Als Bettvorleger gelandet

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GWG scheitert mit Einschüchterungsversuch gegen DOPPELWACHOLDER.DE

Die „Gemeinnützige Wohnstätten-Genossenschaft Hagen e.G.“ erstattete am 5. Sep. 2019 Strafanzeige gegen den Verfasser des DW-Artikels/der Anmerkung „Hagen: Abrissbagger schafft am Block-1-Areal Fakten“. Es handele sich ihrer Ansicht nach um Beleidigung, üble Nachrede und Verleumdung.

Die Hagener Staatsanwaltschaft, an die die GWG ihre Anzeige geschickt hatte, stellte im Dezember 2019 das Verfahren ein. Jetzt liegt DW auch die Begründung vor: Es bestehe kein „hinreichender Tatverdacht“, wie es im Juristendeutsch genannt wird, und die „fragliche Handlung“, also die von der GWG angegriffene Berichterstattung bzw. Kommentierung sei sogar „als gerechtfertigt anzusehen“.

Größer kann die Niederlage der GWG bei ihrem Amoklauf eigentlich nicht ausfallen: Als Tiger gesprungen, als Bettvorleger gelandet.

Wahlweise von „Beleidigung“, „Verleumdung“ oder „übler Nachrede“ überzogen fühlten sich nicht nur die GWG als Unternehmen, sondern auch deren Geschäftsführer Christoph Rehrmann und Harald Szczygiol. Letzterer ist nicht nur Vorstandsmitglied der GWG, die immer noch (merkmürdigerweise legal) den Begriff „gemeinnützig“ in ihrer Firmierung benutzen darf, obwohl die Gemeinnützigkeit für Wohnungsunternehmen seit mehr als 30 Jahren abgeschafft ist.

Neben seinem Vorstandsjob ist Szcsygiol laut Homepage der GWG bei dem Immobilienunternehmen auch als „Resortleiter Service“ beschäftigt. Damit nicht genug. Bei der Rechtsanwaltskammer wird Szczygiol auch als Advokat geführt mit Geschäftsräumen in der Hagener Bahnhofstraße. Dreifach gemoppelt – Vorstand, Resortleiter und Anwalt – hält nun mal besser. Der Lebensunterhalt will halt abgesichert sein.

Dem Juristen Szczygiol, der die Strafanzeige der GWG formuliert haben dürfte – jedenfalls ist er neben Rehrmann der zweite Unterzeichner -, wird wohl von Anfang an klar gewesen sein, dass es sich bei seinem siebenseitigen Schriftsatz um heiße Luft handelt.

DOPPELWACHOLDER.DE hatte denn auch gegenüber der Staatsanwaltschaft die Anschuldigungen der GWG als Einschüchterungsversuch gewertet mit dem Ziel, in Zukunft missliebige Berichterstattung und Kommentierung zu verhindern.

DW hatte im Zusammenhang mit dem Block-1-Skandal in Wehringhausen die Frage aufgeworfen, ob neben der Unterstützung des Oberbürgermeisters für den Abriss eines ganzen Gründerzeit-Wohnblocks durch die GWG „auch noch Schmiergelder oder in Aussicht gestellte Vergünstigungen oder Vorteile eine Rolle gespielt haben könnten“.

Ob überhaupt und, wenn ja, wer da wem Vorteile verschafft haben könnte, war also völlig offen. Gleichwohl bezogen es die GWG-Vertreter interessanterweise direkt auf sich selbst. Sie behaupteten, DW hätte ihnen „unterstellt, Schmiergelder an den Oberbürgermeister sowie an Politiker für die Abrissgenehmigung des Block 1 gezahlt oder ihnen Vergünstigungen oder Vorteile gewährt zu haben“.

„Der Blogger“ habe damit dem „unbefangenen Leser“ suggeriert, so die GWGler, dass sie „die Straftatbestände der Bestechung und Bestechlichkeit, Vorteilsnahme und Vorteilsgewährung begangen hätten“. Dies seien alles Straftatbestände, die in eine rhetorische Frage gekleidet seien. Nur – einen Fragesatz gab es in dem inkriminierten Text überhaupt nicht.

Das hinderte die GWG nicht daran, zur Unterfütterung ihrer Thesen in breit angelegten philologischen resp. sprachwissenschaftlichen Exkursen zu erörtern, ob es sich um eine wirkliche oder lediglich rhetorische Frage handelt. Hintergrund (und Ursprung) dieses Argumentationsstrangs ist ein BGH-Beschluss von 2003 (Az.: VI ZR 38/03), der eine Bildzeitungs-Schlagzeile zum Inhalt hatte: „Udo Jürgens – Im Bett mit Caroline?“. Dabei ging es letztlich um das Fragezeichen, das, hätte man es weggelassen, aus einer Frage eine Behauptung gemacht hätte.

Dieses und ähnliche höchstrichterliche Urteile, die von den Antragstellern hinzugezogen werden, weisen eine Gemeinsamkeit auf: Stets handelt es sich um namentlich genannte Personen, über die etwas behauptet wurde – und sei es in Frageform. Das ist im vorliegenden Fall gerade nicht zutreffend, auch wenn die Antragsteller diesen Eindruck zu erwecken versuchen, indem sie mittels Debatten über „echte“ und „rhetorische“ Fragen vom Kern der Sache ablenken wollen: Dass es nämlich um sie als Personen oder ihr Unternehmen konkret nicht geht.

Der Hinweis auf die Möglichkeit eines illegitimen oder sogar illegalen Handelns ist dagegen nicht nur gerechtfertigt, sondern im Sinne einer aufgeklärten und kritischen Öffentlichkeit geradezu notwendig. Vor allem vor dem Hintergrund, dass auf kommunaler Ebene die Gemengelage aus Politik, Verwaltung und Immobilienwirtschaft seit eh und je als Einfallstor für anrüchige bis hin zu kriminellen Machenschaften gilt.

Die Anzeigeerstatter räumten allerdings selbst – vermutlich unfreiwillig – ein, dass der Sinn des von ihnen beanstandenten Textes „nicht abschließend“ festgelegt werden kann. Sie räumten weiter ein, dass der allgemeine Sprachgebrauch und „bei der Deutung der Kontext, in dem die umstrittene Äußerung steht, und die Begleitumstände, unter denen sie fällt, zu berücksichtigen“ sei.

Weiter führen die GWGler aus: „Zur Erfassung des vollständigen Aussagegehalts muss die beanstandete Äußerung stets in dem Gesamtzusammenhang beurteilt werden, in dem sie gefallen ist. Sie darf nicht aus dem sie betreffenden Kontext herausgelöst einer rein isolierten Betrachtung zugeführt werden.“ Auch diese Feststellung ist richtig – und führt ihre eigenen Behauptungen gegenüber DW ad absurdum.

Kein Wunder, dass die Hagener Staatsanwaltschaft (die bestimmt Besseres zu tun hat) das GWG-Pamphlet gegen DOPPELWACHOLDER.DE von der Platte geputzt hat.

Eine Antwort to “Als Bettvorleger gelandet”

  1. hansimäuschen Says:

    Wahrscheinlich wollte die GWG lediglich auf sich aufmerksam machen ( Werbung ) oder wurde von anderer Seite diesbezüglich angebettelt. Und halt in Erinnerung bringen, daß man dort auch den DW liest.
    Daher – nun doppelwacholder-affin – bleibt jetzt die Frage, ob man künftig auch mal bloggen möchte. Oder blocken ?
    Wenn man vor Ort vorbeikommt, sieht es aus, als habe – wenige Meter neben dem Eisenbahntunnel, in den sich im 2. Weltkrieg ( auch 1. ? ) viele Menschen vor diesen metallenen Gegenständen flüchteten – eine Bombe eingeschlagen. Alles ansich ( bis auf geneigte, fantastische Blogs ) überflüssig, mindestens.
    Ach was, wann gibt es das nächste Schlachtfeld ( – fest ), wann muß der nächste Block dran glauben ?
    In heutiger WP fordern selbst die Grünen nochmals eindrücklich mehr Beteiligung u. Information von Bürgern ein. Da wäre es – eigentlich – doch ein Klacks, mit dieser Steilvorlage ( nicht die erste ) nicht nur und auch nicht vorzugsweise an ach so segensreiche Ökonomie, sondern Sinnhaftigkeit zu glauben was ? Doch dazu gehört die Erkenntnis, daß es da noch eine andere Gehirnhälfte gibt, einfach zur Birne gehört. Sollte das zu problematisch erscheinen, es gibt seit einiger Zeit selektive Hirnstimulanzien ( s. u. a. DocCheck ).
    Wird ja keiner behaupten, daß nie und gar nichts abgerissen wird, da könnte es helfen, zu unterscheiden.Übrigens auch z. B. bei Einsicht in früh-/rechtzeitige Sanierung, um Erhaltenswertes zu erhalten..

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