Bahn-Chaos: Hagen stark betroffen

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Marode Infrastruktur, Personal- und Fahrzeugmangel

VRR-LogoFahrgäste beklagen: Es wird täglich schlimmer. Praktisch kein Zug, der Hagener Bahnhöfe anfährt oder verlässt, ist noch pünktlich. Immer mehr Verbindungen fallen kurzfristig ganz aus, Züge sind nur noch mit der Hälfte der Wagen ausgestattet und völlig überfüllt.

Die Gründe sind vielfältig, aber nur teilweise entschuldbar. Die Hochwasserschäden von 2021 waren in diesem Ausmaß sicher nicht vorhersehbar und deren Behebung dauert. Etwas anders sieht es schon bei den Baustellen aus, die sich nachteilig auf einen geregelten Bahnverkehr auswirken und die ungeliebten Schienenersatzverkehre mit Bussen nach sich ziehen.

Die wären in diesem Umfang vermeidbar gewesen, hätten nicht diverse (CSU-)Verkehrsminister diese Zustände mit ihrer verfehlten Politik erst herbeigeführt. Nachfolger Wissing (FDP) hat jetzt Geld für Reparaturen locker gemacht, blockiert aber wesentliche Bestandteile einer sinnvollen Verkehrswende wie eine auskömmliche Finanzierung des 49-Euro-Tickets weiter – auch das gehört zur Bestandsaufnahme.

Aber selbst dort, wo weder Hochwasserschäden zu beklagen sind, noch Baustellen den Verkehr behindern, nähert sich das Bahnangebot immer mehr einem Zustand an, der einem Lotteriespiel ähnelt. Der Fahrplan hat auf vielen Strecken nur noch empfehlenden Charakter – nicht erst heute.

Die RB 52 (Dortmund – Herdecke – Hagen – Lüdenscheid) hat nach der Hochwasserkatastrophe 2021, einer Baustelle im Raum Dortmund und einer einsturzgefährdeten Straßenbrücke in Hagen-Eilpe ihren Betrieb inzwischen komplett eingestellt.

Der Regionalexpress RE 7 Richtung Wuppertal-Köln und nach Hamm-Münster ist chronisch verspätet und überfüllt – auch weil er teilweise nur mit einem Zugteil statt mit den vorgesehenen zwei Einheiten fährt. Das trifft in ähnlicher Weise auch auf den zum Teil parallel laufenden RE 13 zu.

Die S-Bahn-Linie S 9 Richtung Wuppertal verkehrt seit Wochen nur noch sporadisch. Mit der ebenfalls auf dieser Strecke verkehrenden S 8 gibt es dann nur noch eine Verbindung pro Stunde. Der Begriff „S-Bahn“ verbietet sich bei einem solchen Mini-Angebot eigentlich.

Diese Zustände sind allerdings nicht neu, schon der VRR-Qualitätsbericht für das Jahr 2022 spricht Bände. Es setze sich „bedauerlicherweise eine Tendenz fort, die sich bereits im vergangenen Jahr abzeichnete“, vermeldet der Verkehrsverbund. „Zahlreiche Regionalexpress-, Regionalbahn- und S-Bahn-Fahrten sind entweder verspätet oder fallen komplett aus.“

In der Statistik der Verspätungen nimmt der bereits erwähnte RE 7 den schlechtesten Platz ein, auch der Hagen tangierende RE 4 (Dortmund – Hagen – Düsseldorf – Aachen) steht nicht viel besser da. Beides übrigens Linien, die von National Express betrieben werden, deren übrige Angebote sich auch am unteren Ende der Verspätungsskala wiederfinden.

In der Liste der Aufälle von Zügen sind die Hagen tangierenden Linien RE 13 (Richtung Düsseldorf) , RB 40 (nach Essen) und die bereits erwähnte S 9 überdurchschnittlich vertreten. Die RE 13 sticht auch dadurch hervor, dass häufig ein Zugteil fehlt, also nur die Hälfte der Plätze angeboten werden.

Unübertroffene Spitzenreiter sind hier allerdings die Linien RB 91 (nach Iserlohn) und RE 16 (Richtung Siegen und Essen), die in 60 bzw. 67 Prozent der Fälle nicht über das vertraglich vereinbarte Wagenmaterial verfügen. Diese beiden Linien zählen zum sogenannten Ruhr-Sieg-Netz, das zuvor von Abellio betrieben wurde. Begründet wird der Mangel seitens des VRR mit unterschiedlichen Mängeln an den übernommenen Fahrzeugen .

Verbandsvorsteher des VRR ist der Hagener Oberbürgermeister Erik Olaf Schulz. „Hagen konnte im größten Zweckverband Europas den Vorsitz erlangen. Im Hinsicht auf den ÖPNV, den Bahnhof Hagen und Hohenlimburg kann das nur von Vorteil sein“, begründete Schulz 2014 seinen umstrittenen Griff zum Posten.

Danach hat man von Schulz zu möglicherweise herbeizuführenden „Vorteilen“ für Hagen nichts mehr gehört. Auch nicht, nachdem er zusätzlich Vorsitzender des Präsidiums des Verwaltungsrates der VRR AöR wurde, die für das operative Geschäft des Verkehrsverbundes verantwortlich zeichnet.

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