„Es herrscht Unruhe in der Stadt“

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Offener Brief von Christoph Rösner, Initiator der Petition zur Rettung des Hagener Theaters, an Oberbürgermeister Erik O. Schulz

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister.

In meiner Funktion als Initiator der Online-Petition: „Rettet das Theater Hagen – Herr Oberbürgermeister, kassieren Sie die Sparvorgabe“ schreibe ich Ihnen diesen Brief, der als Offener Brief auch der Hagener Öffentlichkeit zur Kenntnis gebracht werden wird. Wissen Sie noch, wie viele Offene Briefe es inzwischen sind…?

In Ihren Augen bin ich ein Störenfried, ein Unruhestifter, mit dem man sich nicht abgibt.

Ja, ich bin jemand, der seine Kraft und seine Kreativität dort einsetzt, wo Frieden verordnet und Ruhe künstlich herbeigeführt werden sollen.

Daher kann und konnte ich es Ihnen und dem Rat der Stadt Hagen leider nicht ersparen, die von Ihnen so sehr gewünschte Ruhe zu stören. Das Ergebnis können wir alle gemeinsam derzeit in Hagen betrachten:

Es herrscht Unruhe in der Stadt.

Das ist gut so, weil nichts mehr einer Kommune – zumal einer Kommune in derart desaströser Verfassung – schadet, als eine inzwischen fast zur Gänze eingestellte Kommunikation zwischen Entscheidungsträgern und BürgerInnen.

Sie und Ihre Ratsmitglieder brauchen so etwas nicht? Weil Sie alle gemeinsam davon überzeugt sind, die nötigen Entscheidungen getroffen, die richtigen „Lösungskorridore präzisiert“ zu haben? Echte Kommunikation soll nicht mehr stattfinden. Es reicht, wenn Beschlüsse verkündet, Vorhaben mitgeteilt und Debatten verweigert werden.

Im eigenen und im Interesse der HagenerInnen sollten Sie einen Ausweg aus dieser Sackgasse suchen und schnellstens finden, da ansonsten wichtige, wenn nicht die wichtigsten Elemente einer lebendigen demokratischen Ordnung ausgehebelt und unwirksam werden.

Solchem Verhalten verdanken wir die allenthalben erkennbare Demokratiemüdigkeit, die wie ein Krebsgeschwür in unsere Gesellschaft hinein metastasiert.

In Hagen darf längst nicht mehr von einer Verkettung unglücklicher Begebenheiten gesprochen werden. Solche Sprachlosigkeit kann mit friedlichem, menschlichen Aufeinanderzugehen längst nicht mehr aus der Welt geschafft werden, weil Sie dies verweigern.

Damit können höchst gefährliche Kräfte weiter erstarken, die irgendwann nicht mehr zu bändigen sein werden.

Gesprächsangebote werden ausgeschlagen. Echte Kommunikation findet nicht mehr statt. Geheime Beschlüsse und Papiere werden direkt und ohne Umweg aus dem Rat in die Redaktion der Lokalpresse durchgestochen. Die wiederum betreibt mit diesen Informationen in Ihrem Sinne Ihre Politik weiter, und zugleich werden demokratische Grundzutaten wie Transparenz, Diskussionskultur oder auch Bürgerbeteiligung durch Schuldzuweisungen, dümmlich-kindliche Schwarzepeterspiele und politischen Starrsinn, der inzwischen seinesgleichen sucht, ersetzt. Selbst Ihre eigene Dezernentin für Jugend, Soziales, Bildung und Kultur spricht offen von Filz und Vetternwirtschaft.

Demokratisch gesinnte Bürgerinnen und Bürger rufen hier: Gefahr in Verzug!

Dass Sie, verehrter Herr Schulz, es öffentlich verweigern, die mit fast 13.000 gesammelten Unterschriften erfolgreiche Petition von mir als Petenten entgegen zu nehmen, habe ich zur Kenntnis genommen. Wer könnte Ihnen dieses Recht absprechen? Doch fragen sich mit mir hunderte, wenn nicht tausende Hagener Bürgerinnen und Bürger, ob das eine kluge Entscheidung war.

Ein Mann in Ihrer Position sollte doch ein wenig mehr aushalten können, als die paar Formulierungen eines freischaffenden Autors und Satirikers, der sich respektlos gegenüber den „Herrschenden“ äußert. Das ist Teil seiner Aufgabe, und Veranlassung hierzu gibt es zuhauf, verehrter Herr Schulz!

Nach meiner unmaßgeblichen Auffassung allerdings stünde dem Amt, das Sie für ein paar Jahre bekleiden – dürfen! – mehr Souveränität an.

„So wird Hagen nicht vorankommen“ – ich empfehle nochmals das Interview mit Ihrer Dezernentin Margarita Kaufmann in der Westfalenpost vom Dienstag, 14. Juni. Zwar spricht auch sie fälschlicherweise vom Stadtrat als Souverän – was ist in der politischen Bildung bei Hagens PolitikerInnen nur falsch gelaufen? – allerdings thematisiert sie – neben dem (nicht neuen) Thema ´Vetternwirtschaft´– zudem das Problem des Geldes als Anreiz, sich die Kommunalpolitik anzutun.

„Als Ihr Oberbürgermeister trete ich ein für: mehr Bürgerbeteiligung, für gute Arbeit und erfolgreiche Wirtschaft, für eine soziale Stadt, für gute Bildung und ein breites Kultur- und Sportangebot, für solide Finanzen! Und – last but not least – für Kompetenz im Rathaus.“

So lauteten Ihre vollmundigen Wahlversprechen im Jahr 2014.

Ein Herakles, der den Stall des Heliossohns Augias mit seinen 3000 Rindern ausmistet, mussten und sollten Sie nie sein.

Es hätte tatsächlich ausgereicht, wenn Sie sich als der Oberbürgermeister präsentiert hätten, der souverän, kompetent und glaubwürdig sich den Anforderungen seines schweren Amtes stellt und Hagen mit zukunftsweisenden Ideen, Visionen und mutigen Taten aus dem tiefen Tal der Tränen zu führen versucht. Und ich schreibe bewusst „versucht“.

Denn Hagen braucht dringend starke Führungspersönlichkeiten. Hagen braucht ganz dringend solche Frauen und Männer, die sich der Brisanz des Ist-Zustandes bewusst sind. Die sämtliche persönlichen Animositäten zurückzustellen in der Lage sind, und sich nur an einem messen lassen wollen: dem Wohl unserer Stadt.

Davon allerdings, verehrter Herr Oberbürgermeister, scheinen Sie und Ihr Rat noch meilenweit entfernt, was Sie uns tagtäglich im Umgang mit dem Theater und seinen MitarbeiterInnen beweisen. Hierzu ist wirklich alles gesagt.

Nur eines noch, und das darf Ihnen nicht erspart bleiben:

Lassen Sie Ihrem inzwischen zur Konfession erhobenen Starrsinn Konsequenzen folgen! Begraben Sie unser Theater und die knapp 5000 Hagener Unterschriften der Petition gleich mit!

Beweisen Sie den Mut, als die Totengräber des Hagener Bürgertheaters unauslöschliche Spuren in den Annalen unserer Stadt zu hinterlassen, und delegieren Sie die Verantwortung für diesen verheerenden Schritt diesmal nicht an die Theaterleitung.

So könnten Sie Ihrem eigenen Anspruch auf Glaubwürdigkeit gerecht werden.

Mit freundlichen Grüßen

Christoph Rösner

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