Ein Gastbeitrag von degree37celsius
Jenseits der Tatsache, dass es in Haspe unterschiedliche Interessen gibt – was ja nicht illegitim ist -, war die öffentliche Debatte von der Intransparenz geprägt. Angeblich um des Schutzes der Investoreninteressen war die Vorlage nichtöffentlich, aber gerade aus Investorenkreisen wurden immer wieder Detailzahlen in die Öffentlichkeit lanciert. Medienvertreter kolportierten bereits bestimmte selektierte Details aus nichtöffentlichen Vorlagen, bevor diese den Mandatsträgern überhaupt zugegangen waren. Die Mandatsträger sind hingegen bei nichtöffentlichen Vorlagen zur Vertraulichkeit verpflichtet. So entstand eine Situation, in welcher die wildesten Gerüchte in Medienartikeln und Kommentaren kolportiert wurden und niemand sich zuständig fühlte, die Öffentlichkeit sachgerecht zu informieren.
Dazu hätte gehört, erst einmal über die Ausgangslage zu informieren. Diese besteht darin, dass ein Unternehmen sich in der Preußerstraße erweitern will und dazu der Bauhof und das Gebäude der Bezirksverwaltung an dieses Unternehmen veräußert werden sollen. Und wer die unzumutbaren Räume im ersten Stock der jetzigen Bezirksverwaltungsstelle einmal gesehen hat, muss einsehen, dass deren jetzige Nutzer sich durch einen Wechsel nur verbessern können.
Zur Ausgangslage gehört, dass die Passage zwischen Hüttenplatz und Vollbrinkstraße immer mehr Leerstände aufweist. Um diese Passage aufzuwerten sind Umbauarbeiten erforderlich (größerer Ladenzuschnitt, Barrierefreiheit, bessere Anlieferungslogistik). Um den Umbau zu ermöglichen, müssen die bisherigen Mieter weichen, Dies betrifft auch das Bürgerbüro und die Stadtteilbibliothek.
Es ist also notwendig, für die bisher in der Preußerstraße und der Ladenpassage untergebrachten städtischen Einrichtungen neue Standorte zu finden. Diese Einrichtungen waren bislang natürlich nicht kostenlos untergebracht. Wer also Vorschläge für neue Standorte mit dem Ist-Zustand vergleichen will, braucht die entsprechenden Zahlen für alle Varianten und Details (Miete, Reinigung, Nebenkosten, Energie, Objektbetreuung, Instandhaltung, Umzugskosten, Umbaukosten, Abschreibungen, Zinsen).
Statt dessen wurde in der Öffentlichkeit immer nur auf den Quadratmetermietpreis abgehoben, zum anderen fehlten insbesondere bei der Gemeindehauslösung belastbare Zahlen für den Umbau (Vereinbarung von Brandschutz mit Aufzugseinbau, Netzwerkverlegung usw.) der Uraltimmobilie.
So entstand der bewusst geschürte falsche Eindruck, die Gemeindehauslösung sei erwiesenermaßen verlässlich und in der Gesamtbetrachtung billiger als die Torhauslösung. Nach einem Ortstermin rückte sogar die CDU von der Gemeindehauslösung ab. Danach zog der Kirchenvorstand sein Angebot zurück – angeblich um des Friedens in der Kirchengemeinde willen. Es wurde insinuiert, die GWG setze ihre katholischen Mieter unter Druck. Kein Journalist hat die naheliegende Frage aufgeworfen, woher denn die GWG die Konfession ihrer Mieter überhaupt kennen können sollte? Jede Behauptung wurde ungeprüft verbreitet.
Nach dem Rückzug der Gemeindehausvariante wurden weitere Alternativen nicht gesucht, sondern das Torhaus anvisiert. Das kann man kritisch sehen, nicht jedoch finanziell skandalisieren. Die gerne ins Spiel gebrachten künftig leerstehenden Schulgebäude werden nämlich im Hasper Zentrum so gerade nicht zur Verfügung stehen.
Das Torhaus wird ein Neubau auf neuestem energetischen Standard. Das Bauprojekt ist durchkalkuliert und die Kalkulation städtisch geprüft. Baukostensteigerungen gehen allein zu Lasten des Vermieters. Zwar wird der Quadratmeterpreis für die Stadt als Ankermieter nicht niedrig sein, aber in den Gesamtkosten wird die Torhauslösung günstiger, als der Ist-Zustand. Von einer Verschwendung von Steuergeldern kann also seriös nicht die Rede sein. Ebensowenig dräut hier ein zweites ESM-Problem. Städtebaulich ist es zudem vorzugswürdig, die Bunkerlücke zu schließen.
Beobachtbar gibt es jedoch einen Konflikt zwischen der CDU-Fraktion in der Bezirksvertretung Haspe (offen auch für eine Torhauslösung) und dem Vorstand der Hasper CDU (fundamental gegen jegliche Torhauslösung). Dieser Konflikt wurde wochenlang überaus polemisch gegen die GWG ausgetragen.
Der jetzt zur Abstimmung stehende Deal Dehm/GWG war ursprünglich zur Befriedung der Hasper CDU gedacht. Diese Strategie war offensichtlich nur bedingt erfolgreich. Die eigentliche Entscheidung trifft der Rat und nicht die BV-Haspe. SPD und CDU tragen dort wohl gemeinsam den seltsamen Torhaus-Deal. Das darf man durchaus im Zusammenhang mit aktuellen Geschäftsführerstellenbesetzungen und bevorstehenden Dezernentenstellenneubesetzungen im Konzern Stadt sehen, bei denen sich SPD und CDU ja auch die Beute gütlich teilen. Mitnichten zerfleischen sich hier gerade diese beiden Parteien, sondern praktizieren – mal wieder – quasi eine Große Koalition.
Allerdings ist die neue Vertragsklausel, nach welcher für den Fall, dass die Stadt nach 10 Jahren die Mietverlängerungsoption nicht in Anspruch nimmt, die Stadt der GWG eine Abstandszahlung zu leisten habe, durchaus problematisch. Das ist genau der schräge Deal, mit welchem die CDU zur Zustimmung bewogen wird. Sauberer wäre die ursprünglich vorgesehene 15jährige Vertragslaufzeit. Und es steht jedem frei, den seltsamen Vorgang zum Regierungspräsidium zu tragen!
Eines sollte dabei klar sein: die von der CDU geforderte Reduzierung der Mietlaufzeit von 15 auf 10 Jahre hat natürlich den Hintergrund, in 10 Jahren in einer der kommenden Haushaltskürzungsrunden, die städtischen Einrichtungen in Haspe (Bezirksverwaltung, Bürgerbüro, Stadtteilbibliothek) leicht schließen zu können. Und davon wird dann wieder nicht der ÖPNV profitieren. Das geht dann nur in den Schuldendienst!
Die anvisierte Mietlösung hat aber gar nichts mit cross border Geschäften zu tun. Sie ist vielmehr Ausdruck eines betriebswirtschaftlich reduzierten Blickes auf den Konzern Stadt unter dem Diktat des Nothaushaltes und der Regierungsbezirksaufsicht. Wem es missfällt, dass die Stadt das Torhaus nicht selbst baut, möge mal angeben, wie sie dies als Nothaushaltskommune denn tun können sollte?
Die GWG hat das Grundstück zu unbekannten – womöglich sehr niedrigen – Konditionen vom Bund gekauft. Sie hatte aber gewiss erhebliche Kosten mit dem Bunkerabriss. Das Grundstück befindet sich in TOP-Lage. Die Pleite-Stadt darf keine Kredite aufnehmen, um derlei zu kaufen und selbst zu bauen. Im Gegenteil: es wird in den kommenden Jahren städtischer Besitz verkauft werden. Die Geschichte mit dem Hodler-Gemälde war ein Testballon dafür, wie weit man damit hofft gehen zu können. Und an der Spitze der Verkaufsbewegung steht OB Dehm.
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