„Kleine hängt man, Große lässt man laufen“

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Cum-Ex-Staatsanwältin schmeißt hin – kein Einzelfall

Der Haushalt der Stadt Hagen geht am Stock, der Bund saniert sich auf Kosten der notleidenden Kommunen. Irrlichternde Gestalten vor allem aus der FDP, aber auch aus CDU und AfD tragen in den aktuellen Diskussionen dazu bei.

Es ist angeblich kein Geld da, während die Millionengewinne deutscher Konzerne an die Aktionäre verteilt werden, aber gleichzeitig der Schwanz in der Ampel-Koalition namens FDP – also der, der mit dem Hund wackelt – den Ärmsten  die Peitsche vor die Nase hält.

Aber der Skandal geht weit darüber hinaus: Finanzkriminelle werden offenbar aus den obersten Etagen gedeckt. Eine Staatsanwältin hängt jetzt ihren Beamtenjob an den Nagel und wechselt zur Bürgerbewegung Finanzwende des Ex-Grünen-Abgeordneten Gerhard Schick.

Ihre Ermittlungen führten zu den ersten Urteilen im größten Steuerskandal der bundesdeutschen Geschichte und brachten sogar Olaf Scholz in Erklärungsnot: Deutschlands wichtigste Cum-Ex-Ermittlerin, Anne Brorhilker, verlässt die Justiz.

Die eigens für den größten deutschen Steuerskandal eingerichtete Hauptabteilung der 50-jährigen Oberstaatsanwältin ermittelt derzeit gegen mehr als 1700 Beschuldigte. Geschätzte zwölf Milliarden Euro sollen die Cum-Ex-Geschäfte die Steuerzahler gekostet haben. Banker, Berater und Aktienhändler ließen sich Steuern erstatten, die nie jemand gezahlt hatte.

Juristen, die sich verabschieden, eine Staatsanwältin, die zur Amtsrichterin degradiert wurde, ein Steuerfahnder, der versetzt wurde, andere Steuerfahnder, die mittels „Gutachen“ für bekloppt erklärt wurden. Alles Fälle aus der jüngeren deutschen Geschichte, die an Zustände in irgendwelchen korrupten Bananenrepubliken und Operettendiktaturen erinnern, aber nicht an ein Gemeinwesen, das sich „Rechtsstaat“ nennt.

Das Beispiel der Staatanwältin ist also kein Einzelfall, wenn es um das Wohlwollen drahtzieherischer Kreise zugunsten Finanzkrimineller unterschiedlicher Couleur geht. Ein Überblick über die spektakulärsten Fälle, denen Ermittler zum Opfer fielen:

Klaus Förster war Leiter der Steuerfahndung beim Finanzamt Sankt Augustin und deckte die Flick-Affäre auf. Seine Ermittlungen lösten alsbald Versuche seiner Vorgesetzten in der Finanzverwaltung aus, ihn von der Aufdeckung des Parteispendenskandals abzuhalten. Seine Hartnäckigkeit brachte Förster berufliche Nachteile ein. Er wurde an das Finanzamt Köln-Ost versetzt.

Die Steuerfahnder-Affäre ist die Bezeichnung der politische Affäre um hessische Steuerfahnder im Finanzamt Frankfurt V. Es ging in dieser Affäre vor allem um die politischen Ursachen und juristischen Folgen des Umgangs mit Steuerfahndern bei der erfolgreichen Ausübung ihrer Dienstpflichten.

Den Steuerfahndern wurde in nahezu wortgleichen Gutachten eine eindeutige „paranoid-querulatorische Entwicklung“ oder auch eine Anpassungsstörung attestiert. Vor ihrer Enthebung waren die Fahnder im Finanzamt Frankfurt V im so genannten „Bankenteam“ erfolgreich gegen Steuerhinterzieher vorgegangen und arbeiteten ab Mitte der 1990er-Jahre bis zum Zeitpunkt ihrer Absetzung im Jahr 1999 an einer Reihe von Fällen, die sich mit Liechtensteiner Konten befassten.

Margrit Lichtinghagen ermittelte seit 1993 als Staatsanwältin in Wirtschafts-Strafsachen für die Staatsanwaltschaft beim Landgericht Bochum, der Staatsanwaltschaft Bochum, einer Schwerpunktstaatsanwaltschaft für Steuerstrafsachen. Nach ihren Worten nahm sie den Verantwortlichen das ab, „was sie am liebsten haben – ihre Kohle. Am 14. Februar 2008 geriet sie ins Licht der Öffentlichkeit, als sie mit dem Chef der Deutschen Post AG, Klaus Zumwinkel, einen der einflussreichsten deutschen Manager vor laufenden Kameras festnahm.

Daraufhin drohte das Justizministerium Nordrhein-Westfalen der Bochumer Behörde mit Lichtinghagens Versetzung. Die Vorwürfe gegen Margrit Lichtinghagen wurden im Ergebnis der Untersuchung weder strafrechtlich noch disziplinarrechtlich aufrechterhalten.

Im Jahr 2010 legte Lichtinghagen ihr Amt als Staatsanwältin nieder. Es waren immer mehr Vorwürfe gegen ihre Amtsführung laut geworden, ein Teil der Medien geht davon aus, sie sei offenbar zum Rückzug gedrängt worden. Dennoch wurde von der Versetzung an ein Amtsgericht in Nordrhein-Westfalen offiziell behauptet, sie sei auf eigenen Wunsch Lichtinghagens erfolgt.

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