wie Osthaus. Die Sammlung des Ehepaares ermöglichte Hesse-Frielinghaus thematisch an die Vorkriegszeit anzuknüpfen. Gleichermaßen konzentrierte sie sich auf die Gegenwartskunst.

So kaufte sie ab 1948 vor allem Werke der deutschen Expressionisten und aktuelle Kunst. Während ihrer 30-jährigen Amtszeit gelang es ihr, eine beachtliche Sammlung aufzubauen, die sich an der Sammlungspolitik von Karl Ernst Osthaus orientierte. Jeder ihrer drei Nachfolger fügte der Museumssammlung eine individuelle Note hinzu und jeder reagierte auf die jeweiligen Tendenzen in Kunst, Politik und Zeitgeschehen.

So förderte Johann Heinrich Müller von 1976 bis 1986 im Sinne von Karl Ernst Osthaus vor allem lokale Künstler. Michael Fehr hinterfragte von 1987 bis 2005 in Zeiten der Institutionskritik das Museum als solches immer wieder. Dr. Tayfun Belgin, seit 2007 Direktor des Osthaus Museums, setzt sich mit der Gegenwartskunst seiner Zeit auseinander.

Wie Ankäufe, Schenkungen und Nachlässe die Sammlung des Osthaus Museums geprägt haben, ist derzeit das Projekt einer Forschungsvolontärin des Museums. „Wir freuen uns, dass wir durch das wesentlich vom Land NRW finanzierte Forschungsvolontariat die Chance bekommen haben, unsere Sammlungsgeschichte aufarbeiten zu können“, beschreibt Dr. Birgit Schulte. „Unsere Volontärin Karoline Urbitzek ist tief in alte Aktenbestände seit 1945 eingetaucht, sodass wir auch die Geschichten hinter den Kunstankäufen zutage fördern können“, so Schulte weiter. Erste Ergebnisse dieser Erforschung werden in einer Ausstellung zum 75-jährigen Jubiläum gezeigt.

Sobald die Corona-Pandemie es zulässt, präsentiert das Osthaus Museum eine Jubiläumsausstellung zum Thema „Vom Aufspüren, Suchen und Sammeln. 75 Jahre Osthaus Museum Hagen“, die einen repräsentativen Querschnitt durch die bewegte Geschichte und die Einflüsse der vier Direktorinnen und Direktoren auf die Sammlung vorstellt. Die Eröffnung war ursprünglich am 5. Dezember geplant.

Buch lädt zur Reise durch die Hasper Jahrhunderte ein

14. Dezember 2020

Haspe ist nach wie vor der größte Stadtteil Hagens. Hier hat es nie eine bedeutende Burg, einen Adelssitz oder eine alte Kirche gegeben. Haspe und die sogenannte „Enneperstraße“ waren immer Orte der schweren Arbeit.

Lange Zeit stand die Region ganz im Zeichen der Sensenherstellung – mit einer Bedeutung von zumindest nationalem Rang. Dann spielte die Eisenbahnzulieferindustrie eine dominierende Rolle. Hinzu gesellten sich Gießereien, Schmieden, Stahlwerke und Lebensmittelhersteller. Teils waren sie weit über die Grenzen Westfalens hinaus bekannt. Man denke nur an die Zwieback- und Kekswerke Brandt.

Es gibt viele gute Gründe, über Haspe ein Buch zu schreiben. Deswegen ist genau das passiert. Unter dem Titel „Haspe – im Wandel der Zeit“ wird am 17. Dezember ein Buch erscheinen, das auf über 300 Seiten zahlreiche Aspekte der Hasper Geschichte beleuchtet. Das Buch wurde von Petra Holtmann (Ardenkuverlag) im Auftrag der Bezirksvertretung Haspe produziert und kostet 20 Euro. (…)

Quelle: wp.de

„111 Hagener Fundstücke“

4. Dezember 2020

Neues Buch zu archäologischen Funden erschienen

Eine keltische Münze aus Bronze, die etwa 90 bis 50 v. Chr. hergestellt wurde. Der Fundort ist die Wallanlage am Minnerberg in Hagen-Ambrock. Foto: Hermann Menne/LWL-Archäologie für Westfalen, Außenstelle Olpe.

Eiszeitliche Mammut- und Rentierjäger neben einer Cola-Dose aus den 1990er Jahren: Das im November erschienene Buch „Hagener Fundstücke – 111 archäologische Funde aus Hagen und dem Museum Wasserschloss Werdringen“ stellt archäologische Bodenfunde aus dem Hagener Stadtgebiet und der umliegenden Region vor. Die Zeitspanne der Funde reicht dabei von der Altsteinzeit über die Bronzezeit und das Mittelalter bis hin zur Neuzeit.

Das Buch ist der zweite Band der Trilogie „Hagener Beiträge zur Kultur und Geschichte“. Nach dem ersten, im November 2017 erschienenen Band „Hagener Stücke – 111 Objekte aus dem Stadtmuseum“, das vor allem Objekte vom Spätmittelalter bis in die Frühe Neuzeit aus dem Bestand des Stadtmuseums Hagen behandelt, liegt der Fokus des aktuellen Bandes auf der Archäologie.

Dabei geht es um vergessene, verlorene oder absichtlich zurückgelassene Gegenstände, die durch Archäologen entdeckt, bestimmt und datiert werden konnten. Die Fundorte sind Höhlen, Baustellen, Absturzplätze von Bombern, ausgebrannte Panzer oder Flakstellungen aus dem Zweiten Weltkrieg und sagenumwobene Orte wie den das mittlere Ruhrtal beherrschenden Kaisberg in Hagen-Vorhalle oder das steinerne Felsentor der Hünenpforte bei Hohenlimburg.

Die archäologischen Funde decken einen enormen Zeitrahmen ab: Geschichten von jungsteinzeitlichen Siedlern, die ihre Steingeräte aus weit entfernten Regionen wie dem Alpenraum bezogen, werden ebenso vorgestellt wie Teile von abgeschossenen britischen Bombern aus dem Zweiten Weltkrieg, darunter ein Feuerlöscher, das Cockpit-Fenster oder abgeworfene Radarstörstreifen.

Neben den Entdeckungen aus der Hagener Blätterhöhle, die internationales Aufsehen erregen, zeigt das Buch auch seltene Objekte aus der Bronze- und Eisenzeit. Dazu zählt beispielsweise eine keltische Münze von der Wallburg im Volmetal bei Hagen-Ambrock, die alle bisherigen Vermutungen über das Alter dieser Anlage infrage stellt.

Weitere Höhepunkte des zweiten Bandes sind unter anderem eine Zinnleiste vom Sarg der 1654 verstorbenen Gräfin Johannetta Elisabeth von Nassau-Dillenburg aus der Elseyer Stiftskirche und Funde von mittelalterlichen Burgen und Adelssitzen. Den Abschluss bildet eine damals vielleicht achtlos in die Natur geworfene Coca Cola-Dose der 1991er-Edition „American Barbecue“, die im Rahmen der archäologischen Untersuchungen der Blätterhöhle geborgen wurde und heute im Museum Wasserschloss Werdringen ausgestellt ist.

„Kurfürstliches Schloss“ ist in neuen Händen

23. November 2020

Nach mehreren Eigentumswechseln wurde jetzt erneut ein Bauantrag für das leerstehende Haus an der Natorpstraße in Hagen gestellt. (…)

Es gab bereits mehrfach Umbau-Pläne für das Gebäude von verschiedenen Eigentümern. Passiert ist letztlich nichts. Das Gebäude verkam immer mehr und macht mittlerweile von außen einen unansehnlichen Eindruck.

Dabei ist das Haus ein echtes Stück Stadtgeschichte am Kratzkopf. Errichtet wurde es um das Jahr 1925 vom Architekten Metzendorf. Das Gebäude wurde für Arbeiter der „Fa. Hagener Textilindustrie“ – vormals Gebrüder Elbers – errichtet. „Es ist bedeutend für die Geschichte der Menschen, insbesondere für die Sozialgeschichte“, beschrieb die Stadt bei der Eintragung damals die Gründe, das Gebäude unter Denkmalschutz zu stellen. (…)

Quelle: wp.de

Eiszeit in der Blätterhöhle

22. November 2020

Forscher stoßen auf neue Funde

Forscherin Annika Manz beim Ausmessen von Grabungsflächen. Foto: Wolfgang Heuschen.

Spuren aus der letzten Eiszeit – so lautet das Ergebnis der jüngsten Grabungen rund um die Blätterhöhle. Dort waren in den vergangenen dreieinhalb Monaten mehrere Forscher im Rahmen einer engen Kooperation zwischen der Stadt Hagen und der Archäologie des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) tätig. Sie brachten einige neue Funde zum Vorschein.

Ausgestattet mit Knieschonern, Schutzhelm und Maske arbeiteten sich Grabungsleiter Wolfgang Heuschen sowie die beiden studentischen Volontäre Annika Manz und Daniel Riemenschneider während ihres Einsatzes an der Blätterhöhle durch kompaktes Gestein.

Meist stießen sie auf kleine Objekte, wie zum Beispiel Feuersteinartefakte und andere Fragmente. Zu den wichtigsten Funden gehörten Werkzeuge von Jägern und Sammlern, die am Ende der letzten Eiszeit lebten. Neben Teilen von Geschossspitzen, einem feinen Bohrer und Geröllen tauchten auch Knochenreste auf. Ihre genaue Bestimmung erfolgt noch. Alle Funde wurden genau eingemessen, protokolliert und anschließend verpackt.

Ein besonderer Fokus lag auf der Dokumentation des Schichtenprofils, das sich abseits der Felswand befindet. Zudem fanden geologische Untersuchungen für die Universität Köln statt, deren Auswertung jedoch noch Zeit in Anspruch nimmt. Die Forschungsarbeiten konzentrierten sich diesmal ausschließlich auf den Bereich vor der Höhle, da in ihrem engen Innenraum keine Abstände einzuhalten waren.

Ausweitung der Grabungen geplant

Weil die Forscher durch das Abtragen von Gesteinsschichten auf dem Höhlenvorplatz in die Tiefe vordringen, entsteht dort eine immer größere trichterförmige Grube. Daher gibt es die Überlegung, die Fläche für Ausgrabungen zu erweitern. Möglich wäre das in Richtung Höhleneingang und entlang der Felswand. Damit könnten weitere Erkenntnisse über das frühere Menschenleben an der Fundstätte gewonnen werden.

Eine Finanzierung der Ausgrabungen möchten die Stadt Hagen und die LWL-Archäologie über das jährliche Denkmalförderungsprogramm des Landes Nordrhein-Westfalen sicherstellen. Für das Jahr 2021 sind die Gelder bereits beantragt.

„Wir wollen die Erforschung der Blätterhöhle weiterhin unterstützen und planen die Fundstätte zukünftig als festen Bestandteil der archäologischen Forschung in Hagen ein“, erklärt Mirjam Kötter aus der städtischen Abteilung Denkmalschutz und Stadtarchäologie. Für sie steht fest: „In jedem Fall hat sich die Kooperation der LWL-Archäologie für Westfalen mit der Stadtarchäologie Hagen und dem Fachbereich Kultur bewährt. Gemeinsam wollen wir auch in Zukunft das Projekt Blätterhöhle sichern.“

VHS: Videovortrag zur Familie Harkort und den Anfängen der Eisenbahn

20. November 2020

Einen Videovortrag von Stadtheimatpfleger Michael Eckhoff zum Thema „Die Familie Harkort und die Anfänge der Eisenbahn in Hagen“ stellt die Volkshochschule Hagen (VHS) online kostenlos zur Verfügung.

Friedrich Harkort und sein Bruder Gustav waren wichtige Eisenbahnpioniere, deren Ideen und Wirken maßgeblich zum Aufbau der Eisenbahn als wichtiges Transportmittel beigetragen haben. Neben den bedeutenden Impulsen und Verdiensten der Familie Harkort um die Anfänge der Eisenbahn greift der Stadtheimatpfleger auch immer wieder die Geschichte und industrielle Entwicklung von Hagen auf.

Der Vortrag mit vielen Fotografien sowie historischen Zeichnungen und Plänen besteht aus zwei etwa 45 Minuten langen Videos. Nach der Anmeldung unter Angabe der Veranstaltungsnummer 1005YT auf der Seite www.vhs-hagen.de oder beim Serviceteam der VHS unter Telefon 02331/207-3622 erhalten die Teilnehmer eine Anmeldebestätigung mit zwei Links zu den Videos, die dann rund um die Uhr angesehen werden können. Voraussetzung für die Teilnahme ist ein Computer, Laptop, Smartphone oder Smart TV mit einer Internetverbindung.

Hagener Opfer der Wehrmachtsjustiz

16. November 2020

Neues Projekt des Rahel-Varnhagen-Kollegs

Der Projektkurs Geschichte des Rahel-Varnhagen-Kollegs (Koordination: Pablo Arias) und der Hagener Geschichtsverein sammeln Information über Hagener Wehrmachtsdeserteure und andere Opfer der NS-Militärjustiz. Eine Ausstellung und eine Publikation werden im September 2021 vorgestellt.

Das Schulprojekt hat eine spannende Vorgeschichte. 2018 verlegten Hagener Schüler einen Stolperstein (Foto: Privat) für den Wehrmachtsdeserteur Eduard Dunker an der Franzstraße. Die Verlegung war dank finanzieller Unterstützung der Bezirksvertretung Eilpe und René Röspel, MdB, möglich.

Eduard wurde 1942 mit 17 Jahren eingezogen und mehrmals wegen „unerlaubten Entfernens von der Truppe“ inhaftiert. Nach fast 2 Jahren in Wehrmachtsgefängnissen, Strafeinheiten und KZs wurde er am 12.4.1945 zusammen mit 11 weiteren, willkürlich ausgewählten Gefangenen von der Hagener Gestapo erschossen. Zwei Tage später befreiten die Amerikaner Hagen.

Während der Stolpersteinverlegung verlasen Eilper Schüler offene Fragen an das NS-Opfer, das kaum älter als sie geworden war. Warum desertierte er, sogar mehrmals? Was tat und sah er an der Front? In welcher Schule war er? Hatte er eine Arbeit, Lebenspläne, eine Freundin? Was dachte er, als er nachts von der Gestapo in seiner Zelle abgeholt wurde?

Um diese Fragen zu beantworten, fuhr der Projektkurs nach Torgau (Sachsen). Dank einer Spende von René Röspel besuchten die Schüler das berüchtigte Wehrmachtsgefängnis Fort Zinna, in dem Eduard inhaftiert war. Die Spurensuche ging weiter im Dokumentations- und Informationszentrum Torgau, in dem die Biographien von Opfern der NS-Militärjustiz aus ganz Deutschland gesammelt werden. Hunderttausende Soldaten wurden in Eilverfahren, oft wegen Nichtigkeiten, zu unverhältnismäßig hohen Strafen verurteilt, sehr oft sogar zum Tode. Es war eine politische Justiz, die absoluten Gehorsam durch Abschreckung erreichen wollte.

In der Gedenkstätte fand der Projektkurs weitere Namen von Hagener Opfern und bekam Hinweise auf andere Archive, wie die Gedenkstätte Roter Ochse in Halle, die Landesarchive Osnabrück und Münster, das NS-Dokumentationszentrum Köln und das Hagener Stadtarchiv. Inzwischen haben die Schüler mehr als 50 Hagener Opfer der Wehrmachtsjustiz identifiziert.

Ergänzend zu den Anfragen bei Archiven haben die Schüler Briefe und Mails an Hagener Bürger geschickt, die laut Telefonbuch die Nachnamen der ehemaligen Deserteure tragen, in der Hoffnung, Angehörige von ihnen zu finden. Mit einer Annonce in der WPWR vom 14.11.2020 setzten sie diese Suche fort, um Fotos und weitere Informationen für die Ausstellung zu erhalten. Der Verein „Hagener Friedenszeichen“ und der Hagener Geschichtsverein haben freundlicherweise die Kosten des Inserats übernommen.

Gesucht werden insbesondere Informationen zu Kurt Dräger, Eberhard Gläser, Heinz Kraft, Karl-Heinz Ricken, Gustav Schnitger und Karl-Friedrich Schreiber. Hinweise an: pablo.arias@rvkonline.de.

Die Veröffentlichung der Annonce am Samstag vor dem Volkstrauertag war kein Zufall. Schon in den fünfziger Jahren spielte die Ehrung der NS-Opfer am Volkstrauertag eine nebensächliche Rolle. Es wurde hauptsächlich der gefallenen Soldaten gedacht. Deserteure und andere Opfer der Wehrmachtjustiz wurden bewusst ausgeschlossen. Sie galten bis 1998, teilweise bis 2009 als zu Recht verurteilte Verbrecher.

In Hagen lehnte der Stadtrat 1999 ein Mahnmal für Deserteure ab. Ein Mitglied des Vereins „Friedenszeichen“ ließ das Denkmal auf seinem privaten Grundstück vor der Synagoge errichten. Mit Hilfe von Unterlagen aus dem Privatarchiv von Herrn Kingreen wird der Streit um das Denkmal in der Ausstellung thematisiert.

In Hagen findet jährlich eine Kranzniederlegung vor dem Kriegerdenkmal im Stadtgarten statt. Die Veranstaltung dient offiziell der Erinnerung an die Opfer beider Weltkriege und der NS-Diktatur. Zu den letzten zählen eigentlich auch die Deserteure, die sich weigerten, in einem verbrecherischen Krieg zu kämpfen.

NS-Zeit in Hagen: Ur-Enkel eines Juden fordert Aufklärung

10. November 2020

In der Pogromnacht wird in Hagen die Familie Cohen von Nazis überfallen und enteignet. Ein Ur-Enkel will jetzt wissen, was wirklich passiert ist. (…)

Die Stadt Hagen gibt an, sie habe die Liegenschaft im Frühjahr 1939 von einem von der Bezirksregierung beauftragten Treuhänder erworben. Hintergrund sei die geplante Verbreiterung der Marktbrücke gewesen. 1954 wiederum sei das Grundstück an einen Privatmann veräußert worden.

Diese Aussagen decken sich nicht mit den Recherchen von Blumenberg, der davon ausgeht, dass die Stadt das Grundstück erst 1951 von einem Mann namens Emil Berges erwarb, der wiederum seit 1939 Besitzer des Hauses gewesen sein soll. (…)

Quelle: wp.de (Bezahlschranke)

Ausstellung „Rassendiagnose: Zigeuner“ endet nach vielseitigem Programm

4. November 2020

Swing-Sänger David Rose und seine Band begeisterten ihre Zuhörer im Kunstquartier. Foto: Kommunales Integrationszentrum der Stadt Hagen.

„Rassendiagnose: Zigeuner. Der Völkermord an den Sinti und Roma und der lange Kampf um Anerkennung“ – unter diesem Titel präsentierte das Osthaus Museum in den vergangenen drei Wochen eine Ausstellung des Dokumentations- und Kulturzentrums Deutscher Sinti und Roma in Verbindung mit dem Stadtmuseum Hagen sowie dem Kommunalen Integrationszentrum (KI) der Stadt Hagen und mit einer Förderung durch die Kulturstiftung des Bundes. Sie informierten mit eindringlichen Bildern sowie Zeitdokumenten ausführlich über die Verfolgung und Ermordung der europäischen Sinti und Roma.

Das KI und der städtische Fachbereich Kultur organisierten dazu ein vielseitiges Rahmenprogramm. Zur Eröffnung der Ausstellung gab es unter anderem Musik von der südosteuropäischen Roma-Formation „Balkanika“. Eine Präsentation des Dokumentarfilms „Roma: Bürger zweiter Klasse?“ mit anschließender Gesprächsrunde folgte im Kulturzentrum Pelmke. Dabei ging es insbesondere um die strukturellen Mechanismen und vielfältigen Dimensionen des Antiziganismus in Europa. Ihre persönlichen Erfahrungen mit dem Rassismus gegen Sinti und Roma und soziale Strategien gegen den Antiziganismus schilderte Drita Jakupi, eine Angehörige der Roma-Minderheit.

Der geplante Vortrag der Historikerin Dr. Karola Fings zur NS-Rassenpolitik und dem Völkermord an den Sinti und Roma musste aufgrund der Corona-Pandemie ausfallen. Dafür konnte ein Fachkräfte-Workshop mit vielen Ideen zur Bildungsbeteiligung und Förderung von Kindern mit Sinti- und Roma-Hintergrund stattfinden. Den Abschluss des Rahmenprogramms bildete ein Konzert mit dem Swing-Sänger David Rose und seiner Band im Kunstquartier, wo sich das Publikum von älteren und neueren Songs im einzigartigen Crooner-Style der 1950er und 1960er Jahre begeistern ließ.

Absage des Vortrages zum Völkermord an den Sinti und Roma

21. Oktober 2020

Der historische Vortrag „Lokale Initiative und NS-Rassenpolitik – der Weg in den Völkermord“ von Dr. Karola Fings am Donnerstag, 22. Oktober, um 19 Uhr im Foyer des Kunstquartiers Hagen, Museumsplatz 1, kann leider nicht stattfinden. Grund für die kurzfristige Absage ist die aktuelle Entwicklung der Corona-Pandemie.

Vortrag zum Völkermord an den Sinti und Roma

18. Oktober 2020

Sonja und Senta Birkenfelder im Getto Radom. Sie waren mit ihren Eltern und Geschwistern im Mai 1940 in das besetzte Polen deportiert worden. Foto: Dokumentationszentrum Deutscher Sinti und Roma.

„Lokale Initiative und NS-Rassenpolitik – der Weg in den Völkermord“ ist das Thema eines Vortrages von Dr. Karola Fings im Rahmen der Ausstellung „Rassendiagnose: Zigeuner“ am Donnerstag, 22. Oktober, um 19 Uhr im Foyer des Kunstquartiers Hagen, Museumsplatz 1.

Für deutsche Sinti und Roma ist das Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau der zentrale Erinnerungsort an den Völkermord. Auch aus Hagen wurden Kinder, Frauen und Männer im Jahr 1943 dorthin deportiert und um ihr Leben gebracht.

Während der Völkermord nach Jahrzehnten des Verdrängens und Verleugnens mit dem 2012 in Berlin eingeweihten Denkmal stärker in das Blickfeld der Öffentlichkeit rückte, entstand bei der Aufarbeitung seiner Vorgeschichte an vielen Orten ein „blinder Fleck“. Dabei waren es seit 1933 immer wieder lokale Initiativen, welche die Radikalisierung der NS-Rassenpolitik vorantrieben. Erst aus dieser Perspektive zeigt sich, wer die Menschen waren, die verfolgt und ermordet wurden.

Am Beispiel verschiedener Städte – vor allem aus dem Rheinland und Westfalen – beleuchtet der Vortrag, wie lokale Akteure die Gruppe der Sinti und Roma stigmatisierten, erfassten, aus dem gesellschaftlichen Leben isolierten und zu Wegbereitern des Völkermordes wurden.

Die Referentin Dr. Karola Fings ist Historikerin und leitet seit Juli diesen Jahres das Projekt „Enzyklopädie des NS-Völkermordes an den Sinti und Roma in Europa“ der Forschungsstelle Antiziganismus am Historischen Seminar der Universität Heidelberg. Zuvor beschäftigte sie sich in mehreren Veröffentlichungen unter anderem mit der „NS-Zigeunerverfolgung“ sowie der Geschichte von Sinti und Roma. Außerdem ist Dr. Karola Fings Kuratorin des internationalen Projektes „Voices of the Victims“, das über die Internetseite www.romarchive.eu/de/voices-of-the-victims abgerufen werden kann.

Für ihren Vortrag im Kunstquartier gibt es coronabedingt nur eine begrenzte Anzahl von Plätzen. Eine Anmeldung ist unter Telefon 02331/207-2740 erforderlich.

Kleine Schätze

14. Oktober 2020

Stadtgeschichtliches Seminar zu Hagener Denkmälern und Kunstwerken

Mit Denkmälern, Kunstwerken und „kleinen Schätzen“ im Hagener Stadtbild beschäftigt sich ein Seminar unter der Leitung von Stadtheimatpfleger Michael Eckhoff ab Dienstag, 27. Oktober, von 19.30 bis 21 Uhr bei der Volkshochschule Hagen (VHS) in der Villa Post, Wehringhauser Straße 38. Insgesamt sind sechs Termine für den wöchentlich stattfindenden Kurs eingeplant.

Was haben der Eugen-Richter-Turm, die Fritz-Steinhoff-Skulptur am Rathaus und das Gervasius-Relief an der Marienkirche gemeinsam? Es handelt sich um Denkmäler, die an bedeutende Persönlichkeiten erinnern.

Wer genauer hinschaut, entdeckt noch mehr „kleine Schätze“ in Hagen. Dazu gehören etwa die vielen Skulpturen von Milly Steger oder die große Zahl an Wandbildern aus den 1950er-Jahren, die zum Teil von Emil Schumacher entworfen wurden. Über 250 besondere Schmuckstücke gibt es vor Ort. Ein Teil von ihnen ist während des Seminars auf Bildern zu sehen.

Informationen zur Anmeldung für den Kurs mit der Nummer 1010 erhalten Interessierte auf der Internetseite www.vhs-hagen.de oder beim Serviceteam der VHS unter Telefon 02331/207-3622.

Rassendiagnose: Zigeuner

8. Oktober 2020

Ausstellung zum Völkermord an Sinti und Roma im Osthaus Museum

Dotschy Reinhardt kommt am Montag, 12. Oktober, nach Hagen. Allerdings nicht als Musikerin, sondern als Vertreterin des Dokumentations- und Kulturzentrums Deutscher Sinti und Roma zu einer Podiumsdiskussion zum Themenkomplex Antiziganismus/Rassismus gegen Sinti und Roma.

„Rassendiagnose: Zigeuner. Der Völkermord an den Sinti und Roma und der lange Kampf um Anerkennung“: Unter diesem Titel zeigt das Osthaus Museum Hagen von Freitag, 9. Oktober, bis Sonntag, 1. November, eine Ausstellung des Dokumentations- und Kulturzentrums Deutscher Sinti und Roma in Verbindung mit dem Stadtmuseum Hagen und dem Kommunalen Integrationszentrum der Stadt Hagen, gefördert durch die Kulturstiftung des Bundes.

Die Ausstellung thematisiert die Geschichte der Verfolgung von der Ausgrenzung und Entrechtung der Sinti und Roma im Deutschen Reich bis zu ihrer systematischen Vernichtung im besetzten Europa. Dabei sind historische Privat- und Familienfotos von Sinti und Roma ein elementarer Bestandteil. Diese Selbstzeugnisse zeigen die Menschen in ihrer Individualität und Personalität und bilden einen wichtigen Gegenpol zu den bis heute wirkmächtigen „Zigeuner“-Klischees.

Historischer Hintergrund zur Ausstellung

Der nationalsozialistische Völkermord an den Sinti und Roma ist in der jahrhundertelangen gemeinsamen Geschichte von Minderheit und Mehrheit ohne Beispiel und stellt eine Zäsur dar. Dennoch war dieses Verbrechen nicht voraussetzungslos: Eine von Vorurteilen und Feindseligkeit geprägte Haltung gegenüber Sinti und Roma ist tief in der europäischen Geschichte verankert.

Jede Darstellung der Geschichte der Sinti und Roma steht vor dem grundlegenden Problem einer einseitigen Quellenüberlieferung. Fast alle erhaltenen Zeugnisse spiegeln den vorurteilsbeladenen, zumeist abschätzigen Blick der Mehrheitsgesellschaft. Die Bilder vom „Zigeuner“ bewegen sich im Spannungsfeld von Stigmatisierung und romantischer Verklärung. Im Zuge ihrer gesellschaftlichen Emanzipation haben Sinti und Roma der Blickmacht der Mehrheitsgesellschaft ihre eigene Sicht und ihre eigene Geschichte gegenübergestellt.

Der nationalsozialistische Völkermord war ein Staatsverbrechen, das von einem modernen Verwaltungsapparat ins Werk gesetzt wurde, von den zentralen Stellen in Berlin bis hinunter zu den kommunalen Behörden. Ganze Familien wurden auf der Grundlage einer rassistischen Ideologie bürokratisch erfasst, deportiert und ermordet.

Nach Beginn des Zweiten Weltkriegs wurden auch Sinti und Roma der deutsch besetzten und der mit Hitler-Deutschland verbündeten Staaten Opfer der Mordpolitik. Das Netz der Konzentrationslager, Erschießungsstätten und der Massengräber zog sich über ganz Europa.

Nach Schätzungen fielen 500.000 Sinti und Roma der systematischen Vernichtung zum Opfer. Die traumatische Erfahrung totaler Rechtlosigkeit und Entmenschlichung hat sich tief in das kollektive Gedächtnis der Minderheit eingegraben. Die Erinnerung an die Opfer ist bleibende Verpflichtung.

Viele Sinti- und Roma-Familien wurden in den Jahren der NS-Diktatur fast völlig ausgelöscht. Die Überlebenden waren körperlich und seelisch gezeichnet von Verfolgung und KZ-Haft. Doch die neu gegründete Bundesrepublik verweigerte ihnen die moralische und rechtliche Anerkennung als Opfer des Nationalsozialismus ebenso wie eine materielle Entschädigung.

Über Jahrzehnte hinweg blieb der Völkermord an den Sinti und Roma vom öffentlichen Gedenken ausgeschlossen. Es fand weder eine politische noch eine juristische Auseinandersetzung statt. Die Zerrbilder der NS-Propaganda lebten nach 1945 ungebrochen fort. Die ehemaligen Täter aus dem SS- und Polizeiapparat konnten in Behörden oder in der Wirtschaft ungehindert Karriere machen.

Erst die Bürgerrechtsbewegung der deutschen Sinti und Roma hat diese Kontinuitäten zum Gegenstand einer öffentlichen Debatte gemacht. In langwierigen Auseinandersetzungen ist es gelungen, in Politik und Gesellschaft einen Bewusstseinswandel herbeizuführen und einen anderen Blick auf die Minderheit zu etablieren. Trotz dieser Erfolge bleiben tief verwurzelte Vorurteile bis heute wirkungsmächtig. Im Zuge des politischen Wandels nach 1989 kam es insbesondere in den postkommunistischen Staaten zu einem Wiederaufleben rassistischer Denkmuster und zu einer massiven Zunahme von Gewalt gegen Roma.

Verfolgung von Sinti und Roma in Hagen

Die Verfolgung von Sinti und Roma war kein Geschehen, das sich in seiner geschichtlichen Entwicklung weit entfernt von der Stadt Hagen abgespielt hat. Vielmehr belegen Dokumente und Akten im Stadtarchiv Hagen, dass es auch hier spätestens zu Beginn des 19. Jahrhunderts obrigkeitliche Maßnahmen gegen „Zigeuner“ gab.

Im Februar 1906 gab die kaiserliche Regierung eigene „Anweisungen zur Bekämpfung des Zigeunerunwesens“ heraus. Sie enthielt zahlreiche Regelungen und Vorgaben, um Sinti und Roma zu diskriminieren und möglichst über die Reichsgrenzen abzuschieben. Das Deutsche Kaiserreich profitierte von der Arbeitsmigration – auch in Hagen wurden um 1900 beispielsweise Denkmäler, Bauwerke und Talsperren etwa durch italienische Arbeitskräfte errichtet. Dagegen fielen Sinti und Roma durch das schon damals rassebiologisch geprägte Raster der Obrigkeit.

Auch Hagener Sinti und Roma blieben von der Verfolgung und Ermordung während des Nationalsozialismus nicht unberührt. Immer wieder wurden vor dem 1934 eingerichteten Erbgesundheitsgericht auch Fälle verhandelt, wo es um Heiratsanträge „arischer“ Partner ging, die „Zigeuner“ ehelichen wollten. Andere Fälle verhandelten die Sterilisation von „Zigeunerabkömmlinge“.

Sinti und Roma dienten als Soldaten in der Deutschen Wehrmacht. Im Verlauf des Zweiten Weltkriegs wurden sie „wehrunwürdig“ erklärt und entlassen, um größtenteils in Konzentrationslagern inhaftiert zu werden. Auch solche Fälle sind anhand der Aktenüberlieferung des Hagener Erbgesundheitsgerichts nachvollziehbar.

Begleitprogramm zur Ausstellung

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Kulturhistorische Schätze auf Hagener Friedhöfen

6. Oktober 2020

Grabstätten bekannter Hagener Persönlichkeiten in Delstern und am Buschey

Die Plastik „Unsterblichkeit“ des belgischen Künstlers Georges Minne ziert das Grab von Verwandten des Kunstmäzens Karl Ernst Osthaus. Foto: Linda Kolms/Stadt Hagen.

Christian Rohlfs, Ernst Meister oder Willi Cuno – wer den Friedhof in Delstern besucht, trifft auf auffallend viele Gräber und Ehrengräber bekannter Hagener Persönlichkeiten. Wenige Kilometer weiter taucht der Besucher auf dem Buschey-Friedhof in die Lebensgeschichten namhafter Hagener Familien und die Entwicklung der Grabmalkultur ein.

Der 1883 als Gemeindefriedhof angelegte Delsterner Friedhof ist einer der ältesten kommunalen Friedhöfe in Hagen. Auf dem weitläufigen, rund zehn Hektar großen Gelände befinden sich die letzten Ruhestätten von zehn berühmten Persönlichkeiten, darunter einige Ehrengräber, um dessen Pflege sich der Wirtschaftsbetrieb Hagen (WBH) kümmert.

Die Gräber liegen zum Teil eher unauffällig am Wegesrand und werden nicht auf den ersten Blick beachtet. Dabei sind einige von ihnen etwas Besonderes, wie Dr. Elisabeth May, Leiterin der Abteilung Bildung und Vermittlung im Kunstquartier Hagen, erklärt: „Das Grab von Ernst Meister zum Beispiel ziert eine besondere Brunnenplastik des japanischen Künstlers Rintaro Yagi. Dieser beschäftigte sich intensiv mit der Lyrik des deutschen Dichters und Schriftstellers und stiftete 1987 dieses Kunstwerk.“ Der rechteckige Marmorbrunnen mit Abrundungen zeigt an den Seiten eine Struktur aufeinandergeschichteter Seiten. In der Mitte liegt eine Vertiefung, in der sich Wasser sammeln beziehungsweise Wasser geschöpft werden kann.

Nebenan befindet sich die Ruhestätte des deutschen Malers Christian Rohlfs. Der Maler war 1901 auf Einladung des Kunstmäzens Karl Ernst Osthaus nach Hagen übergesiedelt, wo er 1938 verstarb. „Christian Rohlfs hatte sich eine Plastik von Ernst Barlach auf seinem Grab gewünscht. August Hoff, Direktor der Kölner Werkschulen und Briefpartner Barlachs, veranlasste den Nachguss der Plastik ‚Lehrender Christus‘ für dessen Grab“, erläutert Dr. May. Die Figur wurde dort 1949 zum 100. Geburtstag von Christian Rohlfs installiert.

Wenige Schritte weiter blickt der Friedhofsbesucher auf vier quadratische Steine, die mit Moos überzogen sind und deren Inschrift unleserlich geworden ist. Diese Steine erinnern an das Hagener Bildhauer-Ehepaar Karel Niestrath und Eva Niestrath-Berger, wie Elisabeth May weiß: „Die Künstlerin hat diese Steine selbst gestaltet. Wie oft bei ihren Skulpturen wählte sie ein witterungsunbeständiges Material, das hier als Symbol der Vergänglichkeit des Lebens gesehen werden kann.“

Eva Niestrath-Bergers Skulpturen begegnen den Hagenern vielerorts, die sie im Rahmen von Kunst am Bau ausgeführt hat. Karel Niestraths Figuren und Hauszeichen finden sich in Hagen zum Beispiel in der Cuno-Siedlung am Kuhlerkamp. Seine bekannteste Arbeit schuf er 1960 mit dem Bittermark-Mahnmal in Dortmund, das das Leid von Zwangsarbeitern und Widerstandskämpfern zeigt.

Moderne Gräber neben kunst- und kulturhistorisch interessanten Grabstätten namhafter Hagener Familien: Auf dem Buschey-Friedhof gibt es viele Elemente vom Historismus über Jugendstil bis zur Moderne zu entdecken. Der älteste Friedhof Hagens, der 1810 eingeweiht wurde, ist seit Beginn an Eigentum der lutherischen, katholischen und reformierten Kirchengemeinden.

Über 200 Jahre Familiengeschichte liegen hier mit Namen wie Post, Elbers, Osthaus und Funcke begraben; viele Mitglieder verschiedener Familien haben in eine jeweils andere bekannte Familie eingeheiratet und sind so miteinander verwandt.

Ein kleiner Teil des Friedhofs ist Privatgrundstück. Auf dieser offenen und frei begehbaren Fläche ruhen die Familien Funcke, Osthaus und Eduard Elbers. Dr. Elisabeth May, die regelmäßig Führungen über den Buschey-Friedhof anbietet, erklärt die Besonderheit dieses Bereichs: „Hier stehen Skulpturen von hohem künstlerischem Rang: Drei Plastiken des belgischen Bildhauers Georges Minne, die Karl Ernst Osthaus für die Grabstätten seiner Familie in Auftrag gegeben hat. Die Skulptur ‚Unsterblichkeit‘ ist beispielsweise auf dem gemeinsamen Grab seines Vaters, seiner Mutter und seiner Stiefmutter zu finden.“

Der Name Karl Ernst Osthaus erscheint noch in einem anderen Zusammenhang: Am Eingang des Friedhofgeländes erinnert ein Gedenkstein an August Kuth, einst Assistent von Osthaus. Diesen außergewöhnlichen Grabstein hatte Osthaus bei dem niederländischen Architekten J.L.M. Lauweriks in Auftrag gegeben, der zu diesem Zeitpunkt in der Villenkolonie Hohenhagen eine Häuserreihe errichtete.

Ob Delstern oder Buschey – beide Friedhöfe erzählen ein Stück der Hagener Stadtgeschichte und laden den Besucher zum Erkunden und Verweilen ein.