SPD-Kritik berechtigt, aber wohlfeil
Hagener Schulpolitik: Zuerst wird das Gebäude der früheren Vorhaller Hauptschule an den privaten FESH-Verein verkauft, jetzt sollen die dort noch unterrichteten Schüler in Containern untergebracht werden.
So hat es der Stadtrat am Donnerstag mehrheitlich bestätigt, nachdem am 27.07.2022 Stadtkämmerer Christioph Gerbersmann als Vertreter des Oberbürgermeisters gemeinsam mit einem Ratsmitglied einen entsprechenden Dringlichkeitsbeschluss gemäß § 60 Abs. 1 GO NRW gefasst hatte.
Die Verwaltung begründete die „Dringlichkeit“ damit, dass der Containerbetrieb zu Beginn des Schuljahres 2023/2024 aufgenommen werden soll – also in mehr als einem Jahr. So lange dauert in Hagen selbst das Aufstellen von Containern, dass drei Wochen (!) vor dem regulären Ratstermin am 18.08.2022, an dem ein solcher Beschluss problemlos hätte gefasst werden können, ein Ausnahmeparagraf der Gemeindeordnung in Anspruch genommen werden musste.
Die Container sollen auf dem Schulhof der Geschwister-Scholl-Hauptschule in Boelerheide aufgestellt werden; der Standort Vorhalle war ein Filialbetrieb der Boelerheider Schule. Vorgesehen sind fünf Klassenräume, ein Lehrerzimmer und sanitäre Anlagen.
Die Kosten für eine Anmietung der Container belaufen sich nach Angaben der Verwaltung für die Dauer von zwei Schuljahren auf 810.000 Euro. Bei einem alternativen Kauf wären 1,3 Millionen Euro fällig. Die Beträge sind allerdings nur Schätzwerte, denn, so die Verwaltung:
„Angesichts der aktuellen Marktsituation mit einer starken Nachfrage ist die Verfügbarkeit von Container nicht einfach. Daher kann zum jetztigen Zeitpunkt noch keine Festlegung hinsichtlich der Beschaffung (kaufen oder mieten) erfolgen.“
Es kann also noch teurer werden, aber unabhängig von kaufen oder mieten werden schon einmal 164.000 Euro Planungskosten benötigt, so die Verwaltung in der Beschlussvorlage.
Den möglichen Kauf von Containern mit fünf Klassenräumen für mindestens 1,3 Millionen Euro muss man in Relation setzen zum Verkauf einer ganzen Schule samt Turnhalle, Lehrschwimmbecken und Hausmeisterbungalow für nicht einmal 2,7 Millionen Euro – und damit ca. 2 Millionen Euro unter Wert – an einen privaten Schulverein.
Die SPD-Fraktion kritisiert die Ratsentscheidung in einer Pressemitteilung:
„Jetzt trifft leider das zu, vor dem die SPD-Ratsfraktion schon seit Jahren immer wieder gewarnt hat: Wie haben in der Stadt zu wenig Schulraum, um alle Kinder vernünftig unterrichten und im Offenen Ganztag betreuen zu können. Leider trafen unsere Warnungen, verbunden mit Lösungsplänen, sowohl bei der Schulverwaltung als auch bei der Mehrheitsallianz aus CDU, Grünen, FDP und Hagen Aktiv immer wieder auf taube Ohren.“
Jetzt müsse die Stadt Container aufstellen, in denen dann Unterricht stattfinden soll.
Die Kritik ist natürlich berechtigt, aber wohlfeil: Es war nämlich der SPD-Fraktionsvorsitzende Claus Rudel, der Kämmerer Gerbersmann bei dem Dringlichkeitsbeschluss zu der gesetzlich vorgeschriebenen zweiten Stimme verhalf. Er hätte es auch bleiben lassen können.
Die „Dringlichkeit“ war selbst mit viel Wohlwollen nicht ersichtlich, und die SPD hätte ihrer Kritik an der Hagener Schulpolitik erkennbar Nachdruck verleihen können. Auch diese Chance wurde vertan. Es ist halt Hagen.
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