Die sozialpolitischen Spielräume scheinen in Hagen endgültig ausgereizt: Der Rat konnte in seiner Sitzung am Donnerstag sich weder dazu durchringen, für eine Pilotphase das VRR-Sozialticket einzuführen, noch die Geschwisterkinder in Kindertagesstätten ebenfalls beitragsfrei zu belassen, sobald deren Brüder oder Schwestern in das gebührenbefreite letzte Kindergartenjahr vor der Einschulung wechseln. (…)
„Wir haben hier die Chance, ein Stück soziale Gerechtigkeit zu beweisen“, warb Grünen-Sprecher Rüdiger Ludwig dafür, es auf einen zeitlich begrenzten Versuch ankommen zu lassen.
Gleichzeitig bezweifelte er, dass die von der Verwaltung hochgerechneten Mehrkosten von 500.000 Euro tatsächlich auflaufen würden. „Bei einem Kassenkredit von einer Milliarde Euro ist es unverantwortlich, weitere Mittel für soziale Wohltaten zu beschließen“, warnte CDU-Fraktionschef Wolfgang Röspel vor neuen Experimenten. Und erhielt sogar Rückendeckung von seinem SPD-Pendant Mark Krippner: (…)
Quelle: DerWesten
Anmerkung: Aus der zur Abstimmung stehenden Verwaltungsvorlage geht nicht hervor, welche Annahmen den angeblichen Mehrkosten zugrunde liegen. Sieht man sich die genannten Zahlen an, kann ein 500.000-Euro-Defizit nur unter der Bedingung zustande kommen, dass zwei Drittel der Nutzer des „Sozialtickets“ vorher schon ein reguläres Monatsticket abonniert hätten. Das dürfte mehr als unwahrscheinlich sein, wie ein Vergleich mit Dortmund zeigt. Mangels eigener Zahlen verweist auch die Verwaltung hilfsweise auf die Erfahrungen in Dortmund – nur dreht sie die Verhältnisse einfach um. Dort wurde 2009 ein „echtes“ Sozialticket zum monatlichen Preis von 15 Euro eingeführt. Dieser Preis wurde 2010 auf 31 Euro mehr als verdoppelt. In der Folge kündigten zwei Drittel der Nutzer dieses Ticket. Sie dürften kaum auf Monatskarten zum Regelpreis umgestiegen sein. Nimmt man dieses Verhältnis als Grundlage, hätte sich kein Defizit ergeben, sondern im Gegenteil eine Mehreinnahme in Höhe von ca. 500.000 Euro.
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