Hinauskomplimentiert

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Die Wahl von Margarita Kaufmann zur Dezernentin für Bildung und Soziales, Sport und Umwelt in Hagen hat sich auch in ihrer alten Heimat am Bodensee herumgesprochen.

In einem Bericht der Friedrichshafener Ausgabe der Schwäbischen Zeitung schwingt allerdings schon in der Überschrift „Margarita Kaufmann landet im Rathaus“ ein Unterton mit, der aufhorchen lässt. Im Artikel selbst setzt sich diese Schwingung fort:

In Friedrichshafen wurde Kaufmann mehr oder weniger hinauskomplimentiert, indem man ihre Stelle abschaffte. (…) Ihre unmittelbar darauffolgende Karriere als Leiterin der Odenwaldschule endete 2011 nicht weniger tragisch. Kaufmann widmete sich daraufhin stärker sich und ihrer Familie und war zeitweise als Projektmanagerin bei der Akademie der Deutschen Welle tätig. Im März 2013 nahm sie einen neuen Anlauf Richtung Bodensee, wo sie seit Kindesbeinen an heimisch war. Sie bewarb sich auf die Stelle der Ersten Beigeordneten in Konstanz, scheiterte aber in der Endrunde. Nerven kostete sie offenbar auch die Wahl in Hagen.

Hinauskomplimentiert, tragisch geendet, gescheitert? Stolperte sie jeweils über sich selbst oder wurde sie gestolpert?

Glaubt man der Presseberichterstattung, trifft im Fall der Odenwaldschule wohl beides zu – ersteres ein wenig, letzteres ein wenig mehr. Im Januar 2011 titelte die taz „Die Aufklärerin soll gehen“:

Die Geschichte kann man nicht anders als tragisch bezeichnen. Margarita Kaufmann, die Leiterin der Odenwaldschule, soll ihren Hut nehmen. Kaufmann war die erste und einzige Person in verantwortlicher Position an dem einstigen Vorzeige-Internat, die den Opfern des sexuellen Missbrauchs zuhörte. Sie hat den Ruf vieler Exschüler ernst genommen – und damit die Aufdeckung eines über 20 Jahre funktionierenden Missbrauchssystems an der Schule erst möglich gemacht. (…)

Am Anfang war die ehemalige Friedrichshafener Bürgermeisterin Margarita Kaufmann die treibende Kraft für die Aufklärung, heute dagegen ist nicht mehr klar, wo Kaufmann steht. Bei der Entschädigung, der weiteren Aufklärung und auch der pädagogischen Neuaufstellung der Schule nimmt sie eine mindestens ambivalente Haltung ein. (…)

Gut ein Jahr später berichtete ebenfalls die taz im Mai 2012:

2010 schien der Wendepunkt erreicht zu sein. Damals übernahm Johannes von Dohnanyi den Vorsitz der Schule, und er versprach zusammen mit der Schulleiterin Margarita Kaufmann aus der Odenwaldschule jene Schule zu machen, die Maßstäbe beim Umgang mit sexueller Gewalt setzt. Dohnanyi hatte es wie die Aufklärerin Margarita Kaufmann ehrlich gemeint – aber beide hatten die Beharrungskräfte an der Schule unterschätzt.

Dohnanyi bekam keine Rückendeckung im Trägerverein für einen 100.000 Euro schweren Entschädigungsvorschuss an den Verein Glasbrechen – und trat enttäuscht zurück. Später wurde Margarita Kaufmann vom Vorstand der Schule als alleinige Leiterin entmachtet. Damit war die Aufklärung an der Schule quasi gestoppt.

Jetzt wird es interessant werden, wie sich die parteilose Margarita Kaufmann ab kommenden Frühjahr im Hagener Intrigantenstadl verhält. Es wäre dieser Stadt zu wünschen, dass sie einen positiven Kontrapunkt zu all den Politimporten setzt, mit denen Hagen in der Vergangenheit traktiert wurde. Die verdankten (und verdanken) ihre schönen Pöstchen alle den gemeinsamen Machtinteressen von CDU und SPD.

Wenigstens diese Einheitsfront ist mit der Wahl vom vergangenen Donnerstag schon einmal aufgebrochen.

2 Antworten to “Hinauskomplimentiert”

  1. A. Quatermain Says:

    Die beiden Artikel in der taz und die anschließenden Kommentare in besagter Zeitung sprechen für sich.

    Frau Kaufmann hat in ihrer Funktion an der Odenwaldschule gegen über den Opfern nur gemauert.

    Wollte sie, dass gegen ein Dutzend Erzieher, die Verjährung eintritt? Keine Entschuldigung gegenüber die Opfer.
    Bis in die 80er soll dort Missbrauch gang und gäbe gewesen sein.

    Frau Kaufmann sollte dieses mit dem Schulträger, Trägerverein und Opferverbände auf arbeiten.
    Herausgekommen ist nix.

    Ich habe nichts gegen 58jährige als Beigeordnete.
    Ich habe nur etwas gegen ihr schäbiges Verhalten gegen über den Opfer.

    An der Odenwaldschule mussten 10jährige Knaben (oder auch jünger,) dem Lehrkörper für ihre abartigen Sexspielchen zu gegen sein.
    Frau Kaufmann sollte das ganze „an einen Runden Tisch“ auf arbeiten. Auch sollte eine Opferstiftung eingerichtet werden.
    Dabei hat sie kläglich versagt.

    Auch die Grünen können nicht ihre Vergangenheit,
    „Sex mit Minderjährige“
    Jugendliche, Kinder oder auch Babys auf arbeiten.

    Zwei derer Mandatsträger, winden sich bei Fragen von Journalisten derart, dass man meint, in einen schlechten Film zu sein.

  2. Klaus Says:

    Vorab: Ich bin gebürtiger Hagener, den es mittlerweile ins Hessische verschlagen hat, an den Rand des Odenwalds, zum Glück am anderen Ende des Teils, wo die Odenwaldschule liegt.

    Erstmal bin ich froh, dass die alte SPDU.Schiene des Pöstchengeschachers anscheinend nicht mehr greift.

    Ob ich ob der Personenwahl froh sein soll, weiß ich aber nicht. DIE OPFER DER ODENWALDSCHULE SIND NICHT FROH. Für die Opfer kann Frau Kaufmann nichts, das war lange vor ihrer Zeit! Aber aufgearbeitet ist eher wenig, und wieweit Frau Kaufmann dazu beigetragen hat, ich weiß es nicht. Dazu schweigt auch die südhessische Lokalpresse, insofern mag ich weder Frau Kaufmann vorwerfen, dass sie bei der Aufarbeitung der Missbrauchsfälle versagt habe, noch dass sie sich da sonderlich positiv hervorgetan hat.

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