Hagen als Keimzelle der rechten Szene

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Die Stadt Hagen war eine der Keimzellen des in der Nachkriegszeit wieder aufkeimenden Nationalsozialismus in Westfalen. Das ist die Einschätzung, zu der Historiker Dr. Ralf Blank gelangt ist. Maßgeblich beteiligt am Wiedererstarken der rechten Szene in der nachkriegsdeutschen Bundesrepublik war Heinrich Vetter, von 1933 bis 1945 Oberbürgermeister in Hagen und stellvertretender Gau­leiter Westfalen-Süd. Aber auch Personen wie Kurt Meyer (Panzermeyer), der nach 1954 in Hagen wohnte, und sein 1944 gefallener Vorgänger als Kommandeur der 12. SS-Panzer-Division „Hitlerjugend“, Fritz Witt, gebürtiger Hohenlimburger, werden noch immer in rechten Kreisen als Kriegshelden verehrt. (…)

Vetter war es, der maßgeblich an der Gründung der „Bewegung Reich“ beteiligt war. (…) Ein Treffen früherer NS-Funktionäre im Sommer 1952 in München, zu dem auch Vetter reiste, gab den Anstoß, die „Bewegung Reich“ an die damals bereits wieder bundesweit agierende rechte Szene anzugliedern. Finanziell unterstützt wurde die Gruppe u.a. von der Andreas Brauerei.

Im Hasper Traditionsunternehmen fand auch Kurt Meyer nach seiner Haftentlassung 1954 eine Anstellung. Meyer, ein bis heute als Draufgänger und Elitesoldat charakterisierter SS-Brigadeführer und Generalmajor der Waffen-SS, war 1944 in kanadische Kriegsgefangenschaft geraten und wegen der Erschießung von Kriegsgefangenen zum Tode verurteilt worden. Nach dem Angriff auf Polen im September 1939 soll Meyer entweder 50 Juden selbst erschossen oder aber den Befehl dazu gegeben haben. Das von einem kanadischen Militärgericht wegen Kriegsverbrechen ausgesprochene Todesurteil wurde später in eine lebenslange Haftstrafe umgewandelt. Auch auf Intervention von Kanzler Adenauer wurde er 1954 aus dem Gefängnis in Werl entlassen.

Brauereibesitzer Carl-Horst Andreas, selbst SS-Angehöriger im Offiziersrang, stellte Meyer als Vertriebsleiter ein. Bis zu seinem Tode war er Verbandssprecher der HIAG, der Hilfsgemeinschaft auf Gegenseitigkeit der Angehörigen der ehemaligen Waffen-SS. „Seine Beisetzung in Delstern“, so Ralf Blank, „war im Januar 1962 eines der größten Begräbnisse, die Hagen je erlebt hat. Auch Adenauer und Strauß haben zum Tod von Panzermeyer kondoliert.“ (…)

Quelle: Westfälische Rundschau, 16. Mrz. 2012

Anmerkung: In einem an den oben zitierten Artikel anschließenden Interview weist der Historiker und wissenschaftliche Mitarbeiter des Hagener Historischen Zentrums, Dr. Ralf Blank, auf die Rolle der ehemaligen Andreas-Brauerei hin: „In der Andreas-Brauerei arbeiteten unter Carl-Horst Andreas, einem ehemaligen SS-Offizier, viele frühere Nationalsozialisten und SS-Leute. Es ist sicherlich auch kein Zufall, dass gerade in Hagen 1962 eine Splittergruppe der Deutschen Reichspartei, einer Vorgängerin der heutigen NPD, gegründet wurde.“

In der Brauerei (Aufschrift an der Rückseite der Bierwagen: „Du hupst nicht für die Katz – Andreas macht Dir Platz“) war auch der SS-Offizier und spätere Hagener CDU-Funktionär Oskar Pahnke in leitender Funktion tätig.

Zum Thema Pahnke/CDU/Andreas siehe auch: Oskar Pahnke verstorben, Schreibtisch aufräumen und ab zur Trauerfeier, CDUler: Zu blöd oder zu braun? und Rückblende: Der Großwildjäger.

Leider ist die Themenseite „Rechtsextremismus in Hagen“ online unter DerWesten nicht verfügbar. Beide Beiträge sind aber im Zeitungsarchiv von WR und WP enthalten (Kostenlose Anmeldung erforderlich).

Eine Antwort to “Hagen als Keimzelle der rechten Szene”

  1. Geschichten aus Deutschland Says:

    Hat dies auf Geschichten aus Deutschland rebloggt.

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