„Selbstsüchtige Eigenwerbung“

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Politik und Verwaltung empört über Hagener Einheitsblatt

Das hat es in der jüngsten und wohl auch längeren Vergangenheit noch nicht gegeben: Sowohl die Spitze der Hagener Stadtverwaltung als auch fast alle Fraktionen und Gruppen im Stadtrat üben scharfe Kritik an der Berichterstattung des örtlichen Funke-Mediums, das immer so tut, als seien es zwei – Westfalenpost und Westfälische Rundschau.

Bisher war es häufig so, dass die WPWR Themen vorgab und Rat und/oder Verwaltung bereitwillig über die Stöckchen sprangen, die ihnen aus dem Pressehaus hingehalten wurden. Diesmal lief es anders: Die, die springen sollten, bissen zurück.

Am Donnerstag erschien auf der Titelseite des Lokalteils ein Bericht unter der Überschrift „Nach der Flut: Kritik an Stadtspitze“. Autor Mike Fiebig berief sich darauf, was Anwohner in angeblich „vielen Gesprächen mit der Stadtredaktion in den von der Flut schwer getroffenen Gebieten wie dem Volmetal, Eckesey oder Hohenlimburg beklagen“.

„Viele betroffene Hagener“, so Fiebig, fühlten sich „von Stadtspitze und Politik“ alleingelassen. Viele seien „zusätzlich verängstigt, das offen zu sagen, weil sie letztlich ja auf die Hilfe der Stadt angewiesen seien“.

Als Beleg für seine Thesen führte Fiebig dann aber keine Stimme aus den von ihm genannten Stadtteilen, sondern fünf Personen (von bislang etwa 5.100 registrierten Flutopfern) aus Delstern an. Die „klagen auch Politik und Verwaltungsspitze an“, so der Beitrag, und sprächen von einem „Skandal“, von einem „Trauerspiel“.

Ob das Fiebig-Traktat repräsentativ ist – den Eindruck erweckt er jedenfalls – oder eher der überschäumenden Phantasie des Autors entsprungen ist, lässt sich für Aussenstehende nicht verifizieren. Das ist aber auch nicht des Pudels Kern.

Überraschend ist dagegen, mit welcher Vehemenz sowohl die Verwaltungsspitze als auch fast der gesamte Stadtrat (mit Ausnahme der „Bürger für Hohenlimburg“) reagierten, nachdem sie ein Frageschreiben Fiebigs erhalten hatten.

Der Verwaltungsvorstand konstatierte: „Ihre Unterstellungen und Mutmaßungen zu kommentieren, ist hier nicht der geeignete Moment. (…) Uns, den Mitgliedern der Verwaltungsspitze, Untätigkeit, mangelnde Präsenz oder gar Empathielosigkeit gegenüber dem Schicksal der Betroffenen zu unterstellen – so wie es mit den Fragestellungen bewusst suggeriert wird – hat uns fassungslos gemacht.“

Die Ratsfraktionen und -gruppen warfen Fiebig vor, er suche „offensichtlich nach einem anderen Spin“ und werfen ihm Verdrehung der Tatsachen vor: „Würde Ihre minimalistische Auflistung der Fakten stimmen, könnten wir eine Unzufriedenheit der Menschen sogar verstehen.“

Tatsächlich pflege und kommuniziere die Stadtverwaltung bis heute tagesaktuelle Listen aller öffentlichen und privaten Hilfsangebote. Diese Liste liege den Ansprechpartnern in den Stadtbezirken, den Fraktions- und Gruppengeschäftsstellen sowie allen anderen Organisationen vor, die Menschen vor Ort beraten.

Die Ratsmitglieder stellten lapidar fest: „Diese Fakten sind auch der Redaktion der Westfalenpost bekannt.“

Sie hätten von „eigenen Betroffenen sowie Helferinnen und Helfern sehr konkrete und differenzierte Rückmeldungen erhalten“. Demnach hätten viele Hilfen vor Ort sehr schnell und unbürokratisch gegriffen. Bislang laufe dieser Prozess hervorragend. Von daher erübrige sich auch Fiebigs Hinweis, dass „man dort Dinge erfahren kann, die (…) in Fraktionssitzungen Berücksichtigung finden können.“

Weiter betonen die Ratsvertreter an die Adresse der WPWR: „Unsere Kolleginnen und Kollegen haben angepackt, wo sie gebraucht wurden. Das war deutlich klüger, als die Arbeiten der Hilfskräfte mit selbstsüchtiger Eigenwerbung oder plakativen politischen Ratschlägen zu erschweren.“

Auch Fiebigs intellektuelle Fähigkeiten werden angezweifelt: „Die abstrakte Frage, ob „kritischen Stimmen falsch (liegen), wenn sie sagen, dass sie sich allein gelassen fühlen“ können wir nicht beantworten, weil sich unspezifisch anonyme Vorwürfe schon rein logisch nicht konkret beantworten lassen.“

Zum Abschluss geben die gewählten Vertreter der Bevölkerung aus dem Rathaus dem nichtgewählten und nur selbsternannten Sprachrohr des Volkes aus dem Pressehaus noch etwas mit auf den Weg:

„Sie sollten auch reine Symbolpolitik von Kommunalpolitik trennen können. Und wir glauben, dass es Aufgabe eines Redakteurs ist, abstrakte Tatsachenbehauptungen erst einmal zu überprüfen, bevor er sie weiter verwendet. Schließlich könnte die Übernahme fremder Inhalte nach außen den Eindruck erwecken, man vertrete diese Ansichten selbst.“

3 Antworten to “„Selbstsüchtige Eigenwerbung“”

  1. Sebastian Kayser Says:

    „Schön“ ist in diesem Zusammenhang das falsche Wort, vielleicht „gut“.
    Also GUT, dass sich Verwaltung und Politik gemeinsam gegen diese hetzerische Berichterstattung von Fiebig und Co. stellen. Endlich! Nicht SCHÖN ist, dass es überhaupt notwendig ist; von einer freien Presse erwartet man eigentlich etwas anderes. Eine Zeitung kann auch ihrer Verantwortung nachgehen, muss geradezu, wenn es nur noch eine Redaktion vor Ort gibt.
    Die WPWR steht seit Jahren unter finanziellem Druck und die Berichterstattungen und Kommentierungen sind immer fürchterlicher geworden. Auch meine persönlichen Erfahrung mit dieser Redaktion vervollständigen mir meinen Eindruck.
    Unbenommen ist allerdings, dass es sicherlich in Einzelfällen bei der Bearbeitung der Flutkatastrophe auch Fehler passierten und weiterhin passieren können. Die Herausforderung ist groß, dieser Sachverhalt noch nie da gewesen, es muss sich also einspielen, auch in der Abstimmung zwischen Politik und Verwaltung. Es ist aber auf dem Weg! Auch mir ist ein Fall bekannt, wo versprochene Soforthilfe erst einmal nicht bezahlt wurde. Es wird sich klären!
    Aber solche Fälle gilt es anzusprechen, aufzuklären, auszuleuchten und eben nicht mit Hetze und Unredlichkeit die Auflagezahlen in die Höhe zu jazzen.

  2. KranichMuss Says:

    Das Einheitsblatt wird zu recht weitgehend kritisch gesehen. Beim lesen des Artikels und der Kommentare der Herren Weiske und Fiebig hatte ich einen teilw. anderen Eindruck
    Klar ist, daß bei einer Katastrophe vieles drunter und drüber geht, aber die Behauptungen dann stimmen müssen, sowohl seitens der Bürger – sofern sie sich überhaupt öffentlich artikulieren ( unbeschadet können..) – als auch von Politik und Verwaltungsspitze. Was wurde nicht schon alles behauptet..
    Wer von diesen wo präsent war und tatsächlich geholfen hat, sei dahingestellt. Hr. Weiske – für gezielt Zuckerbrot und Peitsche bekannt – lobt in höchsten Tönen kommunale Spitzen dafür, daß sie “ ohne mit der Wimper zu zucken “ z. B. Urlaube abgebrochen hätten. Der Oberbürgermeister, der das gar nicht hätte tun müssen, weil Stellvertreter oft richtiger am Platz sind wie der Stationsarzt manchmal der bessere Operateur als der Chefarzt ist, tat es. Aber warum wohl ? Hr. Laschet war angesagt… .Gleiches für “ Es war unser Wunsch, nah bei den Menschen zu sein „. Wie so oft und warum wohl.. .
    Dieser Oberbürger- ( und Behauptungs ) meister konnte noch nie mit – noch so berechtigter – Kritik umgehen und das Muster war oft genug der Versuch, dem Kritiker am Zeug zu flicken. Wie z. B. gleich zu Anfang, wo die Leiterin des Job-Centers letztlich geschaßt wurde. Mit dem IHK – Geschäftsführer gelang dies beim Stadttheater – Konflikt ( Stichw. “ Totengräber “ ) aber nicht.
    Jetzt geht man sogar soweit, selbst Anfragen an die Verwaltung mit ( Pseudo- ) Empörung und im Schulterschluß mit fast allen Lokalpolitikern zu beantworten und, nicht zum ersten Mal, sind dann plötzlich auch SPD und ( Un- ) Linke dabei. Schönes Demokratie-Verständnis, aber man fühlt sich schließlich auf den kollektiven Schlips getreten… Aber wenn man Narzissten kritisiert, ist bekanntlich die Rache zumeist grausam.
    Frage ist u. a. nur, was wäre, wenn wirklich seitens OB oder Beigeordneten nachweislich was gravierendes ( abgesehen vom bekannten klauen von Silberlöffeln ) passieren würde. Steht man da auch eisern zusammen, während es in anderen Städten noch sowas wie Opposition gibt ?
    Erweiterte Allianz des Grauens oder wie ? Was solls, “ Empathie, zuhören und das Gefühl, daß Bürgeranliegen HÖCHSTE Priorität genießen “ sind ja da. Jedenfalls hat man´s mal wieder zu Papier gebracht, und schon deshalb stimmt´s einfach.. .. Nur bitte nicht wundern. Oder – in aller Tumbheit – trotzdem ?

  3. Umleitung: AfD & Corona, Nachtgespenster für Olaf, Sin City, Containern und mehr … | zoom Says:

    […] „Selbstsüchtige Eigenwerbung“: Sowohl die Spitze der Hagener Stadtverwaltung als auch fast alle Fraktionen und Gruppen im Stadtrat üben scharfe Kritik an der Berichterstattung des örtlichen Funke-Mediums, das immer so tut, als seien es zwei – Westfalenpost und Westfälische Rundschau … doppelwacholder […]

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