China – die zerbrechliche Supermacht

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Ist es für China überhaupt erstrebenswert, Hegemonialmacht zu werden? Diese Frage beantwortet der Volkswirtschafts-Professor Hans-Jörg Schmerer von der FernUniversität.

Will China die neue Nummer 1 in der Welt werden? „Das ist nicht sein wirkliches Ziel, und auch nicht das des Staatspräsidenten und KP-Generalsekretärs Xi Jinping“, ist die Ansicht von Prof. Dr. Hans-Jörg Schmerer. „Es geht eher darum, als gleichberechtigter Partner und wichtiger Mitspieler in der Weltpolitik wahrgenommen zu werden – neben den USA und Europa.“ Prof. Schmerer ist Inhaber des Lehrstuhls für Volkswirtschaftslehre, insbes. Internationale Ökonomie an der FernUniversität in Hagen und einer der beiden Träger des Center for East Asia Macroeconomic Studies (CEAMeS) an der FernUniversität in Hagen.

Die Zeiten, in denen sich China als das „Reich der Mitte“ sah, haben sich nach seinen Erkenntnissen geändert. Daher stellt er für das Heute die Frage: „Warum sollte es für China überhaupt erstrebenswert sein, globale Vormacht zu werden?“ Seit einigen Jahrzehnten wisse es, dass das Miteinander sehr viele Vorteile bringt. Es strebe Partnerschaft an, wolle aber auch selbst respektiert werden. Dazu gehöre für die Volksrepublik, dass andere Länder sich nicht in ihre Innenpolitik einmischen.

„Unsere ‚westliche‘ Vorstellung ist, ein bisschen als ‚Weltpolizei‘ aufzutreten und anderen Ländern zu sagen, wie es bei ihnen innenpolitisch zu funktionieren hat. Etwa – und richtigerweise – mit der Achtung der Menschenrechte. Das ist jedoch ein ewiger Streitpunkt mit China und anderen Staaten, die nicht einsehen, dass sich andere Länder in ihre Innenpolitik einmischen.“

Außenpolitisch fühlt die Volksrepublik sich nach Schmerers Worten zu Recht stark, diese Stärke demonstriere sie mit seiner Wirtschaftspolitik: „Trump hat ja mit keiner seiner Maßnahmen wirklichen Erfolg gehabt. Allerdings kosten sie auch China viel Geld und behindern das Wachstum massiv. Beides wird aber gebraucht, um das Land zusammenzuhalten. Denn im Inneren ist China sehr zerbrechlich und entsprechend groß ist seine Nervosität.“ Nach wie vor sei Ungleichheit ein drängendes Problem, nur durch Wachstum könne die Kommunistische Partei ihr Regime legitimieren. Daher spiele die Wirtschaftspolitik auch innenpolitisch eine große Rolle.

Zentrifugalkräfte

Die Volksrepublik habe immer wieder Angst davor, dass Teile wegbrechen, dass das komplette Land auseinander fällt. Schmerer: „In China gibt es sehr viele Minderheiten. Nach Chinas Verständnis gehört Hongkong – das wir eher als eigenständig sehen – zu ihm. Das ist für Peking ebenso ein Riesenproblem wie die Unabhängigkeitsbestrebungen der Uiguren im Westen. Auch die Tibet-Frage ist offen.“ Seit Jahrzehnten ungelöst ist der Konflikt mit der „abtrünnigen“ Republik China auf der Insel Taiwan: „In Europa bekommen wir gar nicht so mit, dass die Volksrepublik eine zerbrechliche Supermacht ist.“

Ein Mittel, um diese Probleme zu überdecken, ist für China der wachsende Wohlstand. Immer wieder gerät es in den Verdacht, „falsch zu spielen“, um ihn zu sichern. Schon vor Trumps Präsidentschaft wurde es beschuldigt, für Exportsteigerungen Preisdumping zu betreiben und Wechselkurse zu manipulieren. Solche Sorgen hält Schmerer für berechtigt. Zwar gebe es keine Beweise, aber genügend Belege.

Weniger Abhängigkeit vom Export

„Aber diese Politik ist schon längst vorbei, seit 2005 ist der Wechselkurs freigegeben. China will nicht mehr unbedingt so viel exportieren, um unabhängiger vom Export zu werden.“ Die Finanzkrise habe gezeigt, wie gefährlich es ist, von ihm abhängig zu sein: „Wenn irgendwo in der Welt eine Krise losgetreten wird, hat das Folgen für die chinesische Wirtschaft, auch im Inland.“ Das eigentliche Interesse Pekings sei, stattdessen den eigenen Markt zu stärken und die wachsende Inlandsnachfrage durch heimische Produktionen zu befriedigen. (…)

Quelle: FernUni

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