WBH-Vorstände dürfen jetzt auch Geschäfte mit sich selbst machen
Hans-Joachim Bihs, Vorstand des Wirtschaftsbetriebs Hagen (WBH), darf jetzt auch im Alleingang Geschäfte mit sich selbst als Privatperson tätigen. So hat es der Rat am vergangenen Donnerstag mehrheitlich beschlossen und Bihs von Beschränkungen gem. § 181 BGB befreit. Nach Angaben von Sitzungsbeobachtern soll es nur etwa zehn Gegenstimmen, darunter mehrere Mitglieder der SPD-Fraktion, gegeben haben.
§ 181 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) legt ein sogenanntes Kontrahierungsverbot fest. Das bedeutet, dass ein Vertreter – beispielsweise ein Geschäftsführer oder Vorstandsmitglied – nicht mit sich selbst oder in einer weiteren Funktion als Vertreter eines anderen Unternehmens Geschäfte abschließen darf.
So dürfte der Herr Bihs also z.B. keine im Eigentum der Stadt bzw. der Tochter WBH befindlichen Flächen an sich selbst oder andere Unternehmen, die er vertritt, verkaufen. Eine sehr nachvollziehbare Regelung, die der Rat trotzdem mit Mehrheit aufgehoben hat.
Die argumentiert mit einem Beschluss des Verwaltungsrates des WBH vom 11.05.2017. Demnach wurde der Beigeordnete und Ko-Vorstand Thomas Grothe bereits mit Beschlüssen des Verwaltungsrates vom 05.02.2014 sowie des Rates der Stadt vom 20.02.2014 generell von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit. Auch schon ein Fehler.
Für Bihs wurde eine Befreiung bislang stets für jedes einzelne Geschäft mit der Tochtergesellschaft HEG mbH ausgesprochen. Mit dem jetzigen Beschluss „soll zur Vereinfachung eine generelle Regelung entsprechend derjenigen für das andere Vorstandsmitglied geschaffen werden“.
Die Befreiung vom Verbot der Insichgeschäfte wurde also nicht ausschließlich zur Vereinfachung der Geschäfte mit der Tochtergesellschaft HEG beschlossen – sondern generell. Dazu passt auch der zweite Teil der durchgewuppten Verwaltungsvorlage.
Jeder der beiden Vorstände darf demnach zukünftig einzeln die Gesellschaft vertreten. Und das, obwohl bis heute keine Geschäftsordnung für Vorstand und Verwaltungsrat des WBH vorliegt. Angeblich stehen die Vertretungsregelungen nicht im Zusammenhang mit den Geschäftsordnungen.
In der Vorberatung im Haupt- und Finanzausschuss hatte Horst Wisotzki (SPD) als einziges Mitglied zu bedenken gegeben, „dass er abweichend von seiner Fraktion der Vorlage nicht zustimmen werde. Er halte es für richtig, wenn das Vier-Augen-Prinzip gelten würde. Einzelvertretungsregelungen, die nicht angemessen konkretisiert seien, würden zu Missverständnissen führen.“ So vermerkt es das Sitzungsprotokoll. Der Rest der Versammlung nickte trotzdem in gewohnter Manier brav ab.
Der jetzige Beschluss des Stadtrats ist insofern brisant, da hiermit die Diskussionen um die Merkwürdigkeiten mit dem vom WBH eigenmächtig durchgezogenen Verkauf von Waldgrundstücken zum Spottpreis an die AWO neuen Auftrieb erhalten werden. Der Wohlfahrtsverband will bekanntlich am Deerth im Hagener Stadtwald einen Maßregelvollzug einrichten. Angeblich sei der Standort alternativlos.
Der Ruhe im Wald wird als Argument angeführt und die unmittelbare Nachbarschaft zur bestehenden Einrichtung. Wie sich das allerdings damit verträgt, dass die AWO bereits eine weitere drogentherapeutische Einrichtung kilometerweit entfernt davon betreibt, dazu gibt es keine schlüssige Erklärung.
Die sogenannte Volmeklinik liegt unmittelbar an einer Hauptdurchgangsstraße mitten im Hagener „Eventdreieck“ von Puff, Elbers-Gelände und Stadthalle. Unter diesen Bedingungen kann die AWO-Argumentation mit „Ruhe“ und „Nähe“ wahrlich nicht mehr mithalten.
Dafür dürfen Grothe und Bihs als Herren über städtische Ländereien in Zukunft weitgehend ungebremst mit dem Segen der Ratsmehrheit ihren Geschäften nachgehen. Preiswerte Gefälligkeiten wie im Fall AWO nicht ausgeschlossen.
Ergänzung:
Inzwischen liegt auch das genaue Abstimmungsergebnis vor:
Ja | Nein | Enthaltung | |
OB | 1 | ||
SPD | 12 | 4 | 1 |
CDU | 17 | 1 | |
Bündnis 90/ Die Grünen | 4 | ||
Hagen Aktiv | 3 | ||
Die Linke | 1 | ||
AfD | 2 | 1 | |
FDP | 3 | ||
BfHo/Piraten Hagen | 2 | ||
Pro Deutschland | 1 | ||
fraktionslos | 1 |
9. Juli 2017 um 16:12 |
Übersehe ich etwas oder fehlt das Argument ? Daß Hr. Grothe auch schon befreit wurde, soll eins sein ?
Was mich als Nicht-Insider auch interessiert, ist die Frage, inwieweit der WBH einer politisch-demokratischen Kontrolle unterliegt. Erst durch eine Korrespondenz bezgl. der früheren, kleinen Brücke über den Wehringhauser Bach in Höhe des Wildgeheges erfuhr ich von der WBH-Zuständigkeit für den gesamten Wald ( und danach noch hins.sämtlicher Friedhöfe ).
Der Fachbereichsleiter lehnte die begründete, erneute Überlegung eines einfachen Übergangs ( muß vielleicht keine Brücke sein ) ab ohne auf die Begründungen in Gesamtheit einzugehen, und mir war/ ist nicht klar, ob dies einsam beim WBH ohne Diskussion durch Einzelpersonen entschieden werden kann und evtl. Eingaben bei den politischen Gremien ins Leere laufen… . Sind bei “ so etwas “ BV und Rat außen vor ?