Frauen würden von der Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns am meisten profitieren. Von den 7,92 Millionen Menschen, die in Deutschland zu Niedriglöhnen arbeiten müssen, sind 4,86 Millionen Frauen. Dabei ist es kein frauenpolitischer Trost, dass durch die Ausweitung prekärer Beschäftigung auch zunehmend Männer betroffen sind.
Am vergangenen Dienstag wurden in der Villa Post im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Gegen den Strom“ Zahlen und Fakten präsentiert. Veranstalter waren diesmal neben der üblichen Kooperation aus VHS, Arbeit und Leben und DGB das Frauenbündnis rund um das „Hagener Frauenfrühstück“.
Leider musste die Referentin Dr. Claudia Weinkopf kurzfristig absagen. Anne Sandner vom DGB übernahm und erläuterte an Hand der Folien der Referentin deren Forschungsergebnisse und Vorschläge für mögliche Auswege. Wenngleich ganz spezifische Fragen an die Wissenschaftlerin offen bleiben mussten, gelang es der Gewerkschaftssekretärin umfassend und erläuternd in die Diskussion einzusteigen.
Niedriglohn – was ist das eigentlich? Nach wissenschaftlichen Berechnungsmodellen wird ein Niedriglohn bis zu 9,15 Euro Stundenlohn angesetzt. Ein gesetzlicher Mindestlohn von 8,50 Euro wäre demnach zwar ein Schritt in die richtige Richtung, aber immer noch nicht ausreichend, um das Problem der „Armut trotz Arbeit“ zu lösen, wurde in der Diskussion festgestellt.
Die Ausweitung prekärer Beschäftigung hat eine wesentliche Ursache in der Agenda 2010 und den so genannten „Hartz-Gesetzen“, die in diesem Jahr trauriges Jubiläum „feiern“. Lockerung der Regeln für Minijobs, Ausdehnung der Leiharbeit und befristeter Arbeitsverträge, Outsourcing von Produktionsabteilungen, immer mehr erzwungene Teilzeitarbeit – all das ging sehr oft und vor allem zu Lasten der Frauen. Die unzureichenden Möglichkeiten, Familie und Beruf miteinander zu vereinbaren, zwingen häufig Frauen in Minijobs und schlecht bezahlten Teilzeitjobs.
Was wäre nötig, um diese Zustände zu ändern? Auf der Basis der Erkenntnisse von Dr. Weinkopf nennt Anne Sandner im Vortrag viele dringend nötige Maßnahmen wie den Ausbau von Kinderbetreuungsmöglichkeiten und natürlich den gesetzlichen Mindestlohn. Die Abschaffung der Minijobs erschien den anwesenden Besuchern ebenfalls ein weiterer wichtiger Ansatz zu sein. Eine Forderung, die zum Beispiel auch im Gleichstellungsbericht an die Bundesregierung gefordert wird. Ein Bericht, von dem man seitens der Bundesregierung bisher nichts gehört, geschweige denn Schritte zur Umsetzung erlebt hat. In der Diskussion wurde auch unterstrichen, das Thema Arbeitszeitverkürzung wieder zu diskutieren, um mehr Menschen Beschäftigung zu geben und die vorhandene Arbeit besser zu verteilen. Für die einen kann das kürzere Vollzeit, für andere längere Teilzeit bedeuten.
Über Forderungen zur Verbesserung der Situation waren sich die Anwesenden schnell einig. Aber wie und mit wem sollen sie umgesetzt werden? Wie kann der nötige Druck auf die Politik ausgeübt werden? Reicht Aufklärung? Warum ertragen Frauen dieses Unrecht? Wehmütige Erinnerungen an die starke Frauenbewegung vergangener Jahre wurden wach.
Wo sind die jungen Frauen? „Vielleicht schon bei Facebook und Twitter und wir haben es noch nicht gemerkt“, war eine Antwort.
Fazit: Frauen, aber auch Männer müssen ihre Lage erkennen und selbst aktiv werden. Aus dem Widerstand gegen schlechte Arbeits- und Lebensbedingungen für Frauen ist der Internationale Frauentag entstanden, der im vergangenen Jahr am 8.März seinen hundertsten Jahrestag beging. Die Veranstaltung zum Thema Frauen und Niedriglöhne verstand sich gewissermaßen als Auftakt vielfältiger Veranstaltungen, die dazu in diesem Jahr geplant sind.
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