Kein Anschluss unter dieser Nummer

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Politik reagiert nur noch auf „Genehmes“

Seit einiger Zeit tourt die SPD-Fraktion im Hagener Rat durch die Lande. Wobei – schon der Begriff „Fraktion“ erscheint reichlich überdimensioniert, wenn – wie jüngst bei Aids-Hilfe und „Frauen helfen Frauen“ – von 19 Mitgliedern nur 4 anwesend sind.

Diese Minimalbesetzung ist vielleicht auch damit zu erklären, dass ein aktueller Diskussionsbedarf an ganz anderen Stellen zu finden ist. Also nicht gerade dort, wo sich der Fraktionsvorstand eines solidarischen Beifalls sicher sein kann.

So versucht die Bürgerinitiative Gegenwind, die einen verbindlichen Mindestabstand der Windkraftanlagen zur Wohnbebauung fordert, aber genauso deutlich „Atomkraft… nein danke!“ sagt, einen Termin mit der SPD-Fraktion zu bekommen. Bisher erfolglos, „ein neuerlicher Terminvorschlag seitens der SPD ist leider bisher nicht gemacht worden.“

Ähnlich erging es der Initiative gegen die Einrichtung eines Maßregelvollzugs im Hagener Stadtwald: „Wir hatten dazu mit Ihrem Fraktionsgeschäftsführer einen Termin am 19.6.17 ab 17:00 Uhr vereinbart, der kurzfristig abgesagt wurde. Den alternativ angebotenen Termin am selben Tag um 14:30 Uhr, leider nur mit dem Fraktionsvorstand, können wir so kurzfristig nicht wahrnehmen.“

Diese umsichgreifende Mentalität, sich nur noch mit Beifallspendern zu umgeben, ist beileibe kein ausschließliches SPD-Spezifikum. Praktisch alle Parteien, gerade in Hagen, haben sich vom politischen Diskurs abgemeldet und beschäftigen sich hauptsächlich mit Personal- und Pfründeangelegenheiten.

Die Hagener Grünen haben es geschafft, sowohl ihren ehemaligen Kreissprecher kaltzustellen als auch die Spitzenkandidatin der letzen Kommunalwahlen aus der Fraktion auszuschließen. Die heimische SPD hat – ohne öffentliche Begründung – ihren Fraktionsvorsitzenden abgesägt und einen unliebsamen Ortsverein aufgelöst. Die örtliche Gliederung der Linkspartei ist, nachdem die materielle Versorgung der führenden Familie gesichert war, als politisches Subjekt inhaltsleer von der Bildfläche verschwunden. Und die traditionell autoritär strukturierte CDU musste sich (mangels eigenen vorzeigbaren Personals) eine Bundestagskandidatin vom Landesverband aufdrücken lassen.

Inhaltliche Debatten haben die Parteien weitgehend aufgegeben. Das beschreibt auch – wie es der Zufall so will – in der gestrigen Ausgabe der Süddeutschen Zeitung in einem Gastbeitrag Journalist (und SPD-Mitglied) Heiner Müller-Ermann (leider nicht im Netz):

„In den Parteien ist es für ein normales Mitglied schlicht und einfach langweilig geworden. Inhaltliche Auseinandersetzungen an der Basis finden kaum mehr statt. Wo sind die Kreisverbände, die mit ihren Abgeordneten streng diskutieren, über deren Abstimmungsverhalten in der Energiepolitik oder bei Privatisierungen? Gar die Parteitage. Sie werden heute durchgestylt und mediengerecht aufbereitet, das Zusammentreffen der Grünen am vergangenen Wochenende war nur ein Zeugnis davon. Unbequeme Anträge verschwinden in Sammelpaketen und Antragsbüchern, und am wichtigsten erscheint, dass der Applaus für den Vorsitzenden nach Minuten gezählt werden kann.

Aber es ging auch mal anders. Selbst zu Zeiten der sogenannten Macher Helmut Schmidt und Herbert Wehner dauerten Parteitage eine Woche, in hitzigen Debatten wurden politische Entwürfe geschmiedet. (…) Undenkbar, dass grundlegende Dinge wie Hedgefonds, Leiharbeit oder Bankenrettung lediglich von einer Handvoll Parteioberen entschieden worden wären.“

Um diese Themen geht es zwar in der Hagener Kommunalpolitk nicht vorrangig, aber sich nur gemeinsam mit den Kumpanen aus dem Pressehaus bei einschlägigen hochprozentigen Festivitäten ablichten zu lassen, ist angesichts der Probleme dieser Stadt doch etwas wenig.

6 Antworten to “Kein Anschluss unter dieser Nummer”

  1. hansimäuschen Says:

    Es wirkt wirklich insgesamt geradezu wie ein makabres Spiel.
    Und wenn dann die WP mal wieder den Leser mit einer Artikel-Serie beglückt ( hier über die Hagener Kommunalpolitiker, die sich trotz aufopferungsvollsten Engagements zum WOHL DER STADT penetrant unberechtigter Kritik ausgesetzt sehen ) – vielleicht auch, weil zwischen den Serien partout nichts Gescheites einfallen will -, fällt gelegentlich der wohl aus der Psychologie stammende, sinngemäße Satz ein, daß fast jedes Motiv dem Ego entspringt…
    Nicht nur, weil sich Narzißmus etwa in Gestik und Mimik äußern und im Wind des Zeitgeistes Viel- und Schnellredner teilweise (!) hoch angesehen sind, kann es dann jedoch auch zu bescheidener Selbstbefragung führen incl., ob man selbst denn “ damit “ etwas zu tun haben möchte…

  2. Emilia Says:

    Nach dem durch Klaus Rudel und Timo Schisanowski initiierten Abwahlantrag gegen Mark Krippner hat sich nix in der Hagener SPD getan.

    Es wurden nur „Posten“ neu-verteilt. Um den als Fraktionschef gestürzten Krippner noch weiter politisch sowohl als auch beruflich/privat zu schwächen, gar handlungsunfähig zu machen.

    Rudel und Schisanowski gehören auf die Anklagebank. Der Komplott gegen Krippner spiegelt die kriminelle Energie dieses Duetts wieder.

    Die Staatsanwaltschaft sollte auf jedenfall gegen diese Leute weitere Ermittlungen einleiten und mal ohne Angst vor Verlusten aufräumen und der Öffentlichkeit die Politische Arbeit hinter den Kulissen von den beiden Herren präsentieren.

    Die SPD hat in Hagen einen bitteren Neuanfang nötig. Ohne Neuanfang sehe ich keine neue und konstruktive Zukunft für diese Partei in Hagen.

    Man muss sich Miteinander gegen die neue politische Bedrohung der Zukunft stellen und dem Volk wieder unter Beweis stellen wehm Es vertrauen kann. Anstatt sich Gedanken drüber zu machen, welchem Unternehmer man durch Insider-Wissen den nächsten Auftrag für tausende Euro Schwarzgeld vermitteln kann.

    Lets make Hagen great again sollte zum neuen Motto des Rates der Stadt Hagen werden. Mit innovativen und konstruktiven Taten glänzen und das Vertrauen des Bürgers zurück zu gewinnen.

    Hier in der Stadt versucht man alles irgendwie schnell unter den Teppich zu kehren anstatt es öffentlichwirksam mit der Presse und mit dem Bürger aufzuarbeiten.

    So wird nie etwas aus Hagen werden.

    Jedem einzelnen von euch empfehle ich die rosa Brille von der Nase zu nehmen um mit offenen Augen den Tatsachen ins Gesicht zu sehen und zu handeln.

  3. 123Lustig123 Says:

    Werter Herr w.s.
    Ich kenne ihre Gründe nicht warum sie etwas gegen die Hagener Parteien haben. Das ist auch ihre private Sache. Nur wenn sie als Medium ernst genommen werden wollen dann sollten sie mit diesem Bashing aufhören. Das wird irgendwann nur peinlich.
    So kann ich z.b. sagen das die Linke Fraktion gerade mit den Gegenwind und der BI gegen Deerth sich oft getroffen hat und mit ihnen arbeitet. Es ist also unwahr zu behaupten das die Linken nichts tun würden. Das gilt auch für die anderen Fraktionen. Sie sollten sich vielleicht einmal in den Sitzungen (Ausschüsse zum Beispiel) aufhalten. um zu sehen das viele, der von ihnen gescholtenen, sehr gut vorbereitet in die Sitzung gehen und auch Initativen erstellen und erarbeiten.
    Nur die Afd… ist öfter mal nicht da usw. usw.

    • ws Says:

      Die Methode ist seit der Antike bekannt: Der Überbringer schlechter Nachrichten wird geköpft.
      Peinlich sind dagegen andere Dinge. Wenn in diesem Kommentar schon die angeblich „linke“ Fraktion in den Fokus gestellt wird, muss daran erinnert werden, dass die einzige (!) öffentliche Aktion, die diese Fraktion im Laufe von vielen (!) Jahren gestartet hat, sich gegen eine Erhöhung der Hundesteuer richtete.
      Die im Rahmen der Kürzungspolitik beschlossnene massive Heraufsetzung der Grundsteuer, die u.a. alle Mieter über die Nebenkosten zu bezahlen haben, veranlasste dagegen weder die Fraktion noch die (von der führenden Familie lahmgelegte) Hagener Parteigliederung zu entsprechenden Maßnahmen. Das war, im Sinne einer „linken“ Gruppierung, nicht nur peinlich, sondern auch noch höchst dumm, hat man doch so die Chance verpasst, eine möglichst große Wählergruppe anzusprechen.
      Freundlicherweise hat der „lustige“ Kommentator auch die AfD genannt. Auch mit den Rechtsauslegern hat diese ach so „linke“ Fraktion bereits gemeinsame Sache gemacht – in Form eines Antrags. Wie peinlich ist das denn?
      Weitere Beispiels lassen sich, auch bei anderen Parteien, zuhauf finden. Einfach mal die Suchfunktion im DOPPELWACHOLDER nutzen.

  4. Umleitung: Sprengsignale – „Nach dem dritten Hornsignal ist das Schießen beendet! dreimaliges Kurzes Blasen“ | zoom Says:

    […] Politische Kultur: Kein Anschluss unter dieser Nummer. Politik reagiert nur noch auf „Genehmes“ … doppelwacholder […]

  5. Allan Qutermain Says:

    Wobei die LINKE in Hagen, sich an die Facebook-Seite gegen die Erhöhung der Hundesteuer angehängt hat.
    So viel Zeit muss sein.😂

    Was der BI gegen den Massregelvollzug im Deert und den Treffen angeht.
    Ein Paar Mal, oder ein paar Mal?
    Das ist ein Himmel weiter Unterschied.

    Fehlte da die Presse?

    Denn bei dem Treffen gegen die Hundesteuer war zufällig die Presse anwesend.
    Von der Facebook Gruppe kam nach deren Informationen keine Einladung an die Presse.
    2 sehr sehr nahe Verwandte und natürlich ihre Hunde, mischen da mit.
    Henschel hat sich da nur dran gehangen.
    Wobei das Auftreten von ihm, böses Blut innerhalb der Facebook Gruppe gegeben hat.
    Man will bis heute keine Partei politischen Spielchen mitmachen.

    Ebenso empfehlen sie ws an Sitzungen oder Ausschüsse als Bürger teilzunehmen. Wer sagt denn, das er das nicht tut?

    Nur bei Sitzungen die keine 5 Minuten betragen und die
    Mehrzahl an nicht öffentlichen Sitzungen und Ausschüssen,

    hat man keinen Bock auf so einen Kinderkram.

    Das schreibt ihnen 1 X Beirat und 1 X Ausschuss.

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