Die ganz große Allianz des Grauens

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Ein Stadtrat gegen die Stadt

51 von 59 anwesenden Ratsmitgliedern (incl. OB) haben in der Sitzung an vergangenen Donnerstag einen weiteren Angriff gegen Kultur und Bildung gestartet und ein Kürzungsprogramm in Höhe von 2.250.600 Euro beschlossen.

Betroffen sind nicht nur das Theater, sondern ebenso die Musikschule, die Volkshochschule, die Stadtbücherei und das Kulturbüro. Die Kulturzentren waren diesmal nur deshalb nicht mit von der Partie, da sie bis 2019 sowieso vertraglich abgesichert sind.

Die neuerlichen Kürzungen sind beileibe nicht die ersten, und es steht zu befürchten, dass es auch nicht die letzten sein werden. Ein Teil der geplanten Maßnahmen steht dazu auf tönernen Füßen, wie die avisierten Abmietungen von Räumlichkeiten der Musikschule und der VHS.

Bei den Kürzungen im Bereich der Volkshochschule scheint das Wohlergehen des Deutschen Basketball-Bundes, in dessen Verwaltungsgebäude VHS-Räumlichkeiten untergebracht sind, mehr Beachtung zu finden als die Bedürfnisse der VHS.

Der Abbau im Bildungs- und Kulturbereich ist nur ein Ausschnitt dessen, was in Hagen schon zerstört wurde und weiter zerstört wird. Es ist aber erschreckend, mit welcher übergroßen Mehrheit so etwas im Rat beschlossen wird.

Inzwischen hat sich eine ganz große Allianz des Grauens zusammengefunden. Dabei fing es einmal klein an: Den Kern dieser Allianz bildet der im Vorfeld der Kommunalwahlen 2014 gegründete Bürgermeisterwahlverein aus CDU, FDP und GRÜNEN. Die Voraussetzungen für eine solche Konstellation waren günstig: FDP und GRÜNE hätten mit eigenen Kandidaten wohl kaum eine Chance gehabt und die CDU war aufgrund einer (bis heute anhaltenden) programmatischen und personellen Schwäche in Bedrängnis geraten.

Dazu kam der Glücksfall, dass ein gewisser Erik O. Schulz in seiner damaligen Partei, der SPD, nicht zum Zuge kam und daraufhin austrat. Damit war der Weg frei für einen parteilosen Kandidaten, auf den sich die drei Bündnispartner einigen konnten. Ein weiterer Glückfall waren die auch in der SPD grassierenden Personalprobleme, die nur dadurch (scheinbar) gelöst wurden, indem die Genossen den bis dahin ebenfalls parteilosen pensionierten Hagener Feuerwehrchef Horst Wisotzki in die Partei holten und für die OB-Wahl aufstellten.

Obwohl das Wahlbündnis Schulz immer betonte, sich ausschließlich für die Wahl des Oberbürgermeisters gebildet zu haben, wurde es von der Hagener Einheitspresse sofort zu einer Art Koalition, der „Allianz der Vernunft“, hochgeschrieben.

Inzwischen ist daraus eine sich selbst erfüllende Prophezeiung geworden; CDU, FDP und GRÜNE agieren im Stadtrat tatsächlich wenigstens koalitionsähnlich. Wohlwollend kommentiert aus dem örtlichen Pressehaus.

Seit geraumer Zeit hat sich diesem Verbund auch die Wählergemeinschaft „Hagen aktiv“ angeschlossen, die – ohne eigentliches Programm – für sich den Anspruch erhebt, immer das Ohr an der Stimme des Volkes zu haben. Dieses Volk ist offenbar recht masochistisch veranlagt und lechzt fortdauernd nach Bestrafung. Dieser Wunsch ist „Hagen aktiv“ Befehl und die Wählervereinigung kürzt kräftig mit.

Die WPWR hat dieses Verhalten auch schon dankbar registriert und die „Aktiven“ zur Belohnung in der Berichterstattung in die „Allianz der Vernunft“ eingereiht. Da auch jetzt eine dauerhafte Mehrheit aus dem Blickwinkel des Pressehauses immer noch nicht gesichert erscheint, wird seit dem Rausschmiss Mark Krippners als Fraktionschef der SPD aus der Schürmannstraße auch noch diese Fraktion umworben, sich – bitte, bitte – der „Allianz“ anzuschließen.

Bei der Abstimmung über die neuerlichen Kürzungen im Bildungs- und Kulturbereich konnte die SPD-Fraktion jetzt Vollzug melden. Den Doppelhaushalt 2016/17 in seiner Gesamtheit haben die Spezialdemokraten dagegen abgelehnt – allerdings nur, weil dort erstmals eine kleine Beteiligung der Sportvereine an der bisher kostenlosen Nutzung von Plätzen und Bädern enthalten ist.

Lob gab es trotzdem – aus dem Pressehaus. Die SPD-Ratsfraktion sei „am Donnerstag auf einen Kurs der inhaltlichen Mitarbeit bei der Konsolidierung der Stadt zurückgekehrt“, und SPD-Sprecher Werner König wurde testiert, er zeige „in der gebotenen Sachlichkeit das aktuelle Dilemma auf“.

Damit ist aus der Sicht der veröffentlichten Meinung ein Etappensieg erreicht: Ein Stadtrat, der mit großer Mehrheit gegen die Bedürfnisse der Stadt entscheidet und gleichzeitig im Sinne der Interessen des Landes und vor allem des Bundes handelt, der sein Programm der Schwarzen Null zu wesentlichen Teilen auf dem Rücken der Kommunen umsetzt.

Im Rat herrscht die ganz große Allianz des Grauens.

Eine Antwort to “Die ganz große Allianz des Grauens”

  1. Umleitung: Geburtstagsgrüße, wirre Wissenschaft, Funke, Besorgte Bürger, Lohberg, The Hateful Eight, Hieronymus Bosch und mehr. | zoom Says:

    […] Die ganz große Allianz des Grauens in Hagen: Ein Stadtrat gegen die Stadt – 51 von 59 anwesenden Ratsmitgliedern (incl. OB) haben in der Sitzung an vergangenen Donnerstag einen weiteren Angriff gegen Kultur und Bildung gestartet und ein Kürzungsprogramm in Höhe von 2.250.600 Euro beschlossen … doppelwacholder […]

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