Gedenken an Hagener Widerstandskämpfer

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Vor 71 Jahren: Die Morde im Rombergpark und in der Bittermark

Das Hagener Friedenszeichen, der Hagener Geschichtsverein und der DGB-Ruhr-Mark erinnern anlässlich des bevorstehenden 71. Jahrestages an die Morde im Dortmunder Rombergpark.

Unter den Ermordeten befanden sich auch Hagener bzw. Hohenlimburger Antifaschisten: Julius Nierstenhöfer, Paul Pietzko und Johann Wißner.

Friedenszeichen, Geschichtsverein und DGB werden zu Ehren der Hagener Widerstandskämpfer am kommenden Karfreitag anlässlich der Gedenkveranstaltung am Mahnmal in der Bittermark einen Kranz niederlegen (Beginn um 15.00 Uhr).

Sie würden es begrüßen, wenn sich in Zukunft auch die Stadt Hagen offiziell an den Feierlichkeiten beteiligte, wie das die Stadt Dortmund seit Jahrzehnten praktiziert. Dies wäre ein Zeichen gegen das Vergessen und zugleich ein politisches Signal gegen zunehmende Fremdenfeindlichkeit und Neofaschismus.

Im Frühjahr 1945 wurde die militärische Lage für die Nazis immer aussichtsloser. Alliierte Truppen hatten bereits das Ruhrgebiet eingekesselt, das Regime stand vor dem Zusammenbruch. Vor allem ausländische Zwangsarbeiter und deutsche Widerstandskämpfer gerieten ins Visier der SS und der Gestapo. Sie waren besonders verfolgt und misshandelt worden, galten als potenzielle Zeugen der Nazi-Greuel und hätten ihre Peiniger zur Verantwortung ziehen können.

Auch in Dortmund hatte die Gestapo Zwangsarbeiter aus zahlreichen europäischen Ländern und deutsche Widerstandskämpfer zusammen getrieben, insgesamt etwa 300 Menschen. In den Ostertagen 1945, kurz vor dem Einmarsch alliierter Truppen, wurden sie im Rombergpark und in der Bittermark erschossen und in Bombentrichtern verscharrt.

In Erinnerung an dieses Verbrechen findet alljährlich am Karfreitag eine offizielle Gedenkveranstaltung der Stadt Dortmund statt.

Die drei Hagener Hitler-Gegner trafen sich ab März 1944 im privatem Rahmen, diskutierten über die politische Lage und schmiedeten angesichts des sich abzeichnenden Ende des Regimes Pläne für die Zukunft. Zum Verhängnis wurde ihnen ein angeblicher Mitstreiter, der jedoch als Spitzel für die Gestapo arbeitete.

Am 9. Februar 1945 wurden sie verhaftet und in das berüchtigte Gestapo-Gebäude nach Dortmund-Hörde transportiert. Dort kam es zu schweren Folterungen. Im späteren Prozess gegen Gestapo-Beamte vor dem Dortmunder Landgericht schilderte ein Zeuge die Misshandlungen, die der blinde Paul Pitzko erleiden musste: „Pietzko war im Gesicht furchtbar zugerichtet und hatte offenbar auch soviel Schläge bekommen, daß er torkelte und sich kaum aufrecht halten konnte. ‚Jupp‘ wollte Pietzko herunterbringen; G. (ein Gestapo-Mann) sagte: ‚Ach, was! Laß ihn doch die Treppe herunterfallen, wer so was tut, der kann auch sehen!‘

NierstenhöferJulius Nierstenhöfer, Hohenlimburg, Oegerstr. 79, war Sozialdemokrat und kandidierte bei der Stadtverordnetenwahl im März 1933 auf der Liste der Hohenlimburger SPD. Wegen Tätigkeit in einer kommunistischen Widerstandsgruppe wurde er 1936 zu vier Jahren Zuchthaus verurteilt.

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PietzkoPaul Pietzko (auf dem Foto mit seinem Führhund), wohnte zuletzt in Haspe, Voerder Str. 4., stammte aber ursprünglich aus Gladbeck. Er hatte im Ersten Weltkrieg sein Augenlicht verloren, beteiligte sich dennoch in seiner Heimatstadt Gladbeck seit Oktober 1933 am kommunistischen Widerstand. Mit seinem Blindenhund zog er durch den Stadtteil Zweckel, verteilte Flugblätter und kassierte Spenden. 1934 wurde er deshalb zu einer Zuchthausstrafe von fünf Jahren verurteilt. Nach seiner Entlassung ließ er sich in Hagen nieder.

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WißnerJohann Wißner, KPD, Elberfelder Str. 68, Hagen, wurde 1934 zu einer Haftstrafe von 2,5 Jahren verurteilt, weil er unter anderem illegale Flugblätter verteilt hatte. Nach Verbüßung der Haft wurde er ins KZ- Buchenwald verschleppt und erst im April 1939 entlassen.

2 Antworten to “Gedenken an Hagener Widerstandskämpfer”

  1. Reiner Zufall Says:

    Kommentar: Danke. Es ist allmählich an der Zeit, das das offizielle Hagen nach mehr als siebzig Jahren sich besinnt und in der Bittermark teilnimmt.

    Anmerkung: 1953 beantragten AVS (AG verfolgter Sozialdemokraten), SPD und VVN (Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes) beim Rat der Stadt Dortmund u.a. die Errichtung eines Mahnmals für die heute „Kriegsendphasenmorde“ genannten Verbrechen. Neun Jahre nach der Befreiung wurde dann zum ersten Mal die seither jährlich an diesem christlichen Feiertag gehaltene Opfer-Ehrung in der Bittermark begangen.

    Seit jenem Tag vor nun mehr als einem halben Jahrhundert haben dort jedes Jahr am Karfreitag – neben VVNlerInnen aus anderen Städten – Mitglieder der VVN Hagen teilgenommen und dann auch, konstant, früher einen Kranz, nun ein Blumengesteck mit Schleifen, Aufschrift:jährlich wechselnd:: „Den ermordeten Widerstandskämpfern“ und: „Nie wieder Faschismus, nie wieder Krieg“ aufgestellt.

    Kontext: Nicht zu vergessen sind zwölf (acht deutsche, 4 sowjetische) Gefangene, bei den Deutschen zwei Deserteure, die am letzten Tag der Dortmunder Mordorgie (12..04.) hier in Hagen Opfer feiger „Herrenmenschen“ wurden. Man hat die Toten geraume Zeit später aus einem Bombentrichter an der Donnerkuhle exhumiert. Davor wurden Ende März/ Anfang April zwölf sowjetische Zwangsarbeiter in die Dickenbruchstraße zur Hinrichtung gebracht. Einer konnte fliehen.
    ————————————————————-

    Weiterführendes: http://www.nrw.vvn-bda.de/texte/0150_kriegsendphasenmorde.htm

  2. Gedenken an Hagener Widerstandskämpfer – Geschichten aus der deutschen Provinz Says:

    […] https://doppelwacholder.wordpress.com/2016/03/23/gedenken-an-hagener-widerstandskaempfer/ […]

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