Lidl-Schule: Plötzlich werden neue Gutachten präsentiert
Ein Investor und die Hagener Stadtverwaltung beabsichtigen bekanntlich, auf dem Gelände der früheren Brauerei Bettermann einen Discounter und eine darauf gesattelte Grundschule zu errichten. Das Vorhaben ist nicht gerade unumstritten, dabei stehen vor allem die Verkehrssituation und die Luftbelastung im Fokus.
Grundlage der Diskussion in den bisher damit befassten Ratsgremien waren u.a. Gutachten, die schon einige Jahre auf dem Buckel haben und unter anderen Voraussetzungen erstellt wurden. Nun wurden der Bezirksvertretung (BV) Hagen-Mitte unerwartet neue Expertisen vorgelegt. In Auftrag gegeben nicht von der Stadt, sondern vom Investor Thesauros.
Dessen Gutachter kommt zu einem wenig überraschenden Schluss: Zwar nehme „infolge der reduzierten Durchlüftungspotenzials und des leicht ansteigenden Emissionsausstoßes“ die Luftschadstoffbelastungen zu. Es würden aber „auch nach Realisierung des Vorhabens alle untersuchten Grenzwerte (…) in den beurteilungsrelevanten Bereichen des Untersuchungsgebietes weiterhin eingehalten“.
Noch im Januar hatte der Fachbereichsleiter Stadtentwicklung, -planung und Bauordnung, Diepes, erklärt, dass der aus den 90er Jahren stammende Bebauungsplan hier genutzt werden müsse. Der sehe insbesondere die angepasste Geschosshöhe sowie die Nutzungsform vor.
Dieser Bebauungsplan sieht eine bis zu 6-geschossige Höhe und die Einrichtung von 600 Stellplätzen vor. Wegen seiner Riegelwirkung auf die Luftzufuhr wurde die dort geplante Einkaufsgalerie nie realisiert. Erstaunlich, dass Diepes hier nach Jahren eine Verpflichtung sieht.
Denn wohl weil sich der Bebauungplan 1/91 als nicht zielführend erwies, wurde schon 2014 für diesen Bereich per Ratsbeschluss ein neues Verfahren eingeleitet. Der Entwurf des Bebauungsplans 4/14 sah nur noch ein zweigeschossiges Gebäude mit einem darüber liegenden kleineren Geschoss vor und lediglich 95 Stellplätze.
Danach passierte wenig. 2015 wurde eine Veränderungssperre beschlossen, die 2017 und 2018 noch zweimal verlängert wurde. Ansonsten herrschte politische Ruhe im Karton.
Die Verwaltung war indessen nicht untätig und gab Gutachten in Auftrag. Aus zwei Geschossen waren allerdings – ohne Mitwirkung der politischen Gremien – plötzlich fünf geworden, die aber im Vergleich zur aktuellen Lidl-Schul-Planung wesentlich weniger Baumasse aufzubieten hatten und großen Abstand zum Straßenraum hielten.
Das Fachgutachten zu den Luftschadstoffimmissionen kam zu dem Schluss, dass eine Bebauung des Bettermanngeländes keine Verschlechterung der lufthygienischen Belastungssituation herbeiführt – in der Finanzamtsschlucht (!). Allerdings nur unter den Bedingungen, dass
- sich die Verkehrsbelastung im Umfeld der Finanzamtsschlucht durch die Realisierung der Planung nicht erhöht,
- die Gebäude nicht näher als in der Maximalvariante an den Märkischen Ring heranrücken.
Genau das ist aber mit der aktuellen Planung passiert. Die Gebäude sind in der Planung sowohl an den Märkischen Ring als auch an die Rathausstraße herangerückt und die Anzahl der Fahrzeuge, die den Lidl-Parkplatz ansteuern, wird sich gegenüber der heutigen Abstellfläche verdoppeln.
Der neue, vom Investor beauftragte Gutachter sieht hier naturgemäß keine Probleme, die sich nicht mit einer kleinen Tempo-30-Zone lösen ließen.