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Infantile Häschenschule als Samstagabendprogramm im Theater

7. Februar 2023

Von Christoph Rösner

Sorry, liebes Theater Hagen, aber das muss jetzt sein.

Am Samstag verschlug es mich in die Premiere des „Freischütz“ von Carl Maria von Weber. Zur schnellen Einordnung jetzt schon mal der Universalspoiler: Wäre dies meine erste Opernerfahrung gewesen, wäre es mit Sicherheit auch meine letzte gewesen.

Und jetzt gehen wir in medias res.

Für mich gilt es zwei Fragen zu beantworten.

Erstens: Warum der Freischütz? Zweitens: Warum diese Inszenierung?

Der Freischütz gilt als Inbegriff der deutschen Nationaloper, Uraufführung Juni 1821 im Königlichen Schauspielhaus Berlin. Dass sich mir das nicht erschließt, mag sicherlich an mir liegen. Mag sein, dass ich die Musik öfter hören müsste, um mich reinzuhören, wie man so treffend sagt.

Dies allerdings würde mir nicht gelingen, da allein das Libretto von Friedrich Kind mir bisweilen wirklich psychische und physische Schmerzen bereitet mit all seinen „romantisch“ verklärenden Trällereien und Liedchen und Rezitativen, wo der Jäger noch Mann ist und die jungfräulichen Mägde schmachtend und unschuldig leuchtend auf die Heimkehr des geliebten Waidmanns samt blutiger Beute warten, und dabei bisweilen säuselnd vor liebender Sehnsucht und schmetternd des Deutschen Angst und Ehrfurcht vorm dunklen deutschen Wald samt gefährlicher Wolfsschlucht mir den Zugang endgültig verwehren.

Dass zudem noch sieben Kugeln im Bunde mit dem Teufel und einigen Ingredienzien wie Blei, gestoßenem Glas von zerbrochenen Kirchenfenstern, Quecksilber, drei Kugeln, die schon einmal getroffen haben, das rechte Auge eines Wiedehopfes und das linke eines Luchses gegossen werden müssen, setzt dem Ganzen noch die magische Krone auf.

Regisseur Francis Hüsers lässt aus diesem alchimistischen Gebräu wie von Zauberhand aus dem Bühnenunterboden sieben
panzerhaubitzenähnliche silberne Geschosse emporschweben, doch niemand weiß, warum. (Zaunpfahl Ukraine?!)

Die sängerische Leistung des Ensembles und der Solisten hingegen muss unbedingt gewürdigt werden. Allen voran Angela Davis als Agathe und Dorothea Brandt als Ännchen. Was die beiden Sopranistinnen sängerisch leisten, ist wunderbar. Auch Chor und Extra-Chor des Theaters Hagen bilden einen fulminanten Klangkörper, der einen mit den (Häschen)-ohren wackeln lässt. Der Hagener Tenor Alexander Geller als Max und Bass Insu Hwang als Kaspar überzeugen ebenso wie Dong-Won Seo als Eremit und Samiel (Bass).

Vermutlich ist es diese Leistung, die das Publikum frenetisch applaudieren lässt und dessen langjährige Erfahrung mit dem
Freischützstoff, die ich nicht teilen kann.

Aber nun zur zweiten, und für mich wichtigsten Frage. Warum diese Inszenierung?

Ich kann die eine Frage nach dem Warum wirklich nicht beantworten. Eine derart aus der Zeit gefallene Deutsche Oper mit all ihren deutschtümelnden, männerdominanten, antifeministischen Klischees hat für mich in der heutigen Opernlandschaft eigentlich nichts mehr zu suchen. Eine Ausnahme würde ich dennoch begrüßen: wenn sie bis ins Bizarre hinein ironisch verzerrt und gebrochen inszeniert würde.

Francis Hüsers mag dies in monatelanger Vorbereitung, wie er bei der Premierenfeier selbst und nicht ohne Stolz verkündete, vorgehabt haben. Herausgekommen allerdings ist das genaue Gegenteil.

Aus Gründen, die vermutlich nur er kennt, hat er die Handlung seines Freischütz in der Häschenschule angesiedelt. Ausgerechnet dieses 1924 erstmals erschienene Kinderbilderbuchmachwerk von Albert Sixtus, das bis heute mit mehr als 2,5 Millionen verkauften Exemplaren zu den beliebtesten Bilderbüchern überhaupt gezählt wird und das Elke Heidenreich als „eines der schauerlichsten Kinderbücher überhaupt“ bezeichnete, nimmt sich der Regisseur als Vorlage für die Handlung.

Folgerichtig tragen alle Akteure lange Hasenohren und lustige weiße Stummelschwänzchen, und der unvorbereitete Zuschauer weiß nicht, ob er lachen oder weinen soll. Und natürlich ist Schultag für die Häschen im altbackenen deutschen Wald mit Oberlehrer Lampe samt Einsteckuhr und Rohrstock.

Mit viel Wohlwollen könnte man diese gesamte Inszenierung als Satire auf eben jene restaurative, höchst reaktionäre Pädagogik der Zwanziger verstehen, wenn es einem etwas leichter gemacht würde. Denn alles, die Texte (Jetzt ist wohl ihr Fenster offen, Und sie horcht auf meinen Schritt, Läßt nicht ab vom treuen Hoffen: Max bringt gute Zeichen mit! Wenn sich rauschend Blätter regen, Wähnt sie wohl, es sei mein Fuß; Hüpft vor Freuden, winkt entgegen …) die Musik, das Bühnenbild und die Ausstattung samt Hasenohren lassen leider genau das Gegenteil vermuten.

Wenn man dem Imperativ, Theater sei Bildungsanstalt, folgt, ist es dann wirklich angebracht, der erschreckenden Infantilisierung unserer Gesellschaft, sei es im ARD/ZDF-Abendprogramm oder in den sozialen Medien, derart hasenohrenwackelnd noch Zunder zu geben?

Einziger Lichtblick – immerhin – am Ende des zweiten Akts staunt das Publikum in all dem romantisch verklärten Häschengehoppel über ein dekonstruvistisches Element. Die Auflösung des deutschen Waldes bei Sichtbarwerdung der kalten, glitzernden Traversenelemente, die kreuz und quer den zährenreich-seufzenden Blick stören (Foto: Theater Hagen).

Aber ob das reicht?

Freischütz

I frrrroi mi!

24. Juli 2022

von Christoph Rösner

Nach vielen Jahren friedlicher und effizienter Zusammenarbeit hatten mein Redaktionschef und ich vor einigen Tagen unseren ersten richtig deftigen Disput auszutragen.

Er – WS – wollte unbedingt, dass ich mich in einem längeren Text zu den Multikrisen und Katastrophen unserer Zeit auslasse.

Ich hatte dazu überhaupt keine Lust, denn mein Kühlschrank ist gefüllt, der Öltank ebenso – hätte nie gedacht, dass man mit Heizöl mal auf der sicheren Seite ist – im Schlafzimmer steigt das Thermometer selbst bei 45 Grad draußen nie höher als auf 20 Grad, und überhaupt, hier oben, hoch über der Stadt und dem Himmel so nah, verwandeln sich die Krisen, die Katastrophen und der Zustand dieser fantastischen Stadt mit der kaputten Couch in tanzende, schillernde Seifenbläschen.

Außerdem hatte ich das letzte Künstlerstipendium vorausschauend und rückstandslos in Wein, Schnaps und Toilettenpapier investiert, mit denen ich auch noch die übernächste Seuche heil werde überstehen können.

Was also soll mir schon passieren?

Soll ich tatsächlich meine wertvolle, tatenlose Langeweile mit Texten über Katastrophen vergeuden, die mich eh nichts angehen? Nö.

Nur eines fehlte noch zu meinem Glück: Live-Musik. Gute Live-Musik, wunderbare, inspirierende Live-Musik! Und am besten draußen bei 45 Grad.

Ein kurzer Blick in den Hagener Veranstaltungskalender, und ich wurde fündig.

Toll, was in Hagen in diesem Sommer alles geboten wird!

Weil Geld bei mir ja keine Rolle spielt, fielen so popelige, konzertante Umsonst&Draußen-Angebote auf der Springe wie „Best of Carmen“ oder „Video-Games in Concert“ vom Theater Hagen am 27. und 28. August ganz schnell durchs Raster (https://www.theaterhagen.de/kalender/alle-termine/?tx_theatre_kalender%5Bmonth%5D=1659312000&tx_theatre_kalender%5Baction%5D=buildKalenderGroupedByWeek&tx_theatre_kalender%5Bcontroller%5D=Kalender&cHash=611899127c1a3c68aca268773002f4bb).

Auch der Muschelsalat ist für mich – aus eben genannten Gründen – völlig uninteressant (https://www.hagen.de/web/de/fachbereiche/fb_49kb/fb_49kb_01/fb_49kb_0103/muschelsalat.html).

Nein, ich will was erleben diesen Sommer! Und deshalb werde ich mir zuallererst eine V.I.P.-Karte für den 10. September auf dem Springeplatz krallen. Für schlappe 149 Ocken werde ich mir dann als Very Important Pimmelträger DAS Musik-Event des Jahres in die verödete Birne knallen lassen. Und ich werde meine Autogrammsammlung um so wundervolle Unterschriften wie die von solchen überirdischen Musiktitanen wie Stefan Stürmer, Tim Toupet oder DJ DNF bereichern. Ja, ist alles im Preis inbegriffen!

Allerdings werde ich mich hüten, dieses Event hier zu verlinken – nachher schnappt mir irgend so ein kulturbegeisterter Hagener noch die letzte Karte weg.

Und damit ich den Spaß längst möglich verlängern kann, steht der 2. Oktober rot und fett in meinem Terminkalender. Dann nämlich ist „Hagener Wiesn Gaudi“ mit Stargast Markus. Endlich mal ein Großkünstler samt Song, den ich mitgrölen kann. Wie gesagt, ich will Spaß, ich will Spaß!

Vorher aber werde ich mir vom 12. bis 14. August beim Springefest mit Live-Musikuntermalung meinen über viele Jahrzehnte durch die Hagener Sterne-Gastronomie geschulten Gaumen kitzeln und verwöhnen lassen.

Und I frrroi mi so, dass ich bei all diesen wundervollen Musikereignissen endlich auch diesen neuen, einzigartigen Erguss deutscher Dichter- und Denkerlyrik über eine Puffmutter live erleben werde und mit tausenden gleichgesinnten Musikenthusiasten singend die Freiheit verteidigen darf.

Den Link dazu gibt´s hier: https://www.youtube.com/watch?v=iZV7akaSo0s

Ach, übrigens: Die schriftliche Interviewanfrage zum Song beantwortete Eric leider nur mit einem knappen „Fuck“.

Vokalensemble „Kammerton HA“ mit spektakulärem „Messiah“

27. Mai 2022

von Christoph Rösner

Kammerton HA - MessiahGeorg Friedrich Händels Oratorium „Messiah“ (dt. Messias) gehört ganz sicher zu den Großwerken religiös-musikalischer Literatur. Uraufgeführt im April des Jahres 1742 in Dublin hat der „Messias“ seither seinen Siegeszug angetreten und ist fester Bestandteil musikalischer Darbietungen zumeist in der Advents- und Vorweihnachtszeit.

So war auch der Plan des Hagener Chors „Kammerton HA“ in Kooperation mit vier Solist*Innen und Mitgliedern des Hagener Theaterorchesters. Die einmalige Aufführung des leicht gekürzten „Messias“ sollte bereits am 28. November 2021 in der Kirche St. Bonifatius in Hohenlimburg stattfinden. Leider machte Covid 19 auch dieser Darbietung einen Strich durch die Rechnung.

Vergangenen Sonntag wurde das Konzert in Hohenlimburg nachgeholt. Bei sommerlich warmen Temperaturen durften rund 200 Zuschauer*Innen einem einzigartigen Musikereignis beiwohnen (Foto: Sebastian Boehres).

Das 2016 gegründete Hagener Vokalensemble „Kammerton HA“ unter der Leitung von Albert Boehres verzauberte sein Publikum mit absoluter Präzision, gesanglicher Spitzenqualität und einem mit „nur“ zweiundzwanzig ehrenamtlichen Mitgliedern voluminösen und Kirchenraum füllenden Chorklang.

Die von Händel vorgesehenen Solistenstimmen – Sopran, Alt, Tenor und Bass – lieferten Christiane Rittner, Inga Kappen, Lothar Blum und Jan Köller. Im Verbund mit Instrumentalsolist*innen des Theaterorchesters und an der Orgel Continuo Peter Wigge brachte „Kammerton HA“ ein Konzerterlebnis zu Gehör, das sich mit dem eines professionellen Ensembles locker messen kann.

Und auch in Hohenlimburg folgte das tief ergriffene Publikum der seit der Uraufführung 1742 in Dublin bestehenden Tradition, das berühmte „Hallelujah“, stehend zu genießen.

Der Reinerlös der leider nur einmaligen Veranstaltung von fast 1.600 € kommt der weltweit tätigen Organisation „Ärzte ohne Grenzen“ zugute.

Zitronen und rote Laternen

29. Dezember 2021

Eine polemische Schlussbilanz

von Christoph Rösner

Die kakaohaltigen Jahresendhohlkörper sind ausgeweidet und verzehrt. Der Orgasmus des Kapitals – unsere vorweihnachtliche Konsumorgie – war dieses Jahr nur vorgetäuscht und fand, wenn überhaupt, online statt.

Ein Riesenrad dreht einsam seine Runden, Einzelhändler und Schausteller lecken ihre Wunden, der Frust wächst allenthalben exponentiell.

„Fröhliche Weihnachten!“ – ein Witz, und bei „Frohes neues Jahr“ brechen alle in hysterisches Gelächter aus. Und an den Zuversicht spendenden Satz „Alles wird gut“ glaubt in diesen Tagen sowieso keiner mehr.

Allenfalls ein berühmter Eric Idle-Song lässt mich noch schmunzeln… „Always look on the bright side of life …“

Ich würde ja so gerne auf die helle Seite des Lebens schauen, mich und uns alle freudig erregt ins neue Jahr fabulieren, aber wie soll ich das machen? Einfach über den ganzen Dreck hinwegschreiben und so tun, als wäre alles halb so schlimm? Ne, sorry.

Es ist ja schon schwierig bis fast unmöglich, sich als Bürger dieses Landes, dieses Planeten, den Zuständen zu entziehen und einfach so zu tun, als wäre bald alles erledigt und unsere geliebte Normalität klopfe bald wieder an die Tür.

Aber in Hagen sind wir in dieser Hinsicht ja doppelt gebeutelt. Weil wir diese verf***ten Zeiten eben in dieser Stadt ertragen müssen.

Mit dieser Verwaltung, dieser Allianz, diesem Ordnungsamt, diesem Oberbürgermeister, dieser beleidigten Feuerwehr, diesem Müll, diesen 27 Luftfiltern an Hagener Schulen, diesen roten Laternen und gelben Zitronen, die in dieser Stadt ein dauerhaftes Bleiberecht zu haben scheinen.

„Aber Sylvester Stallone war doch in Hagen!“

Ja und?! Erstens war er ganz schnell wieder weg, und wir verbringen Silvester trotzdem alone in Hagen! Aber mit Zitrone! https://doppelwacholder.wordpress.com/2021/12/27/zitrone-des-jahres-fur-osthaus-museum/

Ja, nicht nur hier, ich weiß, kein Geballer, kein Geböller, nirgends. Abgesehen davon, dass eine einzige Nacht gar nicht ausreichen würde, um alle bösen Geister mit Knallen und Lallen zu vertreiben.

Nur, wie kommen wir aus diesem Schattenreich aus Melancholie, Depression und Frust wieder heraus?

Vielleicht mit alten Erkenntnissen, die auch hier nicht ganz unbekannt sein dürften?

Wie wär´s zum Beispiel mit „Der Fisch stinkt vom Kopfe her?“

Und schon höre ich wieder die immer gleichen Eriko-Verteidiger, die im Übrigen immer weniger werden, und ihre immergleichen Sätze: „Was soll er denn machen? Er ist doch nicht für alles verantwortlich.“ BlaBlaBLa …

Er wollte unbedingt verantwortlich sein, und nun ist er es bereits seit sieben Jahren!

Er könnte weitaus mehr tun, als Filialen von Milliardenkonzernen oder Bistros einzuweihen.

Sich ein oder zwei Termine freischaufeln, persönlich im Impfbus durch die Stadt fahren und „seine“ Bürger zur Impfung motivieren. Das hätte seinen ehemaligen Wahlkampfversprechen von Engagement und Bürgernähe entsprochen.

Und Transparenz! Öffentlich und engagiert den radikalen Chefaufklärer der Ungeheuerlichkeiten in seinem Ordnungsamt geben, das würde ihm Lob und Anerkennung einbringen.

Oder die Sitzungen seines Rates transparent machen und nicht alle wesentlichen Tagesordnungspunkte in den nichtöffentlichen Teil verschieben. Nur als Beispiel.

Zugegeben, Mut hatte er, unser OB. Sich gleich zweimal um das höchste Amt in dieser speziellen Stadt mit ihrer sehr speziellen Gemengelage aus Müll und Mist zu bewerben. Das zeugt von Mut und auch von Kraft. Sollte man meinen.

Oder war es einfach doch nur überbordende Hybris und dieser unbedingte Wille, ein hohes Amt zu ergattern samt eigener Entourage aus devoten Jüngern und zahlungskräftigen Immobilienmagnaten mit zweifelhafter Biografie?

Geholfen haben ihm dabei damals viele. Enttäuscht sind von jenen heute die meisten.

Aber worüber sich aufregen, wenn selbst Typen wie Timo Schisanowski inzwischen an den Berliner Fleischtöpfen hängen …?

Sei´s drum: erst in fast vier Jahren haben wir die Chance, den stinkenden Fisch in die Westfalenpost einzuwickeln und in den Orkus der Hagener Kanalisation zu entsorgen.

Ich weiß, auch das trägt nicht unbedingt zur Stimmungsaufhellung bei, außer – wir denken perspektivisch.

Außer – jene, die in dieser Stadt noch Visionen haben, gehen nicht zum Arzt, sondern setzen sich zusammen, füttern, hegen und pflegen ihre Visionen und überlegen gemeinsam, wie wieder frischer Fisch auf den Tisch kommt.

Das könnte eine schöne Aufgabe für die Silvesternacht und die Tage und Wochen danach sein. Lallen und Ballern waren gestern. Denken, Planen, Handeln sind das Morgen.

In diesem Sinne wünschen wir unseren treuen Leserinnen und Lesern und denen, die es noch werden, ein fantastisches 2022.

“TRY AGAIN. FAIL AGAIN. FAIL BETTER.” – Samuel Beckett

„2021 ist Abwahljahr!“

22. August 2021

BTW 2021Interview mit Athanasios Sarakatsanos, Bundestagskandidat der Partei DIE PARTEI für den Wahlkreis 138 Hagen/ Ennepe-Ruhr-Kreis I

DOPPELWACHOLDER.DE: Herr Sara… katsa… nos…

Sarakatsanos: Sparen Sie sich das am Besten, das mit meinem Nachnamen. Mein richtiger Name ist so lang, dass selbst meine Eltern diesen vermieden und daher, wie es üblich ist in griechischen Familien, den Spitznamen Saki für den täglichen Gebrauch genutzt haben. Also, ich heiße Saki.

DW: Gut, Saki, wollen Sie uns ein kurzen Überblick über Ihr Leben und Wirken geben, damit die Wählerinnen und Wähler sich ein Bild von Ihnen machen können?

Saki: Ich bin in Hagen geboren worden und lebe seit 29 Jahren hier. In Wehringhausen fing alles an, dann ging es mit 6 auf den Kuhlerkamp, später mit 18 in die eigene Wohnung zurück nach Wehringhausen, und heute lebe ich am Heubing – das ist irgendwo in der Nähe von Haspe.

Nach der Grundschule musste ich aufgrund familiärer Probleme erstmal in die Hauptschule. Mit dem Auszug von zuhause ging ich mit 18 aufs Rahel-Varnhagen-Kolleg in Wehringhausen und holte dort meine Abschlüsse nach. Dann Studium in Dortmund, und unterdessen ständiges Arbeiten, um meine Miete bezahlen zu können.

DW: Welche Jobs?

Saki: Irgendwie alles, was kam. Normale Menschen mit halbwegs normalen Biografien wissen, wovon ich spreche, während Leute von der FDP wohl in der Zwischenzeit Geldscheine von den Bäumen gepflückt haben.

Und ich habe ein FSJ (freiwilliges soziales Jahr) bei den Johannitern absolviert. Übrigens, eine sehr lehrreiche Zeit, die ich vor allem Leuten wie Jens Spahn dringend ans Herz legen würde.

Während des Studiums habe ich mich selbstständig im Bereich Marketing und Kommunikation gemacht. Dies mache ich nun seit einigen Jahren. Meine Hauptkunden sind mittelständische Industrie- und Dienstleistungsunternehmen.

Saki SonnebornSaki, links – mit Martin Sonneborn, Vorsitzender DIE PARTEI. Foto: Saki.

DW: Warum hat man Sie als Bundestagskandidat nicht zur Wahlarena am 20. August in Hagen eingeladen?

Saki: Ich vermute mal, dass sie Angst vor der PARTEI haben.

DW: Warum tun Sie sich das alles an und wollen sogar in den Bundestag?

Saki: Ich hasse es, wie wir mit der Natur und den Tieren umgehen. Es kann nicht sein, dass wir weiterhin Schweine im Kastenstand halten, Pestizide sprühen, Wildtiere abschießen, oder Monokulturen pflanzen und es dann Wald nennen.

Unsere sogenannten Politiker haben dieses Land in den letzten Jahren dermaßen in die Grütze geritten, dass eine Rettung echt schwer werden dürfte. Das Leben der meisten Menschen hat sich seit 20 Jahren kaum gebessert. Die Schere zwischen Arm und Reich wurde zunehmend größer und alle wichtigen Entscheidungen wurden ohne Rücksicht auf die Umwelt getroffen.

DW: Große Ziele für eine kleine Partei …

Saki: Richtig! Was die sogenannten Kleinen erreichen können, sehen wir an Greta Thunberg. Ein Mädchen hat es durch ihre einsame Aktion vor dem schwedischen Parlament vor drei Jahren geschafft, dass inzwischen Millionen von Leuten weltweit für das Klima auf die Straße gehen.

DW: Was machen Sie und Ihre Partei anders? Sie sind als Satire-Partei angetreten. Kann man mit Satire das Leben der Menschen und die Umwelt verbessern?

Saki: Wohin uns die – in Anführungszeichen – ernsthafte Politik gebracht hat, können wir ja tagtäglich beobachten. Die Welt ist in einem schlimmen Zustand. Und wenn es schlimm ist, machen wir halt ein – satirisches – Läppchen drum. Anders sind diese Zeiten doch wohl kaum noch zu ertragen.

DW: Was können Wählerinnen und Wähler von Ihnen und der Partei DIE PARTEI erwarten, oder wäre eine Stimme für Ihre Partei nicht doch eher eine verschenkte Stimme?

Saki: In der Die PARTEI engagieren sich viele Menschen, die genau wie ich, die Schnauze voll von PolitikerInnen haben, die jegliche Form der Menschlichkeit abgelegt haben und wissenschaftliche Fakten ignorieren, nur um selbst mehr Kohle zu scheffeln oder ihre Lobbyisten zu bedienen. Dies führt unweigerlich zu Befangenheiten und blockiert rationales Denken für die richtigen und notwendigen Entscheidungen.

Mein politisches Ziel wird also nicht nur darin bestehen, eigene Ideen durchzusetzen, sondern schon bestehenden guten Ideen zur Mehrheit zu verhelfen. Die Welt quillt über vor guten Ideen!

Vor allem aber möchte ich dazu beitragen, dass solche Generalversager wie Maas, Klöckner, Spahn und vor allem Andi Scheuer endlich aus ihren Ämtern entfernt werden.

DW: Was können Sie Ihren Wählerinnen und Wählern für die Zeit nach der Bundestagswahl versprechen?

Saki: Ich verspreche gar nichts. Für nicht gehaltene Versprechen sind andere zuständig, die da viel erfahrener sind. Nur eines: 2021 ist Abwahljahr! Denn nicht nur ich weiß, dass vieles sich grundlegend verändern muss. Und ich will derjenige sein, der für den Wahlkreis 138 sämtliche Veränderungen zum Besseren hin mit vorantreiben will.

Wir wollen diese missglückte Politik beenden. Im Übrigen kann man meine und die politischen Ziele meiner Partei DIE PARTEI auf meiner Website www.bundestagkandidat.de nachlesen. Jedenfalls stehen da viele wichtige Dinge drin, die wir realisieren und vorantreiben wollen für eine menschlichere, gerechtere und lebenswertere (Um-)Welt.

DW: Noch eine letzte Frage mit der Bitte um eine kurze, satirische Antwort: was halten Sie von Armin Laschet?

Saki: Er ist der Beste! Wenn es ihn nicht schon gäbe, hätten wir von der Partei DIE PARTEI ihn erfinden müssen.

DW: Saki, danke für das Gespräch.

Das Gespräch mit Athanasios Sarakatsanos – DIE PARTEI – führte Christoph Rösner.

Made in Germany 21 – die einzige Pointe in diesen Zeiten

7. März 2021

von Christoph Rösner

Ich fürchte, liebe FreundInnen und LeserInnen, angesichts der Situation in unserem Land wird, nein, muss der folgende Text wohl so gut wie pointenfrei daherkommen, einzig aus dem Grund, weil mir tatsächlich mit Blick auf unsere gesellschaftliche und politische Realität keine Pointen mehr einfallen.

Fakt ist, dass der Säuregehalt der Bürgerseele ebenso rapide wie bedenklich ansteigt. Gründe hierfür gibt es zuhauf. Zuforderst ist hier ein monströses Versagen der Politik und der Verwaltung zu nennen, die mit abstrusen und nicht mehr nachvollziehbaren Regelungen und Verboten die BürgerInnen systematisch in den Wahnsinn treibt.

Beispiel gefällig? “… der vor drei Tagen vorgestellte 5-Stufen-Plan der Kanzlerin und der Ministerpräsidenten https://www.bundesregierung.de/breg-de/themen/coronavirus/fuenf-oeffnungsschritte-1872120

In Sachen Öffnungsschritte, heißt es da zum Beispiel, dürfe ein deutsches Bundesland oder eine Region künftig dann eröffnen, wenn dort eine stabile Sieben-Tage-Inzidenz von unter 50 Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner herrsche. Im Einzelhandel gelte etwa: ein Kunde pro zehn Quadratmeter für die ersten 800 Quadratmeter Verkaufsfläche und ein weiterer für alle weiteren 20 Quadratmeter. Steige die Inzidenz an drei aufeinanderfolgenden Tagen wieder auf mehr als 50, dann gelte ab dem zweiten darauffolgenden Werktag Ziffer 6b: Einzelhändler dürfen jetzt nur noch einen Kunden pro angefangene 40 Quadratmeter Verkaufsfläche nach vorheriger Terminbuchung für einen fest begrenzten Zeitraum mit Dokumentation für die Kontaktnachverfolgung“ begrüßen.

Aber Merkel und MPs sei Dank, gibt es natürlich eine erhellende Vorschrift, die Ruhe ins Chaos bringt: „Dabei ist eine sogenannte Notbremse vorgesehen: Steigt die 7-Tage-Inzidenz pro 100.000 Einwohner an drei aufeinander folgenden Tagen in dem Land oder der Region auf über 100, treten ab dem zweiten darauf folgenden Werktag die Regeln, die bis zum 7. März gegolten haben, wieder in Kraft.“

So entmündigt man den sogenannten „mündigen“ Bürger endgültig.

Dass Baumärkte in NRW zwar Saatgut, Saatkartoffeln und Blumen, keineswegs aber Malerbedarf oder Werkzeuge verkaufen dürfen, sollte man daher nur noch als lächerliche Petitesse im großen Sammelbecken des verordneten Irrsinns abtun.

Wenn Länder wie Israel, Großbritannien oder USA inzwischen nur noch mitleidig lächelnd auf uns Bürokratiesüchtel herabschauen, tut allerdings schon etwas weh. Ich bin mir sicher, wenn keiner hinschaut, kriegen die sich vor lauter Brüllen gar nicht mehr ein.

Dafür hat das Thema ´Friseurtermin` es für gefühlt zwei Wochen an die erste Stelle in den Nachrichten geschafft. Nein, das sind alles keine Pointen, das ist schreckliche Realität.

Ich muss gestehen, dass mich dieses universelle Versagen auf der ganzen Linie tatsächlich erschüttert hat und ich niemals erwartet hätte, dass der „Organisations- und Bürokratieweltmeister Deutschland“ zur weltweiten Lachnummer absteigen konnte.

Und das vielstimmige Loblied auf den deutschen Förderalismus kann ich auch nicht mehr hören. Wohin der uns gebracht hat, kann jeder in seinem eigenen Bundesland nachprüfen.

Wen wundert´s da heute noch, dass so viele Versager in Politik, Verwaltung und Management sitzen: In keinem anderen ´Beruf` wird man bei völligem Totalausfall nicht zur Rechenschaft gezogen, sondern mitunter sogar auch noch wegbefördert.

Endlich – im Jahr eins nach Ausbruch der Seuche, sollen Schnelltest- und Impfkonzepte erarbeitet werden, und eine am Mittwoch beschlossene „Taskforce Testlogistik“ soll die Bestellung von Corona-Schnelltests koordinieren. Leiten werden diese Taskforce die zwei absolut verlässlichsten Universalversager, die die bundesdeutsche Politik derzeit aufzubieten hat: Jens Spahn und Andreas Scheuer.

Spätestens hier drängt sich mir die derzeit wichtigste aller Fragen auf:

Darf Satire denn wirklich alles?

Dass dieses Generalversagen von oben nach unten durchschlägt – wen wundert´s?

Warum sollten die Dinge in Hagen besser laufen als im Bund? Nach Rekord-Inzidenzen in NRW, städtisch bestallten Impfzwang-Gegnern, die nun, nachdem ihre Teilnahme an genehmigten Demos aufgeflogen war – dank des resoluten Durchgreifens unsers OBs – im Schulamt ihr Unwesen treiben dürfen, oder der OB himself, der in einem Anflug von Erkenntnis noch vor wenigen Tagen von „diffusem Infektionsgeschehen“ sprach, auf das man nun „mit der nötigen Vorsicht und abgestimmten Regeln“ reagieren müsse – egal eigentlich.

Die Haltung vieler Hagener lässt sich treffend am Beispiel des Hageners Klaus Sommer belegen.

Am Telefon erzählte er mir von einem Vorfall, der sich vergangene Woche zugetragen hat. Er hatte einen Freund ins Krankenhaus nach Bergisch-Gladbach gefahren. Beide ca. eine Stunde mit Maske im Auto. Angekommen im Krankenhaus wurde der Freund getestet. Ergebnis: Infiziert mit der britischen Mutante. Klaus Sommer fuhr zurück nach Hause und versuchte umgehend das Gesundheitsamt zu erreichen, um den Vorfall zu melden. Tagelange Versuche blieben erfolglos. Beim Hagener Gesundheitsamt war niemand zu erreichen. Wenn man davon ausgeht, dass ein Krankenhaus die Infektion ans zuständige Gesundheitsamt weiterleiten muss, wäre eine Kontaktaufnahme zwingend erforderlich gewesen – wegen der Nachverfolgbarkeit. Dies scheint in HA nicht so arg zu pressieren. Klaus Sommer und seine Frau haben sich – verantwortungsvoll wie sie sind – inzwischen selbst eine 14-tägige Quarantäne auferlegt, die sie, wie sie selbst sagten, wohl ziemlich sauer verbringen werden. Und Sommer gab mir zum Abschied folgenden Satz mit: „Dieser OB ist nicht mein OB.“

Ihr könnt Euch denken, dass die Liste der Unsäglichkeiten, des Versagens und eines arroganten Wegwischens von Zweifeln und Kritik derart lang würde, dass sie den Platz für die nächsten, geschätzten dreizehn Glossen einnehmen würde.

Mir geht es um etwas viel Wesentlicheres.

Wenn wir so weitermachen, wird das nichts mit der Herdenimmunität durch Impfung. Dann werden wir erleben, was eigentlich denkenden Menschen längst klar sein dürfte. Dank „unserer“ – nicht meiner – Politiker haben wir den Kampf gegen dieses fiese Virus verloren, weil wir es sträflich versäumt haben, ihm mit Kompetenz, Können, Stärke, Klarheit und einer gehörigen Portion aggressivem Pragmatismus zu begegnen.

Es sonnt und vermehrt sich prächtig in der Petrischale Deutschland oder wahlweise in Hagen, feiert fröhliche Urständ und schafft es – so ganz nebenbei, neben seiner hohen Infektiosität – auch noch seine 80 Millionen potentiellen Wirte in den Wahnsinn zu treiben. Dass dabei Künstler, Einzelhändler, Veranstalter, Theater, Dienstleister zu Tausenden auf der Strecke bleiben – ein bisschen Schwund ist immer.

„Made in Germany“ im Jahr 21 des 21. Jahrhunderts ist die einzige Pointe, die mir zu diesem Desaster einfällt.

Und nicht, dass jemand glaubt, mit diesem Jahrhundertdesaster sei es getan. Nur ein paar Katastrophen noch, bitte, ja?

Waldzustandsbericht, Golfstromschwäche, Klimaerwärmung, Artensterben, Julia Klöckner, Digitalisierung, Peter Altmeier, AfD – ergänze jeder die Liste bitte für sich selbst.

Hier fällt mir Carl von Ossietzky, Friedensnobelpreisträger und Symbolfigur des Widerstandes gegen das Nazi-Regime, ein.

Der schrieb einmal: „Wo die Männer versagen, da ruft man nach dem Mann. Der Faschismus, der überall anders, überall in neuer nationaler Vermummung auftritt, weist in allen Ländern diesen einen gemeinsamen Wesenszug auf: Die Sehnsucht nach dem Diktator. Die erschlafften Völker suchen nach einem Hirn, das für sie denkt, nach einem Rücken, der für sie trägt.“

Es wundere sich bitte niemand, wenn, nachdem sich das erschlaffte Volk im September zur Wahlurne geschleppt haben wird, es an die Auszählung der Stimmen geht. Es wundere sich bitte niemand, wenn der kurzzeitige Verdachtsfall AfD einen fürchterlichen Stimmenanstieg verzeichnen wird. Denn das gemeine Volk, der „Urnenpöbel“ – wie mein Kabarett-Gott Georg Schramm es einst formulierte – wird seine einzige Chance nutzen, seiner dumpfen Wut, seinem versteckt oder offen gelebten Hass, seiner durch absurde Corona-Erfahrungen gefütterten Ablehnung dieses Gesellschaftssystems als Racheakt des kleinen Mannes in Form eines simplen Kreuzchens Ausdruck zu verleihen.

Denn Demokratien werden heute nicht mehr durch Gewalt, sondern durch Wahlen abgeschafft.

Dann möchte ich kein Aufjaulen der Politik hören, dann möchte ich erleben, wie Hundertschaften von verantwortlichen Politikern von oben bis ganz unten, ihre Hüte nehmen und mit eingekniffenem Schwanz sang- und klanglos verschwinden und sich – meinetwegen – in ihre 4 Millionen-Villen in Berlin oder sonstwo verziehen und sich nicht mehr öffentlich blicken lassen.

Es wird dann immer noch genügend gute Leute geben, die den Schaden beseitigen werden. Mit Kompetenz, Durchsetzungskraft, Pragmatismus und Können. Keine Sorge.

Treten Sie zurück!

31. Januar 2021

Dank eines grotesken Generalversagens: Zeit für Konsequenzen

von Christoph Rösner

Wäre ich an seiner Stelle, wäre ich in diesen Tagen mit den Nerven ziemlich runter. Und nicht nur, weil die Sauferei auch schon länger nicht mehr funktioniert – ich weiß, wovon ich spreche.

Doch bin ich nicht er, und er ist nicht ich. Ein bisschen Glück braucht es halt in diesen Tagen.

Die Rede ist von unserem Schönwetter-OB Erik O. Schulz.

Während sich die Sieben-Tage-Inzidenz, beispielsweise im Kreis Soest mit 74,2 oder Borken mit 53,6 oder auch in Dortmund inzwischen bei rund 85,2 eingependelt hat – von Münster mit 32,3 ganz zu schweigen – , hat sich Hagen mit einem Inzidenz-Wert von 221,5!!! an die traurige Spitze im Land katapultiert (alle Daten: Stand 30.1.). Und wir alle freuen uns: endlich ist unsere Stadt mal wieder Spitze!

Übrigens: bundesweit weist die 7-Tage-Inzidenz am 30. Januar laut RKI einen Wert von 91 aus!

Dunkelschamrot mitten im Land: Hotspot Hagen. Quelle: LZG.NRW.

Jeder halbwegs klar denkende Mensch mit Verantwortungsgefühl und ausgestattet mit solchen weitreichenden Kompetenzen wie ein Oberbürgermeister müsste doch – wenn wir das Vorhandensein von gesundem Menschenverstand in dieser Stadt einfach mal kühn annehmen, auch wenn das sehr kühn und offensichtlich auch sehr realitätsfern ist – mit der Rundumleuchte und Lalülala eines Jahrhundertnotfalls auf dem Kopf durch die Stadt rennen und alles, aber auch wirklich alles und jeden kleinsten Hebel in Bewegung setzen, um dieses monströse Fiasko abzuwenden.

Doch was macht unser Schönwetter-OB?

Er gibt uns den Andi Scheuer!

Versagen auf der ganzen Linie. Rausreden, Selbstbeweihräucherung, alles richtig gemacht und weiter am Stuhl kleben. So geschehen noch vor fünf Tagen in einem Interview in der WP/WR.

Dort konnten wir Erhellendes lesen: […] „ich selbst richte mich regelmäßig unter anderem auch mit Videos an die Menschen in Hagen, um zu erklären, um für Verständnis zu werben, um zu appellieren. Zusätzlich geben wir an der Hotline und in den sozialen Medien ganz viele Antworten auf ganz viele wichtige Fragen.“[…]

Ja, was heißt denn das? Der letzte Schrei der Seuchenbekämpfung? Schwurbel-Videos aus der Hagener Teppich-Etage als Wunderwaffe gegen Covid 19?

Ersonnen und entwickelt von einer unnachahmlich kompetenten Politelite?

Und zu allem Überdruss auch noch „ganz viele Fragen auf ganz viele wichtige Antworten?“ Oder umgekehrt?
In einer Hotline und in den sozialen Medien?

Seuchenberatung und –bekämpfung jetzt endlich über Facebook? Ja sagt mal Leute, welchen der 221,5 Schüsse habt ihr eigentlich nicht gehört?

Wenn dieser beschämende Inzidenzwert das Ergebnis des vom OB geleiteten Krisenstabs ist, der ja, laut Schulz, mit „vielen kompetenten Experten“ besetzt ist und der – natürlich – „sehr effizient und vertrauensvoll zusammenarbeitet“ und – wir setzen gerne noch eins drauf! – um seine „Verantwortung für die Gesundheit der Hagenerinnen und Hagener“ weiß, dann können wir, glaube ich, durchaus von einer veritablen Stabskrise sprechen und sollten uns für die nächsten Tage und Wochen alle verdammt warm anziehen.

Dann rutschen wir hier nämlich von einem Superlativ in den Nächsten. Heute die Nummer Eins beim Inzidenzwert, und bald, während nach und nach die Clubs, Kinos und Cafes im Land wieder öffnen, die letzte Stadt, in der nicht einmal ein paar Moleküle von Normalität uns in der kommenden Frühlingsluft um die verstopften Nasen wehen dürfen. Herzlichen Dank!

Vermutlich gehören diesem kompetenten, effizienten, vertrauensvoll zusammenarbeiten Stab auch Mitarbeiter oder Führungspersönlichkeiten des Hagener Gesundheitsamtes an – nicht, dass jetzt jemand meint, er könne irgendwo die personelle Zusammensetzung dieses Stabes finden (geschweige denn Sitzungsprotokolle) – und deshalb bin ich leider gezwungen, an dieser Stelle etwas zu spekulieren, man sehe es mir bitte nach:

Vielleicht erinnert sich noch jemand an diesen fantastischen Arzt ohne Approbation, eine gewissen Herrn Ozan K., der die Hagener Schulpflegschaft- und nicht nur die – vor gut einer Woche auf die Bäume brachte. Den Brief der Schulpflegschaft an Erik O. Schulz gibt´s hier (pdf).

Ein Mann also, der „mit gefälschten Unterlagen für die Stadt tätig war und in einem absolut empfindlichen Bereich – Gesundheitsamt und Schule – schalten und walten konnte.“ Zitat.

Als Hochstapler wurde dieser Mann entlarvt, der sich auch schon als Psychologe verdingte und als Dortmunder Lokalpolitiker der SPD – wer weiß, ob das stimmt – als Flüchtlingscamp-Leiter in Selm-Bork von sich reden machte und selbst der BLÖD-Zeitung am 19. Januar unter der Schlagzeile Fake-Alarm in Hagen ein paar Riesenbuchstaben wert war. https://www.bild.de/bild-plus/regional/ruhrgebiet/ruhrgebiet-aktuell/ermittlungen-gegen-fake-arzt-impfzentrum-koordinator-ist-hochstapler-74837106,view=conversionToLogin.bild.html

So die Fakten – jetzt zur Spekulation:

Kann es sein, dass das Hagener Rote Kreuz in Kooperation mit dem Personalamt und/oder dem Gesundheitsamt diesen feinen Herren eingestellt hat? Und kann es weiter sein, dass bei Neueinstellungen in Hagen nicht so genau hingeschaut oder vorab mal gegurgelt wird, mit wem man es denn da zu tun hat? Kann das wirklich alles sein?
Und müssen wir feststellen, dass dies dieselben Leute sind, die Herr Schulz in seinem kompetenten Krisenstab um sich versammelt hat?

Wie gesagt – Spekulation – aber ich fürchte, die Antwort ist Ja.

Ich möchte mir wirklich nicht weiter ausmalen, was in dieser Stadt an Generalversagen, gepaart mit einheimischem Schwurbelsprech, tatsächlich noch alles möglich und zu erwarten ist.

Ich fürchte nur, dass diese Seuche – Covid 19 natürlich – die uns ohnehin schon alle an den Rand des Wahnsinns treibt, nach und nach noch mehr solcher Ungeheuerlichkeiten zutage befördert. Es wäre nicht die erste, und es wird auch ganz bestimmt nicht die Letzte sein.

Und wenn man all das zusammenfasst, was bleibt dann als letzte Konsequenz?

Eigentlich doch nur eine einzige. Treten Sie zurück!

Herr Schulz, zeigen Sie Andi Scheuer, wie man es richtig macht. Vielleicht gelingt Ihnen ja das!

„Auf die Schiffe, Ihr Philosophen!“

28. Dezember 2020

von Christoph Rösner

„Nä, nä, … was bin ich froh, dass wir dieses Jahr bald hinter uns haben!“

So denken wohl viele von uns in diesen Tagen, in denen sich so viel verändert hat, in denen wir orientierungslos und etwas konfus unsere alten, vertrauten Rituale suchen und sie selten nur wiederfinden.

Kein sinnloses Abschütten mit klebrig-heißen Weinzuckerprodukten auf nasskalten Weihnachtsmärkten ohne dusselige, blinkende Elch- oder Mützenaccessoires, kein termingetriebenes City-Hecheln bei gleichzeitigem Nachhausetragen von viel unsinnigem und überflüssigem Zeug. Kein Weihnachten-auf-den-Seychellen-Ertragen. Und überhaupt: irgendwie und insgesamt weniger bereitwillige Selbstinfantilisierung, wenn man mal vom kindgerecht generationenübergreifenden Angebot im TV absieht.

Also, wenn ich´s richtig sehe, alles gar nicht so schlecht.

Gut, unsereins Soloselbständiger in Sachen Text- und Bühnenkunst geht gerade ziemlich auf dem Zahnfleisch. Weniger finanziell – die Hilfen waren hilfreich – nein, es ist eher dieser Entzug, der zu schaffen macht. Keine Menschen aus Fleisch und Blut, kein Applaus an der richtigen Stelle.

Stattdessen verpuffende Pointen in stümperhaft produzierten Privatvideos im Rumpelkammerambiente und die krampfhaften Versuche, der aufgezwungenen Tatenlosigkeit mit energischer Lethargie entgegenzutreten … ach, und permanent dieses Hoffen und diese Selbstbesänftigung, dass im neuen Jahr schon alles besser wird.

Sorry, wird es nicht.

Unser sexiest OB alive wird auch in 21 unser sexiest OB alive sein – und wohl mehr auch nicht. Auch nächstes Jahr werden die Altglas – und Altpapiercontainer überquellen und Hagen nach und nach zur Krollmann-City mutieren. Die Verwaltung wird ihre vorfeiertägliche Drohung, nur noch eingeschränkten Dienst zu versehen, auf das gesamte 2021 ausweiten. Der Klimawandel wird unaufgehalten weitergehen, Flüchtlinge werden weiterhin im Mittelmeer ersaufen. Fiese Virus-Mutanten werden uns bis in den Sommer piesacken. Erste Meldungen über schwere Impfnebenwirkungen werden die Impfbereitschaft gegen Null treiben.

Und Jaulen und Zähneklappern werden zum Hintergrundgeräusch des neuen Jahres.

Und wem jetzt immer noch weihnachtlich heimelig zumute ist, der möge doch bitte dieses Gefühl bis in den Dezember 21 hinüberretten und sich bis dahin mit dem Scharren seiner Hufe die Zeit vertreiben, bis die geliebte Normalität wieder an die Tür klopft.

Denn, sollte dies eines fernen Tages doch geschehen, dann werden all die schönen Visionen von einer veränderten Gesellschaft, von sich besinnenden Menschen, von der Abkehr vom perversen Konsum mit all seinen noch perverseren Nebenwirkungen augenblicklich obsolet sein.

Denn das Hufescharren ist dauerhaft kaum befriedigend. Und Nachdenken über uns und unsere Verantwortung für diese Stadt, dieses Land, diesen Planeten ist so wenig berauschend wie das familiäre Kartoffelsalat-Bockwürstchen-Ritual an Heiligabend – und im Übrigen auch gar nicht erwünscht.

Denn der Mensch will nicht nur mit den Hufen scharren. Er will seiner Sehnsucht frönen und loslaufen und hoffen, auf nichts Unbekanntes zu stoßen. Denn er fürchtet das Unbekannte, so verlockend und vielversprechend es auch sein könnte. Er sehnt sich nach einer friedlichen Erde mit gesunden Bäumen und summenden Bienen und Paketzustellern, die er bis zum Umfallen schuften lassen kann.

Nein, es wird noch lange dauern, bis wir wieder am vertrauten Geruch des Normalen schnuppern dürfen.

Und die bösen Geister dieses alten, verfluchten Jahres dürfen wir auch nicht wie gewohnt laut, verschreckend und umweltbelastend vertreiben.

So ein Pech aber auch!

Wie schön es wäre, wenn das Denken wieder Einzug hielte in unsere neue Normalität. Wie schön es wäre, wenn Querdenken wieder zur aufgeklärten Tugend würde. Wie schön es wäre, wenn Besinnung die Verblendung ablösen würde. Wie schön könnte ein neues Jahrzehnt werden … mit neuen Welten da draußen oder in uns.

An dieser Stelle wünsche ich mit Friedrich Nietzsche allen Neugierigen, Furchtlosen und Denkenden ein gesundes und spannendes 2021!

„Es gibt noch eine andere Welt zu entdecken – und mehr als eine! Auf die Schiffe, Ihr Philosophen!“

Eintrag ins Klassenbuch für den kleinen Erik Olaf

25. November 2020

von Christoph Rösner

Covid-19 fördert auch in Hagen – besser: gerade hier – leider viel Schlechtes, Unschönes und Negatives zu Tage.

Gut, wir wissen ja und sind es jammervoll gewohnt, dass diese Stadt ganz sicher nicht die Wiege der Kompetenz, des Expertentums und des verantwortlichen Handelns ist. Ein Zustand, an den man sich hat gewöhnen müssen.

Obwohl wir zwingend hier jene Menschen besonders hervorheben müssen, die sich dem Dauertsunami der Verwaltungsunlust, der Ignoranz und der Inkompetenz mutig und kraftvoll entgegenstemmen. Es sind die Schulleiter*Innen und Lehrer*Innen der rund 65 Hagener Schulen, es sind die MitarbeiterInnen des Gesundheitsamtes, es sind die vielen Pflegekräfte und all die vielen Ungenannten, die das Hagener Dilettantenkarussell kopfschüttelnd von außen betrachten müssen – besser: dürfen.

Das Sagen auf diesem Karussell haben andere, und die sind in der absoluten Mehrheit.

Beispiel: Wenn sich wie vergangene Woche auf Einladung des Oberbürgermeisters die Schulformsprecher der Hagener Schulen treffen, können Dinge passieren, die man sich nicht ausmalen kann.

Jochen Becker, Leiter des Fachbereichs Bildung in Hagen, war von seinem Dienstherren bereits im Spätsommer beauftragt worden, die Schulformsprecher zu instruieren, Maßnahmen zur Entzerrung der Unterrichtsanfangszeiten zu erarbeiten, um die morgendliche Überfüllung der Schulbusse abzumildern.

Dies sollte per Brief an die Schulformsprecher geschehen.

Ende vergangener Woche traf man sich – und siehe da: tiefe Empörung allenthalben. Warum? Am 16.11. hatte unser heimischer Investigativjournalist Mike Fiebig in der WP sich mal wieder als Sprach– bzw. Schreibrohr unseres sexiest OB alive hervorgetan, der sich bemüßigt gefühlt hatte, seine Unzufriedenheit in Sachen Fortschritt bei der Entzerrung der Schulanfangszeiten und anderer Covid19-Maßnahmen der Hagener Schulen zu artikulieren.

„Einen klaren Appell haben wir als Schulträger über die sogenannten Schulformsprecher bereits vor geraumer Zeit abgesetzt – allerdings nur mit sehr überschaubarem Erfolg“, so Schulz am 16.11. Und weiter: „Wir müssen und wir werden diesen Appell jetzt noch einmal mit sehr viel Nachdruck erneuern […] Ich hoffe angesichts der nicht sinken wollenden Infektionszahlen diesbezüglich auf ein Umdenken und ein entsprechendes Handeln unserer Schulen hier vor Ort.“

Und den Gipfel seiner Anmaßungen finden wir im Titel des Artikels: „OB nimmt Schulen in die Pflicht.“

Das Treffen der Schulformsprecher – also jener Menschen, die die Belange, Bedürfnisse und besonderen Erfordernisse ihrer jeweiligen Schulform vertreten (Real-, Berufs-, Hauptschule etc) – stand unter keinem guten Stern.

Anstatt sich konstruktiv und gemeinsam den schwierigen Herausforderungen der Pandemie widmen zu können, musste man sich erstmal trefflich aufregen.

Denn zum Einen hatten die Mitglieder des Treffens noch die ungeheuerlichen Behauptungen ihres OBs zu verdauen, der sie dank Fiebig in die Pflicht nehmen wollte, und zum Anderen stellte sich heraus, dass der Brief, der ´klare Appell` in Form eines Briefes, vom „besten Mann“ des OBs, Fachbereichsleiter Jochen Becker, nie abgeschickt worden war.

Das muss man sich vorstellen: Der oberste Gutsherr stellt sich hin, nimmt die Schulen – also Schulleiter und Lehrerschaft – in die Pflicht, rügt dieselben wie ungehorsame Blagen für ihren sehr überschaubaren Erfolg, während sein oberster Bildungsbeauftragter kleinlaut eingestehen muss, den Brief mit der Aufforderung, gemeinsam weitergehende Maßnahmen zu erarbeiten, gar nicht verschickt zu haben.

Mir drängt sich hier eine Frage auf: Was machen diese Herren eigentlich beruflich?

Dass sowohl Schulleiter*Innen, als auch Lehrer seit Monaten auf dem Zahnfleisch gehen ob der vielfältigen Zusatzmaßnahmen, die erarbeitet, umgesetzt und beinahe täglich korrigiert werden müssen, um einen einigermaßen geordneten Schulablauf garantieren zu können, scheint in der Vorstellungswelt dieses einzigartigen Oberbürgermeisters nicht zu existieren. Ihm scheint es allein darum zu gehen, sich selbst ins gleißende Licht des verantwortungsvollen Machers zu rücken.

Dass er so dem Ansehen der Schulen und Lehrerschaft bei jenen Eltern schadet, die ohnehin die ganze Entwicklung an den Schulen mit Sorge betrachten, ficht unseren OB nicht an, weil er sich vermutlich überhaupt nicht vorstellen kann, was es bedeutet, als Schulleiter bis tief in die Nacht über Testmaßnahmen, Infektionsmeldungen ans Gesundheitsamt und Nachverfolgung von Infektionen zu brüten.

Das ist derzeitige Realität an Hagener Schulen.

Die einzig denkbare und einzig erwartbare Reaktion eines tatsächlich verantwortungsbewussten Oberbürgermeisters wäre eine öffentliche, ehrliche Entschuldigung bei all jenen, die sich den Allerwertesten aufreißen, um für unsere Kinder einen halbwegs reibungslosen Schulbetrieb zu gewährleisten.

Aber ich kann mir auch einen Seitenhieb an die Schulverantwortlichen nicht verkneifen. Es war nicht möglich, zitierfähige O-Töne der Betroffenen einzuholen und hier zu veröffentlichen. Nur aus sogenannten Hintergrundgesprächen konnte ich das hier Geschriebene zusammensetzen, weil niemand bereit war, seine Empörung und seine Enttäuschung in prägnante Zitate zu gießen.

Das ist nicht nur schade, das ist auch erschütternd, weil augenscheinlich gestandene Schulleiter*Innen oder andere Informant*Innen sich lieber selbst einen Maulkorb verpassen, als öffentlich zu sagen, was Sache ist.

Wenn sich schon jemand alleine nicht traut, solche Vorgänge anzuprangern, dann vielleicht ein gemeinsames Statement aller Betroffenen? Wär‘ doch ’ne Idee, oder? Die Doppelwacholder-Anschrift dürfte bekannt sein …

Ach, und noch was: Unser einzigartiger OB hat gestern, am 23.11., auf T-Online ein ausführliches Exklusiv-Interview verbreiten lassen, das von Allgemeinplätzen und rhetorischen Blendgranaten nur so strotzt – was sonst?

https://www.t-online.de/region/hagen/news/id_88885448/corona-in-hagen-ob-schulz-ich-bemerke-eine-gewisse-sorglosigkeit-.html

Der knallharte Investigativjournalist Johannes Hülstrung – wahrscheinlich ein guter Kumpel von Fiebig – hatte eine Frage parat, die mir den Atem stocken ließ: „Können Sie darüber lachen, wenn Sie aus Reihen der SPD als „Erik Null Schulz“ bezeichnet werden?“ Schulz konterte kalt: „Lachen tue ich über niveauvolle Witze, das war eher ein niveauloser.“

Kleine Korrektur, verehrter Erik O. Schulz. Das ist kein Witz. Weder ein niveauloser, noch ein niveauvoller.

„Ich werde alles transparent machen“

1. August 2020

Interview mit Laura Valeria Knüppel (Die PARTEI)

In gut sechs Wochen wird in Hagen ein neuer Rat und ein neuer/eine neue Oberbürgermeisterin gewählt.

Neben den bekannten, etablierten Bewerbern um die begehrten Ratsposten und dem noch begehrteren Posten des Amtes der Oberbürgermeisterei tritt erstmals auch die Partei Die PARTEI (Partei für Arbeit, Rechtsstaat, Tierschutz, Elitenförderung und basisdemokratische Initiative) an, mit ihrer Vorsitzenden Laura Valeria Knüppel.

Ihr Listenplatz eins garantiert ihr – bei entsprechender Wählerstimmenanzahl – einen sicheren Sitz im Rat der Stadt Hagen. Aber damit nicht genug: Laura Knüppel will auch Oberbürgermeisterin werden. DOPPELWACHOLDER.DE befragte die 33-Jährige zu ihrer Person und ihren Ambitionen (Foto: Christoph Rösner).

DW: Guten Tag, Frau Knüppel, schön, dass Sie sich Zeit genommen haben für unser kleines Sommerinterview.

Warum tun Sie sich als Vorsitzende des Kreisverbandes der Partei Die PARTEI den Wahlkampf und die politische Arbeit in Hagen an?

Knüppel: Für Hagen reicht´s, und für Die PARTEI reicht´s auch. Ich habe viele hohe Höhen und viele tiefe Tiefen in meinem Leben durchlebt, und seit ich zurückdenken kann, spreche ich fließend satirisch. Grund genug, mich für meine Partei Die PARTEI zu engagieren und den Kommunalwahlkampf ein bisschen aufzumischen.

DW: Am 3. August wird das Wahlamt die zugelassenen Parteien zur Kommunalwahl am 13. September bekannt geben. Haben Sie genügend Unterstützungsunterschriften gesammelt? Unser Wahlamt hat Sie doch sicherlich nach Kräften unterstützt?

Knüppel:  Im Rahmen seiner Möglichkeiten hat das Wahlamt bzw. seine Mitarbeiterin in Vertretung uns unterstützt. Wir sind nicht davon ausgegangen, dass es leicht werden würde. Aber alle zusammen haben wir mehr als die erforderlichen Unterschriften gesammelt.

DW: Wie fühlt sich das an – Oberbürgermeisterin Laura V. Knüppel – und welche Qualifikation für den verantwortungsvollen Job bringen Sie mit?

Knüppel: Ich kann lesen und schreiben, ich kann zuhören und reden, ich kann auch vor einem Mikrofon sitzen. Also all das, was unser bisheriger Oberbürgermeister auch mitgebracht hat, habe ich dabei.

Ich will mich nicht selbst präsentieren oder mich bereichern, weil ich tatsächlich ausschließlich für Hagen da bin und wichtige Entscheidungen ausschließlich im Namen und im Sinne der Hagener Bürger*Innen treffen will. Ich trete nicht an, um meine eigene Brieftasche oder die irgendwelcher Lobbyisten oder Tochtergesellschaften zu füllen.

Geld bedeutet mir eigentlich nichts. Mein Mann und ich haben über die Jahre gelernt, mit sehr wenig Geld auszukommen. Es gibt Wichtigeres. Von wegen, über Geld spricht man nicht – da bin ich gerne Nestbeschmutzer. Und wie es sich anfühlt … eigentlich nicht anders als Küchenhilfe Laura Knüppel, Künstlerin Laura Knüppel oder Studentin Laura Knüppel.

DW: Wo würden Sie ihre Partei im politischen Spektrum verorten?

Knüppel: In der extremen Mitte. Links und rechts von uns darf es eigentlich nichts geben. Realpolitisch sind wir durchaus eher links einzuordnen und natürlich antifaschistisch und antirassistisch.

DW: Wären Sie mit Ihrem Engagement und ihrer Power in einer der anderen etablierten und politisch erfahrenen Parteien nicht besser aufgehoben gewesen?

Knüppel: Dafür hätte ich die Knüppel-Partei gründen müssen, dann hätte ich mir folgende Situationen ausgedacht, dass z. B. alle Entscheidungen im Ring ausgefochten werden – ohne Schlagen selbstverständlich – und wer als erster ohnmächtig geworden wäre, hätte halt verloren.

DW: Man hat den Eindruck, die Hagener Uhr steht schon seit längerem auf 5 vor 12. Wäre nicht endlich seriöse Politik das Mittel der Wahl, um Hagen aus dem Jammertal zu führen, statt einer Satirepartei?

Knüppel: Ich glaube, die Zeiten sind so ernst, dass nur die Satire uns noch helfen kann, weil die Stadt krank ist und Lachen nun mal die beste Medizin ist.

DW: Überschuldung, Müll, Verkehrskollaps, Digitalisierung, Klima, Umwelt, Innenstadtbelebung – alles Themen, die die Menschen auch in Hagen bewegen. Können die Wähler hier mit klaren Konzepten der PARTEI rechnen?

Knüppel:  Ja.

DW: Was sagen Ihnen – bezogen auf Hagen – Begriffe wie Effizienz, Transparenz, Uneigennützigkeit oder Unbestechlichkeit?

Knüppel: Da müsste ich erstmal länger suchen, die sind mir hier noch nicht begegnet.

DW: Wie wollen Sie mit Ihrer Partei die Herkulesaufgabe bewältigen, aus Hagen wieder eine lebenswerte Stadt zu machen?

Knüppel: Naja, ehrlich? Ursprünglich wollten wir alles abreißen, diese Bausünden überall – wäre nicht schade drum. Aber das können wir unsern Bürger*Innen nicht zumuten, und der Stadtkasse auch nicht. Aber „Vertical-Gardening“ wäre doch eine schöne Idee, also alles mit Pflanzen verschönern, was man nicht abreißen kann. Eine andere Idee von mir war mal: “Ich bin so grün, ich könnte mich glatt selbst rauchen.“ Aber lassen wir das …

DW: Hagen belegt im Ranking der Einkommen einen der letzten Plätze von mehr als 300 Städten. Zudem gilt die Hagener Bevölkerung als eine der am wenigsten gesunden. Glauben Sie ernsthaft, Sie und Ihre Partei könnten daran etwas ändern?

Knüppel: Ja … obwohl es so fucking traurig ist …

DW: Gibt es inzwischen ein Kommunalwahlprogramm, das die Bürger einsehen können?

Knüppel: Selbstverständlich gibt es ein Programm. Und das ist so verdammt gut, dass wir es erst publizieren, wenn klar ist, dass wir zur Kommunalwahl antreten, weil die Anderen sonst von uns abschreiben würden.

DW: In Hagen gibt es offensichtlich keine geeignete Frau für den Posten des Oberbürgermeisters – außer Ihnen von der Partei Die PARTEI. Nicht einmal die Grünen haben es geschafft, eine geeignete weibliche Kandidatin zu präsentieren. Müsste Hagen insgesamt weiblicher werden?

Knüppel: Erstmal vielen Dank, Sie haben mein Geschlecht bemerkt … auf das ich jetzt offensichtlich reduziert werde … ich bin die Kandidatin geworden, weil meine Partei glaubt, dass ich die geeignete Person dafür bin, unabhängig von meinem Geschlecht. Wir schauen, wer einen guten Job macht, und den stellen wir dann auf. Dabei spielt das Geschlecht keine Rolle.

DW: Was werden Sie anders machen als Ihr Amtsvorgänger?

Knüppel: Ich werde alles – und ich meine wirklich alles – transparent machen. Wofür bekomme ich Gelder, welche Gespräche führe ich mit wem, wofür oder wogegen habe ich gestimmt. Das ist ein Haufen Arbeit, aber im Dienste der Transparenz unerlässlich.

Wenn ich ´nur` Ratsfrau werde, werde ich jede Ratssitzung, jede Bezirksvertretungssitzung und jede Ausschusssitzung in einem kurzen Video aufarbeiten und unseren interessierten Bürgern zur Verfügung stellen, die vom sogenannten ´Bürgerinformationssystem`genervt sind. Denn mal ehrlich, Transparenz geht anders. Versuchen Sie mal sich da durchzuwühlen … viel Vergnügen.

DW: Sind Frauen besser geeignet, sich in jahrezehntelang aufgebauten männerdominierten, verfilzten Strukturen zu behaupten oder durchzusetzen? Und fühlen Sie sich gewappnet für Ihre Arbeit in diesem männlichen, undurchschaubaren Politsumpf?

Knüppel: Ich muss gerade spontan an das Jugendzimmer meines Bruders denken, alt, verfilzt, verkommen … da war es immer die Mutti oder die Oma, die da mal feucht durchgewischt haben … Die Jungs hatten genügend Zeit, alles in den Müllsack zu packen … ich denke, ich sollte das jetzt mal übernehmen.

DW: Eine letzte Frage, Frau Knüppel. Wovon träumen Sie?

Knüppel: Mit einem großen Knüppel auf den Sack mit Hagener Politikern draufhauen – und im Traum treffe ich dann immer den Richtigen.

DW: Wir bedanken uns für Ihre Zeit.

Das Gespräch mit Laura Valeria Knüppel führte Christoph Rösner.

Spaßbefreit und zuordnungsverwirrt

12. Juni 2020

von Christoph Rösner

Dass Satire alles darf, postulierte Kurt Tucholsky bereits in seinem berühmt gewordenen Artikel von 1919 „Was darf die Satire?“.

Zur Verdeutlichung des folgenden Ereignisses, dessen Urheber diesen Tucholsky-Text ganz sicher nicht kennt, hier nur ein kurzes Zitat aus selbigem:

„Der Satiriker ist ein gekränkter Idealist: er will die Welt gut haben, sie ist schlecht, und nun rennt er gegen das Schlechte an. Die Satire eines charaktervollen Künstlers, der um des Guten willen kämpft, verdient also nicht diese bürgerliche Nichtachtung und das empörte Fauchen, mit dem hierzulande diese Kunst abgetan wird. Vor allem macht der Deutsche einen Fehler: er verwechselt das Dargestellte mit dem Darstellenden. […]“

Ein dreiseitiger Brief, den am 14. April der Leiter der Stadtkanzlei, Markus Funk, durch seinen berittenen Boten an die Hagener Vorsitzende der Satirepartei Die PARTEI expedieren ließ, löste in gewissen Hagener Politkreisen heftiges Lachen und diverse Zwechfellkrämpfe aus.

Bis auf die Anrede könnte man mit viel Wohlwollen und noch mehr Fantasie den gesamten Brief als Satire verstehen, aber der gute Herr Funk ist nun mal Angestellter der Hagener Stadtverwaltung und somit – laut Bewerberprofil – zu 100 Prozent satireresistent.

Der Name der Empfängerin allerdings lässt dann doch schmunzeln, denn Laura Valeria Knüppel ist weder ein Künstlername noch eine Kunstfigur. Frau Knüppel ist die Vorsitzende des Hagener Stadtverbands der Partei Die PARTEI und heißt wirklich so.

Worum geht´s? Der Hagener Ableger der Partei Die PARTEI hatte vor ein paar Wochen ein Plakat veröffentlicht und laut Funk

„eine als unzulässige Schmähkritik zu bewertende Handlung vorgenommen, indem sie die Mandatsträger*innen des Rates der Stadt Hagen im Zusammenhang mit der bevorstehenden Kommunalwahl am 13.9.20 pauschal und ohne erkennbaren konkreten sach– oder personenbezogenen Anlass in übler Art und Weise verunglimpft und der Lächerlichkeit preisgibt.“

Achtung, liebe Leser*Innen! Festhalten!!

Der Plakattext beginnt mit folgendem Aufruf:

„Wer hilft bei der Machtergreifung?“

und weiter:

“Die PARTEI Hagen sucht Ratsherren/Überläufer zum 23.9.2020.
Sie lassen sich nach allen Regeln der Demokratie in den Stadtrat wählen. Nach der Wahl wechseln Sie die Fraktion, um der Partei Die PARTEI zur Fraktionsstärke zu verhelfen.“

Und auch ein Bewerberprofil wird mitgeliefert:

„Charakterschwäche, wenig Ahnung, noch weniger Meinung, mangelndes Pflichtbewusstsein.
Vergütung 735,70 € – weitere Verpflichtungen: keine.
Wir freuen uns auf Ihre Bewerbung unter: derunsichtbaredritte.moneyfornothing.möp.“

Ich jedenfalls verdanke diesem Plakat die ersten Lachfalten in diesem Jahr 2020.

Und dann war das Werk noch gekrönt von einem – ohne Erlaubnis! – genutzten und verfremdeten Hagener Stadtwappen!!

Links die Eiche in den Farben des Stadtwappens, rechts das wegen angeblicher Urheberrechtsverletzung inkriminierte corpus delicti.

Hätten Frau Knüppel und ihre lustigen Mitstreiter*Innen die olle Eiche verfremdet – beispielsweise als borkenkäferbefallene Krüppelfichte in gedecktem Kackbraun – hätte Markus Funk viel weniger Munition gehabt. Aber so? Die olle Eiche im Wappen, nur nicht gelb/blau sondern in Rot? Unfassbar!!

Diese vor Respektlosigkeit und Hoheitsverhöhnung triefende Publikation jedenfalls ließ den empörten und dienstbeflissenen Herrn Funk den Knüppel aus dem Sack holen und auf die Knüppel niedersausen. Denn seine Hauptaufgabe besteht nunmal darin, das Hagener Stadtwappen und die Ratsdamen und -herren mit Klauen und Zähnen vor üblem Ungemach zu beschützen.

„[…] Erschwerend kommt noch hinzu, dass sich die Partei mit der provozierenden Überschrift „Wer hilft bei der Machtergreifung?“ einen scheinbar rechtsextremistischen Anstrich gibt, denn der Begriff Machtergreifung ist seit dem Jahr 1933 dem nationalsozialistischen Jargon und Gedankengut zuzuordnen und verhält sich feindselig zu der vom Grundgesetz geschützten freiheitlich demokratischen Grundordnung (Art. 20 GG).“

Und er hätte doch Tucholsky lesen sollen. Denn dann hätte er es sich erspart, sich selbst und seinen Chef der Lächerlichkeit preiszugeben.

„[…] Übertreibt die Satire? Die Satire muss übertreiben und ist ihrem tiefsten Wesen nach ungerecht. Sie bläst die Wahrheit auf, damit sie deutlicher wird […].“

Ich werde mich hüten, dies in Bezug auf die Hagener Ratsdamen und -herren zu interpretieren …

Dieser Brief ist dermaßen lächerlich und leider von Satire völlig unbeleckt, dass man eigentlich grundsätzlich dazu übergehen sollte, derartige, aus der Zeit gefallene Elaborate kleindeutscher Wappen- und Hoheitshörigkeit gänzlich zu ignorieren. Leider zeigt das schriftliche Machwerk des Markus Funk – vermutlich eine Auftragsarbeit seines Dienstherren, Erik O. Schulz – Züge von Satireverwahrlosung in Kombination mit fortgeschrittenen Allmachtsfantasien, die man dann doch nicht unkommentiert stehen lassen darf.

Die Partei Die PARTEI in die Nähe des Nationalsozialismus zu rücken, ist schlicht frech oder wahlweise geschmacklos. Auch hier hätte Herr Funk vorher lesen sollen, bevor er das Schreiben anfängt. Z.B. auf der Website der Bundeszentrale für politische Bildung. Dort heißt es u.a.:

“[…] Mit kritischem Impetus persifliert Die PARTEI Symbolik und Rhetorik der deutschen Diktaturen des 20. Jahrhunderts und parodiert Rituale, sprachliche Gepflogenheiten und Auftreten der etablierten Parteien bzw. ihres politischen Personals. Der häufig abwertend gebrauchte Begriff der „Spaßpartei“ wird dabei jedoch dem Anliegen der Partei nicht gerecht. Da sie mit ihrem Auftreten und ihrer Programmatik auch vermutete Missstände thematisiert, wird sie richtiger auch als „Satirepartei“ bezeichnet.“

Tucholsky hätte seine wahre Freude gehabt.

Aber zurück zum Ernst der Lage. Denn Funk beliebt natürlich auch zu fauchen:

„Sollte auch zukünftig seitens Ihres Stadtverbandes eine unzulässige Verwendung des Wappens vorgenommen werden, behalten wir uns weitere rechtliche Schritte vor.

Alternativ zu einem rechtlichen Vorgehen auf der Grundlage des allgemeinen Ordnungsrechts wird im Übrigen erwogen, gegen die missbräuchliche Verwendung des Hagener Stadtwappens mit einer Abmahnung und strafbewehrten Verpflichtungs– und Unterlassungserklärung auf der Grundlage des Urheberrechts vorzugehen.“

Es ist schon ein Elend, wenn man keinen Spaß versteht.

Aber dann wird´s doch noch spaßig in dem Brief des Herrn Funk, denn

„ein rechtlich entscheidender Gesichtspunkt für die Frage der Duldung oder Nichtduldung ist, ob durch die Verwendung des Wappens im Ergebnis eine unerwünschte sogenannte ´Zuordnungsverwirrung´ eintreten kann. Es spricht viel dafür, dass dies hier der Fall ist.“

Bei dem Begriff ´Zuordnungsverwirrung´ bin ich tatsächlich auf meiner Tastatur ausgerutscht. Ich überlasse es Euch, verehrte Satirefreundinnen und -freunde, diese Ausgeburt deutschen Juristensprechs und seine Bedeutung zu googeln. Oder wir stellen uns alle gemeinsam vor, wie bedauernswerte Gruppen- und realitätskranke Hagenerinnen und Hagener sowie Divisionen von Touristen völlig desorientiert und traumatisiert im Angesicht eines Wappens samt roter Eiche durch Hagen irren und ihre Smartphones befragen, ob sie überhaupt in der richtigen Stadt sind.

Und weil sich genau dies so viele Menschen ohnehin täglich fragen, spricht vieles dafür, dass Laura Valeria Knüppel und ihre lustige Satiretruppe alles richtig gemacht haben.

Warum einfach, wenn’s auch kompliziert geht – oder: Return to sender

9. April 2020

von Christoph Rösner

Da verdichten sich bei mir gerade Wut und Verunsicherung zu einem unschönen Stimmungskonglomerat, und das nicht wegen der zunehmend unerträglichen Seucheneinschränkungen, die unser aller Leben auf ein Minimum reduziert.

Was ist geschehen?

Es ist gut zwei Wochen her, da habe ich, wie viele andere Leidensgenossen auch, vom mit 25 Milliarden Euro ausgestatteten Soforthilfeprogramm des Landes NRW – NRW-Soforthilfe 2020 – Soforthilfen für Kleinstunternehmer und Soloselbständige – gelesen.

Allem sicher nicht unbegründeten Zweifel zum Trotz, habe ich den unkomplizierten Online-Antrag ausgefüllt, abgeschickt und eigentlich mit nichts gerechnet. Doch nach nur 20 Minuten war der Bewilligungsbescheid in meinem elektronischen Postfach! Und weitere drei Tage später leuchteten mich € 9.000,- von meinem Konto an – wohlgemerkt im „Haben“.

Doch schon nach einigen Gesprächen mit befreundeten Künstlern und sogenannten Soloselbständigen, verspürte nicht nur ich ein diffuses Unwohlsein, das uns seitdem nicht losgelassen und die Freude über die Zuwendung eher gegen Null gefahren hat.

Denn nun, Stand Anfang April, heißt es in einem Update des Kulturrats NRW vom 4. April: „Die ursprüngliche NRW Soforthilfe bot dafür an, dass man sich aus dem Erwirtschafteten selbst ein Gehalt zahlen kann. Das Gehalt ist die betriebliche Ausgabe und da kann das Programm beim Ausfall helfen. So konnten die nordrhein-westfälischen Künstlerinnen und Künstler hier schnelle und unbürokratische Hilfe erlangen.“

Soweit, so gut.

Doch, so der Kulturrat weiter: „Seit dem 1. April ist das vorbei. Die Bundesauflagen erkennen die von Solo-Selbständigen an sich selbst gezahlten Gehälter nicht an. Ohne die Soforthilfe des Kulturministeriums und ohne Partizipation an der „NRW Soforthilfe 2020“ sind die Künstlerinnen und Künstler nun auf die Jobcenter und die Grundsicherung angewiesen.“

Und nur am Rande sei bemerkt, dass die 9000 in der Einkommensteuererklärung 2020 als Betriebseinnahmen verbucht werden müssen.

Ich frage: Warum wird denn überhaupt unterschieden zwischen Betriebs- und Lebenshaltungskosten bei uns Künstlern und Freischaffenden?

Denn, und das kann wohl jeder Depp nachvollziehen, Künstler müssen ihren Lebensunterhalt – sei es die Miete, der halbwegs gefüllte Kühlschrank, die Energie- und KFZ-Kosten aus ihren erzielten Gagen und Honoraren decken. Woher denn sonst? Und nicht den Mitgliedsbeitrag für die KSK (Künstlersozialkasse) vergessen, oder die sonstigen Versicherungen, auch wenn Künstler in der Regel nicht dazu neigen, sich überzuversichern. Aber alles das muss eben aus den Gagen und Honoraren finanziert werden, die wir meistens mehr schlecht als recht aus unseren nun komplett weggebrochenen Auftritten und Aufträgen bestreiten müssen.

Und noch etwas, damit es nicht vergessen wird:

Mit einer Überbrückung von drei Monaten ist es leider nicht getan. Unsere Akquise für dieses Jahr wird mehrheitlich fruchtlos bleiben. Denn zum einen gibt uns derzeit kein Veranstalter eine vertraglich verlässliche Zusage für einen Auftritt oder einen künstlerischen Auftrag nach Juni, und zum anderen werden, wenn es gut geht, die ausgefallenen Termine des 1. Halbjahres im zweiten Halbjahr 20 nachgeholt.

Wohlgemerkt, wenn alles gut geht.

Also, dieses Jahr 2020 können wir freien Kleinkünstler, Autoren, Schauspieler, Musiker, Licht- und Tontechniker, Tänzer, und was da sonst noch alles so kreucht und fleucht im vielfältigen Sektor der Freischaffenden uns alle
gemeinsam gepflegt unter die Schutzmaske heften.

So sieht es aus.

Offensichtlich ein Schnellschuss der besonderen Güte, so dass man meinen könnte, er sei dem verquasten Hirn unseres allerseits geschätzten Regierungsmitglieds A. Scheuer entsprungen. Nur, der kann in diesem Fall tatsächlich nichts dafür.

Es hätte alles so einfach sein können.

Die bei der KSK gemeldeten Künstler – 188.951 an der Zahl, Stand Ende 2018 – hätten Anspruch gehabt auf den ebenfalls von der KSK ermittelten Durchschnittsverdienst in Höhe von € 1487,60 im Monat, und zwar für den Rest des Jahres. Außerdem alle, die beim Finanzamt als Freischaffende versteuert werden ebenfalls. Und Ende der Fahnenstange.

Das wäre sauber gewesen, und keiner der mit Staatsknete Bedachten hätte ein schlechtes Gewissen haben müssen, auch die nicht, die an 1487 Euro im Monat nur ganz selten herankommen.

Und weil ich davon ausgehe, dass Künstlerinnen und Künstler nicht zuvorderst in dieser Welt zu überleben versuchen, um den Staat zu bescheißen, wäre dies eine gute und beruhigende Regelung gewesen.

Doch nun sieht die Sache komplett anders aus.

Verunsicherung macht sich breit. Existenznöte wachsen statt sich zu verringern. Wie geht es weiter? Zurückzahlen? Hartz VI beantragen? Augen zu und durch?

Ob uns die durchaus sympathische Kulturstaatsministerin Monika Grütters weiterhelfen kann? Sie sagte in einem Interview in der Sendung „Leporello“ am 25. März 2020 im Bayrischen Rundfunk folgende denkwürdigen Worte: „[ein schneller Geldfluss] ist ganz dringend notwendig, weil unsere Klientel verzweifelt ist. Und aus Erfahrung wissen wir, dass Kulturschaffende zum Beispiel in Sachen Antragstellung auch ein bisschen hilflos sein können, weil sie so etwas bis jetzt so gut wie nie tun mussten. Im Hilfeschreien sind sie ungeübt. […] Wir tun alles, um das dichte Netz geistiger Tankstellen zu halten.“

Leider nur generiert Geschwindigkeit noch keine Sicherheit, wie wir alle gerade zu spüren bekommen. Und wir alle kennen andere, die im Antragstellen wesentlich skrupelloser sind als wir.

Deshalb werde ich nach reiflicher Überlegung und um unliebsamen Prüfungen durchs Finanzamt oder Rechtfertigungen vor Ämtern oder meinem Gewissen zuvorzukommen, die 9000 – zugegeben etwas wehmütig – zurückschicken.

Auf HartzIV habe ich keinen Bock, nein danke. Ich hoffe lieber darauf, dass mir der Staat meine entgangenen Gagen für dieses Jahr erstattet. Mehr will ich nicht. Und dieser Hilfeschrei geht Richtung Staat.

Chance vertan

28. Februar 2020

von Christoph Rösner

Hanau! Ein Fanal für das drohende Ende unserer derzeitig noch existierenden gesellschaftlichen Ordnung. Es wurde viel getrauert danach. Es wurde viel geredet danach. Und gemahnt wurde danach, von allen, von jedem, von uns. Das Entsetzen über die Ermordeten in Hanau war groß, war ehrlich, saß tief.

Und dann? Helau, Alaf, Hagau! Landauf, landab Weiberfastnacht, Sitzungen, Straßenkarneval, Umzüge.

Neun tote Mitbürger, kalt, krank und rassistisch hingerichtet am Tag vor dem großen Jauchzen, Saufen, Schunkeln.

Und die stillen Befürworter möglicherweise unter uns? Schunkelnd, feiernd, saufend? AfD-Wähler verkleidet als Indianer oder Chinese? Inmitten der Massen, unerkannt, lustig und untergehakt im Takt des Humbatätärä sich bewegend? Wer weiß es schon?

Ein trauernder Dom in Köln, eine gereimte Antinazi-Tirade in Mainz, ein Papphöcke in Düsseldorf. Das musste reichen. Wichtig jedes Statement. Aber mehr als Alibi? Ansonsten lautes, buntes, schrilles Karnevalieren in vielen kleinen und großen Städten. Und die Argumente gleich hintendrein. Jetzt erst Recht, das Brauchtum ist stärker als der Hass und, und, und. Und immer wieder die These vom Angriff auf uns alle.

Fragen wir doch mal, wie es wäre, wenn es tatsächlich ein Angriff auf uns alle gewesen wäre.

Fragen wir doch mal, wie wir damit umgehen, wenn man Mitglieder unserer Familie, unsere Freunde und andere wichtige Lebensmenschen gezielt mit Kopfschüssen hinrichtet.

Fragen wir!

Und geben wir uns sofort die Antwort!

Ja, dann verkleiden wir uns und gehen Karneval feiern, selbstverständlich! War doch so geplant. War doch ausgemacht. An dem Kostüm habe ich mehr als vier Monate gearbeitet. Und die Motivwagen erst! Da stecken zehn Monate Arbeit drin.

Nein? So kann man nicht argumentieren? Das ist zynisch! Ist es das wirklich?

Ist es nicht viel mehr zynisch, die Sprache der Trauer zu missbrauchen, um ohne sicht- und fühlbare Veränderung weiterzumachen, wie bisher? Was zählt mehr? Die Arbeit an einem Motivwagen oder ein Menschenleben? Oder zwei oder zehn?

Unter Johlen und Schunkeln ziehen wir die Brandmauern hoch. Rufen nach Verschärfungen. Fordern hartes Durchgreifen und ein Ende des Weiterso. Werfen Kamelle als rhetorische Blendgranaten.

Was wäre denn gewesen, hätten die Organisatoren und Karnevalskomitees voller Emphase und Verantwortungsbewusstsein für das zivile Miteinander den Karneval 2020 tatsächlich abgesagt?

Dieser Aufschrei hätte vermutlich unser ohnehin schon malträtiertes Trommelfell zum Platzen gebracht.

Oder – wäre vielleicht etwas völlig anderes geschehen? Hätte eine solche großartige, verantwortungsvolle Entscheidung in der Bevölkerung etwas ausgelöst?

Wäre es vielleicht dazu gekommen, dass Menschen das Narrenkostüm ausgezogen und sich abgewendet hätten von dem verordneten Lach- und Schunkelflash und sich hingewendet hätten zu den trauernden Hinterbliebenen in Hanau?

Und stellen wir uns noch viel mehr vor: wie wäre es gewesen, wenn in alkoholisierter Schunkellaune auf den Straßen der Republik plötzlich Menschen verharrt hätten eingedenk des Dramas in Hanau?

Plötzlich sich geweigert hätten, weiter untergehakt mit fremden Nachbarn im Wummern der Dumpfmusik sich zu bewegen. Stellen wir uns das vor! Und stellen wir uns weiter vor, dieses Verhalten hätte um sich gegriffen, und ganze Straßenzüge wären zum Stehen gekommen!

Niemand mehr hätte dem Wummern gelauscht, sondern nur seiner eigenen inneren Stimme. Wie gesagt, eine Vorstellung.

Diese Chance haben wir alle vertan.

Schlussgedanken

31. Dezember 2019

von Christoph Rösner

Was war? Was kommt? Wer weiß das schon genau? Wir meinen, zu wissen, was war. Aber war das, was wir zu wissen meinen, auch wahr? Wahr im Sinne von authentisch, nachprüfbar, falsifizierbar?

Oder war das, was wir als wahr angenommen haben, nichts als gemachte Wahrheit, von der wir glauben, dass nur sie die Ganze sein kann?

Fragen über Fragen am Ende eines Jahres, das wir so wohl noch nicht erlebt haben. Wahr ist wohl, dass sich das, was wir irgendwie überstanden zu haben glauben, sicher noch steigern lässt. Weil sich ja alles ins Unendliche steigern lässt: das Wachstum, die Renditen, die Aktiengewinne, der Profit … und eben auch der Irrsinn, die Paradoxien, die wir nur durch hektisches Nochmehr auszuhalten versuchen, weil man uns ja geschickt und allmächtig zwingt, dem Glücksversprechen hinterher zu hecheln, während sich Neofaschisten im Demokratenkostüm aufmachen, alles mühsam erlernte Wahre ins Gegenteil zu verkehren.

Wir fressen schon Eure Wahrheiten, keine Sorge. Bei unseren Luxusgütern und verdreckten Lebensmitteln funktioniert es ja schon blendend. Und auch sonst – schöne Bildchen auf Facebook oder Instagram, wunderbare Sinnsprüche für den Tag oder das Leben oder den Tod, egal, irgendeiner wird´s schon posten, dieses Gutgefühl für Sekundenbruchteile.

Dauerfeuer aus der Wohlfühlflak.

Denn Denken darf nicht ablenken vom Eigentlichen. Denken macht unabhängig. Denken kann sogar frei machen. Und wer wollte sich schon freiwillig die glitzernden Ketten des Ichwillalles abstreifen? Wir kriegen doch alles. Unsere von blödbunt verkleideten Boten auf die Couch geknallten matschig-weichen Pizzen oder Fleischspieße oder fetttriefenden Schnitzel mit Sauce aus Plastikkübeln oder, oder … lauwarm serviert und drapiert auf schickem Styroporgeschirr.

Unsere Läppchen, Hemdchen, Schälchen, Höschen, billig und giftig zusammengestoppelt irgendwo JWD zum schnellen Strip für die anschließende und – bitteschön – baldige Entsorgung im Altkleidercontainer – fürs gute Gewissen.

Unseren Dekokrempel, der die Weihnachtsmärkte, Schaufenster und Köpfe überquellen lässt. Auch der muss irgendwo aus irgendwas hergestellt worden sein.

Aufstand gegen diesen Wahnsinn? Mit wem denn, bitteschön? Aufstand? Mit solchen degenerierten Deppen, die nur aufmucken, wenn der Akku ihres Handys sich nicht schnell genug aufladen lässt?

Die nicht einmal dann aufmucken, wenn kriminelle Autobauer ihnen Dreckschleudern als mobile Sauerstoffgeräte unterjubeln.

Aufstand? Mit solchen Typen?
Selten war mehr Notwendigkeit zum Aufstand als jetzt.
Und genauso selten war Aufstand machbar wie jetzt.

Dafür habt Ihr gesorgt, Ihr übelsten aller Dealer. Ihr habt uns Junkies an der Leine und lasst uns freiwillig nicht wieder los. Aber, und das muss man Euch voller Bewunderung konzedieren, Ihr habt es fertiggebracht, dass wir es lieben, an Eurer Leine zu gehen.

An Euren Fraß habt Ihr uns gewöhnt. Wir tragen am Leib, was Ihr uns darauf schneidert. Wir schenken Euch freiwillig unsere intimsten Daten. Wir amüsieren uns zu Tode in Eurer Amüsiermaschinerie. Wir schrappen mit kleinstadtgroßen Kähnen vorbei an den Elendsvierteln der Welt, vollgefressen und lallend beim Kaptain`s Dinner – die Fotos vom Luxusfraß gleich online – und ein paar Münzen für die niedlichen Negerkinderlein sind selbstverständlich inklusive.

Vielleicht sind nur noch die jungen Menschen hierzu in der Lage. Vielleicht müssen wir den Jungen vertrauen, eine bessere Welt zu bauen. Vielleicht aber müssen wir uns nur damit abfinden, dass Aussterben die beste aller Optionen wäre.

Aber bis dahin arbeiten wir uns mit der bunten Leine um den Hals für euch krumm und blöd, um danach wieder Euren Dreck fressen, Eure Lappen anziehen, Euch noch mehr Daten schenken und uns noch mehr amüsieren zu können auf immer größer werdenden Gigalinern der Meere, die pro Fahrt Berge von Dreck rauslassen – aber vegan und mit Trinkhalmen aus Bambus.

Derweil Ihr in Euern umzäunten Tempeln am Rande der Welt Euch leider nur halbtot lacht über uns, Euer Konsumvieh, das Ihr so schön, so wunderbar und so nachhaltig domestiziert habt.

Wachstum in Deutschland funktioniert immer. Die Zahlen sprechen Bände. Nie so viele SUVs, nie so viel Plastik, nie so viele Flüge, nie so viel Zuviel.

Eure Ikone all dessen regiert mit dem verlässlichen Instinkt des Kapitals und der Schamhaftigkeit einer abgehalfterten Nutte das Capitol in Washington. Weit habt Ihr es gebracht. Ihr könnt stolz auf Euch sein, Dealerpack des Mammons!

Die Zwanziger? Was soll schon werden? Wir werden weitermachen. Wir kennen nichts Anderes als immer weitermachen.

Aufstand?
Niemals!
Keine guten Aussichten also?
Nein.
Keine guten Aussichten, sorry – und – Frohes Neues Jahr!

Künstler, Kraftkerl, Kind und Freund

12. Dezember 2019

Zum Tode Peter Blinderts –
ein persönlicher Nachruf von Christoph Rösner

Foto: Privat

Gestern, am 11. Dezember, erhielt ich die traurige Nachricht vom Tod meines Freundes Peter Blindert. Telefonisch. An dem Tag, an dem ich nach langer Zeit – einige Monate mögen es gewesen sein – endlich meiner inneren Stimme gehorcht hatte, die zwei vertrauten Freunde anzurufen, um mich nach Peters und Petras Befinden zu erkundigen.

Dass ich anrief, kurz nachdem er gestorben war, wollte ich mit nichts in irgendeine Verbindung bringen, und dennoch, nach Petras Mitteilung dachte ich, mich trifft der Schlag.

Ja, wir alle wussten, wie es um Peter stand. Und wir alle wussten, dass sein Leben nun nicht mehr sehr lange währen würde. Jedoch ist es tatsächlich kaum vorstellbar, dass dieser wunderbare Mensch, dieser kreative Kraftkerl, der alles hergab und nichts einforderte, als den wir ihn alle kennen und lieben gelernt haben, plötzlich nicht mehr unter uns sein soll.

Selbstverständlich war es abzusehen, dass seine Krankheit den Sieg davontragen würde, und selbstverständlich wollten wir das alle nicht wahrhaben, auch wenn wir es insgeheim fürchteten.

Aber was nun? Mit dieser traurigen Gewissheit? Was werden wir mit uns anfangen, die wir nun nicht mehr von ihm, seiner Kunst und seinem sonnig-kindlichen Gemüt inspiriert werden?

Es war ja ein erster – wenn auch unvermeidlicher – Einschnitt, als Peter und Petra mit gemeinsamer Kraftanstrengung und der Hilfe vieler Freunde und Wegbegleiter Anfang des Jahres die Werkstatt am Bergischen Ring auflösten. Da war bereits vielen klar, dass die Ära des Künstlers Peter Blindert ihrem Ende entgegenging. Die heimtückische Krankheit war da bereits sehr weit fortgeschritten, die ihm jegliche Kraft raubte, die es Peter kaum noch ermöglichte, in seine Schatzkunstkammer hinaufzusteigen.

In diese Schatzkunstkammer, die ich mein Leben nicht vergessen werde. Denn hier habe ich ihn kennengelernt in den frühen 90ern, und hier habe ich so viele Stunden mit ihm und seiner Petra verbracht. In seinem Atelier habe ich das Staunen wiederentdeckt. Hier durfte ich Kind, Verrückter, Träumer und Anarchist sein. Durch seine Werke hat Peter mir all dies geschenkt, das unbotmäßige Schweben zwischen Beuys und Blindert, zwischen amputierten Puppenärmchen und drallen, gemalten oder collagierten Frauen.

Hier, in Peters Werkstatt, ergriff mich jedes Mal dieses unbändige und wundersame Gefühl, selbst auch anpacken, verformen, selbst auch zusammensetzen zu wollen, was nicht zusammengehört. Und Peter hätte mir ganz sicher noch sein Werkzeug in die Hand gedrückt und sich erfreut, einem „Nicht-Künstler“ beim Kunst machen zusehen zu können.

Ich wollte mich verbünden mit diesen seltsamen, zu mir sprechenden, flüsternden, singenden und zuweilen auch still brüllenden Artefakten, geboren aus dem Abfall unserer Gesellschaft.

Kein Künstleratelier im üblichen Sinne war seine „Werkstatt“. Eher mutete es an wie das chaotische Spielzimmer eines rastlosen Freigeistes, der sich als einer der wenigen verbliebenen bildenden Künstler in dieser Stadt mit dem Wesentlichen beschäftigte, das Wesentliche neu erschuf aus Unwesentlichem, Neues schöpfte aus achtlos Liegengelassenem, Weggeworfenen, dem in und an sich Überflüssigen, dass uns alle beherrscht, von dem wir alle, jeder auf seine Weise, geradezu besessen zu sein scheinen.

Wer von uns noch die Bereitschaft und die Fähigkeit besaß, sich einzulassen, wer von uns in sich noch die Lust verspürte, sich gefangen, sich an die Hand nehmen zu lassen von diesen wundersamen Materialbildern, diesen prallen Zeichnungen und Collagen, wer noch vorurteilsfrei sich Peters zuweilen durchaus merkwürdig anmutenden, doch immer sich selbst erklärenden dynamischen Skulpturen näherte, der war vor großartigen Entdeckungen nie sicher – in sich selbst nämlich.

Nun ist dies alles vorbei.

Nun erinnern die zahllosen Werke, die Skulpturen, Bilder und Collagen, die düsterer wurden in den letzten Jahren und die wir nach Hause getragen haben, an diesen einzigartigen Menschen und Freund und Künstler, dem jeder auf seine Weise seine ganz eigene Initiation in Sachen Freidenken verdankt.

Ich bin glücklich, trotz vieler, widriger Umstände in den fast drei vergangenen Dekaden immer wieder eines seiner Bilder oder eine seiner wundervoll verrückten Skulpturen und Collagen – nach den üblichen Abstottervereinbarungen – in mein jeweiliges Zuhause getragen zu haben, statt die paar Kröten für irgendwelchen Mist auszugeben.

Hier sitze ich gerade, schaue sie an, spüre ihnen nach und fühle, wie Peter mich warmherzig, vertrauensvoll, freundschaftlich und aufmunternd aus seinen Werken anlächelt. Es ist ein schönes, ein wärmendes Gefühl, das mir die Trauer über den Verlust des Freundes ein wenig, ein ganz klein wenig ertragen hilft.

Mein Co-Sprecher ist weg!

20. Juli 2019

von Christoph Rösner

Was mach ich jetzt nur?! Ich bin völlig verzweifelt. Sollte die Drohung eines weiblichen Neumitglieds tatsächlich wahr werden? „Vor dem Sommer mach ich den OV-Hohenlimburg platt …“ Diesen wunderschönen, typisch grünen Satz hatte sie kürzlich meinem – nun verlorengegangenen Co-Sprecher Martin Porck – geschenkt.

Ich erwähne den Namen der wunderbaren Frau mit Hang zu exzessivem Tierschutz und mit einem eingebauten Knopf für spontanen Tränenfluss lieber nicht, nachher heißt es wieder, ich sei böse oder agiere parteischädigend. Dass diese Dame noch vor ein paar Monaten Mitglied in einer durchgeknallten Freiheitskämpfertruppe in Hohenlimburg war, sei hier nur am Rande erwähnt.

Also, wo liegt der verrückte Köter in der heißen Pfanne? Diese Partei, ich spreche von der Grünen-Dependance in Hagen, ist nicht mehr zu schädigen.

Denn was sich hier im Laufe der Jahre angehäuft, was sich hier inzwischen widerspruchslos zutragen kann, spottet jeglicher Beschreibung.

Gut, ich gebe es zu, mein Eintritt bei Bündnis90/Die Grünen war ein mehr oder weniger zwingender Schritt, nicht weil die Partei und ihre offiziellen Vertreter bundesweit einen derart guten Ruf genießen, sondern weil ich gewittert hatte, die grüne Gesinnung könne tatsächlich gesamtgesellschaftlich greifen und politisch die nötigen Schritte einleiten und auch endlich in Hagen Fuß fassen. Zumal in der Bevölkerung die Zustimmung für meine Partei niemals zuvor solch Schwindel erregende Werte erreicht hat.

Aber jetzt kommt´s: Was ich in Hagen mit und bei den Grünen erleben durfte und darf, hat das Potenzial zum Politiktrauma. Hatte ich doch gedacht bzw. geglaubt, bei den Grünen gäbe es all das nicht, worüber in Hagen ständig lamentiert wird, Vetternwirtschaft, Filz, Machtpoker, Postenschacherei, Intrigen und, und … schlug ich nach relativ kurzer Zeit hart auf den Boden der grünen Tatsachen in Hagen auf.

Gut, ich gehöre eher zu jenen, die sich ziemlich schnell wieder berappeln, und, je nach Grad des Schocks neige ich auch eher dazu, es als Gegenmaßnahme textuell ordentlich rappeln zu lassen.

Aber ich muss zugeben, diesem Sturz auf den grünen Beton der Hagener Realität, verdanke ich doch diese oder jene Blessur – daher meine längere Schreibpause – Und nicht nur ich.

Seht nur meinen Co-Sprecher Martin Porck in Hohenlimburg. Den hat die grüne Realität in Hagen bereits dahingerafft. Aber keine Sorge, er lebt, ist guter Dinge und erzählt mir wenigstens einmal am Tag, welche positiven Effekte für ihn die schriftlich ausführlich verfasste und an alle Verantwortlichen gesendete Lossagung und die Aufgabe jeglicher Ämter bei Grüns ausgelöst haben.

Doch ich bin noch nicht soweit, auch wenn ich hier mindestens fünf bis sechs „Parteifreund*Innen“ in Amt und „Würden“ mit Namen benennen könnte, die schon unruhig auf ihren durchgesessenen Mandatsstühlchen hin- und herrutschen und es gar nicht erwarten können, dass der ungeliebte Nestbeschmutzer Rösner die Brocken schmeißt.

Nee, nee, Ihr „Liebe*Innen“, darauf müsst Ihr noch ein kleines, grünes Weilchen warten. Sorry, das kann und werde ich Euch leider nicht ersparen.

Ihr müsst schon ein Parteiausschlussverfahren gegen mich anstrengen, und Ihr wisst ja, wie schwer sowas ist. Fragt mal bei der SPD im Fall Sarazzin an … also, was kommt noch? Einiges, versprochen. Ich arbeite intensiv mit den wenigen guten und aufrechten Grünen eng zusammen, denen es nicht a priori um die eigene Karriere, das eigene lächerliche Pöstchen geht, mit jenen nämlich, die bei Problemen oder Konflikten face to face miteinander reden können, um die Geschichte aus der Welt oder gleich in den Orcus zu befördern.

Mit jenen, die nicht mit hundert wohl ausformulierten Sätzen offen zu Tage tretende Probleme und die Betroffenen in den Schlaf oder wahlweise in die Vollnarkose quatschen, um das Heikle nicht ansprechen oder klären zu müssen.

Ich fühle mich mit und bei jenen sehr wohl und dann auch sehr grün, denen das ignorant-lethargische Gehabe ihrer „Parteifreund*innen“ so auf die Eier geht wie mir.

Und, auch das soll hier aufgeschrieben werden: man kann bei Grüns tatsächlich Freund*Innen finden – allerdings nur, wenn man sehr wachsam und selektiv vorgeht.

Massiv unwohl fühle ich mich, wenn aus der grünen Ecke offen nationalistisch-reaktionäre Statements und Kommentare ins Netz gekotzt werden, gerne im Kontext der Flüchtlingsthematik, die von Jedem und Jeder ohne größeren übersetzerischen Aufwand als nur wenig verklausulierter AfD-Sprech demaskiert werden können. Wie gesagt, face to face? Fehlanzeige.

Und? Sowas wird hingenommen, ohne Konsequenzen, ohne Androhung von Disziplinarmaßnahmen. Und wollt Ihr wissen, warum? Nur ein Stichwort: reichlich fließende Parteispenden … Übrigens, alle diese Statements sind ordentlich gesammelt und archiviert, und in meiner Funktion als freier Journalist werde ich sie zur ´rechten´ …hahaha … Zeit veröffentlichen oder als Künstler entsprechend aufbereitet meinem neugierigen Publikum zu Gehör bringen.

Jetzt könnt Ihr sagen, Mensch, Rösner, wie naiv bist du denn? Politik ist ein schmutziges Geschäft. Und warum sollten die Grünen davor gefeit sein?

Und ich gebe Euch zur Antwort: ja, Ihr habt Recht, Politik ist ein schmutziges Geschäft, und täglich bleiben die wenigen Aufrechten, die sich solchen Machenschaften verweigern oder in den Weg stellen, auf der Strecke.

Aber ich frage Euch? Müssen wir das hinnehmen? Müssen wir kopfschüttelnd mit ansehen, wie die Politik, und damit wir alle in Städten wie Hagen – vom Bund oder von Europa will ich gar nicht sprechen – jeden Tag aufs Neue in die Grütze geritten werden? Müssen wir es hinnehmen, dass man mit leicht ironischem Unterton und schulterzuckend die Durchfilzung unserer Stadt zur Kenntnis nimmt und weiter sein Ding macht?

Sollen wir, die anderen in Hagen, die wirklich Grün fühlen und denken, tatsächlich akzeptieren, dass im Bund die grünen Umfragewerte durch die Decke schießen, während in Hagen bereits in den Hinterzimmern die geeigneten Koalitionen ausgekungelt werden, um einem untätigen und augenscheinlich unfähigen OB und Freund einiger Grüner – man kennt sich, man hilft sich – eine zweite Amtszeit zu sichern und dabei in Kauf nehmen, das Grün in Hagen zwischen Schottergärten und unbotmäßigen Baumfällungen so gut wie nicht vorkommt? Müssen wir all das mitmachen?

Nein, antworte ich Euch. Das müssen wir nicht.

Im Gegenteil, wir müssen uns den Allerwertesten aufreißen, damit Grün als machtvolle politische Kraft in Hagen laut auftritt und wahrgenommen wird. Der grüne Bundeshype, ja, wo finde ich den denn in Hagen? Weit und breit nix!

Aber was soll man auch erwarten, wenn sich mit ein paar Ratsmandaten zufrieden gegeben wird und man sich ansonsten in einer Allianz der Vernunft – welch ein Paradeexempel für einen gelungenen Euphemismus! – verkriechen kann.

Ihr liegt völlig richtig, wenn Ihr meint, meine Enttäuschung in diesem Text förmlich mit Händen greifen zu können.

Aber ein schöner Sinnspruch vom Marquis de Sade bewahrt mich vor Schlimmerem: „Man erlebt immer wieder Enttäuschungen, aber man lernt auch immer besser damit umzugehen.“

Und nur zur Information: Tränen habe ich wegen der Grünen bis heute noch nicht vergossen. Wird auch nicht passieren – dafür sind andere in unserem wunderbaren Kreisverband zuständig. Die können das sogar auf Knopfdruck. Toll. Ehrlich!

Ehrlich Leid tut´s mir ein bisschen für die enthusiasmierten Neumitglieder, die diesen Erguss am Beginn ihrer Mitgliedschaft über sich ergehen lassen müssen. Aber besser jetzt als zu spät und jetzt – ohne Ironie! – Herzlich willkommen! Wir werden Euch noch brauchen!…

Das lügende Klassenzimmer

31. März 2019

Oder: Setzen! Sechs! – in Sachen Solidarität

von Christoph Rösner

Grüne Fraktionssprecherin Pfefferer: „Einige sind eben gleicher.“ (Foto: Grüne)

Am 26. März brodelte es im Schulausschuss. Was war geschehen? Ein von allen Hagener Gymnasien vereinbarter Konsens, der eine solidarische Verteilung abzuweisender Schüler*innen auf alle Hagener Gymnasien beinhaltete, wurde mit einer 9 zu 7 Mehrheit gekippt – oder knapper: geltendes Recht wurde gebrochen.

Im Jahr 2000 hatte der Rat der Stadt Hagen die Zweizügigkeit für das Albrecht Dürer-Gymnasium (AD) beschlossen.

Das AD hatte, entgegen allen Absprachen, im vergangenen Jahr jedoch aggressiv an Hagener Grundschulen für sich geworben.

Ergebnis dieser schulischen Werbekampagne: 110 Anmeldungen und ein Überhang von 50. Zum Vergleich: in 2018 verzeichnete das AD mickrige 35 Anmeldungen.

Usus ist die solidarische Weiterverteilung an alle anderen Hagener Gymnasien. Das AD allerdings sah sich an diese Weisung nicht länger gebunden. Eine Extrawurst musste her. Warum auch nicht. Eine selbsternannte Elitenklitsche mit Helikopterparkplätzen, die ohne Rücksicht auf festgelegte Richtgrößen von 29 Kindern pro Klasse bis zu 35 Kinder in einen Klassenverband pfercht, braucht sich nicht an Absprachen und Gesetze zu halten. Und selbstverständlich fällt es da auch nicht ins Gewicht, wenn hier und da schon mal ein Kind mit nur eingeschränkter Gymnasialempfehlung die Pferche bevölkert.

Von dieser solidarischen Regelung hatte das AD im vergangenen Jahr durchaus noch profitiert, konnte es doch nur dank der Anmeldungsüberhänge von Fichte, THG und CRG seine Zweizügigkeit überhaupt erhalten.

Bernhard Scheideler, Leiter des AD, kann „den Zorn seiner Kollegen überhaupt nicht verstehen.“

Von seinem Zorn will Arne Hennemann, Leiter des Fichte-Gymnasiums dezidiert nicht sprechen. „Ich habe das Vorgehen im Schulausschuss beobachtet, und wir beobachten die weitere Entwicklung und die politischen Entscheidungen selbstverständlich weiter.“ Und Hennemann weiter im Telefoninterview: „Jedes abgelehnte Kind ist ein Kind zu viel. Aber wir haben den Beratungsprozess völlig transparent auf allen Ebenen gewährleistet. Bei Elternabenden, beim Tag der offenen Tür, immer konnten sich die Eltern abgelehnter Kinder auf unsere begleitende Beratung  – auch nach der Ablehnung – verlassen. Außerdem stehe ich für jeden Dialog mit der Politik und der Verwaltung zur Verfügung. Das entspricht unserem demokratischen Selbstverständnis.“

Allerdings, und hier erahnen wir die innere Haltung des auf Ruhe und Konsens bedachten Schulleiters Hennemann, „müsste das Regelwerk im Umgang untereinander dringend einer Neu-Kalibrierung unterzogen werden.“

Dies lassen wir so stehen und wenden uns einem anderen Unding in diesem Schulausschuss zu. Man muss hier tatsächlich die Frage stellen: Ist die Allianz der Vernunft am Ende?

Die zweite Frage folgt auf dem Fuße? Ja und?

Jeder weiß, dass man mit Schulpolitik die einen auf den Baum oder wahlweise auf die Palme, die anderen in die Schmollecke treiben kann. Auf kaum einem anderen Feld als dem der Schulpolitik kann man so wunderbar polarisieren und die Leute zur Weißglut treiben.

Eine gute und eine schlechte Nachricht. Die Gute zuerst:

Grüne und SPD haben gemeinsam gegen die Aufweichung von Gesetzen und gegen die unbotmäßige Extrawurst für das AD gestimmt. Ein mehr als löbliches Verhalten, zeigt es doch, dass, wenn´s drauf ankommt, sich die Richtigen im Kampf gegen undemokratische Umtriebe zusammenfinden.

Nicole Pfefferer, Fraktionssprecherin der Grünen im Rat hierzu sehr treffend: „Statt mit anderen Schulen das gleiche Verteilungsverfahren zu praktizieren, von dem man noch im Vorjahr selbst profitierte, wird jetzt mit lautstarker Lobbyarbeit eine Zügigkeitserweiterung durchgedrückt. Begründet wird dies mit dem Elternwillen, der beim AD offensichtlich wichtiger ist als bei anderen Schulen in Hagen: Denn für die 30 Kinder, die das Fichte-Gymnasium aktuell abweisen muss, kommt niemand auf die Idee, mehr Plätze einzurichten.“

Und jetzt die schlechte(n) Nachricht(en): Wegen Befangenheit hätte sich das Ausschussmitglied mit Stimmrecht für die Linken, Ursula Bartscher, vertreten lassen sollen, da sie selbst ein Kind auf dem AD hat – das Wohlwollen ist hier schon arg begrenzt. Aber dass die CDU, die putzig kleine FDP, Hagen Aktiv und Bürger für Hohenlimburg/Piraten (noch putziger) inzwischen dankend hinnehmen, dass sich die AfD als Mehrheitsbeschafferin anwanzen darf, ist schlicht erschütternd.

Dass Antragstellerin Katja Graf, Mitglied der putzigen Liberalen, selbst langjährige Elternpflegschaftsvorsitzende am AD war, sei hier nur am Rande erwähnt.

In jedem Fall hat die Entscheidung im Schulausschuss am Dienstag zu einigen Verwerfungen geführt, wie Michael Pütz, Leiter des Christian-Rohlfs-Gymnasiums und Sprecher der Hagener Gymnasien der Westfalenpost sagte: „Ein Anmeldeverfahren sollte in geordneten Bahnen verlaufen. Die Ausnahmegenehmigung für das AD führt dagegen zu Verwerfungen.“

Auch Nicole Pfefferer ist erbost:“ Es ist zu hoffen, dass die Aufsichtsbehörde in Arnsberg dieser Willkür des örtlichen Schulträgers rasch einen Riegel vorschiebt.“

Und sie gibt weiterhin zu bedenken: „Ganz zu schweigen von den über 100 Elternpaaren, die ihr Kind nicht an einer der drei Gesamtschulen anmelden können. Deren Elternwillen spielt seit Jahren nicht die geringste Rolle für die politischen Entscheidungsträger, die jetzt aber dem Albrecht-Dürer-Gymnasium bereitwillig eine Sonderlocke drehen. Einige sind eben gleicher.“

Aber noch ist nicht aller Tage Abend. Der Beschluss des Schulausschusses Hagen in Sachen dritte Eingangsklasse am AD ist nicht bindend. Der Rat muss am 4. April entscheiden.

Und hier könnte Historisches passieren. Nehmen wir an, die öffentliche Diskussion hätte bis dahin bei dem einen oder der anderen derart heftige Bauchschmerzen ausgelöst, dass er oder sie das Abstimmungsverhalten ändert, dann könnte es geschehen, dass in der Abstimmung ein Patt zustande käme. Was dann? Dann, ja dann könnte unser aller OB von seinem Recht Gebrauch machen, die Entscheidung mit seiner Stimme herbeizuführen, und er könnte, so er denn sich der Brisanz der Lage bewusst wäre, seine Stimme gegen derlei schamlose Klientelpolitik erheben und dem Recht wieder zu Rang und Geltung verhelfen.

Um es mit Arne Hennemann zu sagen – wir beobachten weiter, und wir erinnern uns der Forderung der Grünen zur Einrichtung einer vierten Gesamtschule in Hagen. Die Gebäude in Hohenlimburg sind vorhanden, und der Elternwille ist stark … ach bevor ich´s vergesse: für alle, die das nicht wissen: an der Gesamtschule kann man Abitur machen.

Kakistokratie – die Herrschaft der Schlechtesten

18. März 2019

Oder: Auch unter den Dilettanten gibt es große Könner

Für 450.000 Euro soll die Entlüftung im Restaurant „Novy’s“ saniert werden

Von Christoph Rösner

Was ist ein Bistro? Laut Duden ein „kleines, meist einfacheres Lokal, in dem auch kleinere Speisen angeboten werden.“

Heutzutage firmieren unter dieser Bezeichnung alle möglichen gastronomischen Etablissements. Von der Gourmet-Frittenschmiede mit Sitzplätzen, über diverse abgerockte Läden mit Tütensuppen und Plastikburgern im Portfolio bis zur Edelhäppchenbleibe für einsam Streunende.

Ein Bistro kam im März 2008 im Vermietungsangebot der Stadt vermutlich nicht in Frage.

Zwar spricht die Stadt zu Beginn von einem zu planenden Bistrobetrieb, um kurz später von einem (in Klammern) „integrierten Gastronomiebetrieb (Restaurant)“ zu schwärmen: Zitat:“ Der Gastronomiebetrieb muss in seiner Konzeption und Betriebsführung der kulturellen Bedeutung des Emil Schumacher-Museums gerecht werden.“

Und das auf immerhin 217 Quadratmetern ohne Außengastronomie.

Nun betreiben Tamara und Thomas Bielefeld das Novy`s inzwischen 10 Jahre nachweislich als Restaurant und haben gerade ihren Vertrag um weitere fünf Jahre verlängert.

Doch plötzlich wird die rechtmäßige Führung als Restaurantbetrieb in Frage gestellt, weil die Entlüftungsanlage nur für ein Bistro ausgelegt sei und ein Brandschutz-Upgrade auf eine restauranttypische Entlüftungsmaschinerie € 450.000 kosten soll.

SPD-Ratsherr Werner König fragt gezielt nach und fühlt sich aufs Übelste hintergangen. „[…] dass man eher zufällig von der Summe erfährt, ist ein Skandal“, und weiter König „…man muss die Frage nach den Verantwortlichen stellen.“

Machen wir.

War es nicht Thomas Grothe als verantwortlicher Baudezernent, der die Genehmigung erteilt hat und der heute sagt: „Die Anlage reicht für die gastronomischen Anforderungen nicht aus.“

War König nicht schon damals in derselben Partei wie Grothe?

Sprechen Ratsherr und Dezernent nicht miteinander?

Und, warum überhaupt fragt König plötzlich, am 21. Februar 2019, im Rat der Stadt gezielt nach?

Hier beginnt – zugegeben – die Spekulation.

Sind die Bielefelds irgendjemandem heftig auf die Füße getreten?

Sind hier vielleicht Leute am Werk, die einem erfolgreichen Gastronomiepaar daher diesen oder jenen Entlüftungsknüppel zwischen die Beine werfen wollen?

Oder ist es einfach nur der bereits beginnende Wahlkampf, der solche Blüten treibt?

Die Sanierungsarbeiten sollen zügig vonstattengehen, wird großspurig verkündet, ein Küchencontainer in der Prentzelstraße soll einen reibungslosen Küchenbetrieb gewährleisten.

Was in Hagen `zügig` bedeutet, können wir nur ahnen – zudem geht unser aller Bau- und Genehmigungs-Grothe davon aus, „dass wir dieses Budget halten.“

Allerdings, so Grothe, „handelt es sich um eine erste Schätzung[…] …“ Heiße Herdplatten scheinen ihn geradezu magisch anzuziehen …

Wir hingegen lächeln weise, runden großzügig auf eine halbe Million auf, und stellen die einzig legitime Frage in diesen Zusammenhang:

Habt Ihr sie noch alle?

Leichtfertig setzt Ihr die Existenz des gastronomischen Aushängeschildes des Kunstquartiers aufs Spiel, gleichzeitig können Eltern keine Kita-Plätze bekommen – oder – wahlweise bezahlen, fallen in unseren Schulen der Putz von der Decke und die Pissoirs von den Wänden, auf der Hestert verschleudert ihr Geld für Sonderparkplätze für durchgeknallte Helikoptereltern und wisst nicht, welchen Gastro-Betrieb Ihr im Kunstquartier genehmigt habt?

10 Jahre läuft der Laden, für alle sicht- und schmeckbar – als Restaurant, und jetzt das?

Und noch etwas: Was wird Architekt Marek Lindemann sagen, wenn er erfährt, dass an seinem Gebäude Veränderungen vorgenommen werden sollen. Architekten können mitunter sehr sensibel auf solche Frickeleien reagieren. Wir denken an die Stadthalle …

Und sage keiner, wenn die 4-monatige Sanierungsphase um weitere vier Monate überschritten worden sein wird, das wäre nicht vorauszusehen gewesen. Denn wie wir alle wissen, stehen Firmen augenblicklich auf der Matte, sobald die Ausschreibung – bis Ende April – rausgegangen ist.

Wir hingegen gehen realistisch davon aus, dass die angedachte 4-monatige Sanierungsphase locker gerissen wird.

Und wir gehen weiter davon aus, dass die 500.000 € bei Weitem nicht reichen werden, nach dem, was uns in der Vergangenheit schon an Planungs- und Finanzierungsdestastern präsentiert wurde.

Und deshalb prophezeien wir, mit Arroganz und Zähneklappern aus demselben Maul werdet Ihr dann – wieder einmal – Euer erneutes Versagen schönreden.

Aber so funktioniert halt die Kakistokratie – die Herrschaft der Schlechtesten.

Sex mit Bob Dylan und der Feuerwehr

25. November 2018

von Christoph Rösner

Was haben zwei so unterschiedliche Gebäude wie eine Kirche und ein Feuerwehrgerätehaus gemeinsam? Auf den ersten Blick nichts. Aber: Beide stehen in Hagen.

Und jetzt wird´s interessant.

Einschränkend muss konstatiert werden, dass das eine, die Johannis-Kirche, bereits als ältestes Gotteshaus an ihrem Platz steht. Gott sei Dank! (Man stelle sich vor, es müsste erst ein Bauantrag …) Das andere, das Feuerwehrgerätehaus in Halden, würde gerne stehen, darf aber nicht.

Ich will es mal so sagen: wir Älteren wissen, was es bedeutet, wenn etwas gerne stehen würde aber nicht darf oder kann. Ich denke, dieses Phänomen ist auch in Kantoreikreisen nicht ganz unbekannt.

Und deshalb hat nun am 24. November Roland Pröll, seines Zeichens neuer Chorleiter für sakrale Kirchenmusik, kraftvoll und mit Stütze stimmlich unterstützt von seinem Chorleiter Klaus Beermann, radikal klargestellt, dass Popmusik nicht in die Kirche gehört, denn, Zitat: „ … beim Pop gehe es um Sex.“ Wow!

Und deshalb, so der Vorkämpfer der reinen Hagener Kirchenlehre weiter im selben Artikel der WP vom 24.11.: „ …gehören Bob-Dylan-Songs nicht in die Kirche.“

Basta!

Nur mal für jene sexfreien Kirchenkreise zur Aufklärung oder zur Erhellung: Einer von Bob Dylans größten Songs lautet NICHT: Fuckin´on heavens floor …, er lautet: Knockin´on heavens door … in dem eine Strophe übersetzt soviel bedeutet wie:

Mama, leg meine Waffen auf den Boden
Ich kann mit ihnen nicht mehr schießen
Diese lange schwarze Wolke kommt herunter,
Ich fühle mich als klopfe ich an die Himmelspforte.

(Mama, put my guns in the ground
I can’t shoot them anymore
That long black cloud is comin‘ down
I feel I’m knockin‘ on Heaven’s door)

Jetzt kann es ja passieren, dass das Wort „Himmelspforte“ bei dem einen oder anderen Kantor oder Chorleiter unerlaubt sündige Assoziationen freisetzt – meinetwegen, geschenkt – aber dem Helden unserer Jugend und Literaturnobelpreisträger Dylan nun ein Hausverbot in der Johanniskirche zu erteilen, geht mir schlicht zu weit.

Auch wenn Roland Pröll „ … ein ganz anderes Verständnis von kirchlicher Musik hat“, das man ihm lassen sollte, muss er die Kirche doch im Dorf lassen!

Und wenn er überzeugt davon ist, „ … mit gottesdienstlichem Singen könne man den Glauben stärken“, soll ihm niemand seine Überzeugung nehmen.

Aber übertreiben sollte er seine sittenstrenge Haltung auch nicht. „Mit Popmusik geht das nicht, die führt sogar weg vom Glauben.“ Hat er gesagt.

Gut, dass man in Hagen wegen jedem Bauantrag – ob mit oder ohne popmusikalische Begleitung – den Glauben verlieren kann, ist ja hinlänglich bekannt. Aber wegen Pop-Musik derart aus der Zeit zu fallen wie der gute Sangeslehrer Pröll, ist schon ein wenig verhaltensauffällig.

Denn das Kürzel Pop kommt von populär und nicht von poppen. Hätten wir das jetzt geklärt?

Oder gehören die Herren Pröll und Beermann auch zu jenen Deutschen, die meinen, Erotik komme von erröten? Hoffe ich doch nicht.

Apropos erröten: Wenden wir uns bereits genanntem Feuerwehrgerätehaus in Halden zu.

Es darf nicht nur nicht stehen, es darf – vorerst –  nicht mal aufgerichtet, bzw errichtet werden. Warum nicht? Weil es der auch für die Feuerwehr zuständige Rechtsdezernent und unser Leib- und Magenbeigeordneter Thomas Huyeng versemmelt hat. Natürlich stellt er sich blitzschnell vor seine Beamten in der Stadtverwaltung und verbreitet die offizielle Sprachregelung: „Es sei ein Fehler in der Verwaltung passiert. Für das seit vielen Jahren geplante Objekt liege noch kein Bauantrag vor. Ich habe das eben erst erfahren, aber unter diesen Umständen ist es besser, Spatenstich und Grundsteinlegung zu verschieben. Ich kann nur sagen, dass es mir sehr leid tut.“ (Quelle: WP 24.11.18)

Da stehen Spaten bereit, eine Kupferhülse für den Grundstein samt Dokumenten, Geldmünzen und der Tageszeitung, 100 Feuerwehrleute freuen sich auf die Grundsteinlegung, und dann tut es Huyeng leid? Eigentlich kann man das nicht kommentieren. Eigentlich muss man das so stehen lassen.

Außer, man findet eine passende Zeile aus einem anderen, weltberühmten Sexpop-Song:

Deep in my heart I do believe: We shall overcome some day.

Gegenwind besser als Flaute

18. November 2018

von Christoph Rösner

Endlich durften sich die Fraktionen bzw. ihre Vorsitzenden mal wieder so richtig echauffieren. Die böse „Verbotspartei“ hatte wieder fürchterlich zugeschlagen.

Wollten sie dem gebeutelten Häuslebauer doch tatsächlich vorschreiben, wie er seinen Vorgarten zu gestalten hat!

Irrsinn! Panik! Meins! Meins! Meins! Es lebe die Freiheit!

Leider – und so sieht derweil die noch eher altbackene Öffentlichkeitsarbeit der Grünen in Hagen aus – leider relativierten sie augenblicklich ihre angemessene, richtige und überfällige Forderung, weil ihnen augenblicklich ein kraftvoller Gegenwind parteiübergreifender Empörung ins Gesicht blies. Dies solle nur für Neubauten gelten.

„In erster Linie war es ja auch unser Ziel, eine Diskussion anzustoßen“, ließ sich der Vorsitzende des Umweltausschusses, der Alt-Grüne Hans-Georg Panzer in der WP zitieren. Subtext: ´Tschuldigung, war ja nicht so gemeint.´

Doch merke: Wenn alle ihr Wortegebläse anwerfen, ist Wegducken die Falscheste aller Reaktionen!

Diese Wegducken lässt sich sicherlich damit erklären, dass die Grünen in Hagen selbstbewusstes Auftreten und radikales Vertreten ihrer ureigenen Themen in den vergangenen Allianz-Jahren ein wenig verlernt haben … Dass ihnen aber exakt diese Tugenden im Bund inzwischen Traumzahlen in Wahlergebnissen und Umfragen bescheren, scheint irgendwie in die Hagener Diaspora noch nicht vorgedrungen zu sein. Aber sei´s drum, noch ist nicht aller Hoffnung Abend …

Ergo: Genau hinschauen und ruhig abkupfern, wenn andere etwas absolut richtig machen.

Herrlich konsequent dagegen die Reaktionen der anderen Fraktionen.

Stephan Ramrath, Fraktionschef der CDU, hält es „für zu hoch gegriffen, den Bürgern vorzuschreiben, wie sie ihren Garten zu gestalten haben.“ Und kreativ und in hohem Maße gesetzestreu schlägt er eine CDU-typische Lösung vor, man könne doch Bebauungsplänen den Hinweis, dass Steingärten ohnehin nicht im Sinne der Landesbauordnung seien, beifügen.

Als schlagender Beweis für Ramraths ausgewiesene Expertise hierzu nur Paragraph 9 aus der Bauordnung für das Land Nordrhein-Westfalen – Landesbauordnung (BauO NRW)

§ 9 Nicht überbaute Flächen, Spielflächen, Geländeoberflächen

(1) Die nicht überbauten Flächen der bebauten Grundstücke sind wasseraufnahmefähig zu belassen oder herzustellen, zu begrünen, zu bepflanzen und so zu unterhalten, soweit sie nicht für eine andere zulässige Verwendung benötigt werden. Werden diese Flächen als Zugänge, Zufahrten, Flächen für die Feuerwehr (§ 5), Stellplätze, Abstellplätze, Lagerplätze oder als Arbeitsfläche benötigt, so kann auch deren Wasseraufnahmefähigkeit, Begrünung und Bepflanzung verlangt werden, soweit es Art und Größe dieser Anlagen zulassen. Ist eine Begrünung oder Bepflanzung der Grundstücke nicht oder nur sehr eingeschränkt möglich, so sind die baulichen Anlagen zu begrünen, soweit ihre Bauweise und Gestaltung es zulassen und die Maßnahme für die Bauherrin oder den Bauherrn wirtschaftlich zumutbar ist.

Ist das nicht niedlich? Ramrath schreibt ein Zettelchen und fügt es § 9 als kleinen, nicht wirklich verbindlichen Hinweis bei. So geht konsequente Politik!

Die SPD – ach ja, die SPD – die mischt natürlich auch mit und begründet ihr Nein zum Grünen-Vorstoß, der „ohne Not in das Eigentum und die Privatsphäre der Bürger eingreife.“ Richtig, liebe SPD, Not kennt nur Ihr. Die Natur, die Insekten und schlussendlich wir alle kennen diese Not natürlich nicht.

Und Josef Bücker von Hagen Aktiv präferiert einen Artenschutzexperten für Hagen. Was der wohl sagen würde, wenn er durch unsere Stadt flaniert … ´diese Steingärten, nein, überall diese abstoßenden Steingärten …`

Der gute Linke Ingo Hentschel salutiert:“ „Für mich ist das, was die Grünen da vorhaben, nicht nachvollziehbar. Wir haben mündige Bürger, die wissen, was sie tun.“ Das glaubt der tatsächlich …

Wie immer, schießt Claus Thielmann von der winzigen FDP-Fraktion den Vogel ab. „Wo kommen wir hin, wenn das Umweltamt beurteilt, was schön oder zeitgemäß ist?“

Wo wir da hinkämen, möchte ich Euch Gebläsebetreibern gerne mit auf den Schotterweg geben. Dahin nämlich, dass man ein kraftvolles Signal setzen könnte. Ein Signal, dass es in der weiten Wüstenei unseres Landes eine Stadt gibt, die § 9 der Bauordnung für das Land Nordrhein-Westfalen – Landesbauordnung (BauO NRW) anwendet!

Und wir kämen sogar noch weiter. Wir könnten die permanente Beleidigung des ästhetischen Empfindens beenden – keine so schlechte Maßnahme in dieser Stadt –  könnten sogar erreichen, dass sich ganze Stadtbilder zum Besseren verändern.

Da, wo der stolze 280 PS SUV-Besitzer sich gerne seine eigene, winzige Schotterpiste baut, damit sein Umwelt vernichtendes, anachronistisches Geschoss wenigstens zuhause ein kleines bisschen Legitimation tanken kann, würden plötzlich Bienen und Insekten seinen Hochglanzpanzer umschwirren – welch eine wunderbare Vorstellung!

Lasst die mündigen Bürger*Innen ruhig aufjaulen, das legt sich wieder, zumal gerade jetzt in der Vorweihnachtszeit, sind sie doch endlich wieder damit abgelenkt, ihre hübschen Steinwüsten mit grell- bis blauweiß LED-illuminierten Plastiktannen zu bepflanzen.

Es gibt nicht so sehr viele Möglichkeiten, der Unvernunft, der Ignoranz und der grenzenlosen Gleichgültigkeit Einhalt zu gebieten. Hier gäbe es sie.

Also, frisches Grün ins Grau und nicht nur bei neuem Bau!

Satire und doch wieder nicht

17. November 2018

Die Hohenlimburger Grünen setzen neue Maßstäbe

von Christoph Rösner

Bei den Hagener Grünen tut sich was. Und Hohenlimburg setzt neue Maßstäbe.

Die Wahlen zum neuen Sprecher-Team des Kreisverbandes Hagen konnte das bisherige Tandem Christa Stiller-Ludwig und Rolf L. Willaredt am Dienstag, 13. November, für sich entscheiden. Als Beisitzer wurden das Hohenlimburger Neumitglied Andrea Peuler-Kampe und Sprecher des Ortsverbands Hohenlimburg, Martin Porck, gewählt.

Hohenlimburg scheint sich als Grüner Hotspot in Hagen zu mausern. Er erfreut sich seit der Gründung im Mai dieses Jahres nicht nur einer wachsenden Zahl neuer Mitglieder, dort wurde auch ein neues Grünes Programm samt Moralkodex ersonnen, das wir hier im Wortlaut vorstellen.

Die Spatzen pfeifen es von den Dächern: Bündnis90/Die Grünen surfen im Bund bis in die Mitte der Gesellschaft hinein auf einer Welle der Sympathie, die es in dieser Form wohl so noch nicht gegeben hat.

Wenigstens in Hohenlimburg scheint man offensichtlich begriffen zu haben, dass die Zeit überreif ist, endlich auch in Hagen aufzuwachen und kreativ und nicht ohne Augenzwinkern die kommenden Kommunalwahlen in 2020 als aufgewecktes, innovatives Team mit Ideen, Satire und hohem, positivem Engagement in Angriff zu nehmen.

Not macht halt erfinderisch.

Dass solche begrüßenswerten Initiativen ausgerechnet in Hohenlimburg ausgebrütet werden, darf nicht erstaunen, ist doch gerade dieses Quartier eines der am übelsten Gebeutelten in Hagen.

Es hat den Anschein, dass die Hohenlimburger Grünen auch vor einer Selbst-Neuerfindung nicht zurückschrecken. Das lässt hoffen für das Grüne Projekt in Hohenlimburg  – und möglicherweise auch für Hagen …

Programm und Moralkodex

Programm

Die Hohenlimburger Bündnis-Grünen stellen ihr brandneues, attraktives Programm vor.

Das Krötenschlucken hat ein Ende! Ab sofort küssen wir wieder Frösche!

Allianzen, die uns knebeln und uns zur Aufgabe unserer Identität zwingen, wird es mit uns nicht mehr geben!

Wir machen Hohenlimburg grüner! Wir bringen Frisches Grün ins Grau!

  • Schutz und Unterstützung für die Hohenlimburger Haushalte.

Unser oberstes Ziel ist der Schutz und die Unterstützung der Hohenlimburger Familien. Sie bilden das Fundament unserer Stadt und genießen daher unsere ungeteilte Aufmerksamkeit.

  • Unser ganzes Können und Wissen lassen wir in die politische Arbeit für Hohenlimburg einfließen.

Aber wir können nicht alles wissen; wir können nicht alles können, was wir uns vorgenommen haben.    Daher sind wir auf die tatkräftige Unterstützung der Hohenlimburger Bevölkerung angewiesen.

Auf Rechthaberei, Arroganz oder Besserwisserei sollte dabei tunlichst verzichtet werden. Diese Tugenden beherrschen andere viel besser als wir.

  • Transparenz statt Mauscheleien und Vetternwirtschaft.

Wir versprechen, jede Form der Vetternwirtschaft oder politischer Mauscheleien vehement zu unterbinden. Transparenz ist unser oberstes Ziel – daher werden wir Mauscheleien und Vetternwirtschaft grundsätzlich und ausschließlich öffentlich betreiben.

  • Wir stehen für soziales Wohnen.

Bezahlbare Mieten und angemessener Wohnraum gehören zu den Hauptherausforderungen unserer Zeit. Auch in Hagen/Hohenlimburg. Daher werden wir in keinem Fall Fürst zu Bentheim-Tecklenburg – als ausgewiesene Koryphäe in Sachen `Soziales Wohnen` – ins Grüne Boot zu holen.

(more…)

Ich verrat Euch was…

9. September 2018

von Christoph Rösner

Es geht gerade unaufhaltsam aufwärts mit Hagen. Hagen ist Frust- Schulden- und Nazifrei? Hagen ist beliebt wie nie!

Und alles wegen der NDW, oder dem, was noch von ihr übrig ist.

Ironie aus! Tolle Ausstellung im KEO, und ein herzlicher Dank an Heike Wahnbaeck, der wir diese nostalgisch, schöne NDW-Zeitreise mit Familienzusammenführungscharakter verdanken. So sehen Leute aus, die sich hier was trau´n und schaffen. Chapeau!

Ironie schleunigst wieder an: Hagen. Popstar. Glück. Glück! Und Hagen! … „Die Alptraumstadt, in der ich lebe, da wo die Menschen sich nicht trau´n“, „mal außer der Reihe, ihre Zukunft zu bau´n.“

Schöne, alte Zeilen, als solche Breiten-Songs als Fanal für eine neue Zeit, ein anderes Leben verstanden und gemeinsam geschmettert wurden.

Wobei wir bei Erik Olaf Schulz wären.

´Wie jetzt, singt der etwa auch solche subversiven Lieder mit?´

Eher nicht, weil dann die Songzeile etwas anders lauten müsste: „Die Alptraumstadt, in der ich lebe, da wo nur wenige sich trau´n, so wie ich, ihre eigene Zukunft zu bau´n … „

Eines muss man unserem OB aber lassen, so rein ästhetisch, modisch, meine ich.

Hier macht er sich verdammt gut in dieser Stadt. Beim weißen Dinner, bei der Einweihung der NDW-Ausstellung im KEO, beim Àuftakt` im Theater – immer schick und adrett, immer picco bello, unser OB. So ganz anders als die Masse modisch Derangierter hier, die er ebenfalls zu repräsentieren hat, aber das wäre schon wieder ein völlig anderes Thema…

Da hat doch dieser Tage seine Hauspostille eine Umfrage gestartet: „Schulz macht gute Arbeit“ versus „Schulz ist kein guter OB“.

Selbstverständlich habe ich die unzähligen Kommentare unter der FB-Seite der Westfalenpost gelesen und mir ungläubig die Augen reiben müssen ob der Lobpreisungen, die aus den Kommentarspalten trieften.

Unwillkürlich fiel mir Jean Baptiste Grenouille ein, der seiner Hinrichtung nur dadurch entkam, dass er huldvoll sein einzigartiges Parfüm unter die Massen zerstäubte, die daraufhin in beseelter Trance und sexueller Enthemmung übereinander herfielen.

Ja, hat denn unser OB auch son Zeug? Verbringt er etwa seine Zeit nicht nur vor dem Spiegel sondern auch damit, dieses benebelnde, paralysierende Zeug zusammen zu mixen, um es bei seinen täglichen Gängen durchs Städtchen mit seinem Einstecktüchlein unters lustvoll lechzende Volk zu wedeln?

Oder wie soll man jene an Ehrerbietung grenzenden Kommentare deuten? „…ein Glücksfall für Hagen…“, „Das Beste seit langen, was Hagen als Oberbürgermeister hatte.“, „unser OB […] macht sie schöner und besser und erfolgreicher, unsere Stadt…“, „Er persönlich ist ein Mann mit Format und sehr intelligent. Hatte das Vergnügen ihn kennen zu lernen.“ „ Hut ab – Top Job!“ Und, und und …

Jetzt mal ehrlich: Ist der wirklich so gut? Und ich bin mal wieder der Einzige, dem das partout nicht auffallen will?

Sterbende Quartiere – gibt´s gar nicht? Feinstaubbelastung nebst drohenden Fahrverboten – Illusion? ÖPNV – Vollversorgung? Versemmelte Fristen für Förderungen- Fehlinformation? Theaterdesaster vor zwei Jahren – nicht stattgefunden? Die Unzufriedenheit zahlreicher Unternehmer in Hagen – Einbildung? Vermüllung – hat er selbst weggemacht – noch was? Kitas, Schulden, Grundstücksmauscheleien und erst die Stimmung in Hagen – grandios?

Butter bei die Fische, weil ich auch morgen früh noch lächelnd in den Spiegel schauen will: Bisher hat als einzige Partei die Ja! – die FDP – öffentlich bekundet, dass sie Schulz im Kommunalwahlkampf unterstützen will. Ich bezweifle, dass sämtliche FB-Kommentatoren FDP-Anhänger sind, und dieses Häuflein repräsentiert wohl nicht irgendeine Mehrheit in Hagen.

CDU? SPD? Fehlanzeige.

Die CDU versucht gerade, Aufmerksamkeit auf sich zu lenken, indem sie sich mit der großen Frage beschäftigt, wie ein „Hagener Präventionsrat“ installiert werden könnte.

Und die SPD, dieser miese, kleine Intrigantenclub? Der schickt sich gerade an, jeglichen Rest von Menschlichkeit und Solidarität über Bord zu werfen. Beinharte Bübchen diktieren ihrem Schreiberling Martin Weiske das Vorgehen in Sachen Mark Krippner und „Unterwanderung“ in die verschrumpelte Feder und entblöden sich öffentlich, ihren Genossen aus Hohenlimburg mit Hilfe der Staatsanwaltschaft aufs Übelste in die Knie zwingen zu wollen, nur um den eigenen, verrotteten, postengeilen Arsch zu retten.

Und die Grünen? Nichts Genaues weiß man noch nicht  – klare Positionierung jedenfalls weit und breit nicht zu erkennen. Aber das kommt noch … weil irgendwas immer kommt.

Gemunkelt wird allerdings Folgendes: Aber PSSST! Nicht weitersagen! … ein altgedientes Schlachtross – seines Zeichens Eselliebhaber – soll sich bereitmachen, die Wahlkampfshow zu rocken, vermutlich im Schulterschluss mit der CDU, die ohnehin nur noch unter „Sonstiges“ firmiert.

Große Koalition also, die soll´s wuppen in Hagen. Mit Dietmar vorne weg! Herrlich!

Und Erik Olaf, der elegante Verräter? Vielleicht erinnert sich ja noch jemand, dass Erik O. Schulz es war, der für die Kandidatur zum OB-Posten seine langjährige Mitgliedschaft bei den Spezialdemokraten aufgekündigt hat, um sich von CDU, FDP und Grünen inthronisieren zu lassen.

Verräter sind in der SPD ganz schlecht angesehen, und ganz besonders bei Werner König, der zwar selbst schon mal Kollegin Nesrin Öcal nach einer Zwischenbemerkung mit dem Satz „Halt Dein Maul!“ maßregelt aber ansonsten doch eher als graue Eminenz Hof hält und die Strippen seiner Bübchen in seinen starken Händen hält. Solche Leute vergessen niemals. Schon gar nicht VERRAT!

Außer, Erik Olaf würde reuevoll und rechtzeitig zum Kommunalwahlkampf aus der kalten Parteilosigkeit seinen persönlichen Gang nach Canossa antreten, und die Eminenz um Verzeihung bitten, wiedereintreten ins warme Nest…. um dann gemeinsam – zur Verhinderung des Alten – sich erneut aufstellen zu lassen – bei DEM Sympathietsunami sicher eine sichere Bank.

Alles nur Hirngespinste? Wir werden sehen.

Auf jeden Fall, und damit wären wir wieder bei der Umfrage der WP, ich habe mir mein Urteil gebildet – aber ich verrat´s Euch nicht.

Eine überfällige Richtigstellung

13. Juni 2018

von Christoph Rösner

Ja Leute! Ist es denn wirklich so schwer, genau hinzuschauen oder mal ein Impressum zu lesen?

`Was will er denn jetzt schon wieder? `

Ich sag´s Euch. Ich möchte einfürallemal aufräumen. Und zwar mit diesem Durcheinander, die Urheberschaft und die Arbeit des Doppelwacholders betreffend.

Hierzu der Kommentar von Jürgen Schäfer:

Jürgen Schäfer Says:
9. Juni 2018 um 18:50 | Antwort

Sehr geehrter Herr Rössner,

vielen Dank für Ihre aufmerksam-kritische Sichtung des Zeitungsartikels. Sie haben es auf den Punkt gebracht: Wir wollten die Bebelstraße positiv in die Schlagzeilen bringen, damit deutlich wird, dass es dort mit der KiTa eben auch munteres Leben gibt. Ein türkischer Investor saniert mittlerweile die leergezogenen Häuser, so dass in einem halben Jahr dort neue Mieter kommen werden.

So froh wir über den Wegzug der rumänischen Familien sind, so wenig sehen wir einen Anlass, dies zu feiern. Unser Motto – das die Eltern ausgewählt haben, lautete ja: „Auf geht’s“. Also Zukunft in den Blick nehmen, die Vergangenheit brauchen wir nicht mehr in den Blick zu nehmen.

Von daher noch mal Dank für Ihre Kommentare im DW.

Mit freundlichen Grüßen

Jürgen Schäfer

Selbstverständlich habe ich Herrn Schäfer geantwortet:

Christoph Rösner Says:
11. Juni 2018 um 15:20 | Antwort

Lieber Herr Schäfer. Die „Ehre“ und Ihr Dank gehören nicht mir, sondern Winfried Symanzik. Er ist der Verfasser und aufmerksam-kritischer Sichter des Artikels. Im Übrigen ist WS – so das Kürzel unter dem Titel – der unentwegte, fleißige, aufmerksame und vor allem hauptverantwortliche für den Doppelwacholder. Ich trage nur ab und zu und in unregelmäßigen Intervallen zum Gelingen des DW bei. Trotzdem herzlichen Dank für den Dank. Ihr Christoph Rösner

Und : […] Hansimäuschen Says:
11. Juni 2018 um 20:14 | Antwort

„Ich habe zwar keinerlei Kenntnisse bezgl. Hintergründen, Begleitumständen etc. beim DW […] es aber so, wie es Herr Rösner erklärt, vermutet. Jedenfalls dürfte es sich um eine Sauarbeit handeln, die Respekt verdient.“

Richtig ist, dass die tägliche Pflege dieser Website https://doppelwacholder.wordpress.com tatsächlich eine ordentliche „Sauarbeit“ ist.

Richtig ist, dass laut Impressum gemäß § 10 Absatz 3 MDStV folgende Autoren inhaltlich verantwortlich zeichnen:

Jörg Oberwahrenbrock (jo), Winfried Symanzik (ws), Christoph Rösner (chroesner). Presserechtlich verantwortlich für Gastbeiträge ist der jeweils genannte Autor (Anschrift wie oben).

Warum nun diese detaillierte Auf- bzw Richtigstellung?

Weil es nötig ist! Weil ich nicht dauernd in der Wahrnehmung unserer Leserinnen und Leser, die täglich mehr werden, als Macher des DW gelten und als solcher angesprochen werden will. Ich werde gerne gelobt, ja, und ich respektiere Kritik, selbstverständlich, aber dauernd mit fremden Lorbeeren rumlaufen, nervt.

Ja, ich haue vielleicht drei oder vier Glossen – pro Jahr! – raus, mit denen ich gerne, gewollt und völlig absichtlich bestimmten Leuten in HA auf die Füße trete, mehr aber auch nicht.

Ja, und auch das ist richtig, meine Glossen verfehlen ihr Ziel in den seltensten Fällen, vielleicht weil sie so geschrieben sind, wie sie es sind, vielleicht auch, weil ich mit ihnen einen Nerv treffe bei jenen, die noch kritisch hinterfragen, was ihnen von der Einheitspresse oder der Politik täglich untergejubelt wird.

Aber ich bin nicht der DW! Die Ehre gebührt einem Mann, der wirklich tagtäglich recherchiert, liest, kritisch sichtet, schreibt und publiziert, und das alles ohne jegliche Aufwandsentschädigung. Winfried Symanzik.

Dieser Winfried Symanzik – Kürzel WS! – unter beinahe jedem Artikel zu finden! – verrichtet diese unverzichtbare Arbeit tatsächlich täglich ohne jede Bezahlung, wie im Übrigen auch die anderen Autoren.

Ja, wir sind so bescheuert!

Wir zelebrieren keine Redaktionssitzungen, bei denen wir Polizeimeldungen oder die Fotos entlaufender Hundchen sichten oder andere wichtige Themen des Tages ausbaldowern. Wir kommunizieren unregelmäßig, mehr ist auch gar nicht vonnöten, weil wir uns einig sind. Einig im Umgang mit dieser Stadt, ihrem (Rest)-Medium und den Zuständen, die diese Stadt zu dem Gebilde machen, an dem so viele Hagener und Hagenerinnen zurecht verzweifeln.

Und da der DW wirklich UNABHÄNGIG ist, erlauben wir uns die schmerzenden Spitzen, die satirischen Rempler und die sauber recherchierten Texte.

Das ist auch der Grund, warum der Doppelwacholder geliebt und respektiert und gleichzeitig gehasst wird. Geliebt und respektiert von jenen, für die wir ein kleines aber bedeutendes Sprachrohr geworden sind, gehasst bei jenen, die es verabscheuen, wenn ihre Machenschaften, ihre (politischen) Dummheiten und ihr Dilettantismus offengelegt werden. Aber gerade bei jenen hat sich der Doppelwacholder inzwischen zur Tageslektüre gemausert… wunderbar!

Einigen politischen Freunden wird es nicht entgangen sein, dass wir durchaus auch sie nicht verschonen, wenn´s Not tut …

Also: Ehre, wem Ehre gebührt. Und sie gebührt nun mal dem Gründer und Betreiber des Doppelwacholder, Winfried Symanzik, der irgendwo in Haspe zwischen roten Eseln und nie versiegenden Schnapsrinnsalen (oder-bächen) einen Großteil seines Tages damit verbringt, Euch und uns ein wenig mehr Licht ins Dunkel dieser Stadt zu bringen.

Wer liest, ist klar im Vorteil. Die Autorenschaft wird bei uns immer klar gekennzeichnet, und … WS und ich sind uns doch nicht immer einig.

Er hasst nämlich Fatzebuck, ich liebe Fatzebuck.

Dort mache ich im Kleinen und viel regelmäßiger das, was ich im Doppelwacholder unregelmäßiger und ausschweifender mache: mich einmischen, freche Kommentare absondern, Leuten auf die Füße treten – und das mit ganz viel Freude!

https://www.facebook.com/christoph.rosner.50

Ist das jetzt endlich geklärt!!?? Na, hoffe ich doch.

Ihr/Euer Christoph Rösner

Gutsherren unter sich

18. Mai 2018

von Bürger Christoph Rösner

Tja, liebe Leute, es ist mal wieder soweit. Eine neue Glosse aus der Rubrik: „Für so’n Scheiß haben wir hier keine Zeit.“

Wobei, so ganz stimmt das diesmal nicht. Denn bestimmte Leute in Hohenlimburg haben offensichtlich ganz viel Zeit, sich mit richtigem Scheiß zu beschäftigen.

Worum geht’s?

Im Gotenweg in Hohenlimburg soll ein vergrößerter LIDL-Markt entstehen. Gegen diese Pläne wehren sich die Einzelhändler – versammelt in der Werbegemeinschaft Hohenlimburg e.V. unter der Ägide einer sehr engagierten Frau, Maibritt Engelhardt.

Leider leidet diese engagierte Frau unter einem fürchterlichen Makel: sie kommt aus Bochum! Und das täglich! Muss man sich mal vorstellen – täglich von Bochum nach Hohenlimburg, nur wegen eines alteingesessenen Uhren- und Schmuckgeschäftes, das sie in der Innenstadt betreibt, das muss doch Spuren hinterlassen … sei’s drum, sie tut es trotzdem und reibt sich förmlich auf für die Belange der Hohenlimburger Einzelhändler. Und gut vernetzt und informiert ist sie auch noch!

Aber: seit kurzem hat Maibritt Engelhardt die Schnauze voll. Weswegen? Wegen LIDL? Nein. Wegen einer desaströsen Abstimmung in der Hohenlimburger Bezirksvertretung vor gut zwei Wochen. Dort haben sich die Hohenlimburger CDU, die Bürger für Hohenlimburg und Hagen Aktiv mehrheitlich für den Neubau und die Erweiterung ausgesprochen.

Dass ein aus Steuergeldern finanziertes und von den Hohenlimburger Bezirksvertretern beschlossenes Einzelhandelskonzept für Hagen existiert, welches den beiden Hohenlimburger Zentren „City“ und „Möllerstrasse“ (Elsey) Schutz gewähren und weitere Einzelhandlungsansiedlungen außerhalb dieser Zentren verhindern soll, soll hier nur am Rande Erwähnung finden.

Wer aber jetzt glaubt, „Schnauze voll“ bedeute, dass diese Zugereiste ihre Selbige jetzt auch endlich hält, der irrt gewaltig. Denn die an viele Verteiler versendete Email des Herrn Peter Leisten – seines Zeichens EHRENAMTLICHER! Fraktionssprecher der CDU in Hohenlimburg, brachte nicht nur Engelhardts Blut in Wallung.

Dieser Peter Leisten – er kann sich´s halt leisten… (kleines Wortspiel) hat sich am 12. Mai wohl vorgenommen, seine Beliebtheit in diesem entzückenden Städtchen bis ins Unermessliche zu steigern mit oben genannter Mail, in der es u.a. wie folgt heißt:

[…] … ich lasse mir von einer Bochumerin nicht sagen : „Allen anderen (CDU, BfHo und Hagen Aktiv) kaufe ich ein ernsthaftes Interesse am Fortbestand der Innenstadt nicht länger ab. Investoreninteressen sind offenbar wichtiger als historisch gewachsene Zentren und die Einhaltung bindender Konzepte zu deren Schutz.“ Die Unterstellung des Lobbyismus für Investoreninteressen ist beleidigend und grundsätzlich lass ich mich auch von keinem Bochumer über Hohenlimburger Belange belehren. Von Arnsbergern im übrigen auch nicht.“ […]

Schon erhellend, nicht? Wie solche ehrenamtlich Tätigen, aus Steuergeldern Aufwandsentschädigte sich äußern, nicht? Nicht nur arrogant, sondern auch noch falsch.

(Zur Verdeutlichung der gesamten Thematik kann unten sowohl die Mail des Herrn Leisten, als auch die kluge wie unaufgeregte Replik Maibritt Engelhardts nachgelesen werden).

Dass die Werbegemeinschaft Hohenlimburg ein eingetragener Verein ist – also Gewinne entsprechend reinvestieren muss – interessiert Peter Leisten nicht. Stattdessen behauptet er lieber das Gegenteil: Zitat:

[…] „Ich sehe uns nicht als instrumentalisierte Marionetten eines einzelnen ehemaligen Stadtteiles oder gar einer kommerziellen und gewinnorientierten Vereinigung wie etwa der Werbegemeinschaft einiger Einzelhandelsbetreiber in der Innenstadt. Wir arbeiten streng ehrenamtlich und im Interesse aller.“

Soviel ertragloses Ehrenamt wünscht Bürger sich eigentlich von seinen Politikern, aber, ach, lassen wir das … man fühlt sich halt auf der sicheren Seite mit dem Geburtsrecht und der Mehrheit in der Bezirksvertretung im Rücken. Da kann mal schon mal den Gutsherren raushängen lassen – wieso fällt mir gerade eine schwarze, verdörrte Hand ein? … Egal …

Wir konstatieren: Verraten und verkauft werden wir sowieso – nur, und das mildert die ganze Sache gottlob etwas ab – von ehrenamtlichen Funktionären, die auch einen originalen Hohenlimburger Stammbaum vorzuweisen haben. Wär´ja noch schöner! Und schlimm, wenn´s anders wäre.

Und die „Arnsberger“? Die werden diese Äußerungen des mit Lennewasser getauften Gutsherren wohl mit Freude und hoffentlich auch mit angemessenem Interesse zur Kenntnis nehmen.

Aber es gibt auch Positives zu vermelden: Nicole Pfefferer (GRÜNE) und Mark Krippner (SPD) haben gegen diesen desaströsen Beschluss gestimmt. Das lässt hoffen, nicht nur für Hohenlimburg. Denn hier scheint sich die erste Allianz der Vernunft in Hagens Geschichte zu formieren.

Ach, und noch etwas, da fällt mir gerade ein Gedicht in die Hände, das Francois Villon vor mehr als einen halben Jahrtausend gedichtet hat, ein angemessenes, wie zeitloses Gedicht, wie ich finde …

Die Ballade vom Appell Villons an das Parlament

Als man den Galgen mir hat zudiktiert,
da hab ich an den Reichstag appelliert.
Denn jedes Tier, das hier auf Erden kraucht,
hält seinen Kopf nicht zum Vergnügen still,
wenn ihm ein Bösewicht ans Leder will;
da wirst du ganz gehörig angefaucht.
Und ich, ich soll in diesem kalten
verfluchten Hundeloch die Schnauze halten?

Wär ich ein feiner Herr in Gold und Samt,
dann hätt mich kein Gericht zu der Tortur verdammt.
Ich habe oft für einen guten Witz
mich in den Dreck aufs Hinterteil gesetzt,
Doch wenn der Henker jetzt mein Fleisch zerfetzt,
mit Schrauben und mit Nadeln lang und spitz,
an Ketten, die mich in der Schwebe halten:
Soll ich da mäuschenstill die Schnauze halten?

Und hätte ich im Kopf nur Häcksel drin
und wär ich dümmer noch, als ich schon bin:
den Schädel soll man mir in Stücke haun,
wenn ich nicht mit dem letzten Atemzug
noch protestier, daß man mich grundlos schlug.
Und wenn der Henker winkt und wie ein Zaun
Soldaten ihre Eisenlanzen halten:
Soll ich da wie ein Stein die Schnauze halten?

Ihr seht: Ich habe nicht vorbeigezielt
mit meinem Wisch. Denn hätte ich verspielt,
wär schon ein Strauch aus meinem Bauch
herausgewachsen, oder Bitterlauch.
Drum soll man nie vor den Gewalten
der hohen Obrigkeit die Schnauze halten.

Auf einen neuen, schönen, erfolgreichen Tag im virulenten, lebendigen, lebensbejahenden Städtchen Hohenlimburg – und keine Angst: wir sind in allerbesten Händen!

Anhang: E-Mail von Peter Leisten und die Antwort von Maibritt Engelhardt

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„Für so’n Scheiß haben wir hier keine Zeit.“

6. April 2018

von Christoph Rösner

Es begab sich zu der Zeit, als die Ortsverbandsvorsitzende der Grünen in Hohenlimburg und Sprecherin der Grünen-Fraktion im Hagener Rat, Nicole Pfefferer, sich Ende März aufmachte, nach erfolgreichen Gesprächen mit engagierten Bürgerinnen und Bürgern in Hohenlimburg die gemeinsam erdachten und geplanten Projekte in die Tat umzusetzen.

Es war erörtert und beschlossen worden, mit Unterstützung der Grünen Hohenlimburg grüner werden zu lassen. Erste Maßnahmen waren schnell entwickelt:

– Hohenlimburg summt und brummt – für eine insektenfreundliche Stadt

– Baumscheibenpatenschaften

– ein visionärer ÖPNV mit E-Bike-Sharing, Ladestationen etc.

Tolle neue Projekte für einen dahinsiechenden Stadtteil. Und was lag näher, als dass Frau Pfefferer als Ratsfrau und Sprecherin ihrer Fraktion ihr Netzwerk und ihre Kenntnis der Gegebenheiten nutzte und Kontakt zum zuständigen Vorstandsbereich – VB 5 – für Stadtentwicklung, Bauen und Sport suchte.

Der Beigeordnete ist unser aller hochgeschätzter Baudezernent Thomas Grothe, der sich in der Vergangenheit  – wie lange hat er diese Funktion eigentlich schon inne? – durch innovative Bauvorhaben, absolut transparenten Verkauf von Grundstücken und  – wie könnte es auch anders sein – verantwortungsvollen Umgang mit Fakten und Tatsachen hervorgetan hat. Und dieser Herr Grothe hat selbstverständlich auch eine fähige Vorzimmerdame oder deren Vertretung – man weiß es nicht – an der jeder vorbei muss, der mit Herrn Grothe Wichtiges zu besprechen hat. Man könnte auch sagen: …die ihm den „Scheiß“ vom Hals hält.

Nun, auch Nicole Pfefferer musste an Frau Vorzimmerdame oder deren Vertretung – man weiß es nicht – vorbei, schaffte es aber leider nicht. Denn nachdem die Ratsfrau kurz ihr Anliegen in Sachen Baumscheibenpatenschaften geschildert hatte, entgegnete die Dame unserer Bittstellerin diesen einen, verräterischen Satz: „Für so’n Scheiß haben wie hier keine Zeit.“

Ach so, wenn Bürgerinnen, Bürger und Ratsfrauen sich um die Verschönerung ihres Stadtteils sorgen und Aktionen starten wollen, dann ist das in Ihren Augen also „Scheiß“, verehrte Frau Vorzimmerdame oder deren Vertretung?

Weil Sie es ja gewohnt sind – ganz im Sinne Ihrer Majestät Baudezernent – Grothes … Großes zu planen und zu realisieren? So was wie dämliche, naturzerstörende Baumwipfelpfade oder forensische Kliniken im Stadtwald oder – erinnert sich noch jemand? – ein dreigeschossiges Haus auf dem Vorplatz zur Johanniskirche, ist schon etwas länger her … sagen Sie mal, Verehrteste: Wer sind Sie eigentlich? Was nehmen Sie sich heraus, in dieser respektlosen Weise auf die Anfrage einer Ratsfrau zu reagieren, die im Auftrag engagierter Bürgerinnen und Bürger Informationen zu Genehmigungen etc. einholen will?

Ich will’s mal so sagen: Wundern darf uns das natürlich nicht. Wir wissen natürlich um die Abgehobenheit unserer politischen Kaste, die sich einen „Scheiß“ um die Belange ihrer Bürgerschaft kümmert.

Picknick in Weiß an der Volme, Weinfest ebenda, ja, solche wichtigen Dinge schmücken die Agenda der Abgehobenen an erster Stelle. Da wird Zeit investiert, da wird sich in Schale geworfen, da gefällt man sich und lächelt selig in die Kameras. Aber seine Arbeit zu verrichten, sich um die Belange der Bürgerschaft zu kümmern, für die man von eben jener Bürgerschaft bezahlt wird! – wird als „Scheiß“ abgetan, für die man seine wertvolle Zeit nicht vergeuden kann?

Es bleibt nur zu hoffen, dass sich die engagierten Bürgerinnen und Bürger von derlei Arroganz und Frechheit nicht entmutigen lassen und ihre berechtigte Politikerverdrossenheit in privates, bürgernahes Engagement umwandeln. Noch dem Motto: „Machen wir unseren Scheiß alleine!“

Schlussgedanken

31. Dezember 2017

von Christoph Rösner

Was war? Was kommt? Wer weiß das schon genau? Wir meinen, zu wissen, was war. Aber war das, was wir zu wissen meinen, auch wahr? Wahr im Sinne von authentisch, nachprüfbar, falsifizierbar?

Oder war das, was wir als wahr angenommen haben, nichts als gemachte Wahrheit, von der wir glauben, dass nur sie die ganze sein kann?

Fragen über Fragen am Ende eines Jahres, das wir so wohl noch nicht erlebt haben. Wahr ist wohl, dass sich das, was wir irgendwie überstanden zu haben glauben, sicher noch steigern lässt. Weil sich ja alles ins Unendliche steigern lässt: das Wachstum, die Renditen, die Aktiengewinne, der Profit … und eben auch der Irrsinn, die Paradoxien, die wir nur durch hektisches Nochmehr auszuhalten versuchen, weil man uns ja geschickt und allmächtig zwingt, dem Glücksversprechen hinterher zu hecheln, während sich Neofaschisten im bunt-schillernden Kostüm der Demokraten aufmachen, alles mühsam erlernte Wahre ins Gegenteil zu verkehren.

Von Dresden bis Washington, von Warschau bis Budapest, von Russland bis Pjöngjang werden neue Wahrheiten generiert, die wir fressen sollen. Bei unseren Luxusgütern und verdreckten Lebensmitteln funktioniert es ja schon blendend. Und auch sonst – schöne Bildchen auf Facebook oder Instagram, wunderbare Sinnsprüche für den Tag oder das Leben oder den Tod, egal, irgendeiner wird´s schon posten, dieses Gutgefühl für Sekundenbruchteile. Deshalb gibt es auch so viele davon.

Dauerfeuer aus der Wohlfühlflak.

Denn Denken darf nicht ablenken vom Eigentlichen. Denken macht unabhängig. Denken kann sogar frei machen. Und wer wollte sich schon freiwillig die glitzernden Ketten des Ichwillalles abstreifen? Wir kriegen doch alles. Unsere von blödbunt verkleideten Boten auf die Couch geknallten matschig-weichen Pizzen oder Fleischspieße oder Frühlingsrollen oder fetttriefende Schnitzel mit Sauce aus Plastikkübeln oder, oder … lauwarm serviert und drapiert auf schickem Styroporgeschirr.

Unsere Läppchen, Hemdchen, Schälchen, Höschen, billig und giftig zusammengestoppelt irgendwo JWD zum schnellen Strip für die anschließende und – bitteschön – baldige Entsorgung im Altkleidercontainer – fürs gute Gewissen.

Unseren Dekokrempel, der die Weihnachtsmärkte, Schaufenster und Köpfe überquellen lässt. Auch der muss irgendwo aus irgendwas hergestellt worden sein.

Aufstand gegen diesen Wahnsinn? Mit wem denn, bitteschön? Aufstand? Mit solchen degenerierten Pfeifen, die nur aufmucken, wenn der Akku ihres Handys sich nicht schnell genug aufladen lässt?

Die nicht einmal dann aufmucken, wenn kriminelle Autobauer ihnen Dreckschleudern als mobile Sauerstoffgeräte unterjubeln.

Aufstand? Mit solchen Typen?

Selten war mehr Notwendigkeit zum Aufstand als jetzt.

Und genauso selten war Aufstand machbar wie jetzt.

Dafür habt Ihr gesorgt, Ihr übelsten aller Dealer. Ihr habt Eure Junkies an der Leine und lasst sie nicht wieder los.

Aber, und das muss man Euch voller Bewunderung konzedieren, Ihr habt es fertiggebracht, dass sie es lieben, an Eurer Leine gehen.

An Euren Fraß habt Ihr sie gewöhnt. Sie tragen am Leib, was Ihr ihnen darauf schneidert. Sie schenken Euch freiwillig ihre intimsten Daten. Sie amüsieren sich zu Tode in Eurer Amüsiermaschinerie. Sie schrappen mit kleinstadtgroßen Kähnen vorbei an den Elendsvierteln der Welt, vollgefressen und lallend beim Kaptain`s Dinner – die Fotos vom Luxusfraß gleich online – und ein paar Münzen für die niedlichen Negerkinderlein sind selbstverständlich inklusive.

Und mit der bunten Leine um den Hals arbeiten sie sich für Euch krumm und blöd, um danach wieder Euren Dreck fressen, Eure Lappen anziehen, Euch noch mehr Daten schenken und sich noch mehr amüsieren zu können auf immer größer werdenden Gigalinern der Meere, die pro Fahrt Berge von Dreck rauslassen – aber immer gut geschminkt und mit halbmondlosen, neonlackierten Fingernägeln.

Derweil Ihr in Euern Tempeln am Rande der Welt Euch halbtot lacht – leider nur halbtot – über das Konsumvieh, das Ihr so schön, so wunderbar und so nachhaltig domestiziert habt.

Wachstum in Deutschland funktioniert auch ohne Regierung. Die Zahlen sprechen Bände. Denn wer will noch ernsthaft regiert werden von dauersondierenden Dilettanten und Wortbrechern?

Das Regiment haben längst andere übernommen. Und die Ikone all dessen regiert nun mit dem verlässlichen Instinkt des Kapitals und der Schamhaftigkeit einer abgehalfterten Nutte das Capitol in Washington. Weit habt Ihr es gebracht. Ihr könnt stolz auf Euch sein, Dealerpack des Mammons!

2018? Was soll schon werden? Ihr werdet weitermachen. Wir werden weitermachen. Aufstand? Niemals! Keine guten Aussichten also? Nein. Keine guten Aussichten, sorry – und – Frohes Neues Jahr!

Von Fallhämmern und Erlebniskiosken

28. Oktober 2017

von Christoph Rösner

Ja, es ist ganz wunderbar, dass der 3-Türme-Weg seine offizielle Wanderzulassung – sprich: Wandersiegel des Deutschen Wanderinstituts e.V. – erhalten hat.

Wunderbar ist ganz sicher, dass der 3-Türme-Weg der einzige Premium-Wanderweg in NRW ist und auch bleibt.

Noch besser wäre es gewesen, hätte man die Pflege und Erhaltung ausschließlich jenen überlassen, die sich seit Jahr und Tag damit auskennen: dem Sauerländischen Gebirgsverein – SGV – nämlich.

Aber nein, die HagenAgentur muss da jetzt auch noch drin rumfrickeln, weil sonst ja nicht viel „premium ist in Hagen und diese überflüssigste aller städtischen Firmen in der Regel mit „premium“ auch nicht wirklich in Verbindung gebracht werden darf.

Wer schon in seiner Jugend an der Hand seiner Eltern an den drei Türmen vorbei gezerrt wurde – damals noch OHNE! Tim Turmi – wird, so er dieser traumatischen Erfahrung konfrontationstherapeutisch etwas entgegen setzen will, diesen Weg heute erneut bezwingen und sich wundern, wie wenig sich verändert hat.

Heute heißt es eben ´Premiumwandern´ und nicht einfach im Wald spazieren gehen. Die Wildschweine von damals sind tot oder zu Gulasch verarbeitet, und geschnitzte „Kunst“ gab es damals auch noch nicht – wir sollten uns dringend mal über Kunst unterhalten, aber das später – und sonst? Wir hatten immer ein Messer dabei und haben dort geschnitzt, wo wir glaubten, uns verewigen zu müssen. Heute ein Schnitzmesser an der Kette – wenn das kein Symbol für unsere kaputte Zeit ist! –

Dass Kirsten Fischer – Prokuristin und Projektmanagerin der HagenAgentur ganz, ganz stolz ist, glauben wir ihr gerne, hat sie doch bis heute noch nicht wirklich was Ordentliches auf die Reihe bekommen. Doch so ein Premium-Wanderweg ist halt ein Marketing-Kracher, und Frau Fischer aus Lüdenscheid bringt jetzt Hagen marketingmäßig ganz weit nach vorne.

Gut, niemand weiß genau, woher die Kohle eigentlich kommt, mit der sie, ihre Mitstreiter und all die tollen Dinge wie Parkscheiben, Ferngläser und Wanderstempel bezahlt werden.

Die Sponsorenliste auf der nagelneuen Website https://3tuermeweg.de liest sich wie das Who is Who der heimischen Wirtschaft, und wir wollen doch nicht annehmen, dass die Firmen knauserig waren.

Eine Zwischenfrage zum Deutschen Wanderinstitut e.V.: ist dieser Verein eigentlich bestechend dämlich oder einfach nur bestechlich…? Man wird ja wohl noch fragen dürfen …

Immerhin, ein Original-Fallhammer vom Anfang des 19. Jahrhunderts als Leihgabe des Freilichtmuseums schenkt den „Kulturinteressierten nun Zeit für ein paar coole Fotos dieses Zeitzeugen eisengewerblicher Tätigkeit in der Region.“

Na, wenn das nichts ist? Aber es kommt noch besser. Lassen wir den einzigartigen Marketing-Poeten ihren freien Lauf und erfreuen uns an dieser Form der Premium-Vermarktung mit Fallbeilcharakter.

Ein Fallhammer schenkt uns also Zeit … und weiter: „Das gibt es nur im Ruhrgebiet. Mitten im wunderschönen Wald stoßen die Wanderer auf eine einzigartige Aussichtsplattform, die einer Industriebatterie nachempfunden wurde. Diese coole Inszenierung gewährt einen grandiosen Ausblick auf das Firmengebäude des alteingesessenen Hagener Unternehmens Hawker. Die Wanderer genießen den Ausblick durch das installierte Guckloch und nehmen sich Zeit, ihren Akku wieder voll aufzuladen. Und dann geht das muntere Wandern auf dem 3 Türme-WEG auch schon weiter.“

Das gibt es tatsächlich nur in Hagen. Einen grandiosen Blick aus einer Industriebatterie auf eine Batteriefirma. Klasse!

Akku aufladen ging bei uns damals irgendwie anders.

Heute ist aber auch alles so cool hier im Hagener Wald!

Coole Inszenierung, coole Fotos, coole Batterien, cooler Fallhammer – klassisch coole Ingredienzien für einen ganz coolen Waldspaziergang eben – sollte uns da etwas entgangen sein? Ist das wirklich alles ganz cool in Hagen, nur wir uncoolen Nörgler merken mal wieder nix und nässen uns ein, wenn da ein „Erlebnisort Kiosk Bismarckturm“ beinahe minnetauglich besungen wird, der „ gerne auf vorherige Anfrage für Besuchergruppen wie Schüler, Touristen und alle anderen Interessierten zu Sonderzeiten geöffnet“ wird?

„Ey, wir müssen noch beim Kiosk anrufen, bevor wir jetzt loswandern …“

Und von der dem „Mataré-Brunnen nachempfundenen Sitzecke“ – HÄ?! – mit Blick auf das mit mannshohen Gittern rundherum verrammelte Baudenkmal Bismarckturm ganz zu schweigen. Gut, man sagt, die Gitter sollen bald entfernt werden. Aber warum dann auf der offiziellen Seite dieses Bild mit Gitterzäunen veröffentlichen?

Als einziges, wirkliches Highlight kann unterwegs getrost die altehrwürdige Volkssternwarte Hagen besucht und bewundert werden. Immerhin lässt sich von hier ohne großen Aufwand weit, weit über die Grenzen dieses Premium-Elends hinwegschauen in die unendlichen Weiten des Universums auf der Suche nach intelligentem Leben, dem man beim Abwandern des 3-Türme-Premiumwanderweges wohl weiterhin nicht begegnen wird.

Intelligent statt lächerlich absurd wäre es, den Verlauf des Weges in seiner Natürlichkeit zu erhalten, ohne dämliche Batterieaussichtsnachbauplattformen, ohne Schnitzschweine, Kettenmesser und lächerlichste Marketing-Lyrik.

Gnade uns Gott, sollten Kirsten Fischer und ihre HagenAgentur eines guten Tages auf der Suche nach Beschäftigung auf die Idee kommen, sich Hagens sterbender Stadtteile anzunehmen, dann werden wir ihnen aber die geballte Hagener Stadtteillyrik entgegen schleudern und gemeinsam mit Tom Todi und den Alten vom SGV zum Marsch auf die Teppichetagen dieser Stadt blasen. Und dann wird´s richtig poetisch.

Wir werden Sie vermissen.

14. Juli 2017

von Christoph Rösner

Hagen wird schöner! Ja, wirklich, unsere wunderbare, fantastische Stadt wird noch wunderbarer und fantastischer!

Und wem haben wir das zu verdanken? Ihr kommt selber drauf – natürlich: unserem allseits geschätzten, allseits verehrten, ja geradezu geliebten Oberbürgermeister Erik O. Schulz und seinen getreuen Aktivisten!!!

`Wie jetzt?! Dreht er jetzt völlig frei? Ist er dem unwiderstehlichen Charme des OBs jetzt auch erlegen? Ja, was hat er denn? Ist er etwa ernsthaft erkrankt?`

Ich will Euch gerne sagen, was ich habe. Ich habe Zynismus in fortgeschrittenem Stadium!

Gut, das ist jetzt in HA keine so außergewöhnliche Erkrankung. Bei manchen schlägt sie auch in die heftigere Spielart Sarkasmus um. Manche leben nur mit Zynismus in Hagen. Andere überleben hier nur mit ihr.

Ist das denn heilbar?

Leider nicht.

Jedenfalls nicht, so lange hier in lockerer Manier Weinfeste, Seefeste und andere Ablenkungsevents dem abgestumpften Wahlvolk als Identität erweiternder Drogencocktail ins vernebelte Hirn gedrückt wird.

Nein, solange hier nächtens persönliche Nachrichten, eigenhändig von Mitgliedern der sogenannten höheren Kreise in die Handys Hagener Bürgerinnen und Bürger flattern, die es wagen, in sozialen Medien oder sonst wo Kritik zu äußern.

Nein, solange hier weiterhin ehrbare Hagener Unternehmer höflich aufgefordert werden, ihr Engagement im „sogenannten“ UnternehmerRat Hagen zu beenden mit dem Verweis auf fehlende Transparenz selbigen Rates und dem nicht minder freundlichen Hinweis auf mögliche Repressalien. Nein, so etwas gibt es hier nicht!

Auch keine Heilung, solange unser aller lockerer OB seine Position weiterhin in unnachahmlicher Weise dafür missbraucht, bei Einwohnerfragestunden wie zum großen Aufreger-Thema „Deerth“ ehrbaren Bürgerinnen und Bürgern das Wort zu entziehen, oder ihnen zu attestieren, dass ihnen ihre Fragen nicht zustünden etc.

Nein, solange WBH-Vorstände jetzt auch Geschäfte mit sich selbst machen dürfen, abgesegnet selbstverständlich mit einer ordentlichen Ratsmehrheit (siehe: https://doppelwacholder.wordpress.com/2017/07/09/ausser-kontrolle/ ) Ein Stadtrat kann also mir nichts, dir nichts BGB-Recht aushebeln … interessant – aber lautstark die Machenschaften des Großen Sultans anprangern … [kurzer Diskurs: ich frage mich, was sie hier wohl anstellen würden, hätten sie die Machtfülle dieses Durchgeknallten vom Bosporus…]

Und mein Zynismus wird ganz sicher nicht heilbar sein, solange hier komplette Quartiere wie z. B. Hohenlimburg weiterhin als Kollateralschaden der Hagener Zentralpolitik achselzuckend ausgeblendet werden, bis auch die letzte Lebensform ihr Dasein ausgeröchelt hat, während man sich bei schicken Festen, selbstverständlich mit Schampus und Wein, selbst feiert und diesen unverzagten Stolz – WORAUF?!?! – im strahlendweißen Dinnerjacket im Abendschimmer über der Volme erstrahlen lässt.

Und vor allem kann dieser Hagener Zynismus nicht geheilt werden, solange nicht endlich ein paar Mutige aufstehen und diese „Koalition der Vernunft“ – welch ein grausiger Euphemismus!  – mit einem klaren Statement vernünftig zur finalen Implosion bringen.

Denn eines ist in Hagen so sicher wie der Verkauf von Bauerwartungsland zu Waldpreisen: jeder, der hier lebt oder es versucht, sollte sich klar machen, dass Hagen sich seinen katastrophalen Ruf bis weit in die Republik – nein, nicht durch ehrliche Arbeit – aber doch ehrlich verdient hat.

Ziele? Visionen? Einzigartige Projekte? Zukunftsorientiertes Handeln?

Fahrradstadt Hagen?
Car-Sharing-Stadt Hagen?
ÖPNV-Vorzeigestadt Hagen?
Umweltstadt Hagen?
Meinetwegen auch Bienen- oder Insektenstadt Hagen?
Oder Sauberstadt Hagen?
Motivationsstadt Hagen?
StartUp-Stadt Hagen?
Ideenstadt Hagen?
Transparenzstadt Hagen?

Fehlanzeige. Auf der ganzen Linie.

Stattdessen?

Rührend-peinliche Imagefilmchen, sterbende, in Gleichgültigkeit versinkende Stadtteile, ein Ruf, der einem die Schamesröte ins Gesicht treibt und eine Politik, die ihre Restkräfte ausschließlich darauf verwendet, ihre grenzenlose Phantasielosigkeit, ihren unkreativen, uninspirierten lächerlichen Aktionismus als verantwortliche Arbeit zum Wohle der Stadt denen zu verkaufen, die auch sonst jeden Dreck kaufen – und alles bei einem gekühlten Pinot Grigio, versteht sich. Und als Digestif eine lustige, vollmundige  „Zukunftsschmiede“ – Pfefferspray in die Augen der letzten Sehenden.

Zynismus! Fortschreitend. Was sonst?

Heilung? Denkbar, wobei derzeit wohl eher nicht, es sei denn … es geschieht ein Wunder. Spontanheilung, sozusagen.

Dann, wenn all die ehrbaren, engagierten Bürgerinnen und Bürger mit wahrem Gemeinsinn weiterhin wühlen, sammeln, dokumentieren, notieren, abspeichern. Und zwar bis ins Kleinste alles, was hier an Absurditäten, Mauscheleien und anderen destruktiven Umtrieben uns als Realpolitik oder geschmiedete Zukunft verhökert werden soll.

Vielleicht dann, wenn diese ehrbaren Bürgerinnen und Bürger sich nie wieder das Fragen verbieten lassen von diesen … ach, lassen wir das.

Ja, es geschieht bereits in den unbekannten Räumen fern jeglicher Kontrolle und Beobachtung. Wichtige, haarsträubenden Informationen, werden gesammelt, gebündelt und vernetzt und dann gewürzt mit einer ordentlichen Portion Zorn und der krönenden Prise Widerstand – so wurden schon ganz andere marode Konstrukte zum Einsturz gebracht.

Sammeln wir alle bienenfleißig für ein Abschiedsgeschenk in Form eines Überraschungspäckchens, bündeln und schnüren wir es ordentlich, verpacken es bruchsicher und versenden es per Einschreiben mit der Aufschrift: Wir werden Sie vermissen.

Dann könnten wir das Wunder der Spontanheilung feiern und Hagen – locker – zum Wallfahrtsort ausbauen, für all die Belasteten, von Kommunalpolitik Gebeutelten und von Zynismus Dahingerafften.

Und – der Weg wäre frei für die Richtigen und Fähigen, sich an die Genesung dieser Stadt machen.

Was wird aus Hohenlimburg?

14. Mai 2017

Von Christoph Rösner

Was wird aus Hohenlimburg? Nichts Gutes, könnte man mit einiger Berechtigung antworten, wenn man sich dort so umsieht. Leerstände zuhauf, menschenleerer Innenstadtbereich und eine Internet-Einkaufskultur, die offensichtlich voll durchschlägt bei Städtchen oder Dörfern wie Hohenlimburg.

Eine an ignoranter Untätigkeit kaum zu überbietende Stadtverwaltung – und ich will hier einige städtische Mitarbeiterinnen ausdrücklich ausnehmen, die offensichtlich in der Lage sind, Genehmigungen mündlich zu erteilen, weil selbst ihnen die von anderen Ämtern auferlegte Wartezeit den Hals anschwellen lässt – dieser Stadtverwaltung, der es immer wieder mit traumwandlerischer Sicherheit gelingt, neuen Mutigen sämtliche rumliegenden Knüppel zwischen die Gründerbeine zu werfen.

Und dann diese merkwürdigen Menschen, die, reich an Lob und Wort, doch irgendwie arm an Tat, die Zustände beklagen, ohne selbst tätig zu werden. Sprich, das Einzelhandel- und Gastroangebot auch zu nutzen, zu unterstützen.

Mit Kritik scheint der Hohenlimburger – oder der Hagener an sich – schnell bei der Hand zu sein. Das spricht sich ja so flott aus, erzeugt kurzfristig einige Solidarisierung im vertrauten Nest– man ist dann nicht mehr so alleine in seinem Elend – doch wer zieht die notwendige Konsequenz? Wer gründet die neuen kleinen Geschäfte und Kneipen und Gemüseläden?

Wer fährt denn weiterhin mit seinem City-Panzer Richtung Groß-Discounter, lädt all die wunderbaren Konsumgüter in seinen weit geöffneten Kofferraum und rauscht wieder ganz schnell nach Hause? Immer nur die Anderen?

Nee, nee, das seid Ihr schon alle selbst. Ihr selbst seid es, die AUCH dazu beitragen, dass Euer geliebtes Nest zur Einöde verkommt. Jeder kann diesem Trend etwas entgegenhalten. Jeder kann einen kleinen Teil seines Geldes in die kleinen Läden tragen, um Flagge zu zeigen, ehrliche Empathie oder Solidarität zu dokumentieren. Jeder Einzelne kann sich dafür stark machen, dass wieder Leben in die Bude kommt.

Sicher, so viele schlimme Fehlentwicklungen haben diesen bedauernswerten Zustand heraufbeschworen.

Und sicher, alles fing an mit der Eingemeindung – man kann diesem dummen Akt sicher weiter hinterherheulen. Kann man machen. Oder man fügt sich in diesen – zugegeben – nicht unbedingt erstrebens- oder erhaltenswerten Zustand – wer möchte schon freiwillig von einer Stadt wie Hagen einverleibt werden? Aber es ist nicht zu ändern. Punkt. Auch wenn der Stachel der Eingemeindung bei einigen ganz tief zu sitzen scheint – nach mehr als 40 Jahren! – rausziehen, Jod drauf und nach vorne kucken! Nur so kann man etwas ändern!

Und da gibt es Möglichkeiten zuhauf: Sein Konsumverhalten, sein Solidaritätsverhalten, sein soziales Verhalten kann man ändern. Man kann Verantwortung übernehmen für seinen Heimatort, so gebeutelt er auch sein mag, oder gerade, weil er es ist.

Und man kann  – aber dazu braucht es etwas Courage – den Mund aufmachen und jenen, die untätig und ignorant Hohenlimburg als unvermeidbaren Kollateralschaden abtun, gehörig auf die Finger klopfen. Von ihnen ultimativ verlangen, sich gefälligst nicht nur für die paar Quadratmeter Innenstadt stark zu machen und Weinfeste in verdächtiger Nähe zur Teppichetage zu organisieren, sondern sich mit aller Kraft für die Reanimierung z.B Hohenlimburgs oder anderer Stadtteile einsetzen.

Doch will mir scheinen, in Wahrheit existiert nur eine echte Liebe. Nicht zu Hagen, nicht zu Hohenlimburg, sondern einzig die Liebe zum Lamento. Das hält lebendig, das ist geradezu viral. Da spürt man das Leben, da kann man mal so richtig aus sich raus und Dampf ablassen. In der Disziplin des Lamentierens sind alle irgendwie Meister ihrer Klasse. Doch das ist alles andere als meisterlich. Von Meisterschaft könnte man reden, wenn das Lamentieren nur dazu dienlich wäre, die erste Brennstufe zu zünden und diesem Grauen ein Ende zu bereiten.

Lamentieren um des Lamentierens Willen ist, als warte man am Bahnhof auf den nächsten Ausflugdampfer.

Nein, es muss sich etwas – ach, was sage ich, vieles muss sich ändern, wollen wir nicht alle irgendwann in gar nicht mehr so ferner Zeit mit tränendem Auge vorbeiflanieren an den Mahnmalen des finalen Niedergangs, um dann mit der Frage „warum haben wir das nicht aufgehalten“ dem urbanen Ruinenfeld endgültig den Rücken zu kehren.

Es braucht die harte Auseinandersetzung, dringend, es braucht ein zielorientiertes Brainstorming, das nicht in endlosen Betroffenen- oder Anwohnertreffen zerquatscht wird. Es braucht die Man-Power, der man Veränderungen zutrauen kann.

Das Erzählte reicht eben nicht. Nur das Erreichte zählt.

Sind wir denn alle tastsächlich derart lethargisch geworden, dass wir jammernd dem Niedergang zusehen, ohne ein Fingerglied, geschweige den kompletten Körper – um nicht den Arsch zu sagen – hochzukriegen? Ich will das nicht glauben. Ich will mich nicht damit abfinden. Ich will, dass wir – meinetwegen auch „denen da oben“ zeigen, was eine Harke ist. Ich will, dass wir den Beweis antreten, dass noch etwas funzt, wenn es die Richtigen anpacken. Und wenn das Resultat bedeutet, dass wir den Falschen zeigen, dass sie absolut überflüssig sind.

Aus Ruinen ein ökonomisch starkes Land machen, das konnten wir bzw unsere Vorfahren. Und wir heute? Nur noch dazu da, diese Konsum-Demokratie irgendwie am Laufen zu halten und uns ansonsten raushalten? Wirklich?

Der Schaumgeborene

27. Januar 2017

Eine kurze Bildanalyse

von Christoph Rösner

obotticelliDer Schaumgeborene mit einer allegorischen Darstellung seiner Unterstützer CDU, FDP und GRÜNE zu Füßen (Hagen aktiv gehört ja offiziell nicht dazu). Screenshot: Osthaus-Museum via Fakebook.

Zur Eröffnung der Ausstellung #Participate. MachDichKunst. im Osthaus-Museum am 21. Januar fanden sich viele Hagenerinnen und Hagener ein, um sich selbst zum Kunstwerk zu machen.

Das Junge Museum im Osthaus Museum stellt seine Ausstellung unter das Motto „Kunst zum Mitmachen“. Und viele machten mit. Unter ihnen auch unser Oberbürgermeister Erik O. Schulz.

Auch er nutzte einige der 24 interaktiven Exponate, um sich selbst zu inszenieren. Dass er sich vor den beiden Auftragskillern Jules Winnfield und Vincent Vega aus Pulp Fiction mit einer Bansky-Banane ablichten ließ, war ein durchaus witziger Einfall.

Was allerdings unseren OB geritten hat, sich als schaumgeborene Venus ins berühmte Bild von Sandro Botticelli hineinzubegeben, wird wohl sein Geheimnis bleiben.

Diesen Einfall könnte man getrost als Ausdruck kurzfristig galoppierender Hybris abtun, wenn da nicht zu Füßen unseres Volmegetauchten, drei Grazien – blond, brünett und dunkelhaarig – im auffällig knappen Cheerleaderfummel samt Winkepüschel vom Phönix Hagen Dance Team sich in Botticellis Jakobsmuschel aalten und ihn – man kennt das aus der Autowerbung – halbnackt und ihrer Haltung am Boden entsprechend – von unten nach oben anhimmelten.

Da hat der Muschelentstiegene wohl ein wenig danebengegriffen, ist doch diese Art der Bildsprache – zurecht – nicht nur in Feministinnenkreisen schon seit Längerem mehr als verpönt.

Und es darf gefragt werden, ob diese (Selbst)-Darstellung eines Oberbürgermeisters angemessen ist.

Nun wird der OB sicher entgegnen, dass ihm eine solche Assoziation völlig fremd und von ihm nicht beabsichtigt gewesen sei.

Doch wir wissen: ein Bild sagt mehr als tausend Worte, und die Psyche wählt oft verschlungene Pfade.

Und so kann es nicht verwundern, dass genau solche Assoziationen durch unser irritiertes Betrachterhirn flitzen, ob wir das wollen oder nicht.

Was sehen wir? Einen Mann im dunkelblauen Anzug, die rechte Hand in der Hosentasche, die linke hinter einem anhimmelnden Jungmädchengesicht wohl locker baumelnd. Der Mann steht aufrecht, blickt – nicht ganz selbstsicher – in Richtung Kamera, während sich zu seinen Füßen die drei Genannten räkeln und ihn mit wenig verhohlener, beinahe lüsterner Bewunderung anschauen.

Botticellis Venus symbolisiert trotz ihrer Nacktheit, nur wallend umflort von ihrem langen, roten Haar, nicht die körperliche, sondern die geistige Liebe. Und es ist gerade ihre keusche Pose, die sie für uns so anziehend macht.

Von zarter, keuscher Pose jedoch keine Spur. Hier inszeniert sich ein Amtsträger in Macherpose und Designeranzug, einzig umflort von drei blaugelben Bikiniperlen mit Winkelementen.

Hätte Erik O. Schulz sich stattdessen – beispielsweise – in Michelangelos Erschaffung des Adam begeben um sich nach der Unternehmerklatsche einige Tage zuvor eine ordentliche Portion Inspiration abzuholen, hätte man bewundernd konstatieren können: der Mann verfügt über das hohe Gut der Selbstironie, der Mann kann über sich selbst lachen, der Mann weiß, worum es geht.

Aber nein! Der Vierflüssegewaschene lässt Mädels in die Muschel kriechen!

Auch oder gerade ein ennepeumspülter Oberbürgermeister sollte sich der Macht des inszenierten Bildes bewusst sein und das Glatteis der Kunst nicht unterschätzen. Sonst kann es geschehen, dass der so Abgebildete vom Westwind Zephyr an unbekannte Gestade geblasen wird, wo die Flüsse fremd und auch alles andere abweisend und unvertraut ist.

Hurz!

Obacht auf allen Bahnen – jetzt kommen die Schamanen!

23. Januar 2017

von Christoph Rösner

Da haben doch neulich Hagener Unternehmer unseren Oberbürgermeister Erik 0 – sorry – jetzt bin ich wieder auf meiner Tastatur ausgerutscht – Erik O. Schulz öffentlich an ihren Marterpfahl geheftet und ihm und seiner Verwaltung schlimme Dinge unterstellt.

Sie seien „nicht verbindlich, orientierungslos, zerstritten, arrogant, hätten keine Ziele, seien verkrustet und behäbig.“ Und auch, dass die Stadt keinem Leitbild folge und orientierungslos in der Verfolgung ihrer Ziele sei, wurde unterstellt. Und, was noch schwerer wiegt, Mike Fiebig von der Westfalenpost berichtete genüsslich über diese Klatsche.

Selbst ernannter Häuptling dieses versprengten Hagener Unternehmerstammes ist Winfried Bahn, seines Zeichens Brillenbauer, Unternehmensberater, Geschäftsführer der Optiker Gilde Servicegesellschaft mbH und, aufgemerkt, Schamane.

Wie jetzt, werdet Ihr fragen, liebe Doppelwacholderleserinnen und – leser, ein Schamane, mitten unter uns? Und so einer liest unserem OB die Leviten? Wie kann das sein?

Ganz einfach: Dieser Winfried Bahn ist „Gesellschafter von Unternehmen in Deutschland, die sich mit dem Human- Management beschäftigen. Er ist der Gründer des Internationalen Therapeutenzentrums in Hagen-Dahl und Mitglied im Convent des Internationalen Therapeutenzentrums.“

Und er hat, ganz im Sinne seiner eigenen Visionen von einer besseren Welt, u.a. „ein spezielles Medizinrad für Einzelpersonen, Firmen, Gruppen und Organisationen entwickelt. Es können Themen behandelt werden wie zum Beispiel: Familienkonflikte, Lebensabschnittsthemen, Krankheitsbilder, Persönlichkeitsentwicklung, Vergangenheitsbewältigung, Depressionsbilder, Nutzen von Erfolgspotenzialen für Personen und komplette Unternehmensprozesse/-entwicklungen bis hin zur Unternehmenskultur und -philosophie (Aktivieren von Power und Kreativitätspotenzialen).“ [Auszug aus der Website: http://www.medizinrad.com/der-referent-winfried-bahn/]

„Durch die Arbeit mit dem Medizinrad wird versucht, alle Beteiligten ganzheitlich zu fördern.“

Nun hat der Hagener Unternehmerrat, ganzheitlich angeführt von Häuptling Bahn, unserem OB und seiner Verwaltung  – wie gesagt – ordentlich die Leviten gelesen. Dass das mal nötig war, darf in keinem Fall bestritten werden, und Unternehmer denken nun mal zuallererst an ihr Unternehmen und ihre Profite. Das ist ihre Natur.

Die Frage ist nur, wie weit sind wir in Hagen eigentlich abgestiegen, dass inzwischen irgendwelche selbsternannte Heiler und Schamanen sich erdreisten, unsere Stadt, in der wahrlich viele Räder gedreht werden müssten, nur eben keine Medizinräder, in ihre Hand zu bekommen? Denn diesen Anschein hat es, verehrte Leserinnen und Leser. Gut. Vieles muss sich hier tatsächlich ändern. Das kann niemand bestreiten. Themen? Ohne Ende.

Aber sollen wir demnächst mit Höhlenmeditation zur Wintersonnenwende, völlig verräuchert und beduselt im links- oder rechtsdrehenden Medizinrad, mit schamanistisch erweitertem Bewusstsein das Grauen in dieser Stadt grinsend und tiefenentspannt mitverfolgen und uns stattdessen in die heilenden Hände des Winfried Bahn und seiner Mitheiler begeben? Ich weiß nicht …

Nicht, dass Erik O. Schulz in seiner Zerrüttung und Hilflosigkeit noch auf die Idee kommt, sich in die uralten Praktiken der Maya einweisen zu lassen, weil er einen anderen Ausweg nicht mehr findet. Deren blöder Kalender hat auch schon nicht gefunzt! Aber vielleicht existiert ja ein spezieller Maya-Kalender nur für Hagen, in dem der Untergang für das Jahr 2020 vorausgesagt wird?

2020, na? Blitzt da was auf? Kommunalwahl …na?

Es wäre nicht das erste Mal, dass merkwürdige Gestalten mit Sendungsbewusstsein sich aufmachen, das Ruder zu übernehmen.

Das sinkende Schiff Hagen braucht stattdessen gestandene Pragmatiker wie z. B. unseren allseits geschätzten Baudezernenten Thomas Grothe. Der lässt sich nicht reinräuchern in seine Amtsgeschäfte, der produziert selbst genug Qualm, mit dem er die Gehirne seiner Hagener vernebelt. Zitat, zu lesen in der WP vom 21.1.2017 zur Kritik an hunderten unbearbeiteten Bauanträgen in seinem Amt: „Unbearbeitete Anträge gibt es bei uns überhaupt nicht. Es stimmt, dass wir uns mit den Baubescheiden im Verzug befinden. Wir versuchen jetzt, den Rückstand aufzuholen.“

So macht man praktische Politik, und wir lassen dieses Zitat bei ein paar tiefen Zügen aus der Friedenspfeife meditativ auf uns wirken bis ins Jahr 2020.

Und vielleicht besinnt sich Erik O. derweil auf seine von Bad-News, übler Stimmung und fehlgeleiteten Visionen befleckten Amtsgeschäfte und packt die Sache noch mal neu an. Mit Verve, Mut und der Bereitschaft, auf seine Kritiker zuzugehen, damit wir in 2020 nicht zur Wintersonnenwende in irgendeiner Dahler Räucherhöhle aufwachen.

Skol!

Intrigantenklatsche mit Gastroverstand

9. November 2016

von Christoph Rösner

Ja, ja, ich höre Euch schon: `und wieder einer dieser unqualifizierten und tendenziösen Texte von Rösner zum Dauerthema Theater. (Würg) Wir können es nicht mehr lesen.`

Dann lasst es! Niemand zwingt Euch, Texte zu lesen, deren Inhalt Euch nicht interessiert. So wie niemand gezwungen ist, eine blöde Partei oder die falscheste aller falschen Intendantinnen zu wählen, ein noch blöderes Fernsehprogramm anzuschauen oder mit dem Blick aufs Display vor einen Laternenmast zu knallen.

Unsere – also die Doppelwacholder-Texte – richten sich in erster Linie an jene Menschen in Hagen, die bewusst hinschauen, die ganz bewusst teilnehmen an den zum Teil grotesken und haarsträubenden Dingen, die sich hier zutragen.

Und die Anderen? Bitteschön – weiter zappen oder klicken und sich auf der Fatzebuck-Seite „Hagener Katzenkinder stehen endlich auf“ … oder so, mal so richtig reinhängen. Wer´s braucht …

Stünde diese Stadt nur wirklich endlich auf!

Ließen sich die Hagener Grünen doch endlich nicht länger am Nasenring durch die Arena des Grauens ziehen!

Würden doch endlich die Alarmsignale wahrgenommen von all jenen, denen eine vernünftige Wahrnehmung noch zuzutrauen ist – auch wenn wir hier von Zahlen im Promille-Bereich sprechen müssen – und würden am 24. November doch all jene nach ihrem Gewissen abstimmen!

Das funktioniert und befreit ungemein, glaubt es ruhig.

Viele können es ja nicht mehr sein, weil alle irgendwie mit irgendwem verbandelt sind und mit drin hängen in dieser Politjauchegrube. Und vor allem, weil die meisten, wenn nicht alle, meinen, von dem zu erwartenden Fiasko profitieren zu können.

Die einen, weil sie vielleicht hoffen, endlich ein leidiges Thema los zu sein und ein paar Kröten für anderen Schwachsinn dazu zu bekommen.

Andere, weil sie sich vielleicht noch schämen, so tief drin zu stecken und sie spüren, dass es gewaltig müffelt und dass sie ohne Hilfe da nie wieder rauskommen, diese potentielle Hilfe aber ebenso tief drinsteckt und mitmüffelt wie sie selbst.

Apropos Scham: haben unsere Berichte über Sven Söhnchens Verhalten Sven Söhnchen selbst wohl die Schamesröte aufs Gesicht gezaubert?

Oder war es doch nur Zornesröte ob seines publizierten Fehlverhaltens?

Bei der ersten Rotvariante hätten wir noch etwas Hoffnung.

Und erinnert sich Herr Söhnchen möglicherweise noch an ein Telefonat mit Urs-Michael Theus – treue DoppelwacholderleserInnen erinnern sich an das Interview vom 8. Oktober – in dem er von Theus über Dominique Caron und seine Erfahrungen mit ihr in Eutin vor der maßgeblichen Aufsichtsratssitzung aufgeklärt wurde?

Und erinnert sich Herr Söhnchen möglicherweise auch noch an seinen eigenen Schlusssatz, mit dem er das Gespräch mit Theus beendete, den wir hier – telefonisch dem Verfasser am 5.11.2016 persönlich von Urs-Michael Theus zur Veröffentlichung freigegeben – einstellen?

„Herr Theus, dieses Gespräch hat niemals stattgefunden.“

Und ist Söhnchens einstweilige Verfügung in unheiliger Allianz mit Dominique Caron gegen den heute 75-jährigen ehemaligen Generalintendanten des Nationaltheaters Mannheim und praktizierenden Rechtsanwalt, Ulrich Schwab, die lächerliche Panikreaktion eines in die Ecke getriebenen Kommunalpolitikers, der die Grenzen seiner Kompetenzen weit über das erträgliche und gebilligte Maß überschritten hat?

Und, merkt Herr Söhnchen selbst noch, was er sich und vor allem dem Theater, dessen Aufsichtsrat er vorsteht, antut oder bereits angetan hat?

Und es darf weiter gefragt werden: wird Herr Söhnchen die gebotenen Konsequenzen ziehen? Oder steht es zu vermuten, dass er sich, Seit´ an Seit´ mit den gerade sich anbiedernden Politikkumpels, egal aus welcher Partei, neue Strategien ausdenken wird, um seine Ämter zu verteidigen?

Sie könnten folgendermaßen vorgehen, verehrter Herr Söhnchen – nur ein Vorschlag, ausgebrütet von einem völlig verquasten Schreiberhirn:

Diesem komischen Theus unterstellen Sie einfach persönliche Rachegelüste gegen Caron wegen seiner Gagengeschichte in Eutin. Über diesen tüddeligen 75-jährigen Ex-Theaterrentner Schwab streuen Sie hie und da die These von einer fortgeschrittenen Altersdemenz – soll ja bei 75-Jährigen keine Seltenheit sein. Vielleicht auch mal in den eigenen Reihen nachschauen … und Menschen aus dem privaten Umfeld Carons sollten sie grundsätzlich und von Haus aus das Allerböseste unterstellen.

Na, wär das nichts? Gleich drei Fliegen mit einer Intrigantenklatsche?

Aber klar, wär das was! Und so könnte man sich doch wunderbar zukünftiger Angriffe erwehren mit Hinweis auf deren Unzurechnungsfähigkeit auf der einen und kindischem Nachtreten auf der anderen Seite.

Und raus aus dem Schneider und weitermachen wie bisher, weil die dumpfe Hagener Mehrheit ja sowieso nichts mitbekommt? Kann man alles tun.

Man könnte sich aber auch mit Gastroverstand auf seine Arbeit als Gastronomie-Sachverständiger konzentrieren und versuchen, sich hier ehrliche Meriten zu verdienen. Nur so als Tipp. http://www.gastroverstand.de/impressum.htm

In der Türkei säßen Leute wie wir vom Doppelwacholder längst im Knast, aber hier ist eben – Gott sei Dank – nicht Türkei, und deshalb schreiben Leute wie wir solange gegen Euer unerträgliches Gebaren an, bis vielleicht der eine oder die andere die blöden Katzenbildchen wegklickt, von seinem oder ihrem Display aufblickt und mutig der Realität ins Auge schaut.

Aber Achtung! Das kann fürchterlich ins Selbige gehen.

Ach, übrigens, ich wollte immer schon mal am Ende einer Glosse einen klassischen Mafia-Satz raushauen. Heute passt er. „Liebe Leserin, lieber Leser, diese Glosse hat niemals stattgefunden.“

Lasst das Theater mit diesen Leuten nicht alleine!

5. November 2016

von Christoph Rösner

Wenn ich Karikaturist wäre, würde ich unser aller Sven Söhnchen als freundliche, unrasierte Kugel mit Künstlerschal zeichnen. Bin ich aber nicht, und so muss seine Beschreibung über das geschriebene Wort in Euren Köpfen lebendig werden.

Nun haben sich, sagen wir, eher unschöne Dinge um den Kulturausschussvorsitzenden und Aufsichtsratsvorsitzenden des Theaters ergeben, die wohl nach unvermeidlichen Konsequenzen schreien.

Wichtige Informationen über die Intendanten-Aspirantin hat er zurückgehalten und somit die Entscheidungsfindung wissentlich manipuliert. Und die längst wegen eklatanter und belegter Unfähigkeit in die Tonne gekloppte Bewerbung Dominique Carons hat er mit einer an Genialität nicht zu überbietenden Begründung wieder hervor gekramt „Lieber eine schlechte, als gar keine Intendantin.“ (Zitat Schutzschrift Ulrich Schwab)

Dass ehemalige Generalintendanten, Generalmusikdirektoren, Regisseure, Dirigenten und Anwälte aus der gesamten Republik sich bemüßigt fühlten, sich persönlich nach Hagen zu begeben und heftigste Warnungen auszusprechen, schien und scheint die Findungskommission und den parteipolitischen Teil des Aufsichtsrates nicht zu kratzen. Im Gegenteil: vermutlich suhlen sie sich in der seltenen Erfahrung, als erfolglose, verantwortliche Politikfiguren einer im Desaster versinkenden Stadt von derart geballter Kompetenz angesprochen und bekniet zu werden, ihre Entscheidung zu überdenken und zu revidieren.

Aber, und das kennt man hier nur allzu gut, das schlichte Gemüt wertet diese kompetenten Einlassungen natürlich mal wieder als unbotmäßige Einmischung von außen, pflegt lieber seine kindische Renitenz und stimmt jetzt aber erst Recht und mit Schmackes für die falscheste aller Lösungen. Und das parteiübergreifend.

Die Konsequenzen aus diesem Fehlverhalten – ob bewusst oder unbewusst in Kauf genommen, wollen wir mal dahin gestellt sein lassen – sind allerdings gravierend.

Und hier ziehen wir gerne den von Caron und Söhnchen mit einer Einstweiligen Verfügung belegten ehemaligen Generalintendanten des Nationaltheaters Mannheim, Ulrich Schwab, zu Rate, der eine 14-seitige Schutzschrift gegen die Einstweilige Verfügung Caron/Söhnchen verfasst hat. Übrigens: Ulrich Schwab war vier Jahre Dominique Carons Vorgesetzter in Mannheim.

Und damit Euer Glossenschreiber hier nicht alles selbst umformulieren muss, die drei wichtigsten Konsequenzen im Originalwortlaut:

„[…]Zumindest drei Konsequenzen aus diesem von Ratsherrn Söhnchen zu verantwortenden schweren Versäumnis sind für das Theater – und den Kämmerer ! – irreparabel:

2.1  In der Spielzeit 2017/2018 also bis Ende August 2018 kann in den Monaten Januar – August 2018 entgegen der derzeitigen Planung aus dem Bereich Künstlerbudget ein anteiliger 2/3 Einsparbeitrag von geplant insgesamt mindestens 500 T€ , also  333 T€ auf die lt. bindendem Ratsbeschluss in 2018 zu erbringenden 1,5 Mio nicht mehr erwirtschaftet werden.

Es sei denn in Vollstreckung des Ratsbeschlusses müssen im verbleibenden Rumpfjahr 2018 (September bis Dezember) nicht „nur“ 166 T€ sondern die ganzen 500 T€ eingespart werden, was zu einem Kollaps des künstlerischen Betriebs und damit zum möglicherweise zum vom Rat der Stadt insgeheim angestrebten schnellen Ende des Theaters führen würde.

2.2  Ein neuer Intendant bzw. eine neue Intendantin kann sich für ihre erste Spielzeit kein eigenes auf den Intendanten zugeschnittenes Team zusammenstellen, weil alle Positionen besetzt sind. Und das betrifft nicht nur den auf der „Spar-Strichliste“ aufgeführten Personenkreis (Orchester, Chor, Tänzer usw) sondern insbesondere das Leitungsteam, also den gesamten Stab der dem Intendanten künstlerisch zur Seite stehenden Mitarbeiter wie Pers. Referenten, Disponenten, Dramaturgen, Assistenten, Regisseure, Kapellmeister, Repetitoren usw.

2.3   Dies  hat weiter zur Folge, dass auch alle anderen dem Intendanten faktisch jetzt aufgezwungenen “alten“ Mitarbeiter nach menschlichem Ermessen –  mit einem nachgeholten Kündigungsschreiben der neuen Intendantin in der Tasche – ganz sicher nicht den Einsatz und die Motivation aufbringen können, die für Theaterarbeit – immer, und erst recht für einen Neuaufbruch – unverzichtbar sind.

Obwohl diese dargestellten Konsequenzen allein der Antragsteller und AR-Vorsitzende Söhnchen zu vertreten hat, spielt das mangelnde Durchsetzungsvermögen der Antragstellerin (Caron Anm. d. Verf.) – deshalb werden die fatalen Folgen hier so detailliert dargelegt – zum Schaden des Theaters eine entscheidende Rolle:

Während nämlich für einen außenstehenden ‚Nicht-Theatermann‘ wie Herrn Söhnchen diese komplexen Zusammenhänge, wenn überhaupt, nur sehr schwer zu durchschauen waren, hätte zumindest Frau Caron, die seit dem 26. September aufgrund des Votums der Findungskommission wusste, dass sie voraussichtlich ab der Spielzeit 17/18  für das Theater die volle Verantwortung übernehmen müsse, ihren zukünftigen ja mehrheitlich ahnungslosen Aufsichtsrat noch einmal warnen und ihn ganz einfach nicht in die Herbstferien entlassen dürfen, bevor nicht  die  – wie dargelegt  – erforderlichen Beschlüsse gefasst waren.“

Was sagt uns das? Entweder war es – wie so häufig – grassierende Inkompetenz, die diese üble Bredouille heraufbeschworen hat oder unerträgliche Ignoranz, oder, wie immer wieder gerne in Hagen, eine grausige Mischung aus Beidem.

Sowohl das Eine, als auch das Andere machte eigentlich einen Rücktritt unserer freundlichen Kugel mit dem Künstlerschal unvermeidbar, wenn – ja wenn da nicht diese kindische Renitenz wäre, die ihn und andere ganz sicher davon abhalten wird, vielleicht zum ersten Mal in ihrer politischen Laufbahn etwas Bemerkenswertes zu tun. Oder um es mit einem Söhnchen-Zitat in abgewandelter Form zu sagen: „Lieber keinen AR-Vorsitzenden als einen schlechten.“

Noch ein Auszug aus Ulrich Schwabs Schutzschrift:

„Denn für einen kompetenten AR-Vorsitzenden hätte es ja nun wirklich kein unlösbares Problem sein dürfen, angesichts der beschriebenen Dringlichkeit auch ganz kurzfristig gem. § 14 (3), 2. Satz des Gesellschaftervertrags eine beschlussfähige außerordentliche Aufsichtsratssitzung (z.B. zur Not in einer  Nachtsitzung) zusammenzutrommeln; zumal außer den fünf  Arbeitnehmervertretern, die ja nicht in Ferien waren, zur Beschlussfähigkeit nur weitere drei AR-Mitglieder erforderlich gewesen wären. Vom Antragsgegner (Schwab Anm. d. Verf.) darauf angesprochen, hielt der AR-Vorsitzende eine solche Flexibilität der Hagener Verwaltung jedoch kategorisch für nicht vorstellbar.“

Zitatende! Mehr entlarvende Wahrheit – und die von einem Außenstehenden – geht wohl tatsächlich nicht.

Vorerst … noch ein letzter erhellender Auszug aus der uns vorliegenden Schutzschrift des Generalintendanten des Nationaltheaters Mannheim a.D. und Anwalt mit Schwerpunkt Bühnenrecht.

Dominique Caron und Sven Söhnchen wollen dem Antragsgegner (Schwab Anm. d. Verf.)

„[…] untersagen, in Zusammenhang mit der Berufung der Antragstellerin zur Intendantin des Theater Hagen Einzelheiten des Berufungsverfahrens zu veröffentlichen und weiterhin kritische Äußerungen über die Antragstellerin und den Antragsteller zu verbreiten.“

Ein befreundeter Künstler mit hoher Reputation in Hagen gab vor ein paar Tagen zu bedenken, ob eine solche Schlammschlacht für unser Theater nicht eher kontraproduktiv sei und seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern nicht eher Schaden zufügen würde. Seine Bedenken sind durchaus berechtigt, lassen aber eine wichtige Frage unbeantwortet:

Darf man das Theater und seine wunderbaren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter tatsächlich in Zukunft mit solchen Leuten alleine lassen?

Nein. Das darf man nicht!

„Ideale Besetzung für eine Abwicklung“

8. Oktober 2016

Interview mit Urs-Michael Theus zur Causa Dominique Caron, der designierten Intendantin am Theater Hagen

theusEx-Eutin-Generalmusikdirektor Theus. Foto: Privat

Dominique Caron fand nicht die Unterstützung aller Mitglieder der Findungskommission, mehrere Mitglieder des Gremiums haben gegen sie votiert. Der Name Caron wurde nach Angaben von Insidern herausposaunt, weil die Herren unbedingt Vollzug melden wollten.

Urs-Michael Theus war von 2007 bis 2009 Gastdirigent bei den Eutiner Festspielen. Von 2012 bis 2015 war er dort als Generalmusikdirektor tätig, bis er seinen Vertrag mit der Festspielleitung kündigte.

Für DOPPELWACHOLDER.DE stand Theus am 4. Oktober telefonisch Rede und Antwort und erzählte, wie es zur Kündigung kam und welche Gründe ihn bewogen, seinen Vertrag zu beenden.

DW: Herr Theus, das Theater Hagen soll ab 2017 nach langer und zäher Suche eine neue Intendantin bekommen. Dominique Caron war Ihre Vorgesetzte in Eutin. Worauf können sich Mitarbeiter und Publikum unter der neuen Intendantin freuen?

Theus: Für Ihr Theater ist die Wahl von Frau Caron in mehrfacher Hinsicht ein großer Fehler – auf fachlich-künstlerischer, organisatorischer und vor allem menschlicher Ebene.

DW: Eine derart krasse Einschätzung müssen Sie uns näher erläutern. Hat sie mit den für Sie eher unerfreulichen Gagenverhandlungen in Eutin zu tun?

Theus: Die für mich tatsächlich unerfreulichen Gagenverhandlungen waren nur ein kleiner Mosaikstein in dem negativen Gesamtbild, das mich bewogen hat, Eutin als GMD den Rücken zu kehren. Nur am Rande etwas hierzu: es ist wohl nicht üblich, dass der GMD und Dirigent pro Vorstellung die Hälfte der Gage der hauptbesetzten Sängerin oder des hauptbesetzten Sängers erhält. Mehr möchte ich dazu nicht sagen. Andere Gründe wogen wesentlich schwerer.

DW: Welche Gründe waren das?

Theus: Ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll. Um es kurz zu machen: eigentlich fehlte es an allem. Es gab keine klare Organisationsstruktur. Die Kommunikation zwischen den  – naturgemäß – wenigen Ebenen eines zweimonatigen Festspielbetriebes – wurde nach anfänglich recht angenehmen Umgangsformen zunehmend – gelinde ausgedrückt – immer miserabler, bis eigentlich gar nichts mehr ging. Echte, unerlässliche Teamarbeit gleich Null.

Einer ganzjährig bezahlten Intendantin, die während der zwei Sommermonate für zwei Produktionen zuständig ist, sollte es zudem gelingen, ihre Inszenierung bis zur Generalprobe rechtzeitig über die Bühne zu bringen. Probenpläne für Solisten und Chor erschienen mir oft eher wahllos und wenig planbar angesetzt. Gedruckte Flyer mussten eingestampft werden, weil Frau Caron neue Zeiten und Premierentermine ansetzte usw.

DW: Uns liegt der offene „Abschiedsbrief“ von Astrid Cordes, Altistin und Mitglied des Extrachors vor (DW gibt ihn in Teilen im Folgenden wieder). Darin beklagt sie sich explizit über die rüden Umgangsformen vor und während der Produktionen:

„[…] Bei offiziellen Anlässen findet Frau Caron immer Worte, an denen man sich erfreuen kann, weil man sich wahrgenommen und respektiert fühlen darf. Sie spricht besser Deutsch als ich, hat einen entzückenden Humor und ist außerordentlich klug und gebildet.

Tja, und dann schnauzt sie die Leute bei den Proben auf der Bühne an (manchmal schubst sie sogar), dass die gar nicht wissen, wie ihnen geschieht. […] Ich kann einfach nicht glauben, dass ein so kultvierter Mensch nicht in der Lage sein soll, Kritik, wie berechtigt auch immer, in einer Weise zu äußern, die den anderen nicht kränkt und herabsetzt.

Das Resultat ist eine zunehmende „du-kannst-mich-mal“ Attitüde, zumal es oft vorkam, dass Dominique (Caron – Anm. d. Verf.) am Dienstag schon nicht mehr wusste, was sie am Montag gesagt hat. Das Resultat traf immer uns in Form des beschriebenen Anpfiffs, der überall und völlig unerwartet lauern konnte. Man kann niemanden auf Dauer motivieren, wenn man ihn mit so wenig Respekt behandelt. Und die, die daneben stehen, können sich notwendigerweise damit auch nicht wohlfühlen.

Bisher war es bei jeder Premiere so, dass Dominique in der Pause in die Garderobe gestürzt kam, um uns zu sagen, was wir da draußen für einen Murks abliefern – gerne auch lautstark. Sie verbreitet dadurch – sicher unbewusst – eine Stimmung wie Gift und Galle. Da kann einem die Spielfreude schon mal abhandenkommen.“

Können Sie dies bestätigen?

Theus: Ja, ich kenne den Brief, und ja, Frau Cordes beschreibt die Situation treffend.

Ich erinnere mich an eine andere, mehr als unschöne Situation. Einen koreanischen Gasttenor schnauzte Frau Caron auf offener Bühne derart an, dass der sich – entgegen aller asiatischer Zurückhaltung – gezwungen sah, ihr ein „Ich verbitte mir, weiter von Ihnen beleidigt zu werden“ entgegen zu schleudern.

Kritik ist ganz sicher ein probates und notwendiges Mittel, eine Theaterproduktion zum Erfolg zu führen, aber so etwas tut man einfach nicht. Nirgendwo.

DW: Passierte so etwas häufig?

Theus: Das war eigentlich – wenn ich darüber nachdenke – die Regel. Eine normale, auf Vertrauen und Respekt basierende Zusammenarbeit habe ich eher selten erlebt.

DW: Dies scheint auch der bulgarische Dirigent Christo Christov zu bestätigen, mit dem Sie gemeinsam in 2015 in Eutin gearbeitet haben.

In einer Email an Sie vom 27. September dieses Jahres – die DOPPELWACHOLDER.DE ebenfalls vorliegt – wählt er drastische Worte bei der Beschreibung der Zustände dort (Original-Auszug – Anm. d. Verf.):

„Eutin… es ist wirklich erstaunlich… umso sehr wir voriges Jahr in Eutin verliebt waren, um so tief und groß die Enttäuschung und das Leiden heuer war. Dabei versuche ich, mich möglichst milde auszudrücken. Organisatorisch, künstlerisch, und nicht zuletzt rein menschlich – alles war eine riesige Scheiße.“

Theus: Ich habe dem nichts hinzuzufügen.

DW: Wie erklären Sie sich dieses unstrukturierte und wohl auch wenig berechenbare Verhalten? Hat Frau Caron persönliche Probleme?

Theus: Ich habe da so meine eigene Theorie, möchte mich aber hier an wie auch immer gearteten Spekulationen nicht beteiligen.

DW: Auch mit der Geschäftsführerin Sabine Kuhnert soll die Zusammenarbeit nicht immer reibungslos funktioniert haben.

Theus: Lassen Sie es mich so ausdrücken: Hier tut sich der üble Sumpf einer Kleinstadt auf …

DW: … nicht nur in Kleinstädten, Herr Theus …

Theus: … Frau Kuhnert und ihr Mann waren mehr als 30 Jahre befreundet mit einem Mitglied der Eutiner Wirtschaftsvereinigung und Hauptsponsor der Eutiner Festspiele, ein ortsansässiger Geschäftsmann samt Gattin.

So wird man – unbeleckt von Kunst und Kultur – Geschäftsführerin eines Opern-Festspielbetriebes. Nachdem es über längere Zeit einige Differenzen gegeben hatte, sollte auch Frau Kuhnert kompromissbereit einlenken, woraufhin sie die Freundschaft beendete. Ich erinnere einen Satz von ihr in der Kantine: „Die wollen Krieg? Krieg kann ich gut.“

DW: Sie hat ihren Krieg offensichtlich gewonnen …

Theus: … ja, sie ist noch im Amt …

DW: … da bleibt ja wohl nur zu hoffen, dass Frau Kuhnert nicht Teil der Caron-Entourage wird …

Theus: … ich würde da keine Wette darauf eingehen …

DW: Lassen Sie uns zum Ende bitte noch einmal über Hagen sprechen.

Auch wenn aktuell ein wenig Ruhe an der Hagener Theaterfront eingekehrt zu sein scheint, steht die dauerhaft gute, finanzielle Ausstattung und somit die Zukunft des Hauses noch immer auf tönernen Füßen. Wir wissen, dass in Hagen auch Kräfte am Werk sind, für die das Ende des Theaters in der jetzigen Form keinen Verlust bedeuten würde.

Können Sie den Theaterleuten in Hagen zum Schluss unseres Gesprächs nicht doch noch ein wenig Hoffnung machen?

Theus: Ich fürchte nein. Vielleicht aber jenen verantwortlichen Politikern in Ihrer Stadt, die möglicherweise damit liebäugeln, das Theater abzuwickeln. Für die ist Dominique Caron allerdings die ideale Besetzung.

DW: Herr Theus, wir bedanken uns für das aufschlussreiche Gespräch.

Das Gespräch mit Urs-Michael Theus führte Christoph Rösner.

Noch vor Dienstantritt eine (erste) Unverschämtheit

30. September 2016

von Christoph Rösner

„Ich werde mich mit ganzer Kraft meiner neuen Aufgabe in Hagen widmen, das traditionsreiche Theater mit seinen erfolgreichen Inszenierungen und seinem engagierten Mitarbeiterstab in eine erfolgreiche und sichere Zukunft zu führen.“

Diese Aussage, verehrte Madame Caron, wäre Ihnen, der designierten Intendantin unseres wunderbaren Theaters, angemessen gewesen.

Stattdessen lassen Sie sich im Ostholsteiner Anzeiger vom 28. September mit dem hinreißenden Satz zitieren: „Für Eutin wird das keinen Verlust bedeuten.“

Das ist eine respektlose Unverschämtheit gegenüber dem Theater, seinem engagierten Mitarbeiterstab und seinem Publikum.

Und die Lübecker Nachrichten Online titeln am 27. September gar: „Intendantin der Eutiner Festspiele bekommt Zweitjob in Hagen“.

Einen Zweitjob also werden Sie in Hagen antreten. Gehen wir mal nicht davon aus, dass Ihr Arbeitgeber Sie dafür bei der Minijob-Zentrale anmelden wird, oder?

Ihre Zweitjob-Fantasien in allen Ehren.

Aber Sie werden doch wohl nicht wirklich annehmen, ein Haus wie das Theater Hagen mit rund 270 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, mit seiner über hundertjährigen Tradition und einer imposanten Auslastungsquote von rund 80 Prozent in Ihrem fahrenden Büro zwischen Eutin und Hagen in eine gute und vor allem sichere Zukunft führen zu können?

Aber möglich scheint ja alles, heutzutage.

So wie es ja auch möglich war, dass die Verantwortlichen für die Hagener Kultursparpolitik das Theater an den Rand des Abgrunds gedrängt haben – über dem es im Übrigen immer noch schwebt – und die so genannte Findungskommission die Suche nach einem Nachfolger für Norbert Hilchenbach zur Intendantenresterampe hat verkommen lassen.

„Wie die Organisation sich gestalten werde, sei noch offen […] 450 Kilometer – das ist heute keine Entfernung mehr. Schlecht ist das nur für meinen Tacho“, so Caron, ebenfalls in den Lübecker Nachrichten Online.

Ihr Tacho, verehrte Madame Caron, interessiert uns hier herzlich wenig. Uns interessiert hier nur, ob und wie Sie sich mit ganzer Kraft Ihrer neuen Aufgabe in Hagen widmen werden, das traditionsreiche Theater mit seinen erfolgreichen Inszenierungen und seinem engagierten Mitarbeiterstab in eine erfolgreiche und sichere Zukunft zu führen.

Es stinkt gewaltig

25. September 2016

von Christoph Rösner

Hagen beschäftigt sich wohl nur noch damit, seinen Ruf als Dilettantenstadt endgültig zu manifestieren – und zwar nachhaltig.

Nachhaltigkeit ist ein viel bemühter Begriff in diesen Tagen. Und auch unser Ob Schulz verwendet ihn gerne, wenn auch in anderem, negierenden Zusammenhang. „Selbstverständlich ist uns klar, dass eine konzertierte Aktion nicht nachhaltig für eine saubere Stadt sorgen kann“, hat er bei der PK im Rathaus verlauten lassen im Hinblick auf die nächste Putz- und Wieneraktion, diesmal in Altenhagen.

Und weil eine solche Aktion nicht nachhaltig sein kann, werden jetzt die Bewohner zur zweiten, in keinem Fall nachhaltigen Aktion „eingeladen“, sich an der Grundreinigung ihres Stadtteils zu beteiligen.

Die Erkenntnis, dass die allermeisten von Ihnen bereits ordentliches Geld über Ihre Müllgebühren an die Stadt abführen, damit diese, bzw. ihr sauberes Töchterchen HEB, ihren Stadtteil sauber hält, muss wohl irgendwo unter den Müllbergen verschütt gegangen sein. Und weil die HEB das nicht packt, werden jetzt Einladungen zum Feudeln ausgesprochen?

Warum streckt Ihr die Leerungsintervalle nicht noch mehr (wie wär´s demnächst nur noch viermal im Jahr, damit´s rechtzeitig zu den hohen Feiertagen alles hübsch ansehnlich ist?).

Warum gebt Ihr nicht sämtliche Containerstandorte einfach komplett auf, und fegt und wienert die sogenannten besseren Wohnquartiere noch häufiger wie eine Hausfrau, die nichts Besseres zu tun hat?

Dafür könnt Ihr dann ja wöchentlich Einladungen verschicken nach Altenhagen und Wehringhausen und Haspe und Eckesey! So könnt Ihr richtig Geld sparen, das Ihr bestimmt woanders versenken könnt.

Nein! Wie wär´s mit einer Armada Saugdrohnen, die dann nur noch ein qualifizierter HEB-Mitarbeiter aus seinem Gefechtsstand bedienen müsste …

Ihr habt doch wirklich nicht mehr alle Latten am Zaun!

So wie Euer derzeit größter Coup – diese fantastischen,  unterirdischen Müllgräber in der City mit ihren Edelstahlpömpeln, mit Kippenigeln dekoriert. Mag ja sein, dass an dieser Art von unsichtbarer Müllsammlung was dran ist – solange nur was reingeworfen wird.

Aber wehe, wenn das Güllegrab entleert, der ganze Schmodder mit einem Sauggerät hochgepumpt wird! Dann verweilt man besser im Eingangsbereich von Douglas, weil einem ansonsten der Verwesungsgestank derart die Birne vernebelt, dass man lieber auf einer Müllkippe shoppen gehen würde.

Hierzu etwas Grundsätzliches an alle hilflosen Verantwortlichen:

Ich kann mich tierisch aufregen über solche Zeitgenossen, die nach ihrem letzten Schnellfressstopp bei MacDoof die Verpackungsreste einfach aus dem Autofenster entsorgen.

Ich kann mich ebenfalls tierisch darüber aufregen, wenn irgendwelche Dumpfbacken, egal welcher Nationalität, meinen, ihren Sperrmüll an Straßenecken, in Hauseinfahrten oder sonst wo loswerden zu können.

Aber ich kann mich genauso tierisch aufregen, wenn Stadtplaner oder –Lenker meinen, es sei damit getan, Müllbehälter im Erdreich zu versenken oder die Bürger zum gemeinsamen nicht-nachhaltigen Großreinemachen einzuladen.

Es geht um Psychologie. Wer verinnerlicht hat, in einer vermüllten Stadt mit pathologischer Identitätskrise leben zu müssen, dem ist es völlig schnuppe, wenn das bisschen eigener Müll noch dazu kommt. So einfach ist das.

Und wenn sich zu all dem Wahnsinn noch stammelnde Mitarbeiter der HagenAgentur im WDR als absolute Deppen outen in Sachen Breitbandausbau und ernsthaft vor laufender Kamera ankündigen, jetzt aber doch ganz bald ein Consulting-Unternehmen beauftragen zu wollen, das sie bei der Beratung über die Anzapfung prall gefüllter Fördertöpfe beraten soll und dafür 50.000 Ocken raushauen wollen, weil es dafür ja Fördergelder gibt – fürs sich Beratenlassen! – dann allerdings darf den denkenden, reflektierenden Hagener Bürger – und die Bürgerin wirklich gar nichts mehr wundern.

Mein Fazit: Praktikanten an die Macht und auf nach Hohenlimburg!

Und für alle, die es noch nicht wissen: HEB bedeutet „Hagen Endet Böse.“

Noch’n Märchen: Die neue Stadt

13. August 2016

Ein Zukunftsheimatmärchen

von Christoph Rösner

Den Bewohnern jener Stadt zwischen Ruhrgebiet und Sauerland, von der hier Zeugnis abgelegt werden soll, ging es schon sehr lange sehr schlecht.

Sie waren längst müde geworden, ihre Sorgen, ihre Kritik und ihre Wünsche an ihre Heimatstadt in die verkleisterten Ohren der Offiziellen zu schreien. Vielen war die Stadt der überdimensionierten Pläne, des Realitätsverlustes und der gebetsmühlenhaften Beteuerungen auf eine bessere Zukunft kein Zuhause mehr. Die Identifizierung mit ihrer Stadt bereitete Kopfschmerzen allenthalben. Eine milliardenschwere Schuldenlast tat ihr Übriges.

Selbst die durchaus reizvolle, waldreiche Landschaft, die unsere Stadt wie sanft ansteigende Wände einer gigantischen Salatschüssel begrenzte, konnte nicht darüber hinwegtäuschen, dass sie im Laufe der Jahre des Parteienfilzes und grenzenloser Dummheit zum Hort für Dilettanten, Untergangsverwalter und eine deprimierte Bürgerschaft verkommen war.

Kunst und Kultur waren, bis auf wenige, kaum erwähnenswerte Ausnahmen, zur Marginalie verkommen. Das ehemals leuchtende Dreisparten-Theater hatte man zur profanen Spielstätte mit durchaus niedrigem Niveau degradiert, das nur unterboten wurde, wenn zur Weihnachtszeit ein abgehalftertes Helene Fischer-Double das deutsche und internationale Weihnachtsliedgut in die überfüllten Sitzreihen erbrach.

Gastronomisch galt die Stadt als Franchise-Brache. Ein Titel, der ihr immer und überall vorauseilte. Zu wenig, zu teuer, zu schlecht. Diese Attribute, die während der vergangenen fünfundzwanzig Jahre unveränderlich im Volksmund kursierten, waren derart in Stein gemeißelt, dass erfolgversprechende Neuansiedlungen so gut wie unterblieben. Das Gegenteil war der Fall: alteingesessene Unternehmen verließen das sinkende Schiff. Nur die Ratten vermehrten sich prächtig.

Der Ruf der Stadt, und nicht nur der Gastronomische, ließ weit über ihre Grenzen hinaus die Mundwinkel fallen. Kurz: in der Stadt herrschte eine merkwürdige Mischung aus veröffentlichter Aufbruchsstimmung und tiefer, verinnerlichter Resignation.

Sowohl kommunale, als auch private Verantwortliche waren allesamt ehrenwerte Menschen, denen Böswilligkeit oder andere Untugenden durchaus nicht unterstellt werden durften. Sie hatten erstaunliche Fähigkeiten in der Selbstversorgung, der Mittelverschwendung und der Stadtteilvermüllung entwickelt, nur zum Denken, Planen und kreativen Handeln waren sie nicht zu gebrauchen.

Niemand wunderte es, dass den meisten von ihnen das Mitfühlen, das Fantasieren und Mitreißen derart schwer fiel, dass sie es schon seit Jahren nicht mehr praktizierten, während alle anderen verzweifelten.

Und so setzte pünktlich zum Wochenende eine Reisewelle in die umliegenden, tatsächlich nicht schöneren, aber irgendwie attraktiveren Städte ein. Zurück blieb eine halb verwaiste Stadt, leidend an der eigenen tragischen Selbstzerfleischung bis zum nächsten Montag.

Erst eine unwirkliche, historisch einzigartige Naturkatastrophe beendete diesen bedauernswerten Zustand. Ihr verdankte die Stadt an der Vau eine neue Identität, die ihre Bürger wie ein himmlisches Geschenk in Empfang genommen hatten.

Zwar war der für 2012 von den Maya vorhergesagte Weltuntergang ausgeblieben, und auch die Menschen in unserer Stadt, denen ihre letzte diffuse Hoffnung durch das Ausbleiben genommen worden war, atmeten wieder flacher, gingen ernüchtert und enttäuscht ihren täglichen Pflichten nach.

Bis zu jenem denkwürdigen Tag im Jahr 2020, von dem hier Zeugnis abgelegt werden soll.

Im Spätsommer besagten Jahres begab es sich, dass dem Klimawandel geschuldete widrige Wetterverhältnisse und das definitiv falsche Gutachten eines Arnsberger Geologen eine innige und schöpferische Verbindung eingingen.

Eine gewittrige Regenfront, vom Deutschen Wetterdienst auf den Namen Eriko getauft, hatte ihre Attacken gegen das Land genau über unserer Stadt abgeblasen und lagerte nun unverrückbar für mehrere Wochen über den bewaldeten Erhebungen, die wie ein Ringwall die Stadt umschlossen.

Hier nun entledigte sich Eriko ihrer Wassermassen, die unerschöpflich niederprasselten. Zur gleichen Zeit, die genaue Ursache konnte nie ermittelt werden, stürzte im Bereich des Rathauses die Decke einer gigantischen, bis dahin unbekannten, unterirdischen Kaverne unter der Last des Wassers und des bereits erwähnten, völlig falschen Arnsberger Gutachtens ein. Ein weit verzweigtes System ebenfalls unterirdischer und ebenfalls völlig unbekannter Wasseradern bündelte hierauf seine ganze Kraft und erbrach sich hungrig und gurgelnd ans Tageslicht. Solche Wassermassen von oben und von unten waren für das Abwassersystem unserer Stadt nicht zu verkraften. Das Oberzentrum soff ab, langsam aber stetig.

Und wie erging es den Menschen? Euphorisiert, ja, freudig erregt fügten sie sich ohne sichtbare Anzeichen von Panik oder gar Angst in ihr unvermeidliches Schicksal.

Man glaubte, Nostradamus oder die Maya oder wer auch immer habe doch Recht behalten. Nur in der lokalen Ausdehnung der Prophezeiung sei wer auch immer einem Irrtum aufgesessen. Man verzieh wem auch immer gnädig und nachträglich.
Zuerst wurde die Innenstadt geflutet. Die wunderschönen Nachkriegsfassaden im Stil der fünfziger- und sechziger Jahre, die reizenden Krempel- und Handyshops sowie sämtliche aparten Schnellfresstempel versanken zuerst in den schmutzigbraunen Fluten.

Mit ihnen das miserable Preis-Leistungs-Verhältnis, die üblen Weißweine und die seltenen, meist unterirdischen Speisenangebote.

Die Vau, das ehemals malerische Flüßchen, an deren romantisch betonierten Auen und verzauberten Reißbrettwindungen sich traditionsgemäß niemals Verliebte ausprobiert hatten, entledigte sich ihres Betonkorsetts und riss alles Bewegliche mit sich, um es irgendwo im Umland abzuliefern.

Die Stadt, die nie ein Boot in seinem Element gesehen hatte, war plötzlich bevölkert von einer Armada kleiner und größerer Wasserfahrzeuge, und niemand fand eine Erklärung für ihr plötzliches Auftauchen. Die Menschen paddelten, ruderten oder schipperten mit einem Lied auf den Lippen ihre Habseligkeiten aus dem Bereich der akuten Bedrohung. Und das Wasser stieg weiter und weiter. Bald waren auch die angrenzenden, höher gelegenen Stadtteile überflutet, und nach mehr als drei Wochen war der Ort zur Gänze in den denkwürdigen Fluten verschwunden. Und er blieb es.

Entgegen allen Expertenmeinungen, auch jenen aus Arnsberg, floss das neu entstandene, von seinen freudig verdutzten Anrainern eilig in ‚Vausee‘ getaufte Binnengewässer, nicht ab. Und schon in den ersten Sonnenstrahlen der postsintflutlichen Tage prangten unerwartete Graffitti-Botschaften herab von den drei Türmen, die wie Mahnmale die östlichen Eckpunkte des Sees markierten. Es waren keine Hilfeschreie, keine Stoßgebete, wie sie zu erwarten gewesen wären.

„Hier bleibe ich!“, stand dort zu lesen, „Dass mir ja keiner den Stöpsel zieht!“ oder „God was here.“

Die Zeit der langen Gesichter war vorbei. Lächeln und Freude waren zurückgekehrt in die Mienen und Seelen der unerfahrenen Seeanwohner.

Tote und Verletzte waren nicht zu beklagen gewesen. Sogar der Stadtrat, der in einer seiner ungezählten nicht-öffentlichen Sitzungen von der Katastrophe überrascht wurde, konnte sich vollzählig retten.

Die Heimatverbundenen investierten die Mittel, die ihnen schnell und unbürokratisch aus Berlin zugeflossen und siedelten sich am Rande des Vausees an. Sie errichteten architektonisch ästhetische Wohn- und Geschäftshäuser, brachten in gemeinsamer Anstrengung eine Uferpromenade zustande, die wie eine schimmernde Schlange in der Sonne sanft den neuen See umfing. Autos und LKW mussten laut einstimmigem Ratsbeschluss in öffentlicher Sitzung – die nicht-öffentlichen waren in einer nicht-öffentlichen Sitzung einstimmig abgeschafft worden – Neuhagen am Vausee, so der bei einem historischen Gründungsfest verkündete Name unserer Stadt, das Gebiet weiträumig umfahren. Bepflanzte Plätze und blühende Einkaufsstraßen waren ausschließlich den Menschen vorbehalten. Und nach einer historisch einzigartig kurzen Zeit des Wiederaufbaus versammelten sich die stolzen Bürger in den unzähligen, von privaten Betreibern betriebenen Cafés und Restaurants, die, einer Perlenkette gleich, wie durch Zauberhand nach nur einem Jahr die Promenade säumten.

Künstler aller Sparten kamen, blieben und verschönerten die Stadt. Zeitungsmacher gedachten ihrer abgesoffenen Redaktionsräume und verschrieben sich einem längst vergessenen, fairen und glaubhaften Journalismus. Das Theater, wieder errichtet in Ufernähe und mit reichlich Mitteln ausgestattet, mauserte sich binnen kürzester Zeit zu einem weit über die Stadtgrenzen hinaus bekannten und geschätzten E – und U-Tempel, die ehemalige Fernuniversität, mit der die Stadt vergeblich geworben hatte, wurde in eine Präsenzuni umgewandelt, die Steuereinnahmen sprudelten, Zuwanderer siedelten sich zuhauf an, und in den Nachbarstädten fielen die Bierleitungen trocken.

Niemand trauerte um die alte, versunkene Stadt an der Vau. Die Einwohner waren regelrecht verliebt in ihre neue Stadt. Gastfreundschaft wurde groß geschrieben. Aus dem ganzen Land strömte qualifiziertes Servicepersonal nach Neuhagen, das sich liebevoll einheimischen wie zugereisten Gästen widmete, die plötzlich zahlreich und neugierig die einladende Flaniermeile am See bevölkerten.

Dem neuen Vausee verdankte die alte, tief in der Seele zerrissene, identitätslose Stadt, deren Reste auf dem Grund des Gewässers vermoderten, ihren neuen Ruf als lebenswerter Flecken mit Charakter und Charme.

Nur bei Niedrigwasser ragt noch heute gläsern schimmernd aus der Mitte des Sees die vieleckige Plattform des historischen Rathausturms samt Fahnenmast, die während der heißen Sommermonate den kleinen und großen Wasserratten als Badeinsel dient. Ab und an, so erzählt man sich in alten Überlieferungen aus einer traurigen Zeit, sollen noch heute rot lackierte Esel und der metallische, unvollständige Schriftzug „Volmegale“, den manche zu Galerie, andere zu Galeere vervollständigen, vom Grund herauf an die Oberfläche steigen und dort für kurze Zeit verharren, bevor sie erneut hinabsinken in das wässrige Labyrinth am Boden des Vausees.

In seltenen, mondhellen Sommernächten, wenn der Pegel seinen niedrigsten Stand erreicht hat, gibt der See den Aufbau des ehemaligen Arbeitsamtes frei. Dann fahren die Neustädter mit ihren Booten hinaus auf den Vausee, um im Schein ihrer zahlreich mitgebrachten Scheinwerfer einem einzigartigen Spektakel beizuwohnen.

Tief unten, in den Schluchten der versunkenen Stadt, sollen, so die Legende, ein ehemaliger Baudezernent, ein Kämmerer und der letzte Oberbürgermeister auf dem lächerlichsten Kreisverkehr aus vergangenen Tagen, ehemals Ecke Konkordia/ Bergstraße, ihre ewigen Runden drehen.

Ein Traum, zwei Frauen und eine Saftpresse

3. Juli 2016

Von Christoph Rösner

Gestern, liebe Freundinnen und Freunde, hatte ich einen wunderschönen Traum. Ich kauerte ganz dicht neben der verschlossenen Tür des Oberbürgermeisterbüros, hinter der bekanntenmaßen alle zentralen Stellschrauben für eine gute Zukunft unserer Stadt gedreht werden.

Dass ich einem vertraulichen Vieraugengespräch lauschte, wurde mir schnell bewusst. Da war sie, die Respekt und Glaubwürdigkeit einflößende Stimme unserer geschätzten Oberbürgermeisterin Erika Müller-Meier-Schmidt, und zum anderen die unaufgeregte, zwischen Demut und Souveränität changierende Stimme der stellvertretenden Chefredakteurin unserer Lokalzeitung, Martina Schwarzke.

Mein Gedächtnisprotokoll soll hier die Konversation der beiden wiedergeben, damit Ihr selbst Euch ein Bild machen könnt, was diese zwei verantwortungsvollen Frauen im Sinne unserer Bevölkerung und einer funktionierenden demokratischen Ordnung umtreibt.

Erika M.- M.- S.: „Verehrte Frau Schwarzke, Sie wissen, wie sehr mir das Wohl unserer Stadt am Herzen liegt. Daher, und nur aus diesem Grund, möchte ich Sie bitten, als stellvertretende Redaktionsleiterin den Zukunftsprozess, den wir eingeleitet haben und der, wie mir scheint, bei der Bevölkerung breite Zustimmung erfährt, auch weiterhin positiv und selbstverständlich kritisch zu begleiten. Die meisten meiner Vorgänger waren blasierte, eitle Narren, für die Kritik Teufelswerk war …“

„Ja, meine auch“, warf Martina Schwarzke kurz ein.

„Und ich werde alles daran setzen“, fuhr Erika Müller-Meier-Schmidt fort, „meinen Weg so weit entfernt wie möglich von ihren ausgetretenen Pfaden fortzusetzen. Ich fühle mich einzig dem Wählerauftrag verpflichtet. Und ich werde immer die Frau bleiben, als die ich dieses Amt angetreten habe, und daher ist es unerlässlich für mich, persönliche Eitelkeiten hintanzustellen.

Kritik ist das Lebenselixier einer erfolgreichen Amtsführung. Mir geht es um Transparenz, um ein offenes Miteinander und die radikale Verbannung politischer Entscheidungen aus den Hinterzimmern. Dafür werde ich mich immer einsetzen. Daher wünsche ich, dass mir immer alles vorliegt, um richtige Entscheidungen für eine gute Zukunft unserer Stadt treffen zu können.

Martina Schwarzke: „Nichts anderes hätte ich von Ihnen erwartet, Frau Müller-Meier-Schmidt. Und ich, beziehungsweise wir in der Redaktion sind da ganz bei Ihnen. Es gibt da nur ein Problem: Auch uns in der Redaktion liegt immer alles vor, weil der Rat nicht dicht ist. Als Journalistin freue ich mich natürlich über jede Quelle, die mir Zusatzinformationen verschafft, aber im Hinblick auf demokratische Gepflogenheiten finde ich diese Form des Durchstechens und unreflektierten Weiterplapperns von höchster Stelle doch bedenklich.

Erika M.-M.-S.: „Ja, diese unsägliche Praxis ist mir bekannt, und ich weiß auch, dass ich – leider – ein Gutteil meiner Arbeit in die Entfilzung unseres Politikbetriebes zu investieren gezwungen bin, soll unsere Arbeit von Erfolg gekrönt sein. Ich will alles daran setzen, diese Lecks zu schließen. Wir wollen doch alle nicht in diese vergifteten Zeiten zurückfallen, da auch von ihren Vorgängern, verehrte Frau Schwarzke, mit Halbwissen, bewussten Fehlinformationen oder anderer wenig glaubwürdiger journalistischer Einmischung versucht wurde, die Politik massiv zu beeinflussen, böse Stimmung zu verbreiten und Bürger, die für den Erhalt unserer Kultur kämpften, aufs Widerlichste zu verunglimpfen. Ich denke, diese Zeiten haben wir hinter uns gelassen.

Martina Schwarzke: „Ja, das waren tatsächlich widerliche Zeiten. Wir haben lange und intensiv daran arbeiten müssen, unsere eigene journalistische Ehre wiederherzustellen und das Vertrauen unserer Leserschaft zurückzugewinnen. So viel zerschlagenes Porzellan lässt sich nicht mit weinigen Federstrichen wegräumen.

Erika M.-M.-S.: „Aber Sie haben sich dieser Aufgabe gestellt und waren erfolgreich. Heute beginnt unsere Stadt zaghaft zu blühen, unser Theater, unsere Kultur und auch Ihre Zeitung stellt niemand mehr in Frage, weil wir die Prioritäten neu geordnet haben.

Wir machen die Politik, Sie berichten darüber und kritisieren uns dafür. So funktioniert eine demokratisch verfasste Gesellschaft. Das rücksichtslose Durchforsten unserer Stadttöchter hat uns genügend finanzielle Freiräume beschert, dass mir heute die damalige Spardiskussion um das Theater geradezu lächerlich erscheint.

Martina Schwarzke: „Nur Freunde werden Sie mit dieser Aktion nicht gefunden haben …

Erika M.-M.-S.: „Ganz sicher nicht.“

In diesem Moment hörte ich sie herzlich lachen.

„Glauben Sie, ich wäre Oberbürgermeisterin geworden, um mir Freunde zu machen?“

Und ihr aufrichtiges, offenes Lachen drang durch alle Ritzen, alle Türen und verbreitete sich auf den Rathausfluren.

„Nein, liebe Frau Schwarzke, bevor ich dieses Amt antrat, hatte ich fünf Freunde, auf die ich stolz sein und auf die ich mich blind verlassen konnte. Diese Fünf gibt es immer noch, und keinen von ihnen habe ich – nach ihrer Aussage – bis heute enttäuscht. Hätte ich geglaubt, in diesem verfilzten Politikbetrieb Freunde finden oder so genannte Freunde behalten zu können, würde mich die Enttäuschung meine gesamte Amtszeit begleiten. Denn sie würde mich lähmen, und ich würde vermutlich alles unternehmen, sie in etwas für mich Positives zu verwandeln, indem ich mich auf jedem duseligen Stadtfest etwa in die Menge werfe und mich mit oder von Hinz und Kunz ablichten lasse. Nein, nein, meine Liebe, sollte es jemals soweit kommen, werde ich dieses Büro jemand anderem zur Verfügung stellen.

Kritik ist wichtig. Es gilt nur, sich solche Kritiker vom Hals zu schaffen, die sich selbst bei einer Saftpresse als Journalisten bewerben würden.“

Und wieder lachte sie ihr herzlich warmes Lachen.

„Ich denke, Sie wissen, wovon ich spreche, liebe Frau Schwarzke. Und nun muss ich unser anregendes Gespräch beenden. Wir sehen uns später bei Figaros Hochzeit …?“

Wie gesagt, liebe Freundinnen und Freunde, ich habe ein Traumgespräch protokolliert. Das Aufwachen war hart. Und es war widerlich. Da las ich von präzisierten Entscheidungskorridoren, von keineswegs schmeichelhafter Lobbyarbeit für den Kulturstandort Hagen, von kontraproduktiven Blockaden des Konsolidierungsprozesses und so weiter. Und mir wurde schlagartig bewusst, in welcher hilflosen, von verfilzten Männerfreundschaften, gruseligen Politallianzen und Saftpressejournalisten in die Bedeutungslosigkeit getriebenen Stadt so viele von uns (über-)leben müssen.

 

Ab in die Ecke! Marsch! Marsch!

23. Juni 2016

von Christoph Rösner

Angst war schon immer ein schlechter Ratgeber. Wenn sich allerdings zur Angst noch die Inkompetenz gesellt, dann aber in Deckung, liebe Hagenerinnen und Hagener!

Das hätten sie gerne …

Gut, die Inkompetenz – zumindest in Sachen Kultur und Theater – ist in Hagen ja traditionell sehr ausgeprägt und hat schon einige Jährchen und Akte auf dem Buckel, was sie allerdings nicht hindert, mit der Gehhilfe herumzufuchteln und – das ist nun mal ihre Bestimmung – mit inkompetentem Gefasel das Ansehen unserer Stadt nachhaltig zu beschädigen.

Verpackt wird das Ganze nun final, denn die Inkompetenz kommt durchaus bauernschlau daher, in solch schöne Aussagen wie: „Ganz Hagen kämpft für die Zukunft des Theaters. Das ist ein gutes Signal!“, herausgegeben vom Fraktionsvorsitzenden der CDU am 21. Juni und in einer gemeinsamen Erklärung der Rats-Fraktionen in die Hagener Öffentlichkeit geröspelt.

Und im dritten und letzten Akt wird uns nun der schlagende Beweis institutioneller Frechheit und Inkompetenz und Angst präsentiert.

Da schwadroniert Herr Röspel von „besserer Struktur der Eintrittspreise, Kostensenkungen in allen Bereichen, attraktivere Angebote mit Event-Charakter, mehr Präsenz und Kooperation in der Region und eine bessere Mischung aus spezialisierter Hochkultur und attraktiven Programmen mit Breitenwirkung … […] und natürlich muss auch der demografische Wandel herhalten und die “Generationen mit zunehmendem Migrationsanteil“. Was soll man machen, der Mann kennt sich halt aus, und sagt den Theatermachern, wie man Theater macht.

Dass für eine äußerst obskure Petition rund 8000 Unterzeichner aus dem Umland rund 50 Kilometer um Hagen herum den Kuli in die Hand genommen haben, unterschlägt er geflissentlich.

Dass die Spielpläne des Theaters unter der Leitung Hilchenbach/Ludwig zu den am breitesten gefächerten überhaupt gehören, selbstverständlich auch. So wie er natürlich auch unterschlägt, dass die unter anderen von ihm vertretene Migrationspolitik zur Ausgrenzung unserer Migranten geführt hat, die er aber jetzt reihenweise ins Theater locken möchte.

Und dann der gute Herr Riechel von den Grünen! Auch ein ganz ein Frecher. „Anstatt die Öffentlichkeit mit Untergangsszenarien zu verunsichern, wäre es ihre Aufgabe gewesen, eine seit 2013 bekannte Konsolidierungsvorgabe, die erst im Jahr 2018 greifen soll, frühzeitig organisatorisch abzusichern. Dieser Verantwortung haben sich weder Hausleitung noch Aufsichtsrat erkennbar gestellt.“

Ja, man muss schon schlimm-blöde Aussagen verantworten, wenn man in einer „Allianz der Vernunft“ dahinvegetiert.

Und da meldet sich auch noch ein gewisser Dr. Bücker zu Wort. Allerdings ist mir meine Druckertinte zu schade, seinen hyperaktiven Blödsinn hier wiederzugeben. Wer´s lesen will, soll es tun. Erkenntnisgewinn? Null.

Ach ja, auch der gute FDP-Thielmann meldet sich zu Wort und spricht am Schluss für alle: […] „Wenn er [Hilchgenbach. Anm. d. Verfassers] allerdings heute über Bandansagen die Theaterbesucher für die Zukunft verunsichert, dann mag das seinem Intendanten-Ethos entspringen. Aber im realen Leben schadet er gerade allen potentiellen Nachfolgern.“

Nein, Herr Thielmann, nicht Hilchenbachs Bandansagen schaden potentiellen Nachfolgern, sondern die Zustände in dieser Stadt tun das. Verkünden Sie doch selbstbewusst und öffentlich: „Wir suchen für das Theater einen lustvoll, schmerzliebenden Masochisten, der sich diese Stadt und uns Ratsmitglieder anzutun bereit ist.“

Als Intendanten-Rambo hätte Claude-Oliver Rudolph dieses Anforderungsprofil vielleicht erfüllen können, weswegen er von einigen im Rat ja auch so vehement favorisiert wurde.

Spaß beiseite, denn Herr Thielmann fordert „eine gemeinsame Kraftanstrengung“, und dann kommt´s: „Der Rat ist dazu bereit.“

Jetzt werfen – Achtung! – die Pfeifenden im Walde die Leimruten für die ganz Blöden aus, und die Herren – Damen kommen wohl im Rat nicht mehr zu Wort – rufen zur gemeinsamen Kraftanstrengung auf!

Hört Ihr unser unheimliches Lachen?!

Kraftanstrengung? Mit Euch? Gemeinsam? Ihr, die Ihr sämtlichen Dialog im Keim erstickt, sämtliche Kompromissbereitschaft mit der groben Keule des Starrsinns und der Inkompetenz in Grund und Boden prügelt? Mit Euch präpotenter Altherrenriege  – präpotent kann man übrigens gut googeln – sollen die, die sich ernsthaft, kreativ und verantwortungsvoll um die Existenz unseres Theaters und die Jobs der MitarbeiterInnen sorgen, gemeinsame Sache machen? Glaubt Ihr wirklich selbst noch daran?

Ist Claus Peymann ein Begriff? Sicher. Oder?

Der schrieb vor zwei Tagen folgendes: „ Machen Sie etwas, das Politiker niemals tun – und das wäre ein Zeichen von Größe -, nämlich: einen Fehler einsehen und korrigieren. Die Sympathie und der Applaus der kulturellen Öffentlichkeit dieser Stadt, ihrer Menschen und aller Theaterleute in Deutschland wäre Ihnen gewiss.“

Oder aber: Marsch, Marsch! ab in die Ecke und für einen Augenblick in Euch gehen. Vielleicht findet Ihr da ja doch noch etwas, was Hagen wirklich gut gebrauchen könnte.

Die SPD – EX-Partei unseres Obs – ist offensichtlich in sich gegangen und hat gestern, einen Tag vor unserem wunderbaren Theater-Marsch ein Statement rausgehauen, das mich, und nicht nur mich, völlig umgehauen hat. So, Ihr Allianz-der-Vernunft-Koalitionäre, steht man öffentlich und uneingeschränkt für unseren Leuchtturm und seine MitarbeiterInnen ein! CHAPEAU SPD!

Theater-Marsch

2. Juni 2016

Theater-MarschDonnerstag, 23. Juni 2016

Treffen um 14 Uhr auf dem Theater-Vorplatz

Marsch mit Pauken und Trompeten zum Friedrich-Ebert-Platz

Kundgebung mit anschließender Übergabe der Petition

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Kulturabbau scheint sich zur neuen Lieblingsbetätigung der Landes- und Kommunalpolitiker im Kampf gegen die teils selbst zu verantwortenden Nothaushalte zu entwickeln.

In Hagen bedroht der Ratsbeschluss mit seiner Einsparsumme von mindestens 1,5 Millionen Euro ab dem Jahr 2018 massiv die Existenz des Hagener Theaters.

Die bereits geleisteten Einsparungen belaufen sich seit 2007 inzwischen auf mehr als 3 Millionen Euro, und dennoch ist es der Führungsriege um Intendant Norbert Hilchenbach gelungen, mit erfolgreichen Eigenproduktionen jährlich rund 190.000 Zuschauer aus nah und fern nach Hagen zu locken – bei gleichzeitig niedrigstem Pro-Kopfzuschuss in NRW! Unzählige positive Besprechungen in beinahe sämtlichen überregionalen Medien unterstreichen die künstlerische Bedeutung des TheaterHagen und einer seit Jahren unter enormem Spardruck operierenden Belegschaft.

Obwohl oder weil sich der Rat selbst in ein Dilemma manövriert hat, indem er mit der Sparvorgabe auch den Erhalt aller Theatersparten ohne betriebsbedingte Kündigungen verknüpft hat, wird jegliche Debatte, jegliches konstruktive Gespräch seitens des Rates oder des Oberbürgermeisters strikt verweigert.

Sollte es in 2018 zur Umsetzung des Ratsbeschlusses kommen, wird, nach heutiger Daten- und Faktenlage, Geschäftsführer Michael Fuchs die Insolvenz beantragen müssen.

Neben einem zu vernachlässigenden pekuniären Einspareffekt für die Stadt mit ihren strukturellen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Defiziten wäre ein anderer Aspekt dieses finalen Schrittes fatal. Hagen würde von der kulturellen Landkarte Deutschlands endgültig verschwinden.

Gegen diese kurzsichtige und destruktive Kulturpolitik wurde am 16. April eine Online-Petition gestartet, die inzwischen mehr als 10.000 kulturaffine Menschen unterzeichnet haben – diese Petition wird im Rahmen des Theater-Marsches am 23. Juni 2016 dem Oberbürgermeister bzw. Vertretern des Rates der Stadt Hagen übergeben.

Wir fordern Hagens PolitikerInnen auf, sich mit allen relevanten Gruppen, deren Vertretern, mit kundigen BürgerInnen, den Theaterexperten und Künstlern an einen Tisch zu setzen und eine alte Debatte neu zu beginnen.

`Wie können wir gemeinsam die Kultur in Hagen erhalten, fördern und in eine gesicherte Zukunft führen?`

Denn eines ist sicher: Stirbt das Theater, stirbt die Stadt.


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