SPD in Hagen will Rentnerin juristisch zur Raison bringen

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Unter dem Dach der Hagener SPD droht erneut Ungemach: Die Parteispitze geht juristisch gegen eine alt gediente Genossin vor, die sich in der Facebook-Gruppe „Hagen – eine Stadt steht endlich auf“ kritisch zur OB-Kandidatur von Horst Wisotzki geäußert hatte.

Damit bekommt eine Äußerung aus einem sozialen Netzwerk plötzlich eine ungeahnte Aufmerksamkeit, die ansonsten in den unendlichen Weiten des Internets längst verschollen wäre. Hannelore Stückradt, seit mehr als vier Jahrzehnten engagierte Sozialdemokratin, hatte bei Facebook am 21. Februar als eine von 266 Diskutanten genau das gepostet, was seinerzeit ohnehin auf der Stille-Post-Ebene durch die Stadt kursierte:

Demnach solle der ehemalige Feuerwehrchef keineswegs der OB-Wunschkandidat von Parteichef Timo Schisanowski gewesen, sondern bloß kurzfristig eingesprungen sein, weil Favorit Jörg Meier drei Tage zuvor abgesagt habe. Eine Behauptung, die der Unterbezirksvorstand per Unterlassungserklärung (Strafbewehrung: 5000 Euro) jetzt für alle Zeiten aus der Welt schaffen will. „Eine solche Erklärung unterzeichne ich niemals“, gibt sich die 64-Jährige kämpferisch. (…)

Quelle: DerWesten

In Ergänzung siehe auch hier:

„Mitgliedspost“ vom Anwalt – SPD geht gegen Hannelore Stückradt vor

Hannelore Stückradt ist 65 Jahre alt, wohnt mittlerweile in Naumburg, ist aber in Hagen fest verwurzelt: An ihrem 21. Geburtstag kam sie nach Hagen und trat, aus alter sozialdemokratischer Familie stammend, direkt in die SPD ein. 39 Jahre war sie im Ortsverein Altenhagen aktiv, viele Jahre als Hauptkassiererin, vertrat die SPD im Ausländerbeirat und wurde Mitglied in der BV Mitte. Von 1989 bis Ende 2011 war Hannelore Stückradt bei der Regionalen Arbeitsstelle für Kinder und Jugendliche aus Zuwandererfamilien bei der Stadt Hagen beschäftigt. (…)

Am Donnerstag bekam Hannelore Stückradt Post vom Anwalt – der SPD Unterbezirk Hagen verlangt eine Unterlassungserklärung.

Streitwert: 30.000 Euro. Anwaltskosten: 1.358,86 Euro: „Dies entspricht nicht der Wahrheit. Unsere Mandantschaft hatte weder Herrn Jörg Meier als Wunschkandidaten für die Oberbürgermeisterwahl am 25.05.2014 ausgesucht, noch hat Herr Jörg Meier 3 Tage vor der Bekanntgabe abgesagt.“ Ihr Verhalten stelle eine Verletzung von Rechtsgütern dar: „Für Ihre Veröffentlichung haften Sie in Ihrer Eigenschaft als Störer.“ Was hat die SPD dazu bewogen, statt einer simplen Richtigstellung einen Anwalt zu beauftragen, derartig gegen ein Parteimitglied vorzugehen? (…)

Quelle: Lokalkompass Hagen

Anmerkung: Es geht im Kern der Sache natürlich nicht um (angeblich) „unwahre Tatsachenbehauptungen“, sondern um Differenzen, die noch nicht einmal als „politisch“ zu klassifizieren sind. Das würde voraussetzen, dass sich zwei oder mehr inhaltliche Positionen gegenüberstehen. Hier aber soll die politische Kritik der einen Seite – wie immer diese zu bewerten ist – vom Karrieristenflügel der Hagener SPD mit Hilfe juristischer Spitzfindigkeiten niederkartätscht werden. Der Unterbezirksvorstand agiert so, als ob er vom parteipolitischen Gegner inthronisiert worden sei – Projekt 18 Prozent. Dümmer geht’s nimmer.

2 Antworten to “SPD in Hagen will Rentnerin juristisch zur Raison bringen”

  1. Wolfgang Says:

    Wenn so was liest, fragt man sich mittlerweile, was wir noch so alles von unseren „Polikern“ erwarten dürfen.

  2. Umleitung: ein bisschen Lyrik, Sozialschmarotzer, die Zombies des Gestrigen, Gauck in Griechenland, Kreationismus, Putin und mehr | zoom Says:

    […] Hagen: SPD will Rentnerin juristisch zur Raison bringen … doppelwacholder […]

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