Nicht ganz koscher

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Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde macht sich mit der AfD gemein

Man ist ja schon einiges gewohnt in Hagen. Dass führende CDU-Vertreter einem Parteifreund und ehemaligen SS-Offizier ein Zitat des von den Nazis ermordeten Theologen Dietrich Bonhoeffer in eine Todesanzeige schreiben – zum Beispiel.

Oder dass die SPD Mitglieder in ihren Reihen hat, die ganz offen ihrem Antisemitismus freien Lauf lassen. Wie ein „Genosse“ aus dem Ortsverein Wehringhausen.

Getoppt werden solche Machenschaften ausgerechnet – man mag es kaum glauben – von einem Mitglied der Jüdischen Gemeinde Hagen. Nicht von irgendwem, Hagay Shmuel Feldheim ist Vorsitzender der Gemeinde und – Zuarbeiter der angeblichen „Alternative für Deutschland“.

Feldheim hat sich als stellvertretendes Mitglied in den Betriebsausschuss des HABIT wählen lassen, entsandt ausgerechnet von der vielfach als rechtsextremistisch eingestuften Gruppierung. Das ehemalige Bundesvorstandsmitglied der AfD, Hans-Olaf Henkel, nennt seine Ex-Partei inzwischen „NPD light“.

In einer Zeit, in der immer mehr Brandanschläge auf Flüchtlingsheime verübt werden und in Villingen-Schwennigen gerade die erste Handgranate auf das Gelände einer Unterkunft geworfen wurde (die glücklicherweise nicht explodierte), will die AfD-Vorsitzende Frauke Petry an den Grenzen „notfalls“ auch Schusswaffen gegen Flüchtlinge einsetzen.

Diese grandiose Idee hatte auch schon Petrys Lebensgefährte, der NRW-Landesvorsitzende Marcus Pretzell, den Feldheims AfD-Freunde erst kürzlich in Hagen auftreten lassen wollten. Der Plan scheiterte nur Dank der Courage Hagener Wirte, die ihre Räumlichkeiten geistigen Brandstiftern nicht zur Verfügung stellen wollten.

Plausibel vor dem Hintergrund der Rolle Feldheims erscheinen jetzt auch Behauptungen, die von AfD-Mitgliedern verbreitet wurden. Danach soll die Jüdische Gemeinde Hagen erwogen haben, ihre Räumlichkeiten für Veranstaltungen der Rechtsaußentruppe zur Verfügung zu stellen.

Ist Feldheim angesichts des von seinen AfD-Gschpusis angepeilten Grenzregimes bewusst, dass deutschen Juden während der Nazi-Herrschaft eine Flucht aus Deutschland zunehmend erschwert wurde, weil Länder wie die Schweiz ihre Grenzen verriegelten und die USA darauf beharrten, nicht mehr als 27.000 Deutsche pro Jahr ins Land zu lassen?

Weiß Feldheim, der selber Migrant ist und 1992 aus Israel zuwanderte, nicht, dass in Deutschland schon öfter mit dem Feuer gespielt wurde? Kennt er die Namen Rostock-Lichtenhagen, Solingen und Mölln nicht? Ist ihm die deutsche Geschichte der 30er Jahre des letzten Jahrhunderts unbekannt, in denen erst gehetzt wurde und anschließend zuerst die Bücher, dann die Synagogen und zuletzt die Menschen brannten?

Immer spielten die Zündler im Hintergrund eine entscheidende Rolle. Parteien und einschlägige Medien, die je nach Gusto mal offen antisemitisch, rassistisch und fremdenfeindlich agierten und zur Hatz auf andere Unliebsame aufriefen. Oder aber ihre Gelüste gut kaschierten.

Die Jüdische Allgemeine, das Organ des Zentralrats der Juden in Deutschland, zitiert den Journalisten Olaf Sundermeyer, der anlässlich eines Besuchs der AfD-Vorsitzenden Petry in Israel warnend darauf hinwies, dieser solle helfen, „sich und ihre Partei von dem Vorwurf des ›Völkischen‹ reinzuwaschen, und vom Verdacht, eine Nazipartei zu sein“.

Neu sei die Strategie rechter Parteien, Kontakte nach Israel aufzubauen, nicht. Der französische „Front National“, die FPÖ, der belgische „Vlaams Belang“, die Parteien „Pro Deutschland“ und „Freiheit“, alle reisten schon nach Israel, um für eine vermeintlich gemeinsame antimuslimische Sache zu werben. Oft mit harscher Kritik aus den eigenen Reihen, man biedere sich bei den Juden an.

Benny Fischer von der European Union of Jewish Students hat den Verdacht, dass es Petry vor allem um eine Art Koscherstempel geht, also eine Unbedenklichkeitsbescheinigung: „Sich in Israel fotografieren zu lassen, kommt den vereinzelten Israelflaggen auf Pegida-Demos gleich.“ Man versuche damit, den Vorwurf des Antisemitismus in den eigenen Reihen abzuwehren.

In Paderborn verwahrt sich die dortige jüdische Kultusgemeinde klar gegen Umarmungs- und Anwerbeversuche der rechten Rattenfänger, die sie zu einer gemeinsamen Demonstration aufgerufen hatten. Die Neue Westfälische berichtete:

„Das ist ein Witz“, sagte der Vorsitzende der Gemeinde, Alexander Kogan, im Gespräch mit der NW. Er bezeichnete die Partei als „ultra-rechts“.

Die Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit (in Paderborn) kritisiert ebenfalls die Einladung der Afd. Die Vorsitzende Monika Schrader-Bewermeier vermutet bei der AfD folgenden Denkansatz: Wenn man etwas gegen Araber sage, sei es auch pro-jüdisch. „Das ist eine Funktionalisierung unserer jüdischen Mitbürger.“

Genau diese Funktionalisierung betreibt offenbar auch der Vorsitzende der Hagener jüdischen Gemeinde als Gesinnungsgenosse der AfD. Schon in der Vergangenheit ist Hagay Shmuel Feldheim mit einer schrägen Aktion aufgefallen.

Im September 2014 sorgte er gemeinsam mit seiner Frau bei einer Pressekonferenz des „Hagener Forum der Religionen“ für einen Eklat, als er dort Flugblätter verteilte, mit denen Hagener Moslems sich mit der palästinensischen Hamas in einen Topf geworfen sahen. Die Vertreterin der Diakonie, Heike Spielmann, riet den Feldheims damals dazu, sich umgehend bei den muslimischen Vertretern zu entschuldigen: „Und nehmen sie am besten einen Mediator mit.“

Die Jüdische Gemeinde Hagen hat etwa 270 Mitglieder und ihr Einzugsbereich reicht bis nach Arnsberg und Siegen. Die meisten der Mitglieder, ca. 200, sollen in der Volmestadt leben. Kaum vorstellbar, dass ein größerer Teil davon die abstrusen politischen Präferenzen ihres Vorsitzenden teilt.

Eine personelle Veränderung an der Spitze wäre daher dringend angebracht, um weiteren Schaden von der Gemeinde abzuwenden. Der jetzige Amtsinhaber ist offensichtlich nicht ganz koscher.

Hagen braucht keine geistigen Brandstifter. Weder solche mit deutschnationalem Hintergrund, noch solche mit einem wie auch immer gearteten vorgeblich religiösem. Und erst recht keine Mischung aus beidem.

2 Antworten to “Nicht ganz koscher”

  1. Umleitung: Von Fritz Stern über den totalen Rausch zum Phänomen Faust in Arnsberg. | zoom Says:

    […] Hagen nicht ganz koscher?: Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde macht sich mit der AfD gemein … doppelwacholder […]

  2. Allan Quatermain Says:

    Das mit der Handgranate würde mich auch interessieren.

    Das einzige was man bis jetzt weiß,

    sie wurde Produziert in Jugoslawien vor dem Jahr 1990.

    Ob Zündfähig oder nicht, kann bis jetzt auch keiner Sagen.

    Ob Sie der Security gegolten hat, oder den Flüchtlingen,

    ist bis jetzt auch nicht klar beantwortet.

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